Bergbau in Meghalaya

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Ein kleiner Marmor-Steinbruch in Mawkohngoh, Meghalaya (2008)

Zum Bergbau in Meghalaya in Nordostindien zählt vor allem der Abbau von Steinkohle, Kalkstein, Kaolin, Sillimanit und Uran.[wii 1] Im indischen Bundesstaat Meghalaya (22.300 km² groß mit 3 Mio. Einwohnern in 2011) befindet sich der größte Teil des Landes unter Verwaltung der ansässigen Stammesbevölkerungen (Scheduled Tribes), aber auf privaten Landflächen findet der Abbau von Lagerstätten in Form vieler kleinteiliger Steinbrüche und Grabungen statt, als „Rattenlochbergbau“ bezeichnet (rat-hole mining). Diese wilden Formen des Bergbaus gelten als Hauptursache der Entwaldung und Degradation der Böden in dem kleinen Bundesstaat, der wegen seiner besonderen biologischen Artenvielfalt ein Biodiversitäts-Hotspot ist. Im Jahr 2014 wurden diese unregulierten und ungesicherten Formen des Abbaus offiziell verboten und haben seitdem nachgelassen, aber in den entsprechenden Gebieten bleiben die vielen kleinen Höhlen und Abraumhalden in der hügeligen und bergigen Landschaft verstreut. Das staatliche Wildlife Institute of India erklärt 2017, dass es lange brauchen wird, bis sich die Natur von diesen „Narben“ wieder erholt.[wii 2]

Die Vorkommen der Bodenschätze in Meghalaya werden geschätzt auf:[wii 1]

Vorkommen
(in Millionen Tonnen; MT)
Typ Anmerkungen
600  Steinkohle 350 MT in den Garo-Bergen im Westen, 170 MT in den Khasi-Bergen sowie 75 MT in den Jaintia-Bergen im Osten
15.000 Kalkstein ab 2010 erließ das oberste Gericht Meghalayas mehrere Verbote zur Kalksteinförderung, 2015 wurde der Abbau unter Auflagen wieder erlaubt[1]
88 Kaolin weiße Tonerde und brauner Fire Clay
55 Sillimanit 95 % von Indiens gesamten Reserven[wii 3]
9 Uran in den südwestlichen Khasi-Bergen; als Atommacht liegt der Abbau in den Händen der indischen Zentralregierung (vergleiche Uranbergbau)

Kohleabbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kohle wird in Meghalaya seit Mitte des 18. Jahrhunderts abgebaut, fast ausschließlich als Kleingewerbe. In aktueller Zeit führten die Auswirkungen des Abbaus, der Lagerung und des Abraums zeitweise zum weiträumigen Fischsterben in mehreren Flüssen.[wii 4] Im Jahr 2014 erließ das staatliche National Green Tribunal (NGT: indischer Umweltgerichtshof) ein allgemeines Verbot des rat-hole mining in Meghalaya. Dennoch wird in den „Rattenlöchern“ weiter Kohle gefördert, sie ist seit langem ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Meghalaya und trägt einen wichtigen Teil zur Energieversorgung bei. Viel wird auch ins südlich liegende Bangladesch exportiert, oft über illegale Kanäle und verbunden mit Bestechungen; von dort kommen auch viele der Arbeiter (meist Kinder und Jugendliche).

Eine Studien von 2017 fasst die Situation des Kohleabbaus in „Rattenlöchern“ zusammen: Etwa 5.000 Minen gibt es in Meghalaya, 99 % der Arbeiter sind Migranten aus dem benachbarten Bangladesh, aus Nepal (150.000 im Jahr 2005) sowie aus den drei indischen Bundesstaaten Bihar, Assam und Jharkhand. Zwischen 1975 und 2016 vergrößerte sich die Fläche des Abbaus um das Dreifache, während die gesamte Waldfläche Meghalayas um 12,5 % abnahm (Entwaldung mit folgender Bodenerosion und -degradation).[2] Die Studie nennt auch die Schätzung der NGO-Kinderrechtsorganisation Impulse aus Meghalaya, dass 70.000 Kinder im Alter von 7 bis 17 Jahren in den privaten Minen als Zeitarbeiter angestellt sind, ohne Sicherheit für ihr Leben.[3] Gefordert wird eine sofortige und umfassende gesetzliche Regulierung sowie Kontrolle der privaten Abbaustätten.[2]

Zwischen 2007 und 2014 sollen bis zu 15.000 Menschen bei Bergbau-Unglücken in Meghalaya ums Leben gekommen sein, fast nur Ausländer. Die breiten Gruben werden ohne technische Hilfsmittel einfach in den Boden gegraben, dann wird die Kohle in völlig ungeschützten kleinen Seitenhöhlen abgebaut und von Hand herausgetragen. Gesetzliche Vorschriften gibt es keine, auch keine soziale Absicherung der Arbeitskräfte. Der Minenbesitzer bringt dann die Ausbeute zu einem Zwischenhändler an der nächsten Hauptstraße, um sofort Bargeld zu erhalten. Gerade das Hauptabbaugebiet an der Südgrenze ist die regenreichste Gegend der Welt, entsprechend schwierig ist der Umgang mit den Wassermassen und schnell steigenden Grundwasserspiegeln (siehe auch Meghalayas Klima).[1][4] Im Dezember 2018 kam es in der Nähe der Hauptstadt Shillong zu einem Grubenunglück, bei dem 15 Kinder in einer Mine von eindrückendem Grundwasser eingeschlossen wurden.[5]

