Exterritoriale Besitzungen des Heiligen Stuhls

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Wappen des Heiligen Stuhls

In den Lateranverträgen 1929 wurden dem Heiligen Stuhl vom Königreich Italien neben der Souveränität über den Staat der Vatikanstadt mehrere Gebiete und Gebäude in der heutigen Metropolitanstadt Rom übertragen, denen der Status der Exterritorialität verliehen wurde. Diese exterritorialen Besitzungen des Heiligen Stuhls (italienisch Zone extraterritoriali vaticane) gehören nicht zum Territorium der Vatikanstadt, sondern zu dem Italiens. Ihr Status entspricht gemäß Art. 15 des Lateranvertrags dem der nach dem Völkerrecht besonders geschützten Residenzen der diplomatischen Vertreter auswärtiger Staaten.[1]

Verwaltet werden die Besitzungen vom Governorat der Vatikanstadt, sie sind Teil des vatikanischen Post- und Fernmeldewesen, und die öffentliche Ordnung wird durch das Gendarmeriekorps der Vatikanstadt gewährleistet.

Schild mit Hinweis auf den exterritorialen Status am Tor des Lateranpalastes.

Folgende Gebiete und Gebäude haben exterritorialen Status (die Aufzählung ist nicht erschöpfend):[2]

Außerdem ist jede Kirche innerhalb Italiens, in der der Papst religiöse Zeremonien durchführt und zu der die Öffentlichkeit keinen Zutritt hat, während dieses Zeitraums exterritorial.

Da sich die stadtplanerischen Anforderungen der Städte Rom und Castel Gandolfo und die Bedürfnisse des Heiligen Stuhls seit dem Inkrafttreten der Lateranverträge geändert haben, kam es seit 1929 mehrmals zu Gebietsabtäuschen und kleineren Korrekturen im Grenzverlauf der exterritorialen Gebiete. So wurde beispielsweise im Jahr 1979 der Palazzo della Dataria beim Quirinalspalast dem italienischen Staat übertragen, der im Austausch den Palazzo San Pio X an der Via della Conciliazione an den Heiligen Stuhl abtrat.

Sommerresidenz in Castel Gandolfo

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Die exterritorialen Gebiete in Castel Gandolfo:
1 Apostolischer Palast, 2 Garten der Villa Cybo, 3 Landgut der Villa Barberini, 4 Oliveto ex-Bacelli, 5 San Tommaso di Villanova

Das exterritoriale Gebiet der päpstlichen Sommerresidenz erstreckt sich über eine Länge von etwas über 2 km entlang des Kraterrandes des Albaner Sees von Castel Gandolfo bis ins Ortsgebiet der Nachbargemeinde Albano Laziale. Mit einer Fläche von über 55 Hektar ist sie größer als das Territorium der Vatikanstadt selbst. Die „Direktion der Päpstlichen Villen“ (Direzione delle Ville Pontificie), eine Abteilung des Governatorats der Vatikanstadt, ist ausschließlich für die Verwaltung des Areals in Castel Gandolfo zuständig.[3]

Das exterritoriale Areal besteht aus drei großen Teilen:

  • der Apostolische Palast an der Piazza della Libertà, mit der als Giardino del Moro bezeichneten Gartenanlagen (≈2 ha)
  • der Garten der Villa Cybo, jedoch ohne die durch die Hauptstraße getrennte Villa selbst (≈3 ha)
  • die Villa Barberini mit den dazugehörigen Ländereien und Gärten, das Areal des Sommersitzes des Pontificio Collegio Urbano, das Klarissinnen-Konvent in Albano Laziale, sowie landwirtschaftliche Nutzflächen (≈50 ha)

Der Apostolische Palast ist über einen loggiaartigen Straßenübergang mit dem Garten der Villa Cybo verbunden, und diese wiederum über ein Viadukt mit dem größten Teil des Komplexes, den Ländereien um die Villa Barberini.

Zwei kleinere, ebenfalls exterritoriale und vom Hauptareal getrennte, Gebiete sind im Gemeindegebiet von Albano Laziale der Olivenhain Oliveto ex-Bacelli (≈3 ha) und, an der Piazza della Libertà in Castel Gandolfo, die Kirche San Tommaso di Villanova von Gian Lorenzo Bernini und das daran angeschlossene Pfarrhaus (≈0,1 ha; mit Ausnahme der im Erdgeschoss befindlichen Räumlichkeiten der Post und der Apotheke).

Seit der Unterzeichnung der Lateranverträge im Jahr 1929 wurde die Grenzziehung des Komplexes mehrmals verändert. So erwarb Pius XI. in den 1930er Jahren bei Albano Laziale Land, um eine kleine Landwirtschaft einzurichten, die seitdem den päpstlichen Hof und den vatikanischen Supermarkt mit Gütern versorgt.[4] Im Jahr 1947 erhielten diese neu erworbenen Ländereien (zu denen auch der Olivenhain „ex-Bacelli“ gehört) gemeinsam mit dem angrenzenden Konvent der Klarissinnen den Status der Exterritorialität. Im Gegenzug verzichtete der Heilige Stuhl hinsichtlich des Gemeindefriedhofs von Albano Laziale (laut Annex der Lateranverträge exterritorial) auf dieses Privileg.

Ursprünglich genossen auch mehrere über Castel Gandolfo verstreute Einzelimmobilien das Privileg der Exterritorialität – so beispielsweise die Villa Cybo (von ihren Gärten durch eine Hauptstraße getrennt), die Casa Pio X oder die Casa Benedetto XV. Auch waren der Cortilone oder die Salita Sant’Antonio, über die das Viadukt von den Gärten der Villa Cybo zu den Ländereien der Villa Barberini führt, exterritoriale, jedoch öffentlich zugängliche Verkehrsflächen. Mit dem Wunsch der Gemeinde Albano Laziale, den Gemeindefriedhof zu erweitern, ergab sich im Jahr 1981 die Gelegenheit, die Grenzziehung der Sommerresidenz zu vereinfachen. Das Abkommen sah vor, dass der Heilige Stuhl ein ungefähr 2000 m² großes, an den Friedhof grenzendes Grundstück der Gemeinde kostenlos übereignet sowie dass er bei den unter seiner Kontrolle stehenden Einzelimmobilien und öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen auf den exterritorialen Status verzichtet. Im Gegenzug erklärte sich die italienische Regierung bereit, dem Areal des Sommersitzes des Pontificio Collegio Urbano (samt Gartenanlage) das Privileg der Exterritorialität zuzuerkennen.

Commons: Exterritoriale Besitzungen des Heiligen Stuhls – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Grundbegriffe des Rechts. Völkerrecht. Lexikon zentraler Begriffe und Themen. Burkhard Schöbner (Hrsg.), Seite 142
  2. Zone extraterritoriali vaticani. Sala Stampa della Santa Sede, 3. April 2001, abgerufen am 2. Juni 2008 (italienisch).
  3. Direktion der Päpstlichen Villen. Staat der Vatikanstadt, abgerufen am 12. März 2013.
  4. Saverio Petrillo: Castel Gandolfo: da residenza imperiale a villa pontificia. (pdf) Vatikanische Museen, abgerufen am 28. August 2023 (italienisch).