Benz Patent-Motorwagen Nummer 1
Mercedes Benz | |
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Benz Patent Motorwagen | |
Produktionszeitraum: | 1886–1893 |
Klasse: | ? |
Karosserieversionen: | ? |
Motoren: | 0,9 PS |
Länge: | 2700 mm |
Breite: | 1400 mm |
Höhe: | 1450 mm |
Radstand: | |
Leergewicht: | 265 kg |
Vorgängermodell | kein |
Nachfolgemodell | Benz Velo |
Der Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 war der Name des ersten von Carl Benz erbauten Automobils mit Verbrennungsmotor. Das Patent für dieses Fahrzeug wurde von Benz am 29. Januar 1886 eingereicht und als DRP Nr. 37435 am 2. November 1886 erteilt. Am 3. Juli 1886 führte Benz die erste öffentliche Probefahrt in Mannheim durch.
Technik des Motorwagens
Der Motor
Kernstück des Wagens war ein Einzylinder-Viertaktmotor mit einem Hubraum von 0,954 Litern. Dieser wies schon einige sehr wesentliche Details auf, die auch heute noch zu den Grundpfeilern jedes Verbrennungsmotors zählen: Kurbelwelle mit Gegengewichten, elektrische Zündung und Wasserkühlung. Er leistete nach den Messungen von Benz 2/3 PS bei 250 Umdrehungen. (Spätere Messungen der Technischen Hochschule Stuttgart ergeben sogar 0,9 PS bei 400 Umdrehungen.)
Die 250 Umdrehungen des Erstlings genügten Benz vollkommen, schließlich waren dies schon rund doppelt so viele wie bei seinen Zweitakt-Gasmotoren. Weitere Blickpunkte des für damalige Verhältnisse mit rund 100 Kilogramm „leichten“ Motors waren Zylinder mit offenem Kurbelgehäuse, der über eine Exzenterstange gesteuerte Einlass-Gleitschieber und das Auslass-Tellerventil, betätigt über Nockenscheibe, Kipphebel und Stößelstange sowie die Schmierung über Tropföler. Das große Schwungrad konzipierte Benz für den Einbau in das Fahrgestell liegend, weil er befürchtete, dass bei senkrechter Anordnung infolge der Kreiselwirkung die Lenkung und die Standfestigkeit des Fahrzeuges in engen Kurven beeinträchtigt werde.
Der Gemischaufbereitung diente der von Benz entwickelte Oberflächen-Vergaser, der gleichzeitig auch einen Benzinvorrat von 1,5 Litern enthielt. Für die präzise Zusammensetzung des Benzin-Luft-Gemisches sorgte ein Hülsenschieber, der die Löcher für die Zusatz-Ansaugleitung mehr oder weniger abdeckt und so die Leistungsabgabe regelte. Im Fahrzeug fand sich dieser Schieber gut erreichbar unterhalb des Fahrersitzes.
Der Zündung widmete Benz etliche Versuche, bis er eine Lösung fand, die der damals geringen Leistung des Batteriestromes angepasst war. Er transformierte den Strom mit einem Rühmkorffschen Funkeninduktor auf höhere Spannung. Auch die Zündkerze war eine Eigenentwicklung. Spätere Untersuchungen zeigten, dass der Werkstoff ihrer Elektroden mit dem handelsüblicher Zündkerzen der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts weitgehend übereinstimmte.
Die Kühlung des Verbrennungsmotors stellte ein besonderes Problem dar, denn er konnte nicht wie ein stationärer Motor einfach an eine Kühlwasserleitung angeschlossen werden. Benz verfiel auf eine einfache Verdampfungskühlung, die sich bei der geringen Leistung als recht wirkungsvoll und ausreichend erwies.
Angelassen wurde der Motor durch beherztes Drehen des Schwungrades. Dass der Treibstoffvorrat im Vergaser nicht für eine längere Strecke reichte, stört beim Benz Patent-Motorwagen nicht weiter. Immerhin brauchte der Antrieb des Fahrzeugs auf 100 Kilometer rund 10 Liter des seinerzeit noch immer als gefährlich geltenden Ligroins.
Fahrgestell und Aufbau
Der Rahmen war aus Stahlrohren gebogen und geschweißt. Da der Wagen Hinterradantrieb haben sollte, also von hinten geschoben wurde, tauchte das Problem der Lenkung auf, die anders konstruiert sein musste als bei einem gezogenen Wagen. Die bei Kutschen gebräuchliche Drehschemel-Lenkung kam nicht in Frage, und so entschied sich Benz für ein dreirädriges Gefährt. Das Vorderrad hing in einer ungefederten Gabel und wurde durch eine mit einer Kurbel verbundenen Zahnstange gelenkt. (Erst 1893 erfand Benz seine Achsschenkel-Lenkung). Die drei mit Vollgummi bereiften Drahtspeichenräder fertigte Benz selbst, nur die Felgen waren „Fremdbezug“. Das Vorderrad lief, wie seinerzeit im Fahrradbau üblich, in einem Kugellager, die Hinterräder in Weißmetallbüchsen.
