Die rote Kurve ist eine Epizykloide. Sie entsteht durch Abrollen des kleinen Kreises auf dem großen Kreis durch Verfolgung des anfänglichen Berührpunktes beider Kreise.
Wenn ein Kreis vom Radius
außen auf einem Kreis vom Radius
abrollt, beschreibt ein Punkt auf dem Kreisumfang eine Epizykloide. Bei einer Zykloide rollt ein Kreis auf einer Geraden.
Auf diese Weise lassen sich mandalaähnliche Figuren zeichnen, die auch Blumen ähneln.
Eine Epizykloide ist ein Sonderfall einer Epitrochoide.
Rollt der kleine Kreis in dem großen Kreis, entsteht eine Hypozykloide bzw. Hypotrochoide. Siehe auch den Artikel über Zykloide.
Zur Herleitung der Parameterdarstellung
Beim Abrollen des kleinen Kreises dreht sich der kleine Kreis um einen Winkel
. Dabei wird auf dem großen Kreis der Winkel
(siehe Bild) überstrichen. Da beide Kreisbögen gleich lang sind, muss
und damit
sein.
Ein Kurvenpunkt
kann man sich durch folgende Operationen entstanden denken:
- Drehung des Punktes
um den Nullpunkt mit Winkel
ergibt
,
- Verschiebung von
um
nach rechts ergibt
,
- Drehung von
um den Nullpunkt mit Winkel
ergibt den Kurvenpunkt
.
Diese Operationen kann man in x-y-Koordinaten mit Hilfe von Drehmatrizen ausführen. Betrachtet man die Ebene als Darstellung der komplexen Zahlen, wird die Rechnung leicht und übersichtlich. Denn die Drehung eines Punktes (einer komplexen Zahl)
um den Winkel
ergibt
:
- Für
ergibt sich
,
,

In x-y-Koordinaten bedeutet dies:


Und mit
schließlich


Für Untersuchungen ist die folgende Form von Vorteil. Mit
ist:


Wenn das Verhältnis
eine rationale Zahl ist, schließt sich die Kurve nach mehreren Umdrehungen. Ist es irrational, schließt sie sich nie.
Es ist auch möglich, die Epizykloide und die Hypozykloide mit Polarkoordinaten darzustellen.[1][2]
In dem folgenden Schaubild ist links
eine ganze Zahl, deswegen überlappen sich die „Blütenblätter“ links nicht und die Kurve ist geschlossen. Rechts überlappen sich aber die „Blütenblätter“, d. h., die Kurve ist nicht geschlossen, da
.
wird auch Ordnung der Epizykloide genannt.
Die ersten Ableitungen der letzten Parameterdarstellung sind


und

(Es wurden die Formeln
verwendet.)
- Länge
Eine sich schließende Epizykloide besitzt
Bögen. Die Länge eines Bogens der Zykloide ist

und die Gesamtlänge ist

- Flächeninhalt
Mit der Sektorformel von Leibniz

und

ergibt sich für den Sektor-Flächeninhalt zu einem Bogen

und für die ganze Kurve (
Bögen)

Epizykloide: Evolute (rot)
- Evolute
Wegen
ist
(siehe oben)
und die Parameterdarstellung der Evolute ist


Das ist die Gleichung einer Epizykloide, die aus der gegebenen Epizykloide durch Skalierung mit dem Faktor
verkleinert und um
(im Bild
) gedreht ist (siehe nächsten Abschnitt).
Das nächste Bild zeigt ein weiteres Beispiel einer Zykloide mit
und ihre Evolute. Im zweiten Beispiel ist
. In diesem Fall schließt sich die Epizykloide erst nach zwei Durchgängen, da
keine ganze Zahl ist.
Verwendet man zur Definition einer Epizykloide die Bahn des Punktes
, so entsteht eine zur obigen Definition um den Winkel
gedrehte Kurve. Ihre Parameterdarstellung ist:


Kardioide, Konstruktionsskizze als Animation, Pause zu Beginn 15 s sowie Pause am Ende 10 s; die Spitze der Kardioide liegt auf der Koordinate (-2,0)
Kardioide als Kreis-Konchoide
Für
ergibt sich eine Kardioide (Herzkurve). Für Umfang und Fläche erhält man:[3]

Wenn die Spitze der Kardioide im Koordinatenursprung liegt, lautet die Gleichung in Polar- bzw. kartesischen Koordinaten:[4]

Es sei ein innerer Kreis mit Radius
, dessen Mittelpunkt der Koordinatenursprung eines kartesischen Koordinatensystems und der darauf abrollende Kreis mit Radius
Um den Punkt
auf dem Radius
innerhalb eines Quadranten – vorteilhaft zwischen den Koordinatenachsen – zu bestimmen, bedarf es nur einer Verbindung der Kreismittelpunkte und der Übertragung des Mittelpunktswinkels
(siehe Bild) vom inneren Kreis (blau) auf das Zentrum des abrollenden Kreises (grün). Der Winkelschenkel des Winkels
erzeugt mit
(rot) den Punkt, der die Kardioide als Ortskurve liefert.
Diese Kurve kann man auch anders erhalten, und zwar als Kreiskonchoide (Pascalsche Schnecke): Man zeichnet von einem Punkt auf dem Kreisumfang eine Sehne und verlängert sie um den Kreisdurchmesser. Wenn die Sehne sich dreht, beschreibt der Endpunkt der Verlängerung eine Kardioide.
Nephroide, Konstruktionsskizze als Animation, Pause zu Beginn 25 s sowie Pause am Ende 10 s
Ist
sprich
so erhält man, wie im Folgenden beschrieben, eine Nephroide. Sie hat die Maße[5]

