Nabonid

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Nabonaid auf einem Relief bei der Anbetung von Mond, Sonne und Venus

Nabu-na'id (auch Nabonaid, Nabona'id und Nabonid; akkadisch Nabû-nā'id; * nach 607 v. Chr.; † wahrscheinlich 539 v. Chr.) regierte von 555 v. Chr.[1] bis 539 v. Chr. als letzter König des neubabylonischen Reiches. Sein Name bedeutet: Nabu ist erhaben. Während seiner zehnjährigen Abwesenheit vertrat ihn von 552 v. Chr. bis 543 v. Chr. sein Sohn Belšazar.

Historische Quellen

Nabonaid-Zylinder: Sin-Tempel in Ur

Die wichtigsten Quellen zum Leben von Nabonaid sind Keilschrifttexte. Von ihm selbst stammen vor allem Bauinschriften. Sie wurden 1912 von St. Langdon umfassend und mit Übersetzung herausgegeben.[2] Von den späteren Funden sind besonders die Nabonaid-Stele und die Stele seiner Mutter, die aus Ḫarrān stammen, wichtig. Hinzu kommen die Nabonaid-Zylinder aus Sippar und Ur.

Die Datierung Nabonaids Thonfolge konnte aufgrund seines Eintrags in der Hillach-Stele (Nab 8) genau ermittelt werden, die für das Antritts- oder 1. Regierungsjahr eine astronomische Konstellation beschreibt: Mars und Merkur waren in der Abenddämmerung nicht zu sehen, Venus, Jupiter und Saturn dagegen gut zu erkennen. Diese seltene Beobachtung konnte nur an zwei Tagen Ende Mai 555 v. Chr. gemacht werden. Erst 544. v. Chr. trat die gleiche Planetenstellung wieder auf. Hinzu kommt die Bemerkung seiner Thronübernahme, die 54 Jahre nach dem 16. Regierungsjahr des Nabopolassar und der Zerstörung Ḫarrāns stattfand. Die sogenannte Nabonaid-Chronik berichtet annalistisch über seine Regierung; von ihr sind nur Teile des 1. bis 3., des 6. bis 11. und des 16. bis 17. Regierungsjahres in lesbarem Zustand erhalten geblieben. Außerdem wurde durch neue Übersetzungen und Funde von W.G. Lambert 1968/69 ein komplettierter Official report of the reign of Nabonidus unter A new Source for the reign of Nabonidus veröffentlicht.

Datei:Cyrus cilinder.jpg
Der Kyros-Zylinder

Der 1879 entdeckte Kyros-Zylinder erzählt aus der Sicht des Perserkönigs Kyros II. die Gründe für seinen Sturz des letzten Babylonierkönigs. Ein Verse account of Nabonidus, das so genannte Strophengedicht, behandelt die angeblichen Freveltaten Nabonaids und ist ihm dementsprechend feindlich gesinnt. Weder der Kyros-Zylinder noch das Strophengedicht können als historisch neutrale verwertbare Quelle angesehen werden. Jeder Versuch, daraus Realitäten zu konstruieren, ergibt einen falschen Ablauf der tatsächlichen Gegebenheiten.[3]

Nach seinen Regierungsjahren datierte Privaturkunden gehen in die Tausende und stellen deshalb neutrale Quellen dar, die Licht in die nur sehr schwer zu lösenden scheinbaren Widersprüche innerhalb der Tendenzquellen bringen.

Außer diesen babylonischen Quellen stieß man bei den Schriftrollenfunden vom Toten Meer auf den aramäisch verfassten Text The Prayer of Nabonidus, der aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert stammt und nur fragmentarisch lesbar ist. Von den griechischen Historikern sind vor allem der Bericht des Herodot und die erhaltenen Fragmente des letzten babylonischen Geschichtsschreibers Berossos wichtig. Die Namensform gibt Herodot[4] entstellt als Λαβύνητος wieder. Die Epitomatoren des Berossos, Josephus und Eusebius von Caesarea, überliefern die von dem babylonischen Historiker verwendete (unbekannte) Schreibweise von Nabonaids Namen in verschiedenen Entstellungen. Schließlich beziehen sich im Korpus des Alten Testaments die Kapitel 4 und 5 des Buches Daniel auf die Regierungszeit von Nabonaid.[5]

Charakteristik Nabonaids

Nabonaid bezeichnet sich in seinen Inschriften als frommer und folgsamer Diener von Marduk und Sin. Er war bestrebt, ihren Willen zu ergründen und zu befolgen. Dabei vertraute er auf Orakelsprüche und besonders auf seine Träume, in denen ihm seine Götter und sein Vorgänger Nebukadnezar II. erschienen sein sollen, deren Befehlen er genau nachzukommen pflegte.

Die meisten anderen antiken Quellen sind Nabonaid feindlich gesinnt. Keilschrifttexte wie der Kyros-Zylinder oder der Verse account bezeichnen ihn als geisteskrank und beschreiben seine angebliche Ausplünderung seiner Untertanen, so dass sie verarmten und Hunger litten. Diese babylonischen Quellen stammten aber aus den ihm feindlich gegenüberstehenden Kreisen der Mardukpriester und wurden nach der Eroberung von Mesopotamien durch Kyros II. verfasst. Sie dienten dazu, die Entthronung Nabonaids wegen dessen angeblichen Freveltaten zu rechtfertigen. Laut The Prayer of Nabonidus litt er durch göttliche Strafe sieben Jahre an Lepra und lebte in dieser Zeit mit Tieren der Wüste gemeinsam.

Bei den antiken griechischen Historikern und in der Bibel herrscht eine sehr negative Charakterisierung von Nabonaid vor. Nach Xenophon war der letzte Herrscher Babylons, dessen Namen er verschweigt, ein gottloser Regent.[6] Der Autor des Daniel-Buches vermeidet es, den Babylonierkönig namentlich zu erwähnen, betitelt ihn im fünften Kapitel des Buches Daniel wahlweise als Nebukadnezar oder als Belšazar, dem deshalb die Rolle des letzten König Babylons zugeschrieben wird. Die dabei gegebene Prophetenlegende hat keinen historischen Wert.[7]

Herkunft und frühe Jahre

Büste von Herodot (Antikes Agora-Museum, Athen, Nr. S270).

