Eberhard von Selasen-Selasinsky

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Eberhard Karl Gustav Alfred Hermann von Selasen-Selasinsky (* 8. September 1878 in Potsdam; gestorben 18. Juli 1974 in Braubach am Main) war ein deutscher Offizier, Oberst, Vertrauter des preußischen Königshauses, Kaufmann und Kurdirektor.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Selasinsky war der einzige Sohn des preußischen Oberstleutnant Karl von Selasinsky und dessen Ehefrau Auguste, geb. Neuendorff.[1] Er heiratete am 3. Oktober 1900 in Berlin Alice, geb. Wüstenberg (* 14. Juli 1881 in Berlin; gestorben 19. Mai 1917), Tochter des Bankiers Oskar Wüstenberg, bekam ein Kind, nämlich Joachim-Albrecht von Selasinsky (* 23. Juli 1901 in Bonn; gefallen 4. März 1919 im Straßenkampf in Berlin) und ließ sich schon am 21. Februar 1902 scheiden. In zweiter Ehe heiratete er am 9. Februar 1904 in Wiesbaden Mary, geb. Vintzens (1881–1965), Tochter des deutschen Konsuls August Vintzens und bekam mit ihr zwei Kinder, nämlich Axel von Selasinsky (* 19. November 1904 in Mainz; † 7. Oktober 1967 in Frankfurt am Main) und Wendelin (1907–1945). Auch hier ließ er sich am 6. Dezember 1936 scheiden. In dritter Ehe heiratete er am 25. Mai 1937 in Berlin Jutta, geb. Bronsart von Schellendorf (* 19. September 1904 in Darmstadt), Tochter des Gutsherren Wilhelm Bronsart von Schellendorf.

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im frühen Alter besuchte er das Gymnasium zu Diedenhofen[2] und ab 1893 die preußische Kadettenanstalt im Schloss Oranienstein in Diez, musste aber durch seinen Mangel an Englisch die vierte Klasse wiederholen.[3] Er war mit Erich Pulkowski Teil der Selekta 98. Nachdem er eine ausgezeichnete Offiziersprüfung ablag und die allerhöchste Belobigung erhielt, wurde er am 15. März 1898 dem Königin Augusta Garde Grenadier-Regiment Nr. 4 der preußischen Armee als Leutnant[4] zugeteilt.[5] Bis 1905 wirkte er im Infanterie-Leib-Regiment „Großherzogin“ (3. Großherzoglich Hessisches) Nr. 117 und wurde mit dem Erinnerungszeichen an die zweite Hochzeit Großherzog Ernst Ludwigs von 1905 ausgezeichnet.[6] Am 10. September 1908 erfolgte seine Ernennung zum Oberleutnant unter gleichzeitiger Verwendung beim Großen Generalstab.[7] Er gewann im Jahre 1909 die Berliner Ballonwettfahrt und kam mit seinem Ballon Pommern bis nach Plauen im Vogtland.[8] Er begann im Jahre 1911 unter August Euler die Prüfung zum Flugzeugführer, musste sie aber wegen seiner Heirat abbrechen. Daneben war er auch kurzzeitig Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt.[9] Am 18. Februar 1913 erfolgte seine Beförderung zum Hauptmann im Infanterie-Regiment (7. Lothr.) Nr. 158 in Paderborn.[10]

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kämpfte er mit seinem Friedensregiment als Kompaniechef in Nordfrankreich und Belgien. Er nahm Mitte September 1914 im Rahmen der 13. Division an der Schlacht an der Aisne teil. Nachfolgend wirkte er als Brigadeadjutant bei Reims, Arras, La Basse-Vaivre und Lille. Danach wirkte er als I. Adjutant der 50. Infanterie-Division.[11] Er über eine kurze Zeit Ordonnanzoffizier bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz[12] und auch beim Nachrichten-Kommando einer bulgarischen Armee. Im Jahre 1918 wurde er mit der Organisation eines weiblichen Nachrichtenkorps beauftragt.[13] Über den Krieg wurde er mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse, der Großherzoglich-Hessischen Tapferkeitsmedaille und dem Eisernen Halbmond ausgezeichnet.[14]

