Bollenhut

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Schwarzwälderin in Tracht um 1900
Hornberger in Tracht 1841

Als Bollenhut wird eine Kopfbedeckung bezeichnet, die seit etwa 1750 zur (evangelischen Kirchen-)Tracht der Frauen in den drei benachbarten Schwarzwalddörfern Gutach, Kirnbach und Hornberg-Reichenbach gehört. Mit seinen aufgesetzten Bollen aus Wolle wurde, trotz seiner lokal eingeschränkten Herkunft, insbesondere der malerisch aussehende rote Bollenhut zu einem Symbol des gesamten Schwarzwalds.

Bollenhut als Teil der Volkstracht

Der breitkrempige, weißgekalkte Strohhut trägt 14 auffallende, kreuzförmig angeordnete Bollen aus Wolle. Sichtbar sind aber nur elf Bollen, weil drei von darüberliegenden Bollen verdeckt werden. Bei unverheirateten Frauen sind diese rot, bei verheirateten schwarz. Der Bollenhut kann bis zu zwei Kilogramm schwer sein und wird noch immer von Hutmacherinnen in Handarbeit gefertigt. Den roten Bollenhut dürfen die Mädchen erstmals bei der Konfirmation tragen.

Unter dem Bollenhut wird eine seidene Haube getragen, die unter dem Kinn gebunden wird. Kleine Mädchen vor ihrer Konfirmation (Gutach und einige Nachbargemeinden gehörten bis 1804 zu Württemberg und waren daher im Unterschied zum großen Teil des Schwarzwaldes evangelisch) sowie alte Frauen tragen nur diese Haube.

Heute wird der Bollenhut und die zugehörige Tracht noch an Festtagen und bei Brauchtumsveranstaltungen getragen. Ganzjährig zu besichtigen ist der Bollenhut mit dazugehöriger Tracht z. B. im Schwarzwälder Trachtenmuseum in Haslach im Kinzigtal.

Verbreitung als Symbol des Schwarzwalds

Ende des 18. Jahrhunderts assoziierte man mit der Schwarzwälder Tracht den in der Grafschaft Hauenstein gebräuchlichen Schühut und den Gupfhut. Diese durch mehrere Stichfolgen europaweit bekannt gewordenen Hutformen wurden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts allgemein abgelegt. 1841 veröffentlichte Théodore Valerio nach einer Studienreise durch den Schwarzwald bei den Fréres Gihaut in Paris eine Lithografie mit einem Paar in Tracht aus Hornberg, die erstmals in Frankreich eine frühe Variante des Bollenhutes zeigte. Nachdem Gutach 1873 an die Badische Schwarzwaldbahn angeschlossen wurde, ließen sich dort Künstler wie Wilhelm Hasemann, Curt Liebich und Fritz Reiss nieder, die die Gutacher Künstlerkolonie bildeten. Sie entdeckten die Gutacher Tracht als künstlerisches Sujet, ihre Werke fanden massenhafte Verbreitung und prägten das Bild des Schwarzwalds. Wie der Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob waren sie Teil einer badischen Volkstrachtenbewegung. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde insbesondere Hasemanns Bild Nach dem Kirchgang, das Bollenhut-Trägerinnen zeigte, über illustrierte Zeitschriften und Bildpostkarten weit publiziert.[1]

Die Bekanntheit des Bollenhuts als fälschlicherweise allgemein schwarzwaldtypisch stieg durch Heimatfilme der 1950er- und 1960er-Jahre. Zu nennen ist insbesondere Schwarzwaldmädel aus dem Jahr 1950 mit Sonja Ziemann. Dieser erste deutsche Farbfilm der Nachkriegszeit gehörte mit geschätzten 15 Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten deutschen Filmen überhaupt.

Commons: Bollenhut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bollenhut – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Brigitte Heck: Ein Hut macht Karriere.. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Baden! 900 Jahre – Geschichten eines Landes. Info-Verlag, Karlsruhe 2012, ISBN 978-3-937345-56-7, S. 256 (Katalog zur Großen Landesausstellung)