Große Synagoge von Rom

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Vorderansicht der Großen Synagoge
Innenansich Thoraschrein
Vorderansicht der Großen Synagoge

Die Große Synagoge von Rom (italienisch Tempio Maggiore di Roma) ist die größte Synagoge in Rom. Der historistische Bau in Form eines griechischen Kreuzes mit weithin sichtbarer Kuppel wurde von 1901 bis 1904 an der Stelle des früheren römischen Ghettos errichtet. Er gilt als Symbol der Emanzipation der Juden in Rom und der Annäherung zwischen Päpsten und Judentum nach 1945.

Vorgeschichte und Planung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blick vom Palatin über Rom mit der Synagogenkuppel zwischen Petersdom, im Vordergrund die Apsis von Sant’Anastasia al Palatino

Nach der Einigung Italiens und der Eroberung Roms 1870 wurde das alte römische Ghetto aufgehoben und weitgehend abgerissen, darunter auch das Gebäude, in dem sich die fünf alten Scole (Synagogen) befanden. An ihrer Stelle wurde die neue Synagoge in beachtlichen Dimensionen und im Stadtbild gut sichtbar errichtet. Sie war ein „Symbol für die vom Ghetto befreite, emanzipierte und selbstbewußte römisch-jüdische Gemeinde“.[1] Der Entwurf stammt von den Architekten Vincenzo Costa und Osvaldo Armanni.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuppel der Synagoge

Der sandfarbene Bau hat die Form eines griechischen Kreuzes und wurde unter Verwendung eklektizistischer und historistischer Stilmittel gestaltet. Die Kuppel besteht aus Aluminium und hat als einzige der Stadt eine viereckige Grundform, was sie in der Stadtsilhouette hervorhebt. Der Innenraum ist mit geometrischen und floralen Ornamenten nach Entwürfen von Annibale Brugnoli und Domenico Bruschi ausgemalt. Die Glasfenster stammen von Cesare Picchiarini. An den Seiten, außer an der Ostwand, befinden sich Frauenemporen. In den Seitenschiffen sind zwei Toraschreine aus farbigem Marmor aus den alten Synagogen aufgestellt.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Synagoge besitzt eine von den Brüdern Rieger, damals in Jägerndorf (Schlesien), im Jahr 1904 gebaute Orgel. Das Instrument hat 17 Register auf zwei Manualwerken und Pedal und ist im symphonisch-romantischen Stil disponiert. Die Trakturen sind pneumatisch. Die Orgel wurde zuletzt in den Jahren 2010 bis 2011 von der Orgelbaufirma Alessandro Giacobazzi (Modena) restauriert.[2]

I Grand' Organo C–g3
1. Principale 8′
2. Bordone 16′
3. Viola di gamba 8′
4. Flauto conico 8′
5. Coperto 8′
6. Ottava 4′
7. Flauto di tubo 4′
8. Mistura IV 223
II Recitativo C–g3
9. Principale di viola 8′
10. Flauto di tubo 8′
11. Salicionale 8′
12. Voce celeste
13. Fugara 4′
Pedale C–f1
14. Violone 16′
15. Subbasso 16′
16. Basso ottavo 8′
17. Cello 8′

Im Untergeschoss befindet sich ein Museum zur Geschichte der Juden in Rom sowie eine kleine weitere Synagoge, der Tempio spagnolo. Er führt die spanische Tradition der Scola Catalana und der Scola Castigliana fort, der Synagogen im Ghetto, die dem sephardischen Ritus folgten. Auch der Tempio spagnolo enthält als Ausstattung Stücke der alten Ghettosynagogen.

Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 9. Oktober 1982 wurde von palästinensischen Terroristen ein Anschlag mit Handgranaten verübt, während die Besucher am Sabbatmorgen die Synagoge verließen. Dabei kam ein zweijähriger Junge ums Leben, 37 Personen wurden verletzt.[3] Die Synagoge ist ein symbolischer Ort in der Annäherung der Päpste an das Judentum nach 1945. Papst Johannes XXIII. hielt unangekündigt am Morgen des 17. März 1962, einem Samstag, vor der römischen Synagoge an, ließ das Verdeck seines Wagens öffnen und segnete die herausströmenden Juden. Der künftige Rabbiner Elio Toaff erinnerte sich später, dass „nach einem Augenblick verständlicher Verwirrung die Juden ihn umringten und ihm begeistert applaudierten. In der Tat war es das erste Mal in der Geschichte, daß ein Papst die Juden segnete, und dies war vielleicht die erste echte Geste der Versöhnung.“[4] An diese symbolische Geste knüpfte ausdrücklich Papst Johannes Paul II. an,[5] als er als erster Papst überhaupt eine Synagoge betrat: Er besuchte sie am 13. April 1986, hielt eine Ansprache[6] und betete gemeinsam mit dem Großrabbiner Elio Toaff. Besondere symbolische Kraft hatte in den Augen des Kardinals Kurt Koch, dass die Begegnung mit einer Umarmung des Papstes und Toaff endete.[7] Das Ereignis ist laut dem Historiker Georg Schwaiger „in der ganzen Welt als außerordentliches Zeichen der Versöhnung gewertet“[8] worden. Zum hundertsten Jahrestag der Einweihung der Synagoge 2004 schrieb Johannes Paul II. in einer Grußbotschaft, sein Besuch 1986 sei „eine Umarmung zwischen Brüdern“ gewesen, „die sich nach langer Zeit, in der es an Unverständnis, Ablehnung und Leid nicht fehlte, wiedergefunden haben.“[9] Als zweiter Papst besuchte Benedikt XVI. die Synagoge am 17. Januar 2010 und besichtigte auch das Museum.[10] Genau sechs Jahre später, am 17. Januar 2016 besuchte Papst Franziskus den "Tempio Maggiore".[11]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Große Synagoge von Rom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas Brechenmacher: Der Vatikan und die Juden. Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Beck, München 2005, ISBN 978-3-406-52903-0, S. 119.
  2. Informationen zur Orgel bei AlessandroGiacobazzi.org (italienisch).
  3. Italien: Jahrelanges Schweigen über Deal der es palästinensischen Terroristen ermöglichte Juden zu töten. 13. Dezember 2021, abgerufen am 11. Oktober 2022.
  4. Stefan Nacke: Die Kirche der Weltgesellschaft. Das II. Vatikanische Konzil und die Globalisierung des Katholizismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17339-9, S. 340, Anm. 50.
  5. Rolf Rendtorff, Hans Hermann Henrix (Hrsg.): Die Kirchen und das Judentum. Dokumente von 1945–1985. 2. Auflage. Paderborn u. a. 1989, S. 106–111, hier S. 107.
  6. Ansprache beim Besuch der Großen Synagoge Roms am 13. April 1986. In: Ansgar Koschel (Hrsg.): Katholische Kirche und Judentum im 20. Jahrhundert. (= Religion – Geschichte – Gesellschaft. Fundamentaltheologische Studien. Bd. 26). Lit, Münster 2002, ISBN 3-8258-5507-4, S. 135–145 (Vorschau bei Google Bücher); Rolf Rendtorff, Hans Hermann Henrix (Hrsg.): Die Kirchen und das Judentum. Dokumente von 1945–1985. 2. Auflage. Schöningh, Paderborn 1989, S. 106–111; Onlineversion in: Vatican.va. Eine Deutung der Ansprache nimmt vor: Thomas Roddey: Das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Die Erklärung „Nostra aetate“ des Zweiten Vatikanischen Konzils und ihre Rezeption durch das kirchliche Lehramt. (= Paderborner Theologische Studien.) Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 3-506-71381-7, S. 162–166.
  7. Kurt Kardinal Koch: Gemeinsam Volk Gottes sein. Perspektiven des jüdisch-katholischen Dialogs von Nostra aetate bis Benedikt XVI. In: Elisabeth Zwick, Norbert Johannes Hofmann (Hrsg.): Dialog der Religionen. Eine interdisziplinäre Annäherung. Lit, Berlin 2013, ISBN 978-3-643-11657-4, S. 37–58, hier S. 49.
  8. Georg Schwaiger: Papsttum und Päpste im 20. Jahrhundert. Von Leo XIII. zu Johannes Paul II. Beck, München 1999, ISBN 3-406-44892-5, S. 411.
  9. Thomas Brechenmacher: Der Vatikan und die Juden. S. 270; Botschaft von Johannes Paul II. anläßlich des 100. Jahrestages der Errichtung der römischen Synagoge. In: Vatican.va.
  10. Papstbesuch in der römischen Synagoge. In: KAS.de, 20. Januar 2010. Siehe die Ansprache des Rabbiners Riccardo Di Segni: Il silenzio dell’uomo non sfugge al giudizio di Dio. (PDF; 34 kB) In: Moked.it.
  11. Visita alla Sinagoga di Roma. Discorso di Papa Francesco alla Comunità ebraica. In: Presseamt des Hl. Stuhls. 17. Januar 2016, abgerufen am 16. März 2022 (italienisch).

Koordinaten: 41° 53′ 31,6″ N, 12° 28′ 40,8″ O