Nach der Novemberrevolution schied er im Range eines Majors aus der preußischen Armee aus, zog wieder nach Paderborn und gründete dort im Januar 1919 die Ortsgruppe der DNVP. Er galt allgemein als Judengegner und beteiligte sich aktiv am Antisemitismus. Trotz seiner Bemühen erhielt die DNVP in der Reichstagswahl 1920 für den Kreis Paderborn nur 4 Prozent.[15] Beruflich wirkte er in der Weimarer Republik als Kaufmann und Fabrikdirektor[16], so als angestellter Manager der Fahrzeugwerke Lueg in Bochum.[17] Im November 1923 organisierte er als Freund Louis Müldner von Mülnheims die Heimreise des ehemaligen deutschen Kronprinzen Wilhelm von Preußen nach dessen Flucht aus dem Exil auf der niederländischen Insel Wieringen von der Grenzüberquerung bis zum Schloss Oels.[18] Im Jahr 1924 wirkte er weiterhin als 1. Vorsitzender der DNVP in Paderborn und bezeichnete sich als Förderer der völkischen Bewegung.[15] Am 19. Februar 1925 erhielt er die Erlaubnis zur Führung des Namens von Selasen-Selasinsky.[19] Für die Reichspräsidentenwahl im März 1932 setzte er sich zusammen mit Joachim von Ostau und Günther von Einem, stets voller Bewunderung für das Kaiserhaus, für die Kandidatur des Kronprinzen Wilhelm ein.[20] Auch sonst war er ein guter Freund des Kronprinzen. Im Jahre 1933 wirkte er bis 1935 als Kurdirektor in Baden-Baden. In dieser Position wurde er 1935 aufgrund Betrugsverdachts und Beamtenbestechung angeklagt, konnte sich aber vorübergehend mit seinem Spielbankdirektor Carol Nachman ins Ausland absetzen.[12] Nach seiner Rückkehr konnte er sich eine Position als Bezirksleiter der Büssing AG in Braunschweig beschaffen.[21]

Im Zweiten Weltkrieg wurde Selasen-Selasinsky reaktiviert und diente als Oberstleutnant der Luftwaffe. Er wirkte als Offizier im Stab des Luftwaffen-Bau-Regiment 3/XII im Besetzten Frankreich. In dieser Position betätigte sich Selasen-Selasinsky an unzähligen Raubzügen, darunter die Bibliothek der Familie Rothschild aus dem Schloss Reux und etwa 20 Ölgemälde. 1942 wurde er zum Kommandeur eines Luftwaffen-Bau-Regiment ernannt. Gegen Ende des Krieges erfolgte noch eine Beförderung zum Oberst und eine Festnahme durch amerikanischen Truppen aufgrund seiner Raubgüter. Seine gestohlenen Ölgemälde wurden beschlagnahmt, er konnte aber noch 1947 beim Amt für Vermögenskontrolle erfolgreich klagen, dass sie angeblich aus seinem Privatbesitz stammten.[22]

