Nattern
Nattern | ||||||||||||
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Ringelnatter (Natrix natrix) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Überfamilie | ||||||||||||
Colubroidea | ||||||||||||
Oppel, 1811 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Familie | ||||||||||||
Colubridae | ||||||||||||
Oppel, 1811 |
Die Nattern (Colubridae), von mittelhochdeutsch nāter („Natter“, auch „Schlange“[1]), bilden mit fast 2000 Arten,[2] das sind fast 60 % der heute lebenden Schlangenarten, die mit Abstand artenreichste Familie unter den Schlangen. Sie haben, mit Ausnahme des Meeres, alle für Reptilien zugänglichen Biotope besiedelt und leben in gemäßigten, subtropischen und tropischen Regionen Eurasiens, Afrikas, Nord- und Südamerikas. Unter den Nattern gibt es auf dem Erdboden lebende, grabende und kletternde Arten. Schmuckbaumnattern (Chrysopelea) können von Baum zu Baum gleitfliegen, indem sie ihre Rippen spreizen und so aus ihrem gesamten Körper eine Tragfläche machen.
In Deutschland, der Schweiz und Österreich kommen sieben Natterarten vor. Die Äskulapnatter, die Schlingnatter und die Gelbgrüne Zornnatter gehören zu den Eigentlichen Nattern (Colubrinae). Die Ringelnatter, die Barrenringelnatter, der 2017 Artstatus zuerkannt wurde, die Würfelnatter und die Vipernatter gehören zu den Wassernattern (Natricinae). Die Gelbgrüne Zornnatter und die Vipernatter kommen in Deutschland und Österreich nicht vor.[3] Diese sieben Nattern unterscheiden sich äußerlich durch ihre runden Pupillen von den einheimischen Giftschlangen (Europäische Hornotter, Kreuzotter, Aspisviper und Wiesenotter).
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nattern sind überwiegend schlanke und langschwänzige Schlangen, deren Körper von relativ großen Schuppen bedeckt ist. Der Kopf ist in den meisten Fällen vom Hals abgesetzt und kann lang und schmal, aber auch kurz und stumpf sein. Die Augen sind, außer bei einigen wühlenden Arten, groß, die Pupillen sind rund oder oval. Die Maulspalte reicht bis weit hinter die Augen. Die bei den Nattern besonders langen Oberkieferknochen können nicht, wie bei den Vipern, in eine zum Gesichtsschädel senkrechte Stellung gebracht werden. Bei opistoglyphen Arten der Familie, den sogenannten Trugnattern, liegen die Giftzähne im hinteren Teil des Oberkiefers, aglyphe oder auch „Echte Nattern“ haben dagegen keine Giftzähne.
Ernährung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nattern haben ein reiches Beutespektrum, das Kleinsäuger, Vögel, Echsen, Amphibien, Fische, Gliederfüßer und Weichtiere umfasst. Einige Nattern sind Nahrungsspezialisten, wie die Afrikanischen und Indischen Eierschlangen, die sich ausschließlich von Vogeleiern ernähren.
Giftigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Nattern besitzen weder hohle noch gefurchte Giftzähne. Bei einigen Arten, zum Beispiel bei der Ringelnatter, befindet sich im Speichel ein sehr schwaches Gift, das kleine Beutetiere lähmen kann, jedoch vermutlich in erster Linie der Vorverdauung dient.
Die Trugnattern sind keine eigene taxonomische Gruppe, es handelt sich vielmehr um eine Reihe von Arten innerhalb der Nattern. Sie besitzen im hinteren Bereich des Oberkiefers gefurchte Giftzähne, über deren Außenfurche das Gift mit kauenden Bewegungen in die Bisswunde eines Beutetiers geleitet wird. Für größere Tiere sind Trugnattern jedoch in der Regel ungefährlich, da zum einen durch die Stellung der Giftzähne diese bei einem Biss ihr Opfer nicht erreichen und zum anderen das Gift der Trugnattern im Vergleich zu Vipern und Giftnattern relativ schwach ist. Bei einzelnen Trugnatterarten, zum Beispiel der Boomslang (südliches Afrika) oder der Mangroven-Nachtbaumnatter (Südostasien), kann der Biss jedoch auch für Menschen lebensgefährlich sein.
Giftnattern (Elapidae) gehören trotz ihres Namens nicht zu den Nattern, sondern bilden eine eigene Schlangenfamilie.
Giftarten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Bestimmung der Giftarten wird nach adäquater Probenvorbereitung die MALDI-TOF-Technik eingesetzt.[4] Auch die Kopplung der HPLC mit der Massenspektrometrie kommt zum Einsatz.[5]
Fortpflanzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nattern sind bis auf wenige Ausnahmen – wie z. B. die in Mitteleuropa heimische, lebendgebärende Schlingnatter – eierlegend.