Über die Jahre vor Nabonaids Regierungsantritt ist relativ wenig bekannt. Laut Herodot habe sein königlicher Vater genauso wie er selbst – Labynetos – geheißen und seine Mutter Nitokris.[8] Diese Angaben haben sich nach der Entdeckung der Keilschrifttexte als falsch herausgestellt. Nach diesen Zeugnissen wurde Nabonaid vielmehr als Sohn des Nabû-balātsu-iqbi[9] und der Adad-happe nach 607 v. Chr. geboren. Sein Vater war Prinz des babylonischen Königshauses und musste eine höhere Position inne gehabt haben, da Nabonaid ihn in seinen Inschriften als weisen Fürsten oder mächtigen Statthalter bezeichnet. Seine Mutter stellt sich auf ihrer Stele als Hohepriesterin des in Harran verehrten Mondgottes Sin vor. Allerdings gibt es keine anderen Inschriften, die diese Aussage stützen.[10] Laut ihrer Inschrift, die vom Babylonierkönig nach ihrem Tod selbst verfasst wurde, absolvierte Nabonaid gemäß ihrem Wunsch treue Dienste für die Könige Nebukadnezar II. und Nergal-šarra-usur. Demnach könnte Nabonaid eine bedeutende Stellung am Hof der genannten Babylonierherrscher bekleidet haben.[5]

Ein Nabû-nāid wird in einer Privaturkunde von 597 v. Chr. als Zeuge erwähnt. Der Name seines Vaters wird nicht angegeben, aber sein Titel: der über die Stadt (gesetzt ist). Ob der besagte Zeuge, wie vielfach angenommen, mit dem hier behandelten Nabonaid identisch ist, scheint zweifelhaft, da er dann erst etwa 10 Jahre alt gewesen wäre und außerdem eine Kopie dieses Dokuments existiert, nach dessen Aussage der Zeuge der Sohn des Königs … (gemeint ist Nebukadnezar II.) war.[5]

Herodot erwähnt, dass außer Syennesis von Kilikien auch der Babylonier Labynetos im 585 v. Chr. geschlossenen Frieden zwischen dem lydischen König Alyattes II. und dem medischen König Kyaxares II. vermittelt habe.[11] Ob dieser Labynetos mit Nabonaid zu identifizieren ist, scheint nicht klar. Zwar gibt Herodot dem Labynetos bei seiner Friedensvermittlung noch keinen Königstitel, wohl aber bei seiner späteren Erwähnung anlässlich der Niederlage des Krösus; dennoch könnte der Historiker auch den 585 v. Chr. regierenden – von ihm ebenfalls Labynetos genannten – babylonischen König meinen, der freilich in Wirklichkeit Nebukadnezar II. war.[5]

Regierung und Sturz

Machtübernahme

Nach einer sehr kurzen Amtszeit wurde sein Vorgänger Lā-abāši-Marduk von Mitgliedern einer hochstehenden babylonischen Gruppe der Oligarchie ermordet. Gleiche Kreise hatten zuvor Nergal-šarra-usur an die Macht gebracht, um eigene wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Nabonaids erste offizielle Verlautbarung als Thronfolger stammt vom 18. Mai 556 v. Chr.[12] und damit nur 22 Tage nach der ersten Nachricht seines Vorgängers. Eine Verbindung von Nabonaid zur babylonischen Usurpationsgruppe wird von Berossos mit der Formulierung ...eine Verschwörung, an der Nabonaid maßgeblichen Anteil hatte beschrieben.[13] Die Situation der neuen Machtverhältnisse wurde im babylonischen Reich nur sehr langsam verbreitet, da die letzte Regierungserklärung von Lā-abāši-Marduk auf den 13. Juni 556 v. Chr. fällt, 26 Tage nach der ersten Handlung mit Nabonaid als neuem König. Die anschließende Beurteilung seines Vorgängers durch den Babylonierkönig fällt entsprechend negativ aus: Ein junger Mann, der nicht die Regeln erlernte, die für das richtige Benehmen notwendig sind. Es sei auch nicht gerade förderlich gewesen, sich gegen den Willen der Götter zu stellen.[14]

Nabonaid, der schon 50 Jahre alt war und von seinen Mitverschwörern zum neuen König erhoben wurde, beschreibt diese Gruppe auf seiner eigenen Stele: Sie haben sich zu meinen Füßen geworfen und mich als König begrüßt. Der Babylonierkönig sei nach dem Willen des babylonischen Gottes Marduk und jenem seiner Vorgänger auf dem Thron, Nebukadnezar II. und Nergal-šarra-usur, zur Regierung gelangt. Dem steht die Angabe Nabonaids auf einer Inschrift aus Harran entgegen, nach der er vom Mondgott Sin – und nicht von Marduk – zum König ausersehen war.[5] Die Machtergreifung führt Nabonaid auf die Erscheinung Sins in einem seiner Träume zurück, der ihn persönlich beauftragte, die alten Tempel und zerstörten Statuen wieder aufzubauen und den lange vernachlässigten Kult zu erneuern. Marduk hatte in seinem Traum die Führungsrolle verloren, die jetzt wieder an Sinn fiel.

Die ersten 3 Regierungsjahre

Datei:Detail des Ischtar-Tors von Babylon.jpg
Detail des babylonischen Ischtar-Tores (Pergamonmuseum, Berlin)

Nach Übernahme der Regierung erfüllte Nabonaid die Anweisungen aus der Traumerscheinung Sins und kündigte die Erneuerung der verfallenen Tempel Sins in Harran und Ur sowie die des Sonnengotts Schamasch in Sippar und Larsa an. Die seit 610 v. Chr. fehlende Verehrung des Sin wurde wieder vollzogen.

