Friedrich von Wattenwyl (Bischof)

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Friedrich von Wattenwyl

Friedrich von Wattenwyl (französisch de Watteville) (* 7. Februar 1700 in Bern; † 24. April 1777 in Herrnhut) war ein Schweizer Patrizier, Pietist, Bankier, Gutsverwalter und später Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine.

Grab der Ehefrau Johanna Sophia geborene von Zezschwitz (1697–1762) auf dem Herrnhuter Gottesacker

Freiherr Friedrich von Wattenwyl entstammte der Berner Patrizierfamilie von Wattenwyl. Seine Mutter hiess Johanna Maria Frisching, sein gleichnamiger Vater hatte 1699 wegen seiner pietistischen Einstellung keinen Assoziationseid geleistet und daher auf eine Ämterkarriere in Bern verzichtet. Stattdessen kaufte er die Besitzung Montmirail (heute in der Gemeinde La Tène). Das dortige Schloss ging nach seinem Tod an einen Herrnhuter als Erziehungsanstalt.[1] Heute ist es bekannt als Communauté Don Camillo.

Sein Bruder war der pietistische Bankier Niklaus von Wattenwyl (1695–1783).

Friedrich von Wattenwyl befreundete sich auf dem Pädagogium in Halle, das er ab 1613 oder 1615 besuchte, mit dem Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. Gemeinsam gründeten sie als Fünfzehnjährige den Senfkorn-Orden, einen Bund zur Bekehrung von Heiden.[2] Von 1716 bis zur Berner Bankenkrise von 1720 arbeitete er für das Bankhaus Malacrida & Cie., er war für die Bankgeschäfte in Paris zuständig und war für den Zusammenbruch der Bank mitverantwortlich.[3]

Ab 1722 wirkte Friedrich von Wattenwyl als Gutsverwalter des Herrschaftssitzes von Zinzendorf in Berthelsdorf. Er half dort, die aus Böhmen und Mähren vertriebene Glaubensbrüder, die Böhmischen Brüder, anzusiedeln und die Herrnhuter Brüdergemeine zu gründen. Beim Bau des ersten Versammlungshauses 1724 betete er bei der Grundsteinlegung. Im März 1723 wurde er wegen einem Trostbrief an einen Angeklagten verhaftet und für eine kürzere Zeit ins Gefängnis von Dresden gebracht. Im gleichen Jahr begleitete er seinen Freund Zinzendorf auf Reisen nach Schlesien und nach Prag, wo er die Krönung des Kaisers Karl VI. als König von Böhmen miterleben konnte. Im September 1725 besuchte er den aufgeschlossenen katholischen Kardinal Louis-Antoine de Noailles in Paris und überbrachte ihm im Namen von Zinzendorf eine französische Übersetzung von Johann Arndts Wahrem Christenthum. Er wurde zwar freundlich empfangen und aufgenommen, doch eine grössere Wirkung konnte dieser Besuch nicht zeitigen.

Während Zinzendorfs Verbannung aus Sachsen (1737 bis 1747) war Wattenwyl Verwalter seiner Güter und Leiter der Gemeinde in Herrnhut, unternahm aber auch Reisen, teilweise gemeinsam mit Zinzendorf. Im Dezember 1739 bereisten die beiden die Schweiz, sie gingen nach Basel, Bern, Montmirail, wo von Wattenwyls Vater wohnte, und nach Oberdiessbach, wo der pietistische Pfarrer Samuel Lucius wirkte. 1743 wurde er im schlesischen Burau zum Bischof der Brüdergemeine ernannt.[4]

Nebst seiner bischöflichen Arbeit versuchte von Wattenwyl nochmals für sein Gut Montmirail, das zu einer Flüchtlingskolonie von Pietisten und Waldenser geworden war, eine staatliche Anerkennung und kirchliche Freiheit zu erwirken, er scheiterte jedoch am Widerstand der neuenburgischen Pfarrschaft und Kirchenleitung.[5]

Grab auf dem Herrnhuter Gottesacker

Ab 1762 lebte er wegen Kränklichkeit zurückgezogen in Herrnhut, wo er am 24. April 1777 starb.[6]

1723 (1724?) heiratete Wattenwyl Johanna Sophia von Zezschwitz aus den Hause Pließkowitz.[7] 1744 adoptierte Friedrich den Kandidaten Michael Langguth, Sohn eines lutherischen Predigers, der den Namen Johannes von Wattenwyl annahm und sein Werk als Bischof und Missionar der Herrnhuter fortführte.[1][8]

Commons: Friedrich von Wattenwyl (bishop) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Emil BlöschWattenwyl, Friedrich von (Herrnhuter). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 248 f.
  2. Paul TschackertZinzendorf, Nicolaus Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 344–353.
  3. Michael van Orsouw: Friedrich von Wattenwyl. Die erste Bankenkrise der Schweiz. In: Tages Anzeiger, 19. Februar 2019, abgerufen am 27. November 2021.
  4. Emil BlöschWattenwyl, Friedrich von (Herrnhuter). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 248 f.
  5. Hans Braun: Wattenwyl, Friedrich von. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 11. November 2014.
  6. Watteville. Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg, 1864, S. 931, abgerufen am 12. Dezember 2017.
  7. Eltern: Konrad Heinrich von Zezschwitz auf Pließkowitz und Katharina Elisabeth geborene von Könneritz aus dem Hause Frauendorf; Schwester: Agnes Louise von Zezschwitz verheiratete von Haugwitz. Aus: Lebensbeschreibung der Brüder Hans Heinrich und Wolf Caspar von Zezschwitz nebst Nachrichten von ihrer Familie. C. S. Krausche, Kamenz 1856. S. 11 Digitalisat
  8. Hans Braun: Wattenwyl, Friedrich von. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 11. November 2014.