Beate Hahn

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Beate Hahn, (* 21. April 1894 in Berlin-Zehlendorf als Charlotte Sophie Beate Jastrow ; † 9. Juni 1970 in Tarrytown im US-Bundesstaat New York) war eine stark von der Anthroposophie Rudolf Steiners beeinflusste, international tätige Gartengestalterin und -pädagogin.

Beate Hahn Anfang 1920er Jahre
Von Beate Hahn selbst bezeichnet: „Garden for the children of the steelplant’s workers near Düsseldorf.“ Fotograf unbekannt.
Sabine Lepsius: Cornelia und Charlotte Hahn (1932)
Titelseite des Spiels von 1936
Beate Hahns Haus "Heathview" in Wolfeboro, N.H. während des Zweiten Weltkriegs.
Unterschrift, 1950er Jahre

Kindheit und Jugend in Berlin

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Beate war die Tochter des Historikers und Sozialpolitikers Ignaz Jastrow und der Lehrerin Anna Seligmann Jastrow (1858–1943). Nach eigenem Bekunden war sie – kaum zweijährig – völlig fasziniert, als sie eines Tages im elterlichen Garten gelbe und lila Krokusse entdeckte.[1] Die Sehnsucht nach einem Garten, den sie zuletzt im Alter von fünf Jahren gesehen hatte, wurde später zur Triebfeder ihres Bemühens, möglichst vielen Kindern dieses Erleben in einem Garten zu vermitteln.[2] "Mit acht Jahren hatte ich mich entschieden, Gärtnerin zu werden. Ich habe meine Meinung dazu nie geändert und meine Entscheidung niemals bereut." [3]
Beate erhielt bei Privatlehrern Unterricht in Latein, Französisch und Englisch. im Alter von 15 Jahren legte sie gemeinsam mit Kindern eines Jugendheims einen Garten an. Nachdem sie die Hochschule für Gartenbau in Marienfelde und Berlin absolviert hatte, betreute sie einige Privatgärten.[4] Als sie 22 war, lehnte Beate das Angebot einer Dame, für sie als Obergärtnerin zu arbeiten, mehrfach ab. Schließlich schlug die Dame vor, selbst bei Beate Unterricht zu nehmen. Doch Beate erwiderte, dass sie nicht die Absicht habe, Damen der Berliner Gesellschaft zu unterrichten. Auf die Frage, warum sie denn nicht bei ihr eintreten wolle, meinte die Gärtnerin: "Weil mir Ihr Betrieb nicht gefällt." Als die Dame weiterfragte "Und wie muss ein Betrieb aussehen, der Ihnen gefällt, Beate?", antwortete diese: "Er muss eine glückliche Harmonie zeigen zwischen Obst, Gemüse und Leben im Garten." – "Dann werde ich eben meinen Garten Ihren Wünschen entsprechend umstellen" antwortete die Dame und tat es, vielleicht auch ein wenig der zukünftigen Schwiegertochter zuliebe.[5]

Heirat und eigene Familie

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Beate Jastrow heiratete am 11. September 1920 auf der Berliner Pfaueninsel den aus einer Berliner Industriellenfamilie stammenden Ingenieur Franz Hahn (1891-1933). Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor:

  • Cornelia Hahn (1921–2021), Landschaftsarchitektin
  • Marianne Dorothea Bettina Hahn (1923–1939)
  • Charlotte Anna Eveline Hahn (1926–2011)