Bereits zu Beginn seiner Regierung förderte Nabonaid die Tempel mit reichlichen Geschenken. So ließ er sechs Minen Gold als Gabe für den Sonnengott Schamasch am 15. Juni 555 v. Chr.[15] in Sippar zukommen. Den bedeutenden Gottheiten Bel, Nabu und Nergal verehrte er anlässlich der Feierlichkeiten zum Neujahr am 20. April 554 v. Chr.[16] Silber im Wert von 100 Talenten und 21 Minen sowie Gold im Wert von 5 Talenten und 17 Minen. Der babylonische König ließ es sich auch nicht nehmen, in den wichtigen Städten Larsa, Ur und Uruk persönlich Juwelen, Gold und Silber für den Mondgott Sin, den Sonnengott Schamasch und die Kriegsgöttin Ischtar zu spenden.[17]

Als Feldherr setzte Nabonaid die üblichen Feldzüge seiner Vorgänger fort, die ihn 555 v. Chr. nach Kilikien (akkadisch: Chume) - mit 2.850 Kriegsgefangenen -, 554 v. Chr. nach Hamath in Syrien und 553 v. Chr. im Monat Kislimu in einem Bündnis mit Nabu-tattan-usur von Amurru nach Edom (akkadisch: Adummu) führten.

Schon am Anfang seiner Regierung zielten Nabonaids Verwaltungs- und Wirtschaftsreformen insbesondere in der Organisationsstruktur der großen Tempel auf eine Begrenzung des Einflusses der Tempelpriester und einen besseren Zugriff auf deren Schätze. So setzte Nabonaid an die Stelle des wichtigen Postens eines Tempelschreibers einen königlichen Aufseher für das Vermögen des Tempels Eanna. Zwei Privatpersonen durften auf Grund einer in seinem ersten Regierungsjahr erlassenen Erlaubnis ein ausgedehntes Landstück bebauen, das sich im Besitz von Eanna befand – eine Maßnahme, die früher in der Befugnis der dortigen Priester lag. Das Amt eines staatlichen Finanzverwalters für die königlichen Einkünfte („Geldschachtel des Königs“) wurde in der Tempeladministration im dritten Regierungsjahr des babylonischen Herrschers geschaffen. An diesen Finanzagenten musste ein bestimmter Anteil des Tempeleinkommens in Form von Fleisch, Getreide und ähnlichen Gütern abgeführt werden. Andere bedeutende Tempel dürften von gleichartigen Beschränkungen ihrer Autonomie und Finanzabgaben betroffen gewesen sein.[18]

Das babylonische Ischtar-Tor

Obwohl Nabonaid anfangs Marduk und andere babylonische Götter offiziell verehrte, begünstigte er zunehmend den Kult des Mondgottes Sin und stellte ihn anstelle von Marduk an die Spitze der Götterhierarchie. Die Anbetung von Sin wies jedoch eher aramäische als traditionell babylonische Elemente auf. So ließ Nabonaid dem Tempel des Sin in Ur großzügige Geldgeschenke zukommen und mit dem Neujahrsfest zum Ende seines dritten Regierungsjahres 552 v. Chr. seine Tochter Bēl-šalti-Nanna als Priesterin dieses Tempels einsetzen. Der genaue Zeitpunkt ist aus einer Keilschrifttafel Nabonaids bekannt, die eine vorher erfolgte Mondfinsternis am 7. September 553 v. Chr.[19] beschreibt und die anschließende Ernennung bei der Neujahrsprozession erfolgte. Der Bezug auf die alten Kulte war dem Babylonierkönig wichtig, da En-ane-du als direkte Vorgängerin seiner Tochter, die Tochter von Kurdur-Mabuk und die Schwester von Rim-Sin besondere Erwähnungen fanden. Nabonaid berief sich zusätzlich auf Traditionen des Königreichs Larsa und der Stadt Ur, die zu diesem Zeitpunkt über 1.200 Jahre zurückreichten. Dennoch war ihm die dortige Priesterschaft feindlich gesinnt, da er offensichtlich die Verehrung von Sin nicht nach babylonischen Riten durchführte.

Die Absetzung Marduks in seiner Eigenschaft als oberster Gott führte zu einem offenen Streit zwischen dem Königshaus und den Tempeln der Marduk-Priesterschaft, die ihre einflussreichen Positionen verloren. Dieser Streit veranlasste Nabonaid deshalb im Jahr 552 v. Chr., Babylon zu verlassen. Laut seiner eigenen Darstellung auf der Inschrift aus Harran zog er aus Babylon wegen der Ungläubigkeit und Gesetzlosigkeit seiner Untertanen weg; die Einwohner von Babylon, Borsippa und anderen Städten hätten gegen die Götter gesündigt, sich wie Tiere gegenseitig aufgefressen und seien wegen des Zorns der Gottheiten von Krankheiten und Hungersnöten heimgesucht worden.[18] Vorher hatte Nabonaid öffentlich verkündet, das traditionelle Ergreifen der Hände von Marduk am Neujahrstag zu beenden:

„Ich werde für Sin einen heiligen Tempel bauen, einen heiligen Sitz für Sin. Den ersten Ziegel werde ich formen und als Gründung eine Nachbildung des ersten Ziegel vom Tempel Ekur hinzufügen. Ich werde dem Tempel den Namen Ehulhul geben, auf das er für alle Tage bestehe. Wenn alle Taten vollbracht und der Tempel erbaut ist, werde ich Sin an die Hand nehmen und zu seinem heiligen Platz bringen. Doch bis sich meine Wünsche erfüllt haben und ich dies alles erbracht habe, werde ich keine heiligen Feste mehr durchführen und die Neujahrsrituale beenden.“

Nabonaid
Nabonid (Saudi-Arabien)
Nabonid (Saudi-Arabien)
Jathrib ohne Koordinaten
Babylon ohne Koordinaten
Dedan ohne Koordinaten
Tayma (Exil von Nabonaid) ohne Koordinaten
Edom ohne Koordinaten
Karte von Saudi-Arabien

Der Babylonierkönig beauftragte Ende des 3. Regierungsjahres im Februar 552 v. Chr. seinen ältesten Sohn Belšazar mit der Verwaltung des Landes und unterstellte ihm formell das babylonische Heer. Nabonaid ließ keinen Zweifel daran, dass eine baldige Rückkehr nicht geplant sei und brach anschließend mit den Truppen von Akkad nach Nordarabien auf.

Die Exilzeit

Im Verlauf des Feldzugs erorberte er zunächst Jathrib und danach Dedan, um später nach seinem Sieg in Tayma an gleicher Stätte die neue Residenz zu errichten, die als Abbild des babylonischen Königspalasts erbaut wurde. In Nabonaids Inschrift aus Harran ist zu lesen, dass er sich die nächsten zehn Jahre von 552 v. Chr. bis zum Ende des 13. Regierungsjahres im März 542 v. Chr. in seinem neu gewählten Regierungssitz Tayma aufhielt. In anderen arabischen Oasen errichtete er in dieser Zeit weitere Garnisonen. Die Könige von Ägypten und Medien sowie arabische Herrscher schickten Friedensgesandtschaften, die ihm in seiner Metropole Tayma ihre Aufwartung machten.

