Goldschale von Krottorf
Die Goldschale von Krottorf ist eine wahrscheinlich im 14. Jahrhundert v. Chr. während der ausgehenden Mittelbronzezeit entstandene kalottenförmige Schale aus Goldblech. Sie wurde 1909 bei Krottorf, seit 2001 ein Stadtteil von Gröningen im Landkreis Börde (Sachsen-Anhalt), entdeckt und befindet sich heute im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale).
Entdeckung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die exakte Fundstelle der Schale ist nicht überliefert. Sie soll im Frühling 1909 nordöstlich von Krottorf auf einem Feld, etwa 1 km nördlich der Wüstung Orsleben zwischen Hordorf und Großalsleben, beim Pflügen entdeckt worden sein. Das zerdrückte und zerrissene Objekt landete zunächst auf einem Misthaufen, wurde dort aber vom Sohn des Krottorfer Pfarrers entdeckt und schließlich 1910 durch den Pfarrer an das Provinzialmuseum Halle (das heutige Landesmuseum für Vorgeschichte) vermittelt, dessen Direktor Karl Reuß es für 516 Mark ankaufte. Anschließend wurde die Schale von der Goldschmiede Wratzke und Steiger aus Halle restauriert.[1][2]
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schale besteht aus Feingold und ist kalottenförmig. Sie hat einen Mündungsdurchmesser von 13 cm, eine Höhe von 6 cm und eine Wandungsstärke von 0,17 mm. Ihr Gewicht beträgt 68,7 g.
Das Dekor gliedert sich in sieben Zonen, die durch einfache umlaufende Wülste voneinander getrennt sind. Die oberste Zone ist zudem durch einen doppelten Wulst vom unverzierten Rand getrennt. Von oben nach unten weisen die einzelnen Zonen folgende Motive auf:
- eine einzelne Perlbuckelreihe
- eine Punktbuckelreihe
- ein Feld aus fünf Perlbuckelreihen
- eine Kreisringreihe
- ein Feld aus vier Perlbuckelreihen
- eine Punktbuckelreihe
- am Boden ein gleicharmiges Kreuz mit einem Kreisauge im Mittelpunkt und Perlbuckeln in den Zwickeln
Die Schale im europäischen Kontext
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bronzezeitliche Goldgefäße sind eine vergleichsweise seltene Fundgattung. Aus der Mittel- und Spätbronzezeit sind Funde aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden, Spanien, der Schweiz und Ungarn bekannt. Eine Häufung lässt sich auf den dänischen Inseln Fünen und Seeland feststellen.[3]
Bei den Gefäßen gibt es größere Variationen an Formen und Dekorelementen. Der Form nach sind der Schale von Krottorf die Goldschalen von Axtroki sowie einige Schalen aus dem Schatz von Villena (beides Spanien) am ähnlichsten. Im Dekor gibt es allerdings nur wenige Übereinstimmungen, etwa das Kreuzmuster am Boden der kleineren Schale von Axtroki. Geografisch näher liegende Vergleichsstücke, wie die Goldschalen aus Gönnebek (Schleswig-Holstein) oder Lüssow-Langendorf (Mecklenburg-Vorpommern), sind sowohl in der Form als auch im Dekor sehr verschieden.[4] Lässt man die Gefäßform außer Acht, dann bildet die Flasche aus dem Goldschatz vom Lienewitzer Forst das beste Vergleichsstück zur Goldschale von Krottorf. Hier weist der Bauch des Gefäßes acht Zonen mit folgenden Motiven auf:
- eine Reihe aus kleinen Punktbuckeln
- eine Reihe aus großen Punktbuckeln mit Perlbuckeln in den Zwickeln
- ein Feld aus fünf Perlbuckelreihen
- eine Reihe aus Kreisringen mit zentralem Buckel
- ein Feld aus fünf Perlbuckelreihen
- eine Reihe mit stilisierten Vogeldarstellungen
- eine Reihe aus kleinen Punktbuckeln
- am Boden acht Strahlen mit einem Kreisauge im Mittelpunkt und Perlbuckeln in den Zwickeln
Der größte Unterschied ist das Fehlen von Vogelmotiven auf der Schale von Krottorf. Ansonsten sind sich beide Gefäße sowohl in der Art als auch in der Abfolge der Motive derart ähnlich, dass sie nach Harald Meller aus der gleichen Werkstatt stammen könnten.[5]
Datierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da es sich bei der Schale von Krottorf um einen Einzelfund handelt, ist eine Datierung nur anhand formaler und stilistischer Vergleiche möglich. Sie wurde von Karl Reuß zunächst in die ältere Hallstattzeit bzw. in die Periode IV oder V der nordischen Bronzezeit (1000–700 v. Chr.) datiert.[6] Auch später wurde von einer Entstehung in der Spätbronzezeit (1300–800 v. Chr.) ausgegangen.[7] Nach Harald Meller ist hingegen eine annähernd gleichzeitige Entstehung mit der Flasche vom Lienewitzer Forst am wahrscheinlichsten. Auch sie kann nur indirekt anhand ihrer Beifunde (zwei Doppelspiralarmbänder und zwei Goldspiraldrähte) datiert werden. Zu den Armbändern existiert ein weitgehend identisches Exemplar, das im Grabhügel LA 31 von Fahrenkrug (Schleswig-Holstein) gefunden wurde. Die Ausstattung dieses Grabes datiert recht sicher an den Übergang der Perioden II und III der nordischen Bronzezeit, also ins 14. Jahrhundert v. Chr. Die Flasche vom Lienewitzer Forst und die Goldschale von Krottorf dürften daher in diesem Zeitraum entstanden sein.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Behrens: Ur- und frühgeschichtliche Goldfunde im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (S.). Kreuz, Halle (Saale) 1963, S. 31–32.
- Judith M. Grünberg: Krottorf, Ldkr. Bördekreis. In: Siegfried Fröhlich (Hrsg.): Aus der Vorgeschichte Sachsen-Anhalts. Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale), Halle (Saale) 1995, ISBN 3-910010-13-X, Nr. 18.
- Jens Martin: Die Bronzegefäße in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen (= Prähistorische Bronzefunde. Abteilung 2, Band 6). Steiner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09388-0, S. 129.
- Harald Meller: Die neolithischen und bronzezeitlichen Goldfunde Mitteldeutschlands – Eine Übersicht. In: Harald Meller, Roberto Risch, Ernst Pernicka (Hrsg.): Metalle der Macht – Frühes Gold und Silber. 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2014 in Halle (Saale) (= Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 11/II). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt/Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Salle) 2014, ISBN 978-3-944507-13-2, S. 666–670 (Online).
- Harald Meller (Hrsg.): Glutgeboren. Mittelbronzezeit bis Eisenzeit (= Begleithefte zur Dauerausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Band 5). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt/Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Salle) 2015, ISBN 978-3-944507-14-9, S. 145.
- Karl Reuß: Fundberichte aus dem Provinzial-Museum zu Halle a. S. In: Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder. Band 9, 1910, S. 75–77, Taf. XIIb (Online).
- Bettina Stoll-Tucker: Rätselhaftes Gold von der Bode. In: Harald Meller (Hrsg.), Juraj Lipták: Schönheit, Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Begleitband zur Sonderausstellung vom 11. Dezember 2001 bis 28. April 2002 im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) 2001, ISBN 3-910010-64-4, S. 96–97.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- museum-digital: Goldschale aus Krottorf, Gem. Gröningen, Ldkr. Börde
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Karl Reuß: Fundberichte aus dem Provinzial-Museum zu Halle a. S. 1910, S. 75.
- ↑ Harald Meller (Hrsg.): Glutgeboren. Mittelbronzezeit bis Eisenzeit. 2015, S. 145.
- ↑ Harald Meller: Die neolithischen und bronzezeitlichen Goldfunde Mitteldeutschlands – Eine Übersicht. 2014, S. 668.
- ↑ Harald Meller: Die neolithischen und bronzezeitlichen Goldfunde Mitteldeutschlands – Eine Übersicht. 2014, S. 668–669.
- ↑ a b Harald Meller: Die neolithischen und bronzezeitlichen Goldfunde Mitteldeutschlands – Eine Übersicht. 2014, S. 669.
- ↑ Karl Reuß: Fundberichte aus dem Provinzial-Museum zu Halle a. S. 1910, S. 77.
- ↑ siehe bspw. Judith M. Grünberg: Krottorf, Ldkr. Bördekreis. 1995, Nr. 18.