Der Würgeengel

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Film
Titel Der Würgeengel
Originaltitel El ángel exterminador
Produktionsland Mexiko
Originalsprache Spanisch
Erscheinungsjahr 1962
Länge 95 Minuten
Altersfreigabe
  • FSK 16, ehem. 18
Stab
Regie Luis Buñuel
Drehbuch Luis Buñuel, Luis Alcoriza
Produktion Gustavo Alatriste
Musik Raúl Lavista
Kamera Gabriel Figueroa
Schnitt Carlos Savage
Besetzung

Der Würgeengel (Originaltitel: El ángel exterminador) ist ein surrealistisches Filmdrama von Luis Buñuel aus dem Jahr 1962.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eheleute Nobile geben eine Party, als die Bediensteten plötzlich ihre Posten verlassen. Die Gäste bleiben entgegen den gesellschaftlichen Konventionen über Nacht im Haus. Am nächsten Morgen stellen alle fest, dass sie den Raum, in dem sie sich befinden, nicht mehr verlassen können, obwohl sie physisch nicht daran gehindert werden. Offene Türen und Fenster ließen ein Verlassen jederzeit zu. Andererseits wagen sich Außenstehende und Schaulustige außerhalb des Hauses auch nicht in das Haus hinein, um den „Eingeschlossenen“ zu helfen. Es vergehen einige Tage, die Menschen werden nervös und hysterisch. Nahrungsmittel und Wasser gehen aus. Einer der Gäste stirbt, ein junges Paar begeht Selbstmord.

Die Gäste können sich schließlich selbst befreien: Das exakte Nachstellen der äußeren Szenerie, die sie in diese verzwickte Situation gebracht hat, hebt den Zauber auf. Die Befreiung wird in einer Kirche mit einer Messe gefeiert. Anschließend scheitern zuerst der Priester und die Messdiener, dann die gesamte Gemeinde aus unklaren Gründen bei dem Versuch, die Kirche zu verlassen. Es scheint sich ein neues Drama anzubahnen.

Nun setzt ein wildes Glockenläuten ein. Gleichzeitig räumt das Militär mit Waffengewalt den Vorplatz der Kirche, auf dem sich eine aufgebrachte Menschenmenge versammelt hat.

In der letzten Einstellung ist der Platz menschenleer, und man sieht eine Schar Lämmer, die unter fortdauerndem Glockengeläut und letzten Gewehrschüssen auf das Kirchenportal zulaufen und in der Kirche verschwinden.

Titel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich sollte der Titel Die Schiffbrüchigen von der Straße der Vorsehung[1] lauten. Als der Autor José Bergamín von einem geplanten Stück mit dem Titel „El ángel exterminador“ (dt. „Der Würgeengel“) erzählte, war Buñuel so angetan, dass er, nachdem Bergamín sein Projekt aufgegeben hatte, den assoziationsstarken Titel für seinen Film übernahm.

Der deutsche Verleihtitel „Der Würgeengel“, das Äquivalent des spanischen „El ángel exterminador“, weckt Assoziationen an die Bibel. Die Bezeichnung „Würgengel“ (ohne das Fugen-e) erscheint zuerst bei Luther 1545,[2] angeregt durch einen lateinischen Bibeltext[2][3] in der Bedeutung „von Gott zum Töten ausgesandter Engel.“

Hinweise im Film auf den Begriff Würgeengel gibt es kaum: Der sterbende alte Mann ist froh, dass er die „Ausrottung“ nicht mehr erlebt. Im Off ertönt im Umkreis der Sterbesequenz ein lautes Flügelschlagen. Eine Tür der Seitenkabinette ist mit Engeln bemalt.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Man muß den Würgeengel wiederholt anschauen. Weil nämlich dieser vollkommen klare und von vorne bis hinten lesbare Film in gleichem Maß ein Werk voller Geheimnisse ist, von schwindelerregender Komplexität […] weil unter der offensichtlichen Einfachheit der Inszenierung die eigentliche filmische Virtuosität Buñuels freien Lauf bekommt. Weil dieser Würgeengel einfach ein Meisterwerk ist.“

France Observateur: Deutsches Filminstitut[4]

„Der […] Film ist wegen seiner irrationalen Grundhaltung und auch wegen der Fremdheit seiner Mentalität nur schwer zugänglich, vermag aber trotz oder vielleicht gerade wegen seiner esoterischen Eigenarten ein künstlerisches Kino-Erlebnis zu vermitteln.“

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fortwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Woody Allen nimmt in seinem Film „Midnight in Paris“ (2011) in einem Witz Bezug auf den Film.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Luis Buñuel: Mein letzter Seufzer. (Deutsche Übersetzung des französischen Originals Mon dernier soupir von Enno Patalas und Frieda Grafe, ungekürzt, aber ohne Vorwort). Deutsche Erstausgabe. Athenäum, Königstein/Ts. 1983, S. 229–231. Lizenzausgaben: Ullstein, Frankfurt/Main und Berlin 1984; Volk und Welt, Berlin 1985.
  • Luis Buñuel: Mein letzter Seufzer. Erinnerungen. (Neuausgabe mit einem Vorwort von Jean-Claude Carrière.) Alexander, Berlin 2000.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der in der deutschen Übersetzung der „Erinnerungen“ zitierte Titel
  2. a b Jacob und Wilhelm Grimm: „Deutsches Wörterbuch.“ Hirzel, Leipzig 1854–1954(1960). Fotomechanischer Nachdruck in 32 Bänden, Deutscher Taschenbuchverlag, München 1984, Band 30, Spalte 2213–2218
  3. (Dominus) non sinet percussorem ingredi domos vestras et laedere. (2. Mose 12, 23)
  4. Filmkritik vom Deutschen Filminstitut (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive)
  5. Ev. Presseverband München, Kritik Nr. 461/1966
  6. nachtkritik.de
  7. Deutschlandfunk vom 14. Februar 2012
  8. Adès-Oper in Salzburg uraufgeführt. In: Zeit Online. 29. Juli 2016, archiviert vom Original am 10. Oktober 2016;.
  9. Der Würgeengel. Psalmen und Popsongs auf schauspiel-leipzig.de, abgerufen am 31. Januar 2024.
  10. Der Würgeengel (UA) auf schauspielfrankfurt.de, abgerufen am 20. Januar 2024.
  11. Die Zeit vom 18. August 2011