Leben in Angermund

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Von Ende 1922 bis Ende 1927 lebte Beate Hahn mit ihrem Mann und ihren Töchtern in Angermund. Dort bewohnte die Familie eine herrschaftliche Villa mit sechs Zimmern, drei Mansarden und Warmwasser-Zentralheizung. Zu dem Anwesen gehörte ein knapp 3.000 m² großer Garten sowie ein ca. 10.000 m² großer Obstgarten,[6] den Beate Hahn selbst bewirtschaftete.[7] Tochter Charlotte erinnerte sich noch 2008 an den Umzug nach Angermund: We moved near Düsseldorf to a village, and we had a beautiful garden. The lawn was [full of] daisies. [As a small child] I kept picking the daisies and amusing myself in the garden. This is my first experience of remembering very clearly what I did in the garden.[8]
Die Familie Hahn war vermutlich nach Angermund gekommen, weil der selbständige Beratungsingenieur Franz Hahn bei der Expansion des zum Familienunternehmen Hahnsche Werke AG gehörenden Stahlwerks im nahen Großenbaum mitwirkte. In ihrer Angermunder Zeit legte Beate Hahn für die Arbeiterkinder in Großenbaum einen Lehrgarten an, in dem diese viermal in der Woche praktischen und theoretischen Gartenunterricht erhielten. Außerdem ließ Beate Hahn für das Stahlwerk ein Gärtnereigebäude mit einem Informationsraum und einer Bibliothek errichten. Die Gärtnerei betreute unter der Leitung eines Obergärtners die Gärten der Direktoren und Arbeiter. Außerdem zog sie Gemüse für die Werkskantine und das Hotel des Werks.[9]
Unter dem Titel Dem Gefährten - Dezember 1930 beschrieb Beate Hahn die Situation in Angermund während der Ruhrbesetzung durch französisch-belgische Truppen (1923-1925). Der handschriftliche, expressionistisch-abstrakt anmutende Text umfasst 16 handgeschriebene Seiten und ist unvollendet,[10] Er ist die einzig bekannte Schilderung der Geschehnisse in Angermund während der Besetzung und deshalb für die Ortsgeschichte von herausragender Bedeutung.[11] Zugleich wird darin auch Hahns Neigung zu eigenem kreativen Scheiben erkennbar.

Rückkehr nach Berlin

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Nachdem Franz und Beate Hahn Ende 1927 nach Berlin zurückgekehrt waren, wohnte die Familie in einer Villa in Steinstücken, einer Ortslage in Berlin-Wannsee. Franz Hahn, der nach Studienaufenthalten in den USA mit seinen Erkenntnissen zur Analyse und Optimierung von Arbeitsabläufen im In - und Ausland auf großes großes Interesse stieß, brachte von einer seiner zahlreichen Reisen seinen Töchtern aus Rumänien handbestickte Trachtenblusen mit. Cornelia und Charlotte tragen diese auf einem Doppelportrait, das die Malerin Sabine Lepsius im Sommer 1932 von ihnen in der Villa in Steinstücken malte. Das Gemälde zeigt im Hintergrund das Kakteenfenster im Wintergarten des Hauses in Steinstücken und den Blick in den Garten, der von dem berühmten Staudenzüchter und Gartenphilosophen Karl Foerster zusammen mit Beate Hahn angelegt worden war. Die Originalblusen der Töchter und das Gemälde befinden sich heute im Jüdischen Museum Berlin. Im Januar 1933 kam Franz Hahn bei einem Ski-Unfall in den Schweizer Alpen ums Leben. Nach dem Tod ihres Mannes begann Beate wieder mit dem Schreiben und der gartenkundlichen Erziehung von Kindern. Sie schrieb erste Bücher und entwickelte Spiele, mit denen sie Kinder und Erwachsene für das Thema Gartenbau begeisterte.[12] Doch bald wurden ihr die Veröffentlichungen wegen ihrer jüdischen Herkunft verboten. Sie sah sich ständig zunehmenden Repressalien ausgesetzt. Welche Rolle dabei die nicht näher bekannte Behinderung ihrer Tochter Marianne spielte, ist unbekannt.