Der Wagen wurde mit je einer Kette links und rechts der Vorgelegewelle über die Hinterräder angetrieben, die ihrerseits über eine Starrachse und Vollelliptikfedern mit dem Rahmen verbunden waren. Es gab bei diesem ersten Automobil auf der Vorgelegewelle nur einen Gang in Form einer festmontierten Antriebsscheibe samt integriertem Differential, daneben noch eine Leerlaufscheibe. Also kein Getriebe mit zwei oder mehr Gängen, ebenso wenig einen Rückwärtsgang. Der Flachriemen zwischen Motor und Vorgelegewelle wirkte, dank der Leerlaufscheibe, gleichzeitig als Kupplung. Der Flachriemen wurde zum Anfahren einfach von der Los- auf die Festscheibe verschoben. Das Fahrtempo wurde durch den Hülsenschieber unterhalb des Fahrersitzes geregelt. Über dem Motor thronte der Vorratsbehälter für das Kühlwasser. Gebremst wurde mit einem Handhebel, der auf die Vorgelege-Riemenscheibe wirkte. Eine Fußbremse gab es noch nicht.
Die Sitzbank war vor dem Motor auf geschwungenen Federn direkt auf den Rahmen montiert und mit abgestepptem Leder bezogen. Festen Halt gab ein niedriges, lederbezogenes Geländer im Rücken und an den Seiten.
Sorgenkinder waren die Ketten: Die Ketten waren mangelhaft, meist zu weich, und dehnten sich deshalb sehr, sprangen aus den Zahnrädern oder rissen. Da es aber keine besseren gab, musste Benz sich mit dem vorhandenen Material begnügen.
Erprobung
Die ersten Probefahrten fanden 1885 aus Gründen der Geheimhaltung im Fabrikhof statt, und endeten an der Fabrikmauer. Auch der erste „Ausflug“ auf freier Strecke – bei Nacht – dauerte nur wenige Minuten. Nach hundert Metern bleibt der Wagen stehen. In zahlreichen Versuchen konnte aber die Reichweite nach und nach verbessert werden.
Am 29. Januar wurde schließlich das Fahrzeug beim Reichspatentamt unter der Nummer 37435 zum Patent angemeldet. Bei der ersten öffentlichen und per Zeitungsartikel dokumentierten Ausfahrt am 3. Juli 1886 auf der Ringstraße in Mannheim läuft sein Sohn Eugen mit einer Flasche Benzin nebenher, "um nachzuschütten, wenn das Benzin zu Ende geht".
Berühmt wurde die erste Überlandfahrt mit einem verbesserten Modell des Motorwagens. Ohne das Wissen ihres Ehemannes bestieg Bertha Benz am 5. August 1888 zusammen mit ihren Söhnen den Wagen und fuhr die 106 km lange Strecke von Mannheim über die Zwischenstationen Wiesloch (wo sie Ligroin "tanken" musste), Mingolsheim, Bauschlott nach Pforzheim. Dieser erste Leistungstest führte nicht nur zu weiteren Verbesserungen an der Konstruktion des Wagens, sondern auch zum erhofften wirtschaftlichen Erfolg des Modells.
Verbleib
Der Benz Patent Motor-Wagen Nr.1 steht heute im Verkehrszentrum des Deutschen Museums in München
Technische Daten des Benz Patent-Motorwagen Nummer 1
Grunddaten: | Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor mit großem Schwungrad, liegend im Heck eingebaut |
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Bohrung x Hub: | 90 x 150 mm |
Hubraum: | 954 cm³ |
Leistung: | 0,90 PS bei 400/min |
Konstruktion: |
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Fahrwerk: |
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Kraftübertragung: |
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Getriebe/Schaltung: | Verschieben des Riemens zwischen Los- und Festscheibe |
Höchstgeschwindigkeit: | 16 km/h |
Verbrauch: | ca. 10 l/100 km |
Radstand: | 1450 mm |
Spurweite: | 1190 mm |
Länge: | 2700 mm |
Breite: | 1400 mm |
Höhe: | 1450 mm |
Leergewicht: | 265 kg |
Literatur
- Richard von Frankenberg, Marco Matteucci: Geschichte des Automobils. STIG, Turin; Sigloch, Künzelsau 1973, o. ISBN (bes. S. 22 ff.)
Weblinks
- Patentschrift von 1886 (PDF, 561 kB)