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Familie der Nattern (Colubridae) wurde im Jahr 1811 durch den deutschen Herpetologen Nikolaus Michael Oppel eingeführt. Je nach Autor wurden sie in 5 bis 7 verschiedene Unterfamilien unterteilt.[6] Einige dieser Unterfamilien gelten jetzt als eigenständige Familien, z. B. die Wassertrugnattern (Homalopsidae) und die Pareidae oder die Lamprophiidae, Psammophiidae und Pseudoxyrhophiidae, die näher mit den Giftnattern (Elapidae) verwandt sind als mit den Nattern.[7] Die Unterfamilie Aparallactinae wurden den Erdvipern (Atractaspididae) zugeordnet. Ursprünglich bildeten die Vipern (Viperidae), die Nattern, die Giftnattern und andere den Nattern ähnliche Familien zusammen die Überfamilie Colubroidea, heute sind die Nattern die einzige Familie dieser Überfamilie. Die Giftnattern und die näher mit ihnen als mit den Nattern verwandten Familien werden in die Überfamilie Elapoidea gestellt.[8]
Das folgende Kladogramm nach Zaher et al. zeigt die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Nattern, anderen, den Nattern ähnlichen Familien, den Giftnattern und den Vipern:[9]
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Die Familie der Nattern selbst wird aktuell in acht Unterfamilien unterteilt. Die taxonomische Stellung der einzelnen Unterfamilien zueinander ist weniger gut gesichert als die der äußeren Systematik. Nach Zaher et al. ergibt sich folgende innere Systematik:[9]
Nattern |
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Die Schlangen aus der Unterfamilie Colubrinae haben einen asymmetrischen Hemipenis mit einem einzigen Sulcus spermaticus. Die Unterfamilie Scaphiodontophiinae wurde 2010 von Pyron et al. eingeführt,[10] später dann der Prioritätsregel folgend auf Sibynophiinae geändert.[11] Die Schwestergruppe der Colubrinae sind die Ahaetullinae, die erst im Jahr 2016 neu beschrieben wurde.[12] Die Calamariinae unterscheiden sich von den anderen Nattern durch ihren Knochenbau: Das Augenloch wird nur durch das Stirnbein und das Parasphenoid geformt, das Scheitelbein ist nicht beteiligt.[7] Diagnostisches Merkmal der nur in Asien vorkommenden Pseudoxenodontinae ist der sehr tief gegabelte Hemipenis. Deren Schwestertaxon sind die Dipsadinae, die in Amerika leben und typischerweise einen gegabelten Sulcus spermaticus haben. Die Wassernattern (Natricinae) zeichnen sich durch einen markanten Hemipenis aus, dessen Sulcus spermaticus stark gekrümmt ist.[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wilfried Westheide, Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- und Schädeltiere. 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin 2004, ISBN 3-8274-0307-3.
- Kurt Deckert, Gisela Deckert, Günther E. Freytag, G. Peters, G. Sterba: Urania Tierreich, Fische, Lurche, Kriechtiere. Urania-Verlag, 1991, ISBN 3-332-00376-3.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 154.
- ↑ Colubridae In: The Reptile Database
- ↑ The Reptile Database: Colubridae in der Schweiz, Österreich oder Deutschland.
- ↑ Peichoto ME, Tavares FL, Santoro ML, Mackessy SP: Venom proteomes of South and North American opisthoglyphous (Colubridae and Dipsadidae) snake species: a preliminary approach to understanding their biological roles., Comp Biochem Physiol Part D Genomics Proteomics. 2012 Dec;7(4):361-9, PMID 22974712.
- ↑ Kamiguti AS, Theakston RD, Sherman N, Fox JW: Mass spectrophotometric evidence for P-III/P-IV metalloproteinases in the venom of the Boomslang (Dispholidus typus)., Toxicon. 2000 Nov;38(11):1613-20, PMID 10775761.
- ↑ Wilfried Westheide & Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie Teil 2: Wirbel und Schädeltiere, 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg • Berlin, 2010, ISBN 978-3-8274-2039-8. Seite 397.
- ↑ a b c R. Lawson, J.B. Slowinski, B.I. Crother, F.T. Burbrink: Phylogeny of the Colubroidea (Serpentes): New evidence from mitochondrial and nuclear genes. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 37, 2005, S. 581–601, doi:10.1016/j.ympev.2005.07.016.
- ↑ Ophidia (Serpentes) - Snakes in der ReptileDatabase
- ↑ a b Hussam Zaher, Robert W. Murphy, Juan Camilo Arredondo, Roberta Graboski, Paulo Roberto Machado-Filho, Kristin Mahlow, Giovanna G. Montingelli, Ana Bottallo Quadros, Nikolai L. Orlov, Mark Wilkinson, Ya-Ping Zhang, Felipe G. Grazziotin (2019): Large-scale molecular phylogeny, morphology, divergence-time estimation, and the fossil record of advanced caenophidian snakes (Squamata: Serpentes). PLOS ONE, Mai 10, 2019. doi:10.1371/journal.pone.0216148.
- ↑ R. Alexander Pyron, Frank T. Burbrink, Guarino R. Colli, Adrian Nieto Montes de Oca, Laurie J. Vitt, Caitlin A. Kuczynski, John J. Wiens: The phylogeny of advanced snakes (Colubroidea), with discovery of a new subfamily and comparison of support methods for likelihood trees. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 2010, S. 329–342, doi:10.1016/j.ympev.2010.11.006.
- ↑ Sibynophis geminatus In: The Reptile Database siehe Abschnitt Comment.
- ↑ Alex Figueroa, Alexander D. McKelvy, L. Lee Grismer, Charles D. Bell und Simon P. Lailvaux: A Species-Level Phylogeny of Extant Snakes with Description of a New Colubrid Subfamily and Genus. PLoS One. Sep. 2016; 11(9): e0161070. doi:10.1371/journal.pone.0161070