Bei der Wahl zur indischen Volksversammlung Lok Sabha im Februar 2018 sollen bis zu 30 % der Kandidaten (Mit-)Besitzer von illegalen Kohleminen gewesen sein. Wegen der wirtschaftlichen und energiepolitischen Bedeutung des Kohleabbaus hat die im März neugebildete Regierung Meghalayas im November 2018 beim obersten Gerichtshof die Aufhebung des durch den Umweltgerichtshof erlassenen Verbots beantragt. Mehrere Minister und auch die Führer der Oppositionsparteien sind selber Besitzer oder Anteilseigner von Kohleminen.[6] Die privaten Mineneigentümer stellen meist Gastarbeiter aus anderen Staaten ein, weil die ansässigen Scheduled Tribes (selbstverwaltete Stammesbevölkerungen) sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die schädlichen Auswirkungen des Abbaus auf ihr Land und vor allem ihre lebenswichtigen Wälder ablehnen (vergleiche die Feldbau-Wirtschaft der Khasi). Das teilweise Verbot des Kalksteinbergbaus wurde durch ihre Klagen erreicht.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maitreyee Roy: The Advantages, Disadvantages and Challenges of Banning Rat Hole Mining in the Jaintia Hills of Meghalaya. In: International Journal of Current Research. Jahrgang 9, Nr. 6, Juni 2017, S. 52454–52456 (englisch; Department of Environmental Management, William Carey University, Nongmensong, Shillong; Volltext: PDF: 198 kB, 3 Seiten auf journalcra.com).
  • Impulse NGO Network, Aide et Action: An Exploratory Study of Children Engaged in Rat Hole Mining in the Coal Mines of Jaintia Hills District, Meghalaya, India. Shillong Dezember 2010 (englisch; Nichtregierungsorganisationen; Volltext: PDF: 1,64 MB, 34 Seiten auf aea-southasia.org).
  • Wildlife Institute of India: Table 2.2: Minerals of Meghalaya und Fig 2.3: Mineral Map of Meghalaya sowie 4.2.2: Mining. In: The Meghalaya State Biodiversity Strategy and Action Plan (2016–2026; Draft). Ministry of Environment Forest and Climate change, Government of India 2017 (englisch, ohne Seitenzahlen; hier PDF-Seiten 27–29 und 107–112; Volltext: PDF: 15,4 MB, 350 Seiten auf megbiodiversity.nic.in).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • (wii) Wildlife Institute of India: The Meghalaya State Biodiversity Strategy and Action Plan (2016–2026; Draft). Ministry of Environment Forest and Climate change, Government of India 2017 (englisch, ohne Seitenzahlen; Volltext: PDF: 15,4 MB, 350 Seiten auf megbiodiversity.nic.in).
  1. a b PDF-Seiten 28/29: Tabelle Table 2.2: Minerals of Meghalaya und Übersicht Fig 2.3: Mineral Map of Meghalaya (ohne Seitenzahlen).
  2. PDF-Seiten 107/108: 4.2.2: Mining (ohne Seitenzahlen).
  3. Sillimanit-Vorkommen (2009): PDF-Seite 28/29: Tabelle Table 2.2: Minerals of Meghalaya und Übersicht Fig 2.3: Mineral Map of Meghalaya (ohne Seitenzahlen);
    Zitat: „The Sonapahar sillimanite area of West Khasi Hills District is the only area in the state [Meghalaya] where lensoid bodies of massive sillimanite mineral are found. Total reserve of 55 MTs (GSI, 2009), which is about 95 % of India’s total reserve.“
  4. PDF-Seiten 108/109: Coal Mining (ohne Seitenzahlen).
  • Sonstige Belege
  1. a b c Hans-Christian Baumann: Die bedrohlichen Rattenlöcher Meghalayas. In: NZZ.ch. 4. April 2016, abgerufen am 1. Januar 2019.
  2. a b Maitreyee Roy: The Advantages, Disadvantages and Challenges of Banning Rat Hole Mining in the Jaintia Hills of Meghalaya. In: International Journal of Current Research. Jahrgang 9, Nr. 6, Juni 2017, S. 52454–52456, hier S. 52455 (englisch; Department of Environmental Management, William Carey University, Nongmensong, Shillong; Volltext: PDF: 198 kB, 3 Seiten auf journalcra.com);
    Zitat: „There are approximately 5000 coal mines in the district. 99 % of the workers are migrants from Bangladesh, Nepal, Bihar, Assam and Jharkhand. The number of Nepali workers estimated as 150.000[;] Madhavan, 2005. According to an estimate from a NGO 70,000 children in the age between 7 to 17 are working in these private mines as casual labor under private contractors without any security to their lives. (Impulse: An exploratory study of children engaged in Rat Hole Mining in the coal mines of Jaintia Hills, 2012) Between 1975 and 2016, there has been decrease in forest area by 12.5 %, while area under mining has increased three fold.“
  3. Impulse NGO Network: INGON’s Campaign Against Child Labour in Rat-Hole Mining of Meghalaya. Shillong 2018, abgerufen am 1. Januar 2019 (englisch).
  4. Fotostrecke: Unicef-Auswahl – Die besten Fotos des Jahres (6/11): Indien: Die dunkle Seite der Armut. In: Spiegel Online. 18. Dezember 2012, abgerufen am 1. Januar 2019.
  5. Sabina Matthay: Grubenunglück in Indien: 15 Kinder in Mine eingeschlossen. In: Tagesschau.de. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
  6. Meldung: Everybody loves rat-hole mining in Meghalaya. In: India Today. 28. Dezember 2018, abgerufen am 1. Januar 2019 (englisch).