Zweifellos war einer der Hauptgründe für den langen Aufenthalt von Nabonaid in Tayma sein gespanntes Verhältnis zu den einflussreichen Kreisen Babylons. In seinem Exil konnte er sich der Abhaltung des Neujahrsfestes entziehen, das traditionell vom König mit dem Ergreifen der Hände von Marduk eine persönliche Anwesenheit voraussetzte und ohne dieses Ritual nicht gefeiert werden konnte. Während dieser Zeit genossen die Bewohner von Babylon und anderer heiliger Städte nach eben dieser Tradition Privilegien, beispielsweise die Freistellung vom Frondienst oder Selbstverwaltungsrechte.

Einige Historiker ziehen andere Gründe für Nabonaids lange Absenz von der Hauptstadt in Erwägung und führen wirtschaftliche Überlegungen für die Kontrolle von Tayma als Knotenpunkt wichtiger arabischer Karawanenrouten an, die westlich von Babylon lagen. Die besondere strategische Bedeutung wurde durch den Umstand deutlich, dass das Reich des Babylonierkönigs wegen zunehmender Versandung des Persischen Golfs keine eigenen Seehäfen mehr besaß. Medien hatte ihm die nördlichen und östlichen Handelswege gesperrt, da die beiden Reiche einander feindlich gesinnt waren. Wenig überzeugend scheint das Argument, dass Nabonaid wegen seiner religiösen Ansichten nach Tayma zog, da die Araber dort den Mondgott verehrt hätten.[18]

Nach dem am 17. April 546 v. Chr.[20] in Dūr-Karāšu am Euphrat oberhalb von Sippar erfolgten Tod der Adda-guppi,[21] ordnete ihr Enkel Belšazar eine dreitägige Trauer an. Die anschließende übermittelte Nachricht vom Tod seiner Mutter muss Nabonaid in Tayma tief getroffen haben, da er im Monat Simanu (11. Juni bis 9. Juli im Jahr 546 v. Chr.)[22] eine erneute allgemeine Landestrauer ausrief, in der das Volk von Babylon weinend in Klagen und Schmerzen versank.

Der Fall Babylons

Nabonid (Irak)
Nabonid (Irak)
Rewanduz-Pass ohne Koordinaten
Babylon ohne Koordinaten
Sagartien ohne Koordinaten
Opis ohne Koordinaten
Sippar ohne Koordinaten
Süd-Urartu ohne Koordinaten
Gutium ohne Koordinaten
Tayma (Exil von Nabonaid) ohne Koordinaten
Angriffsfeldzug auf Babylon (Länder-Angaben weisen das Zentrum des jeweiligen Staates aus). Karte von Irak

Eine genaue Rekonstruktion der 542 v. Chr. erfolgten Rückkehr Nabonaids im 14. Regierungsjahr[23] aus seinem Exil in Tayma kann mangels keilschriftlicher Belege nicht vorgenommen werden. Sichere Kenntnisse bestehen über die Tätigkeiten im Vorfeld von Kyros, der die Spannungen zwischen Nabonaid und der Marduk-Priesterschaft dadurch schürte, dass er Hilfszusagen gegenüber den Nabonaid-Gegnern machte und sich als Regierungsalternative anbot.[24] Zwischenzeitlich leitete Nabonaid Verteidigungsmaßnahmen für Babylon ein, die im März 539 v. Chr. durch Heimholung der Ischtar-Statue aus Uruk intensiviert wurden.[25] Erste Übergriffe von Kyros II. auf Gebiete von Babylon im Frühjahr 539 v. Chr., die der Perserkönig in der Region Gutium durchführte, veranlassten Nabonaid, weitere Götterstatuen als Verstärkung nach Babylon zu überstellen. Der Babylonierkönig handelte dabei nach altem mesopotamischen Glauben, da die Götter ihren Segen demjenigen zuteil kommen lassen, der sich im Besitz ihrer Bilder befindet. Später verkehrte Kyros II. diese Handlung Nabonaids in ihr Gegenteil, indem er behauptete, der Babylonierkönig habe die Bilder gegen den Willen der Götter nach Babylon bringen lassen und sich damit deren Zorn zugezogen.

Nachdem der Perserkönig mit dem Sagartier-Fürsten Ugbaru ein Militärbündnis geschlossen und ihm die Satrapen-Position in Babylon zugesichert hatte,[26] zog Kyros II. von Sagartien im September über den Diyala-Fluss in das etwa 400 Kilometer entfernte Opis am Tigris. An dieser am östlichen Ende der so genannten Medischen Mauer gelegenen Festung entschied sich die Schlacht sehr schnell und das Babylonische Reich unterlag der persisch-medischen Allianz. Nach dem folgenden Massaker an den babylonischen Gefangenen[24] wurde die letzte strategische Festung Sippar ohne Gegenwehr eingenommen. Kyros versuchte, Nabonaid zu stellen, der zwischenzeitlich geflohen war.[27] Die Nabonaid-Chronik berichtet ausführlich über die Geschehnisse:

„Im Monat Taschritu schlug Kyros die Schlacht bei Opis an den Ufern des Tigris. Wegen der Stärke des Heeres von Kyros zogen sich die akkadischen Soldaten zurück … Am 15. Taschritu wurde Sippar eingenommen … Kyros ließ die Kriegsbeute wegschaffen und die Gefangenen töten … Am 16. Taschritu[28] zogen Ugbaru, Statthalter von Gutium und das Heer des Kyros in Babylon ein.“

Nabonaid-Chronik
Datei:Babylon Map.svg
Karte Babylons

Nach Ugbarus kampflosem Einzug in die Stadt am 5. Oktober 539 v. Chr. wurde Nabonaid laut der Nabonaid-Chronik in Babylon gefangen. Über den Verbleib von Nabonaid gibt die Chronik keine Auskunft, seine Hinrichtung ist als wahrscheinlich anzusehen, da die Berichte über die nachfolgenden Handlungen von Kyros eine andere Deutungsmöglichkeit schwerlich zulassen. Nach der Krönung veranlasste der Perserkönig den Abriss beziehungsweise die Brandschatzung aller Nabonaid-Bauwerke. Schriften, die Nabonaid zum Inhalt hatten, ereilten die gleiche Bestimmung wie Statuen und Bilder von ihm. Der letzte Satz der Chronik endet mit den Worten: Alles was Nabonaid in seinem Leben geschaffen hatte, wurde als Asche durch den Wind in alle Richtungen verteilt.