Nach seiner Freilassung wirkte er als Spielbankberater des Oberbürgermeisters von Wiesbaden, wo er 1949 auf Anweisung der US-Militärregierung abgesetzt wurde. Er schaffte es aber trotzdem noch 1949 der Neuland KG unter der Führung seines ehemaligen Komplizen Carol Nachmans die Übernahme der Konzession für die Spielbank Wiesbaden zu geben und wurde fortan in der Verwaltung der Spielbank Wiesbaden beschäftigt.[23] Er war Mitglied der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Oranienstein und seine Kadetten. 1971[24]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Who's who in Germany. Intercontinental Book and Publishing Company, German editor R. Oldenbourg Verlag, 1964 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  2. Hermann August Ludwig Degener, Walter Habel: Deutsche Who's who. Schmidt-Römhild, 1935 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  3. Steven E. Clemente: For King and Kaiser!: The Making of the Prussian Army Officer, 1860-1914. Greenwood Publishing Group, 1992, ISBN 978-0-313-28004-7 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  4. Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1905. Mit den Dienstalterslisten der Generale und der Stabsoffiziere [...]. Nach dem Stande vom 6. Mai 1905 - Silesian Digital Library. Abgerufen am 17. September 2022.
  5. John Moncure: Forging the King's Sword: Military Education Between Tradition and Modernization : the Case of the Royal Prussian Cadet Corps, 1871-1918. P. Lang, 1993, ISBN 978-0-8204-1960-2 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  6. https://www.deutsche-gesellschaft-fuer-ordenskunde.de/DGOWP/wp-content/uploads/2019/07/Verl_Liste_1905_Erinn_Zeich_2_Hochzeit.pdf
  7. Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1909. Mit den Dienstalterslisten der Generale und der Stabsoffiziere [...]. Nach dem Stande vom 6. Mai 1909 - Silesian Digital Library. Abgerufen am 17. September 2022.
  8. 'Münchner neueste Nachrichten : Wirtschaftsblatt, alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronik. 1909 = Jg. 62, 3' - Viewer | MDZ. Abgerufen am 17. September 2022.
  9. Wissenschaftliche Gesellschaft für Flugtechnik: Jahrbuch der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Flugtechnik: I. Band 1912/13. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-00024-3 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  10. Prussia (Germany) Armee: Rangliste der Königlich Preussischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps. E.S. Mittler., 1914 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  11. Herbert Maillard: 5. Westf. Infanterie-Regiment Nr 53 im Weltkrieg 1914-1918. Sporn, 1939 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  12. a b Ich bin nicht bestochen. In: Der Spiegel. 9. November 1949, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 17. September 2022]).
  13. Bruno Thoss, Hans-Erich Volkmann: Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg: ein Vergleich : Krieg, Kriegserlebnis, Kriegserfahrung in Deutschland. Schöningh, 2002, ISBN 978-3-506-79161-0 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  14. Zeitschrift für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt. R. Oldenbourg., 1916 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  15. a b Margit Naarmann: Die Paderborner Juden 1802-1945: Emanzipation, Integration und Vernichtung : ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert. Verein für Geschichte an der Universität-GH-Paderborn, 1988, ISBN 978-3-924184-05-6 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  16. Genealogisches Handbuch des Adels. C.A. Starke, 2002, ISBN 978-3-7980-0828-1 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  17. Stahl und Eisen. Verlag Stahleisen, 1929 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  18. John Dehé, Paul von Wolzogen Kühr: Kronprinz Wilhelm: Ein Hohenzoller auf Holzschuhen. Kohlhammer Verlag, 2022, ISBN 978-3-17-041023-7 (google.de [abgerufen am 16. September 2022]).
  19. Gothaisches genealogisches taschenbuch der adeligen häuser: Zugleich adelsmatrikel der deutschen adelsgenossenschaft. J. Perthes, 1942 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  20. Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis: Geschichte einer Kollaboration | Deutscher Sachbuchpreis 2022. Ullstein Ebooks, 2021, ISBN 978-3-8437-2575-0 (google.com [abgerufen am 16. September 2022]).
  21. Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser: zugleich Adelsmatrikel der deutschen Adelsgenossenschaft. Teil B. J. Perthes., 1942 (google.com [abgerufen am 17. September 2022]).
  22. http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2014/11119/pdf/NSRaubgut_2014_S133_152.pdf
  23. Carol Nachman. Abgerufen am 16. September 2022.
  24. 'Blätter für deutsche Landesgeschichte : Neue Folge des Korrespondenzblattes. 107. 1971' - Viewer | MDZ. Abgerufen am 17. September 2022.