Flucht vor dem Nationalsozialismus

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Rudolf und Kurt Hahn, die selbst vor den Nazis nach England geflohenen Brüder ihres verstorbenen Mannes,[13] halfen Beate Hahn und ihren Töchtern Cornelia und Charlotte Ende 1938 zunächst nach England zu fliehen. Die behinderte Tochter, die in einer Einrichtung des Anthroposophischen Institut Lauenstein im nordhessischen Altefeld untergebracht war, musste Beate Hahn zurücklassen. Im Februar 1939 gelangte Beate Hahn mit den beiden anderen Töchtern auf der SS Queen Mary von Cherbourg nach New York. Marianne starb am 3. März 1939 in Altefeld.[14] Dass Beate, Cornelia und Charlotte später Mariannes Schicksal nicht mehr erwähnten, könnte durchaus Ausdruck eines Traumas sein. Aus den vorhandenen Quellen kann niemand ermessen, unter welchen dramatischen Umständen die Flucht in die USA ein knappes halbes Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkriegs stattgefunden haben muss.[15]

Leben in den USA

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Nach ihrer Ankunft in New York lebten Beate, Cornelia und Charlotte zunächst in Westchester County, NY, doch dann erwarb Beate Hahn in Wolfeboro, New Hampshire, 200 Acres Ackerland, das einst zur Farm von Governor John Wentworth (1737–1820) gehört hatte. Sie spezialisierte sich mit ihrem Gartenbaubetrieb auf biologisch-dynamischen Gemüseanbau. Neben der Unterbringung von Tochter Marianne im anthroposophischen Institut Lauenstein ist dies ein weiterer Bezug zu Rudolf Steiner. Durch Vorträge, Fortbildungen und Publikationen zu den Themen Gartenbau und Gartenpädagogik wurde Beate Hahn international bekannt. In den Jahren von 1951 bis 1960 verließ sie im Winter ihr Haus in Wolfeboro und lebte vorwiegend im Europäischen Hof in Baden-Baden. Von dort aus besuchte sie England, Schottland, Frankreich Holland, Italien, Griechenland und Israel, um dort zu lehren, an Tagungen teilzunehmen und Rundfunkvorträge zu halten. Beate Hahn starb nach schwerer Krankheit am 9. Juni 1970 in Tarrytown.

Auszeichnungen und Ehrungen

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  • 1953 Aufnahme in das Lexikon der Frau, 2 Bände Encyclios-Verlag Zürich 1953 und 1954.
  • 1960 Aufnahme in die American Horticultural Society in "Anerkennung ihres aktiven Interesses am Fortschritt des Gartenbaus und seinen Beiträgen zur Kultur der Völker der Welt durch Wachstum, Entwicklung und Verbreitung der Kenntnisse der Gartenbauwissenschaften".
  • 1962 Auszeichnung durch die Vereinigung der New Hampshire Gardenclubs für ihre herausragende Ausbildungs- und Erziehungsarbeit.
  • 1962 Verleihung "Hortic White Ribbon Award" des US National Council of Gardenclubs.
  • 2024 wurde eine Straße in einem Neubaugebiet in Berlin-Pankow nach Beate Hahn benannt.[16]

Veröffentlichungen (eine Auswahl)

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Aufsätze (ab 1818)

  • Gemüseanbau im Treibhaus (1918)
  • Brauchen wir eine Hochschule für Gartenbau? (1918)
  • Wie man Kinder für den Garten begeistern kann. (1920)
  • Der Tiergarten sollte der Jugend gehören. (1928)

Quelle: [17]

Bücher (ab 1935)

  • Hurra, wir säen und ernten! Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1935.
  • Die Gartenfibel für Kinder und Mütter. Verlag Max Rascher, Zürich 1935.
  • Der Kindergarten, ein Garten der Kinder – ein Gartenbuch für Eltern, Kindergärtnerinnen und Alle, die Kinder liebhaben. Verlag Max Rascher, Zürich 1936.
  • Hurra, wir säen und ernten! Verlag Max Rascher, Zürich 1939.
  • Die Gartenfibel für Kinder, Eltern und Großeltern. Ein ermunternder Führer durch die 12 Monate des Gärtnerjahres im Freiland, in der Zimmer- und Balkongärtnerei und ein Wegbereiter für spätere Abenteuer in der Gartenwelt. Verlag Max Rascher, Zürich 1948. 2. Auflage I., 1. - 4. Tsd. der Schweizer Ausgabe
  • Dein Garten wächst mit dir. Verlag Otto Maier, Ravensburg 1952.
  • Gärten für die Jugend mit der Jugend. Ein Handbuch für Erzieher und Lehrer zur Neugestaltung des Gartenbauunterrichts in Kindergärten und Schulen. Verlag Max Rascher, Zürich 1960.