Nach Xenophon drangen Ugbaru (Gobryas) und ein weiterer Überläufer, die beide vom Babylonierkönig schlecht behandelt worden waren, noch in der Nacht nach dem Einzug der Perser in Babylon in den Palast ein und töteten den ihnen verhassten König.[29] Laut Berossos hingegen ergab sich Nabonaid in Borsippa, wurde von Kyros begnadigt und durfte seinen Lebensabend in Karmanien verbringen.[30] Dass Nabonaid zusätzlich Regent von Karmanien wurde, berichtete Abydenos.[31]

Wirtschaftliche Prosperität

Eine babylonische Urkunde aus dem 11. Regierungsjahr Nabonaids (545 v. Chr.) berichtet, dass eine Witwe ihre beiden Söhnchen dem Tempel Eanna zu Uruk weihte, damit sie nicht verhungern mussten. Demnach müssen damals die Nahrungsmittelvorräte knapp gewesen sein. Eine während seiner Regierung herrschende Hungersnot erwähnt Nabonaid auf seiner Stele zu Harran, behauptet aber in seinen sonstigen Inschriften, dass seine Untertanen in Wohlstand lebten. Ähnlich angespannte Verhältnisse werden bereits 553 v. Chr. erwähnt, als der Babylonierkönig plötzlich erkrankte und das akkadische Heer im Monat Abu nach Kilikien zog, um von dort große Mengen Obst und Gemüse nach Babylon zu bringen.

Etwa 3.000 erhaltene Dokumente, die eine Beschreibung der ökonomischen Verhältnisse im Land enthalten, zeigen aber insgesamt eine relativ prosperierende Wirtschaft. Im Zusammenhang mit Regenfällen nach einer Dürreperiode spricht eine königliche Stele ebenfalls von Wohlstand und führt die Preise für Gerste, Wolle und andere Güter an, die demnach um 30 bis 50% billiger als sonst üblich waren.[32]

Bautätigkeiten Nabonaids

Nabonaids Bauinschriften weisen einen größeren Frömmigkeitsbezug als die seiner Vorgänger auf. Durch Opferschau erteilte göttliche Aufträge begründete der Babylonierkönig seine intensiven Tempelneubauten und stellte gleichzeitig klar, dass nur er in der Lage war, die komplizierten Omen richtig zu deuten. Nabonaid entwickelte eine starke Neigung zu archäologischen Expeditionen, um die ursprünglichen Gründungskapseln der heiligen Stätten auszugraben.[33] Zwar interessierten sich schon frühere mesopotamische Herrscher für die Vergangenheit, aber nach Nabonaids Erklärungen in den Inschriften ergibt sich, dass er mit ausgesprochener Pedanterie vorging, um die babylonischen Tempel haargenau nach den Plänen ihrer antiken Vorgängerbauten wiederherzustellen. Er grub deshalb zuerst systematisch in den Fundamenten der verfallenen Tempel nach den Gründungskapseln der ersten Bauherrn und suchte den zu restaurierenden Tempel zentimetergenau an alter Stätte zu errichten.

Nabonaid hatte nicht wie heutige Archäologen ein wissenschaftliches Interesse an der Erhellung der Geschichte alter Zeiten, sondern sein Ausgrabungsdrang lag in dem alten mesopotamischen Glauben begründet, dass ihm der Erhalt des Segens des ursprünglichen Bauherrn und der von ihm dabei verehrten Gottheiten Autorität und Legitimität übertrug. Dies war für Nabonaid insbesondere deshalb wichtig, weil er nicht aufgrund seiner Abstammung vom Königshaus auf den Thron gelangt war, sondern durch eine Usurpation.

Bei seinen Ausgrabungen stieß er in Sippar auf eine beschädigte Statue des Sargon von Akkad, die er ausbessern und wiederaufstellen ließ. Aus anderen archäologischen Unternehmungen verwendete der Babylonierkönig die Gründungskapseln von Naram-Sin, Ur-Nammu, Schulgi und vom Kassitenherrscher Burna-Burias. Die Gründungsurkunden enthalten aufgrund ihrer baugeschichtlichen Nachrichten aus sehr alten Zeiten wertvolle Informationen.

Die ungewöhnlich rege Bautätigkeit von Nabonaid ist durch seine Inschriften sowie durch erhaltene Urkunden aus den Tempelarchiven einigermaßen bekannt. In Babylon errichtete er laut Berossos[34] eine Verteidigungsmauer am Euphratufer; die Stempel einiger dort gefundener Backsteine bestätigen diese Angabe, ohne dass ein genaues Datum dieses Mauerbaus bekannt wäre. In der Hauptstadt ließ er den Tempel Emašdari der akkadischen Ischtar und die innere Stadtmauer Imgur-Ellil restaurieren.

Tempelbau Ehulhul

Ruinen von Harran.

Zum Neubau des dem Mondgott Sin geweihten Tempels Ehulhul in Harran rekrutierte Nabonaid nach Aussage des Sippar-Zylinders Bewohner vom Persischen Golf bis zum Mittelmeer. Die Statuen des Mondgottes ließ er von Babylon in den wiedererrichteten Tempel in Harran schaffen. Der tatsächliche Ablauf lässt sich unter Ausschaltung der Tendenzschriften recht genau rekonstruieren.

