Forschungsstelle Glücksspiel

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In der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim werden Spiele und Wetten zum Gegenstand interdisziplinärer Forschung. Der Begriff Glücksspiel ist dabei weit gefasst und reicht von Lotto, Roulette, Karten- und Automatenspielen, Sport- und anderen Wetten über Gewinnspiele bis hin zu Gesellschaftsspielen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Forschungsstelle besteht seit 2004 an der Universität Hohenheim. Geschäftsführender Leiter ist der Wirtschaftswissenschaftler Steffen Otterbach, der 2021 Tilman Becker ablöste. Die Mitglieder der Forschungsstelle setzen sich aus Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachbereiche zusammen, die das Glücksspiel als Schwerpunktthema haben. 2016 waren mehr als 20 Professoren Mitglied in der Forschungsstelle. Sie kommen aus den Bereichen Ordnungs- und Verbraucherpolitik, der Verbraucherforschung, der Mathematik und Statistik, der Finanzwissenschaft, Öffentlichem und Bürgerlichem Recht, Wirtschaftstheorie, Kommunikations- und Informationswissenschaften, Haushalts- und Genderökonomik, Marketing, Spieltheorie und Ökonometrie sowie Psychologie und Medizin.

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ziel ist es, die Bereiche Glücksspiele und Wetten unter rechtlichen, ökonomischen, mathematischen, sozialen, medizinischen und psychologischen Fragestellungen systematisch wissenschaftlich zu untersuchen.

In der Praxis hat es sich gezeigt, dass die einzelnen Disziplinen zu unterschiedlichen Schlüssen kommen, solange sie ihre Forschungsergebnisse nicht in Beziehung setzen. Solch widersprüchliche Einschätzungen und Haltungen werden von der Forschungsstelle untersucht.

Symposien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glücksspiel-Symposium 2019: Podiumsdiskussion: Josha Frey, Nico Weinmann, Tilmann Becker, Rainer Stickelberger, Fabian Gramling

Jährlich werden Symposien zum Thema Glücksspiel veranstaltet. Dabei werden unter anderem die rechtliche Seite sowie die Suchtprävention und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Glücksspiels betrachtet. Über 200 Vertreter aus allen Bereichen, inklusive der Psychologie und der Medizin, nehmen an der ein- bis zweitägigen Veranstaltung der Universität Hohenheim teil.[1]

Beirat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Forschungsstelle Glücksspiel zugeordnet ist ein Beirat, der u. a. die Aufgabe hat, die wissenschaftliche Leitung der Forschungsstelle zu beraten und Forschungsprojekte anzuregen. Neben vier Vertretern der Universität Hohenheim werden weitere fünf Mitglieder von Unternehmen und Institutionen gestellt, welche die Forschungsstelle unterstützen, darunter ein Mitarbeiter und ein ehemaliger Geschäftsführer der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg, ein Vertreter der Baden-Württembergischen Spielbanken sowie je ein Vertreter aus dem Bereich der Landesministerien und der evangelischen Kirche.[2][3]

Forschungsbedarf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus Sicht der interdisziplinären Forschungsstelle Glücksspiels besteht insbesondere in folgenden Bereichen Forschungsbedarf (Stand November 2013):

Regulierung

  • Politökonomische Analyse des Glücksspielmarkts
  • Regulierung des Glücksspielmarktes aus Sicht der ökonomischen Theorie
  • Auswirkungen von Regulierungsmaßnahmen auf das Spielverhalten
  • Gesellschaftlicher Nutzen und Kosten einzelner Regulierungsmaßnahmen
  • Anwendung der Werberichtlinie und Auswirkungen auf die jeweiligen Glücksspielformen
  • Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Glücksspielen und einem problematischen oder pathologischem Spielverhalten
  • Aufgaben und Befugnisse von Glücksspielkommissionen in anderen Ländern Europas
  • Aufgaben und Befugnisse einer zu schaffenden deutschen Glücksspielkommission

Prävalenzen

  • Häufigkeit des Glücksspiels bei Kindern und Jugendlichen und alters- bzw. geschlechtsspezifische Besonderheiten
  • Analyse des Internetangebots von Glücksspielen
  • Online oder „terrestrisch“ – wer spielt wo und wann?
  • Verschuldung problematischer/pathologischer Spieler
  • Glücksspiel und Straftaten bei Jugendlichen und Erwachsenen
  • Glücksspiel und Geldwäsche

Prävention und Therapie

  • Präventionsmaßnahmen und deren Evidenzbasierung
  • Gründe für die Teilnahme an Glücksspielen für Spieler mit und ohne problematischem Spielverhalten
  • Substitution und Komplementaritätsbeziehungen zwischen Glücksspielformen
  • Beziehung pathologischer Spieler zu Geld
  • Risikobereitschaft pathologischer Spieler
  • Kognitive Irrtümer und pathologisches Spielverhalten
  • Die Spielersperre als Instrument des Spielerschutzes
  • Definition und Untersuchung der Risikogruppen (unter Berücksichtigung von Migrationshintergrund, Genderaspekten usw.)

Ökonomie

  • Besteuerung von Glücksspielen
  • Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätsgefährdungspotential einzelner Glücksspielangebote
  • Anbieter von Internet-Glücksspiel: Spezialisten und Full-Liner
  • Konkurrenzverhältnisse auf dem Glücksspielmarkt
  • Mergers und Acquisitions bei Anbietern von Glücksspielen
  • Analyse des Konsums von Glücksspielen

Publikationen (Auszüge)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Singer, J., Kufenko, V., Wöhr, A., Wuketich, M., & Otterbach, S. (2022). How do Gambling Providers Use the Social Network Twitter in Germany? An Explorative Mixed-Methods Topic Modeling Approach. Journal of Gambling Studies, 1-28. DOI
  • Wöhr, A., & Wuketich, M. (2021). Perception of Gamblers: A Systematic Review. Journal of Gambling Studies, 37(3), 795-816. DOI
  • Wöhr, A., & Wuketich, M. (2019). Stigmatisierung von Glücksspielern als Zuschreibungsprozess. In: Multidisziplinäre Betrachtung des vielschichtigen Phänomens Glücksspiel (pp. 61-75). In: Wöhr, A., & Wuketich, M. (Eds.). (2019). Multidisziplinäre Betrachtung des vielschichtigen Phänomens Glücksspiel. Springer-Verlag. DOI
  • Brandt, L., & Wöhr, A. (2017). Factors Influencing Treatment-Seeking Behavior in Female Pathological Gamblers: A comparison of treatment centers in Austria and Germany. In Gambling Disorders in Women (pp. 99-111). Routledge. DOI

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Symposien/Workshops, Homepage der Forschungsstelle Glücksspiel, abgerufen am 30. April 2016.
  2. Forschungsstelle Glücksspiel, Tätigkeitsbericht 2009 (Memento vom 2. Februar 2014 im Internet Archive).
  3. Mitglieder der Wissenschaftlichen Leitung und des Beirats (Memento vom 22. April 2016 im Internet Archive), Homepage der Forschungsstelle Glücksspiel, abgerufen am 27. Januar 2019.