Quelle:[18]

Spiele ab 1936

  • Gartenquartett (1936)
  • Gartenlotto (1936)
  • Gartenlotto (1955, Neufassung in Deutsch, Französisch, Englisch)
  • Ausschneidebögen zum Bau von Gärten (1956, in Deutsch, Französisch, Englisch)
  • Wundergarten ohne Erde (1959, in Deutsch, Französisch, Englisch)

Quelle: [19]

Beate Hahns Nachlass als bedeutende Gartengestalterin und Gartenpädagogin wurde von ihren Enkeln 2022 dem Archiv der Deutschen Gartenbaubibliothek e.V. übergeben, die der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin angegliedert ist.

  • Christian F. Seidler: Die französische Besetzung der Bürgermeisterei Angermund im Jahr 1923. In: Düsseldorfer Jahrbuch Bd. 94, Herausgeber: Düsseldorfer Geschichtsverein, Klartext Verlag, Essen.
  • Horst A. Wessel, Die Hahnschen Werke in Duisburg - Zur Geschichte eines „arisierten“ Unternehmens. In: Jan Pieter Barbian (Hrsg.): Zeitalter der Aufklärung bis in die Gegenwart. Klartext Verlag Essen 1999, S. 441–461.
  • Clemens A. Wimmer: Gärtnerin zwischen zwei Welten - Zum Leben und Werk der Gärtnerin Beate Hahn (1894-1970). In: Zandera Nr. 39, Das Magazin des Vereins Deutsche Gartenbaubibliothek e.V., Berlin 2024

Einzelnachweise

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  1. Monique Humbert: Beate Hahn - Ein Leben für Gärten. Ausschnitt eines undatierten Artikels in der Weltwoche, Zürich ca. 1959, im Nachlass von Beate Hahn.
  2. Beate Hahn: Vorrede in Kindergarten - Ein Garten der Kinder, 1936.
  3. Beate Hahn in ihrem 1969 oder 1970 selbst verfassten maschinenschriftlichen Lebenslauf.
  4. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.
  5. wiedergegeben nach Monique Humbert: Beate Hahn - Ein Leben für Gärten.
  6. Christian F. Seidler: Die französische Besetzung der Bürgermeisterei Angermund im Jahr 1923.
  7. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.
  8. Cornelia Hahn Oberlander: Biography - Coming to America. abgerufen am 20. April 2024.
  9. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.
  10. Original im Archiv der Deutschen Gartenbaubibliothek e.V., Berlin.
  11. Seidler: Die französische Besetzung der Bürgermeisterei Angermund im Jahr 1923.
  12. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.
  13. Ron Chernow: Die Warburgs - Odyssee einer Familie. München 1993, S. 57
  14. Sterbeurkunde des Standesamtes Netra 9/1939
  15. Seidler: Die französische Besetzung der Bürgermeisterei Angermund im Jahr 1923.
  16. https://www.google.com/maps/place/Beate-Hahn-Str.,+13089+Berlin-Bezirk+Pankow/@52.5742111,13.4317233,17z/data=!3m1!4b1!4m6!3m5!1s0x47a84d87f068178b:0x2ca30f918c3df09!8m2!3d52.5742111!4d13.4342982!16s%2Fg%2F11vwdd0d93?authuser=0&entry=ttu&g_ep=EgoyMDI0MTIx
  17. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.
  18. Katalog der Deutschen Nationalbibliothek abgerufen am 20. April 2024
  19. Beate Hahn: selbst verfasster Lebenslauf.