Die Behauptung, dass die Errichtung des Tempels gleich nach der Thronbesteigung des Babylonierkönigs im Jahr 555 v. Chr. in der Traumvision Nabonaids von Marduk befohlen wurde, steht zunächst im Widerspruch zum Inhalt des Sippar-Zylinders. Dort wird berichtet, dass Nabonaid erst nach den ersten Siegen von Kyros II. über die Meder 553 v. Chr. im dritten Regierungsjahr des Babylonierkönigs die Stadt Harran eroberte und anschließend begann, die Tempel zu erneuern. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Tendenzschrift der Traumvision Nabonaids, die vaticinium ex eventu nachträglich erstellt und mit dem Kyrosorakel verbunden wurde.[35] Der Einwand des Babylonierkönigs gegen die Möglichkeit eines sofortigen Baubeginns - die Meder hatten zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle über Harran inne - beantwortete die Prophezeiung mit einem Sieg von Kyros II. über die Meder für das dritte Regierungsjahr Nabonaids. Nach dieser Niederlage könne mit der Restaurierung begonnen werden.[3]

Im Sippar-Zylinder wird Nabonaids Tayma-Aufenthalt nicht erwähnt. Die Ankündigung der Restauration in der Traumvision verweist auf die Zeitdifferenz von 54 Jahren seit der Zerstörung Harrans. Daraus ergibt sich das Jahr 556 v. Chr. und mithin der Zeitpunkt unmittelbar nach der Machtergreifung des Babylonierkönigs, der in das 1. Regierungsjahr verlegt wurde, um 555 v. Chr. nach dem Ergreifen der Hände von Marduk die offizielle göttliche Beauftragung durch Marduk zu rechtfertigen. Die Harran-Inschrift H1 bestätigt ausdrücklich die Traumvision mit der Berufung Nabonaids zum Bauvorhaben. Die Harran-Inschrift H2 berichtet dagegen vom Tayma-Aufenthalt und begründet die Unterbrechung des vorgesehenen Projekts mit der Rebellion der Bürger Babylons gegen Nabonaid, um das Exil des Babylonierkönigs theologisch zu rechtfertigen. Die Harran-Inschrift H1 verlegt das Bauvorhaben in die außenpolitische Lage und lässt Auftrag und Ausführung unmittelbar nacheinander folgen. Den Hintergrund bildete die nachträgliche Zuweisung an das Kyrosorakel, um die Tätigkeiten des Babylonierkönigs in Harran im Licht der göttlichen Prophezeiung erscheinen zu lassen.[3]

Das Strophengedicht scheint ebenfalls die Traumvision Nabonaids zu bestätigen, ist jedoch als Tendenzschrift für die tatsächlichen Geschehnisse historisch nicht verwertbar. Die privaten Urkunden zeigen entsprechend ein widersprüchliches Bild und legen den Wiederaufbau des Tempels in die Zeit vom 14. bis zum 17. Regierungsjahr. Die Möglichkeit, den Beginn der Aufbauarbeiten am Tempel vor 552 v. Chr. zu verlegen, der nach anschließender Unterbrechung durch den Aufenthalt in Tayma fortgesetzt und schließlich vollendet wurde, ist auszuschließen, da hierfür keine Bestätigung privater Urkunden vorliegt.[3] Die Bemerkung von Adda-Guppi, dass sie persönlich die Vollendung des Tempels gesehen (akkadisch: amur anaku) haben will, zählt zur Gattung von göttlichen Grabinschriften und muss daher als sehende Prophezeiung verstanden werden. Der scheinbare Widerspruch einer Vollendung des Tempelbaus vor ihrem Todesjahr und damit verbunden vor Nabonaids Rückkehr wird vor diesem Hintergrund aufgelöst.[3] Aus der Inschrift Nabonaids aus Harran geht hervor, dass die Fertigstellung von Ehulhul erst nach seiner Rückkehr aus Tayma 542 v. Chr. erreicht wurde.

Modell eines Zikkurats.

Die Widersprüche der verschiedenen Inschriften werfen zusätzlich die Frage auf, warum gerade Kyros II. das Bauvorhaben im Hoheitsgebiet des Perserkönigs dem Land genehmigen sollte, das er später angriff. Die Komprimierung und theologische Idealisierung sowie die Verlegung der Traumvision des Nabonaid in die Anfangszeit der Regierung des Babylonierkönigs sieht die moderne Forschung zwischenzeitlich als historisches Faktum.[3] Anhand der Erklärungen in den privaten Urkunden als neutrale Quellen kann der Ablauf rekonstruiert werden: Die erfolgte Ankündigung eines Wiederaufbaus vom Tempel in Harran in der Traumvision Nabonaids bezieht sich auf die Aussagen des Babylonierkönigs zum Zeitpunkt des Auszugs nach Tayma. Auffällig ist die Zunahme der Restaurierungen anderer Heiligtümer in der Zeit des Exils und lassen einen Beginn der Bauarbeiten für den Tempel Ehulhul in den späten Tayma-Jahren möglich erscheinen, der erst nach der späten Rückkehr Nabonaids zwischen 542 v. Chr. und 538 v. Chr. fertiggestellt wurde. In diesem Zusammenhang ist die Aussage des Babylonierkönigs zu Beginn des Auszugs nachvollziehbar.[3]

Weitere Tempelbauten

Reste der Stadt von Ur mit Zikkurat von Ur-Nammu (Restauriert in den 1970er Jahren).

In Sippar erfolgte 554 v. Chr. die Wiedererrichtung des dem Sonnengott Schamasch geweihten Ebabbara-Tempels. Während der Bauarbeiten wurde eine Statue des Sargon von Akkad gefunden und wiederaufgestellt. Das zum Ebabbara-Tempel gehörige Zikkurat wurde 546 v. Chr. in Nabonaids 10. Jahr errichtet. In Ur erfolgte in seinem 2. Jahr (554 v. Chr.) die Erneuerung des Tempels Egipar für die Priesterinnen des Mondgottes (mit Einsetzung der Königstochter Bēl-šalti-Nanna an oberster Stelle). In Kuta wurde die Stadtmauer neu erbaut und in Larsa 546 v. Chr. der Sonnentempel Ebabbara in Nabonaids 10. Regierungsjahr restauriert. Zwischen seinem 4. und 13. Jahr ließ der Babylonierkönig den Tempel von Bunene in Sippar und 540 v. Chr. in seinem 16. Jahr den Tempel der Anunītum in Sippar-Anunītum bauen. In Ubassi errichtete Nabonaid einen Tempel für die Göttin Nanā sowie vermutlich in seiner letzten Regierungszeit das Zikkurat von Ur und einen Enunmah genannten Teil des Tempels Egišnugal von Ur. Keilschriftliche Hinweise für seine Bautätigkeit in Tayma wurden noch nicht gefunden.[36]

Bildnisse

Das alte Sela aufgenommen von der Stadt Sela

Auf seiner Harran-Stele ist Nabonaid mit der konischen babylonischen Krone und einem kunstvollen Stab abgebildet. Eine von C. J. Rich 1811 in Babylon erworbene, aus dem Ende von Nabonaids Regierung stammende Stele porträtiert den Babylonierkönig ähnlich wie seine Harran-Stele. In Tayma wurde eine wahrscheinlich während der Achämenidenzeit verfertigte Stele mit dem Bildnis eines ähnlich gekleideten Herrschers entdeckt, die vielleicht eine Kopie einer von Nabonaid während seines Aufenthaltes in der Wüstenoase aufgestellten Statue darstellt.

