Gertrud Ferchland

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Martha Liska Gertrud Ferchland (genannt Trude) (* 30. Mai 1894 in Zürich; † 21. Februar 1943 in Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde) war eine deutsche Architektin und Hochschullehrerin in der Lehrerbildung.

Leben

Gertrud Ferchland wurde unehelich in der Schweiz geboren, da ihre Eltern Emil Ferchland, Student an der Technischen Hochschule Berlin, und Mathilde Böwe, Lehrerin in Berlin, die Geburt in Deutschland verheimlichten, weil noch der Lehrerinnenzölibat bestand. Nach der Geburt heirateten Trudes Eltern ein halbes Jahr später. 1896 zog die Familie nach Leipzig, wo Emil als Bauinspektor arbeitete. Mehrere Umzüge folgten, bis sich die Familie in der 1909 gegründeten Gartenstadt Hellerau bei Dresden niederließ, einem Siedlungsprojekt der Lebensreform-Bewegung. Ab 1913 studierte sie als eine der ersten Frauen Architektur an der Technischen Hochschule Charlottenburg und schloss als Diplom-Ingenieurin ab.

Dort lernte sie ihre langjährige Freundin und die spätere Architektin Lotte Cohn kennen. Ab 1917 waren beide Frauen für einige Zeit als Architektinnen am Wiederaufbau Ostpreußens beteiligt. Die Freundschaft zerbrach, nachdem Lotte Cohn 1921 nach Palästina ausgewandert war und sich Ferchland der nationalsozialistischen Bewegung annäherte. Im Herbst 1923 immatrikulierte sie sich an der Technischen Hochschule Dresden, Allgemeine Abteilung. Von 1923 bis 1926 erlernte sie dort den Lehrerberuf und war darauf, erst als Sekretärin, dann als Assistentin von Richard Seyfert am Pädagogischen Institut der TH Dresden tätig[1]. In Vorlesungsverzeichnissen wird sie ab 1930 als Dozentin geführt, sie war Mitglied des Diplom-Prüfungs-Ausschusses für Volksschullehrer, doch die geplante Dissertation wurde nicht zu Ende gebracht. Am 1. Mai 1933 trat Ferchland der NSDAP, am 1. September 1933 dem NS-Lehrerbund bei. Etwa 1935 weilte sie in Berlin, um in einer Kommission im Auftrag des Reichserziehungsministeriums ein neues Lesebuch für die Volksschulen zu entwickeln. Ende 1936 zog sie von Dresden nach Schneidemühl, wo sie erst Dozentin, dann 1938 als Professorin an der Hochschule für Lehrerbildung zur Beamtin wurde. Sie bot Übungen zur Methodik des Deutschunterrichts sowie Wahlfachseminare zu Mundarten und Isländergeschichten an. 1941 wurde sie mit der Umwandlung zur Lehrerbildungsanstalt dort Studienrätin mit Professorentitel.

Am 12. Februar 1943 wurde Ferchland offenbar nach einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus Schneidemühl aufgenommen und ihr wurde am 15. Februar 1943 eine Geisteskrankheit attestiert. Die Verlegung in die Landesheil- und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde wurde beantragt. Im Attest sind keine körperliche Krankheiten vermerkt, nur der Hinweis auf einen Sanatoriums-Aufenthalt im Vorjahr aufgrund von Unruhezuständen. In einem anderen Dokument ist von Depressionen die Rede.

Am 16. Februar erfolgte die Aufnahme in Meseritz-Obrawalde. Der Direktor der Lehrerinnenbildungsanstalt Schneidemühl, Gerhard Bergmann, schrieb an den Chefarzt Theophil Mootz: „Bei der Kollegin, Professor Dipl.-Ing. Gertrud Ferchland“, handle es sich um einen „seit längeren leidenden, aber sehr sehr wertvollen Menschen“. Der Chefarzt möge ihr doch bitte „besonderes ärztliches Interesse zuwenden“ und ihm „bei Gelegenheit eine Mitteilung über das Ergehen von Frau Ferchland zukommen“ lassen. In einer handschriftlichen Antwort vom 20. Februar mit dem Vermerk „Eilt“ heißt es, im Zustand der Patientin sei „noch keine Besserung“ eingetreten. Am 21. Februar 1943, fünf Tage nach der Verlegung nach Obrawalde, starb sie – angegebene Todesursache „Erschöpfung“.

Schriften

  • Der ländliche Wiederaufbau Ostpreussens in der Deutschen Bauhütte im März 1920. In: Deutsche Bauhütte (10. März 1920), S. 52.
  • Volkstümliche Hochsprache. Vom deutschen Sprachunterricht in der Volksschule, Hamburg 1935

Literatur

  • Alexander Hesse: Die Professoren und Dozenten der preußischen pädagogischen Akademien (1926–1933) und Hochschulen für Lehrerbildung (1933–1941). Deutscher Studien-Verlag, Weinheim 1995, ISBN 3-89271-588-2, S. 267–268 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelbelege

  1. Helga Kippeler-Schrimpf: „Bildung ist nur möglich auf der Grundlage des Volkstums.“ Eine Untersuchung zu Richard Seyferts Bildungstheorie als volksschuleigene Bildungskonzeption. LIT, Münster 2002.