Carvo
Carvo | |
---|---|
Alternativname | Carvone |
Limes | Niedergermanischer Limes |
Datierung (Belegung) | um 70 bis max. 225/230 |
Typ | Auxiliarkastell |
Einheit | möglicherweise Reiter |
Erhaltungszustand | vom Rhein zerstört |
Ort | Kesteren |
Geographische Lage | 51° 55′ 47″ N, 5° 33′ 45″ O |
Vorhergehend | Mannaricium (westlich) |
Anschließend | Kastell Overbetuwe-Randwijk (östlich) |
Carvo (auch: Carvone), das Kastell Kesteren, war ein römisches Auxiliarkastell des Niedergermanischen Limes. Das ehemalige Militärlager lag auf dem Gebiet von Kesteren, einem Dorf der Gemeinde Neder-Betuwe in der niederländischen Provinz Gelderland.
Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Existenz von Carvo ist sowohl durch die Tabula Peutingeriana (die den Platz zwischen Castra Herculis und Levefanum verzeichnet) als auch durch das Itinerarium Antonini (nach dem der Ort zwischen Harenatium und Mannaricium gelegen hat) bezeugt. Seine genaue Lage ist jedoch nicht mehr festzustellen, da das Gebiet, in dem das Kastell vermutlich lag, schon in der karolingischen Zeit oder bald darauf[1] durch den mäandrierenden Rhein zerstört und anschließend überbaut wurde. Die ursprüngliche Lage Carvos wird unweit westlich des Dorfes, unmittelbar südlich eines verlandeten Rheinarmes und des Bandijks angenommen. Dort befand es sich in römischer Zeit in einer strategisch günstigen Position: traf doch an dieser Stelle der Utrechtse Heuvelrug, ein glazialer Höhenzug aus der vorletzten Eiszeit, auf den die Grenze des Imperiums bildenden Rhein.[2]
Befunde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vom Kastell selbst sind keine Spuren erhalten geblieben. Die Anwesenheit von Militär wird jedoch durch die Befunde und Funde (darunter Pfeil- und Lanzenspitzen sowie Handschleudersteine) des 1974 ergrabenen Gräberfeldes De Prinsenhof impliziert, das mehr Männer- als Frauengräber beinhaltete. Eine Anzahl von Pferdegräbern[3] lässt die Vermutung zu, dass es sich bei der in Carvo stationierten Truppe um eine Kavallerieeinheit, eine Ala oder eine Cohors equitata gehandelt haben könnte. Ein etwa 35 × 100 m großer Streifen dieses Gräberfeldes wurde ebenso von den Fluten des Rheins verschont, wie der Teil einer Zivilsiedlung (möglicherweise des Kastellvicus), der sich längs der heutigen Nedereindsestraat erstreckte, sowie zwei weitere, östlich der Siedlung gelegene Gräberfelder. Das mutmaßliche Lagerdorf entstand aus einer batavischen Siedlung des ersten Jahrhunderts, die – nach dem Vierkaiserjahr und dem Bataveraufstand – ab dem Jahr 70 expandierte. Mitte des zweiten Jahrhunderts veränderte sich die Struktur des Vicus, der zu dieser Zeit eine Fläche von rund 120 × 500 m bedeckte und von einem Graben umgeben war. Um die Jahre 225/230 wurde die Siedlung aufgelassen.[2]
Die Truppe(n), die in Carvo stationiert war(en), ist/sind unbekannt. Inschriftlich liegen die Ziegelstempel „legio I Minervia Antoniniana“, „exercitus Germanicus inferior“ und „vexillarii exercitus Germanici inferioris“, sowie das Graffito „beneficiariorum“ vor.[4] Vermutlich handelte es sich bei Carvo um das Lager einer (möglicherweise berittenen) Auxiliareinheit oder Legionsvexillation und/oder um eine Benefiziarierstation.[2][4]
Limesspuren zwischen Carvo und Mannaricium
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rhenen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nördlich des heutigen Rheinverlaufs auf dem Gebiet der Gemeinde Rhenen, Provinz Utrecht, wurde eine spätrömische Militärstation vermutet.[5]
Amerongen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ebenfalls nördlich des heutigen Rheins, im Überschwemmungsgebiet ′t Spijk beim Dorf Amerongen in der Gemeinde Utrechtse Heuvelrug, Provinz Utrecht, traten bei Baggerarbeiten in den Jahren 1972 bis 1975 und 1977 römische Funde zu Tage, die offenbar in einen militärischen Kontext gehören. Neben Keramik und Bauschutt sind hier insbesondere Bruchstücke von Helmen zu nennen, darunter auch das Fragment eines Gesichtshelms.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Julianus Egidius Bogaers: Kesteren - Carvo. In: Julianus Egidius Bogaers, Christoph B. Rüger (Hrsg.): Der Niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. Rheinland-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7927-0194-4, S. 70 f.
- Roel C. G. M. Lauwerier, Wilfried A. M. Hessing: Men, horses and the Miss Blanche effect. Roman horse burials in a cemetery at Kesteren, the Netherlands. In: Helinium, Jg. 32 (1992), S. 78–109.
- Saskia G. van Dockum: Das niederländische Flussgebiet. In: Tilmann Bechert und Willem J. H. Willems (Hrsg.): Die römische Reichsgrenze zwischen Mosel und Nordseeküste. Theiss, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1189-2, S. 79 f.
- Willem J. H. Willems: Romans and Batavians. A Regional Study in the Dutch Eastern River Area. Dissertation Universität Amsterdam 1986 (online als pdf), S. 250.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Neder-Betuwe (Kesteren) – Carvo(ne) auf cultuurwijzer.nl, einer offiziellen Webseite für das kulturelle Erbe der Niederlande (niederländisch)
- Jona Lendering: Kesteren. In: Livius.org (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Saskia G. van Dockum: Das niederländische Flussgebiet. In: Tilmann Bechert, Willem J. H. Willems (Hrsg.): Die römische Reichsgrenze zwischen Mosel und Nordseeküste. Theiss, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1189-2, S. 79.
- ↑ a b c Saskia G. van Dockum: Das niederländische Flussgebiet. In: Tilmann Bechert, Willem J. H. Willems (Hrsg.): Die römische Reichsgrenze zwischen Mosel und Nordseeküste. Theiss, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1189-2, S. 79 f.
- ↑ Roel C. G. M. Lauwerier, Wilfried A. M. Hessing: Men, horses and the Miss Blanche effect. Roman horse burials in a cemetery at Kesteren, the Netherlands. In: Helinium, Jg. 32 (1992), S. 78–109.
- ↑ a b Julianus Egidius Bogaers: Kesteren - Carvo. In: Julianus Egidius Bogaers, Christoph B. Rüger: Der Niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. Rheinland-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7927-0194-4, S. 70.
- ↑ Willem J. H. Willems: Romans and Batavians. A Regional Study in the Dutch Eastern River Area. Dissertation Universität Amsterdam 1986, S. 317 f. (Volltext)
- ↑ Wouter C. Braat: Das Stirnband eines römischen Paradehelms. In: Outheidkundige Mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden. Jg. 42 (1961), S. 60–62.