Der Oberteil einer später als Türfassung im Sonnentempel zu Larsa verwendeten dunkelgrauen Basaltstele von Nabonaid zeigt ebenfalls sein Porträt, das aber offenbar nach seinem Sturz absichtlich nahezu völlig unkenntlich gemacht wurde. Außerdem erscheint ein ähnlich wie auf der Harran-Stele gewandeter Babylonierkönig auf einem in Nippur entdeckten Terrakotta-Gefäß, kann aber nicht mit Sicherheit Nabonaid zugewiesen werden. Dieser wird auch auf einem Felsrelief in Sela in Jordanien abgebildet sein. Das Bildnis stammt aus der Zeit um 553 v.Chr., nachdem er Edom erobert hatte. Es wurde erst 1996 entdeckt und zeigt den König, der den Mondgott Sin in Form einer Mondsichel anbetet, daneben den geflügelten Schamasch als Sonne und den siebenzackigen Venusstern der Ischtar; am Rand eine Inschrift in 5 Kolumnen.[37]


Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Das 18. Regierungsjahr hätte am 1. Nisanu im Jahr 538 v. Chr. seinen Beginn gehabt, weshalb volle 17 Jahre zum Jahr 538 v. Chr. hinzugezählt werden müssen.
  2. St. Langdon, Die neubabylonischen Königsinschriften. 1912. S. 46ff. und 218ff.
  3. a b c d e f g Reinhard-Gregor Kratz: Das Judentum im Zeitalter des Zweiten Tempels (Studienausgabe aus der Schriftenreihe: Forschungen zum Alten Testament, Nr. 42), Mohr-Siebeck, Tübingen 2006, S. 44-47.
  4. Herodot, Historien 1, 74; 1, 77; 1, 188.
  5. a b c d e M. A. Dandamayev, Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 7-8; F. H. Weissbach: Ναβονάδιος. In: RE XVI, Sp. 1483-1486.
  6. Xenophon, Erziehung des Kyros 5, 4, 35 und 7, 5, 32
  7. M. A. Dandamayev, Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 10-11; F. H. Weissbach: Ναβονάδιος. In: RE XVI, Sp. 1487 und 1489.
  8. Herodot, Historien 1, 188.
  9. Eine Backsteininschrift aus Harran nennt den Vater des Nabonaid abweichend Nusku-balāstu-iqbi.
  10. Paul-Alain Beaulieu: The reign of Nabonidus, King of Babylon, 556-539 B.C., Yale University Press, New Haven 1989, S. 74-80.
  11. Herodot, Historien 1, 74
  12. Datum im gregorianischen Kalender. Das übliche Datum wird mit dem 25.Mai im proleptischen julianischen Kalender angegeben. Der Frühlingsbeginn fiel in diesem Jahr im gleichen Kalender auf den 28.März; es müssen daher 7 Tage in Abzug gebracht werden
  13. Berossos bei Josephus, Kontra Apion 1, 20 § 149 u. a.
  14. VAB 4:276-277 Nabonidus 8 4:34-41 (ANET 309).
  15. Der 26. Simanu fiel 555 v. Chr. auf den 22. Juni und der Frühlingsanfang auf den 28. März im proleptischen julianischen Kalender. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 7 Tage, die vom 22. Juni in Abzug gebracht werden müssen. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  16. Der 10. Nisanu fiel 554 v. Chr. auf den 27. April und der Frühlingsanfang auf den 28. März im proleptischen julianischen Kalender. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 7 Tage, die vom 27. April in Abzug gebracht werden müssen. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  17. F. H. Weissbach: Ναβονάδιος. In: RE XVI, Sp. 1489.
  18. a b c M. A. Dandamayev, Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 8-10.
  19. Der 13. Elulu fiel 553 v. Chr. auf den 13. September und der Frühlingsanfang auf den 27. März im proleptischen julianischen Kalender. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 6 Tage, die vom 13. September in Abzug gebracht werden müssen. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm. Frühere Ansetzungen der Mondfinsternis auf den 26. September 554 v. Chr. im proleptischen julianischen Kalender konnten nicht bestätigt werden, da die zu diesem Zeitpunkt erfolgte Mondfinsternis erst am Vormittag gegen 9:00 Uhr das Maximum erreichte und deren Beginn nach Sonnenaufgang einsetzte. Der Monat Adaru war durch die Schaltungsregel in 553 v. Chr. ein Doppelmonat; vgl. hierzu W.G.Lambert: A new Source for the reign of Nabonidus In: AfO 22, 1968/69.
  20. Nach der Nabonaid-Chronik starb Adda-guppi am 5. Nisanu des 9. Regierungsjahres von Nabonaid. Der 5. Nisanu fiel 546 v. Chr. auf den 24. April und der Frühlingsanfang auf den 28 März im proleptischen julianischen Kalender. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 7 Tage, die vom 24 April in Abzug gebracht werden müssen. Nicht geklärt ist, ob das Datum auf den tatsächlichen babylonischen Mond- oder den statischen Jahreskalender umgerechnet werden muss. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  21. Nach Angabe der Harran-Inschrift H1 erreichte Adda-guppi ein Alter von 104 Jahren.
  22. Der 1. Simanu fiel 546 v. Chr. auf den 18. Juni im proleptischen julianischen Kalender. Der Monat Simanu beinhaltete gemäß Mondkalender in diesem Jahr 29 Tage. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 7 Tage, die vom 18 Juni in Abzug gebracht werden müssen. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  23. Belšazar siegelte als Sohn und öffentlicher Stellvertreter Nabonaids nur vom 4.-13. Regierungsjahr, vgl. dazu: Klaas R. Veenhof: Geschichte des Alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen - Grundrisse zum Alten Testament, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 284.
  24. a b Hubert Cancik: Der Neue Pauly (DNP) - Enzyklopädie der Antike. Band 6 -, Metzler, Stuttgart 2003, S. 1015.
  25. Die Nabonaid-Chronik nennt den Monat Adaru im 16. Regierungsjahr und damit verbundene Angriffe der Perser.
  26. Die Gleichsetzung des Namens Ugabru mit Gobryas gilt als keinesfalls gesichert. Es wird daher der Name Ugbaru verwendet, der so auch in der Nabonaid-Chronik aufgeführt ist. Siehe hierzu auch Rüdiger Schmitt in der Encyclopædia Iranica online
  27. Dietz-Otto Edzard: Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie (RLA). Band 6, Berlin 1983, S. 402.
  28. Der 16. Taschritu fiel im proleptischen julianischen Kalender 539 v. Chr. auf den 12. Oktober und der Frühlingsanfang auf den 28. März. In Umrechnung auf den heutigen gregorianischen Kalender müssen daher 7 Tage in Abzug gebracht werden. Es ergibt sich daraus der 5. Oktober. Nicht geklärt ist, ob das Datum auf den tatsächlichen babylonischen Mond- oder den statischen Jahreskalender umgerechnet werden muss. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  29. Xenophon, Erziehung des Kyros 7, 5.
  30. Josephus, Kontra Apion 1, 20 § 151-153; u. a.
  31. Eusebius von Caesarea, Praeparatio evangelica 9, 41; u. a.
  32. M. A. Dandamayev, Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 11.
  33. Dietz-Otto Edzard: Geschichte Mesopotamiens, C.H. Beck, München 2004, S. 244.
  34. Berossos bei Josephus, Kontra Apion 1, 20 § 149
  35. Paul-Alain Beaulieu: The reign of Nabonidus, King of Babylon, 556-539 B.C., Yale University Press, New Haven 1989. S. 108-113.
  36. M. A. Dandamayev, Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 10 und 12; F. H. Weissbach: Ναβονάδιος. In: RE XVI, Sp. 1488-1489.
  37. M. Roaf: Nabonid. In: RIA Bd. 9, S. 12