Es sei ein innerer Kreis mit Radius
, dessen Mittelpunkt der Koordinatenursprung eines kartesischen Koordinatensystems und der darauf abrollende Kreis mit Radius
Um den Punkt
auf dem Radius
innerhalb eines Quadranten – vorteilhaft zwischen den Koordinatenachsen – zu bestimmen, verbindet man zuerst die Mittelpunkte der beiden Kreise. Der dabei im Winkelscheitel
des inneren Kreises entstandene Mittelpunktswinkel
(siehe Bild) wird nun mit der Winkelweite
in das Zentrum des abrollenden Kreises (grün) mit positivem Drehsinn eingearbeitet. Der Winkelschenkel des Winkels
erzeugt mit
(rot) den Punkt, der die Nephroide als Ortskurve liefert.
Für die dargestellte Nephroide gilt die Gleichung[6]

mit dem eingesetzten Wert

ergibt sich schließlich

Für die Anzahl der Schnittpunkte der Epizykloiden, der Hypozykloiden und der Hypotrochoiden gibt es interessante Betrachtungen, die unter anderem den größten gemeinsamen Teiler des Längenverhältnisses der beiden Kreisradien verwenden.
Geht man bei der Herleitung der Parameterdarstellung (s. o.) einer Epizykloide von einem Punkt
aus, erhält man die Parameterdarstellung einer Epitrochoide:[7]


Mit
ist:


ist der Abstand des Startpunktes (
) zum Mittelpunkt des kleinen Startkreises.
Eine Epizykloide ist mit
ein Sonderfall einer Epitrochoide.
Die rote Kurve ist eine Hypozykloide, die durch Abrollen des kleinen Kreises in dem großen Kreis erzeugt wird. (Die Parameter sind

es ist eine
Astroide).
In diesem Fall rollt der kleine Kreis mit Radius
in dem großen Kreis mit Radius
. Die Beziehung zwischen den Winkeln
und
bleibt erhalten. Allerdings dreht sich der kleine Kreis hier im Uhrzeigersinn. Geht man bei der Herleitung der Parameterdarstellung einer Epizykloide (siehe oben) von dem Punkt
aus, dreht den kleinen Kreis im Uhrzeigersinn und verschiebt nur um
, so erhält man die Parameterdarstellung einer Hypotrochoide:


Mit
ist:


Für
erhält man eine Hypozykloide.
Für
ist
und die
- Hypozykloide (
) der Durchmesser des großen Kreises mit 
- Hypotrochoide (
) die Ellipse 
Für
liegt die große Achse der Ellipsen auf der
-Achse, für
auf der
-Achse. Für
ergibt sich ein Kreis.
Eine Ellipse
lässt sich also auch immer durch eine Hypotrochoide mit den Parametern
erzeugen.
Ein Kreispaar, dessen kleinerer Kreis den halben Radius des größeren Kreises hat und in diesem abrollt, nennt man Cardanische Kreise.
(Strecke)
(Ellipsen)
Ellipsen (rot, cyan) mit cardanischen Kreisen
- Klemens Burg, Herbert Haf, Friedrich Wille, Andreas Meister: Vektoranalysis: Höhere Mathematik für Ingenieure, Naturwissenschaftler und Mathematiker. 2. Auflage, Springer, Vieweg-Teubner, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8348-8346-9, S. 56–63.
- Mark J. Wygodski: Höhere Mathematik griffbereit: Definitionen, Theoreme, Beispiele. 2. Auflage, Vieweg, Braunschweig 1977, ISBN 3-528-18309-8, S. 755–764.
- Matthias Richter: Grundwissen Mathematik für Ingenieure. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-663-05772-7, S. 171–172.
- ↑ Eric W. Weisstein: Epicycloid. In: MathWorld (englisch).
- ↑ Eric W. Weisstein: Hypocycloid. In: MathWorld (englisch).
- ↑ Eric W. Weisstein: Cardioid, Formel (12), (13). In: MathWorld (englisch).
- ↑ Eric W. Weisstein: Cardioid, Formel (1), (3). In: MathWorld (englisch).
- ↑ Eric W. Weisstein: Nephroid, Formel (9), (10). In: MathWorld (englisch).
- ↑ Eric W. Weisstein: Nephroid, Formel (8). In: MathWorld (englisch).
- ↑ J. Dennis Lawrence: A catalog of special plane curves. Dover Publications, 1972, S. 160–164. ISBN 0-486-60288-5.