Literatur

Übersetzungen der Keilschrifttexte

  • Hanspeter Schaudig: Die Inschriften Nabonids von Babylon und Kyros' des Großen, samt den in ihrem Umfeld entstandenen Tendenzschriften. Ugarit-Verlag, Münster 2001, ISBN 3-927120-75-8.
  • * Otto Kaiser: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Band 1 - Alte Folge -. Gütersloh 1984, ISBN 3-579-00063-2.
  • Wolfgang Röllig: Ran Zadok - Répertoire géographique des textes cunéiformes, Teil 8: Geographical names according to new- and late-Babylonian texts. Verlag Reichert, Wiesbaden 1985, ISBN 3-88226-234-6.
  • Wolfgang Röllig: Kanaanäische und aramäische Inschriften. 1962-1964.
  • Hans Bauer, Pontus Leander: Grammatik des Biblisch-Aramäischen. Niemeyer, Halle 1927, ISBN PPN 043166741(?!).
  • James B. Pritchard: Ancient near Eastern texts (Reprint). Pro Quest, 2005, ISBN 0-691-03503-2.
  • Adolf Leo Oppenheim: The cuneiform texts (Übersetzungen von James B. Pritchard’s Ancient near Eastern texts). 1970.
  • Reginald-Campbell Thompson: Late Babylonian Letters: Transliterations and Translations of a Series of Letters written in Babylonian Cuneiform, chiefly during the Reigns of Nabonidus, Cyrus, Cambyses, and Darius. AMS Press (Nachdruck 1906), New York 1976.
  • J. Cargill: The Nabonidus Chronicle and the Fall of Lydia. In: American Journal of Ancient History 2. 1977.
  • Sidney Smith: Babylonian Historical Texts to the Capture and downfall of Babylon (Reprint). Verlag Olms, Hildesheim 1975, ISBN 3-487-05615-1.

Standardwerke

Spezielle Literatur

  • Reinhard-Gregor Kratz: Das Judentum im Zeitalter des Zweiten Tempels (Studienausgabe aus der Schriftenreihe: Forschungen zum Alten Testament, Nr. 42). Mohr-Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-148835-0.
  • Martine Kommer: König Nabonid von Babylon nach in Keilschrift überlieferten Quellen. Universität Tübingen, Tübingen 1974.
  • Rudolf Meyer: Das Gebet des Nabonid: Eine in den Qumran-Handschriften wiederentdeckte Weisheitserzählung. Akademie, Berlin 1962.
  • Stephen Langdon, Rudolf Zehnpfund: Die neubabylonischen Königsinschriften (Deutsche Übersetzung der englischen Originalfassung von Stephen Langdon). Hinrichs, Leipzig 1912.
  • W.G. Lambert: A new Source for the reign of Nabonidus In: Archiv für Orientforschung (AfO) Nr.22, S. 1-36. AfO, 1968/69.
  • Paul-Alain Beaulieu: The reign of Nabonidus, King of Babylon, 556-539 B.C. Yale University Press, New Haven 1989, ISBN 0-300-04314-7.
  • Paul-Alain Beaulieu: Legal and administrative texts from the reign of Nabonidus. Yale University Press, New Haven 2000, ISBN 0-300-05770-9.
  • Paul-Alain Beaulieu, Ulla Kasten: Late Babylonian texts in the Nies Babylonian Collection. Yale University Press, New Haven 1994, ISBN 1-883053-04-8.
  • Albert-Kirk Grayson: Assyrian and Babylonian Chronicles (Nabonidus Chronicles). Augustin, New-York 1975.
  • Raymond Philip Dougherty: Nabonidus and Belshazzar: A study of the closing events of the neo-Babylonian empire. AMS Press (Nachdruck 1929), New York 1980, ISBN 0-404-60285-1.
Commons: Nabonid – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Nabu-na'id – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


VorgängerAmtNachfolger
Lā-abāši-MardukKönig von Babylon
555–539 v. Chr.
Kyros II.