Hans Fittko

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johannes Kurt Adolf Fittko[1] (genannt Hans, später in den USA John, * 16. Mai 1903 in Finsterwalde; † 15. September 1960 in Oak Forest (Illinois)[2]) war ein deutscher Journalist, Kommunist und Fluchthelfer über die Pyrenäen von Frankreich nach Spanien.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Fittko arbeitete als Journalist unter anderem für die von Franz Pfemfert herausgegebene Zeitschrift Die Aktion, die ab 1926 nur noch unregelmäßig erschien. Als Politischer Leiter in der Berliner KPD war er Abgeordneter in der Bezirksversammlung Berlin-Spandau.

Nach der Machtergreifung wurde nach ihm wegen des Todes eines Berliner NSDAP-Mitglieds, das bei Auseinandersetzungen erschossen worden war, als „intellektuellem Urheber“ gefahndet, was zu seiner Flucht nach Prag führte, so dass das gegen ihn in Abwesenheit gefällte Todesurteil ins Leere lief.

In Prag lernte er Lisa Lewin geb. Ekstein kennen, als er im deutsch-tschechischen Grenzgebiet als Fluchthelfer tätig war und illegale politische Schriften nach Deutschland schmuggelte. Als Fittko auf Druck der deutschen Behörden von der Tschechoslowakei ausgeliefert werden sollte, ließen sie sich zum Schein durch einen Rabbiner trauen; im Herbst 1934 gingen sie gemeinsam nach Basel, wo Fittko unter dem Decknamen „Stephan“ als Leiter der „Grenzstelle“ der KPD eingesetzt wurde. Von dort reisten sie Anfang 1936 nach Amsterdam, wo sie ihre Arbeit für die KPD fortsetzten. 1937 wurde Hans Fittko als „Abweichler“ aus der KPD ausgeschlossen. 1938 flüchtete das Paar nach Paris, wo sich bereits die Eltern und der Bruder von Lisa Fittko aufhielten.

Bei der deutsche Besetzung Frankreichs 1940 wurden beide interniert, konnten aber fliehen. Sie erreichten Marseille, das damals aufgrund des US-amerikanischen Konsulats die Anlaufstelle für Visa und damit für die weitere Flucht von Emigranten mit dem Ziel USA war. Hier kamen sie in Kontakt mit dem US-Amerikaner Varian Fry und dessen Fluchthilfeorganisation Emergency Rescue Committee, für das sie die Aufgabe übernahmen, Menschen, die durch die Besatzer und das Vichy-Regime bedroht waren, über die Grenze nach Spanien zu führen. Mit der Führung von Walter Benjamin im September 1940 über die Pyrenäen, die Lisa Fittko alleine durchführte, begann ihre Tätigkeit als Fluchthelfer – in diesem Fall letztlich erfolglos, da Benjamin sich am Tag nach seiner Ankunft in Portbou das Leben nahm. Später führten sie noch viele weitere Emigranten über die Grenze, z. B. den Journalisten und Herausgeber des Pariser Tageblatts Georg Bernhard, die Witwe des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Otto Wels, den sozialistischen Historiker Henry M. Pachter und den Volkswirt und Sozialwissenschaftler Albert Otto Hirschmann.

1941 flohen Hans und Lisa Fittko nach Kuba, wo sie in Havanna in einer Ausbildungsstätte für jüdische Flüchtlinge arbeiteten. Nachdem sie auch offiziell geheiratet hatten, konnten sie 1948 in die USA einreisen, wo sie sich in Chicago niederließen.

Hans Fittko starb am 15. September 1960 im Alter von 57 Jahren.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Fittko wurde im Jahr 2000 posthum mit der Yad-Vashem-Medaille und einer Ehrenurkunde als Gerechter unter den Völkern geehrt. Die Auszeichnung nahm seine Witwe Lisa Fittko im Juli des Jahres in Israel entgegen.[3]

An der Stelle, wo der durch die Fittkos zur Fluchthilfe genutzte Weg in Banyuls-sur-Mer beginnt (die damals nach den Fittkos benannte „F-Route“ von Banyuls über Cerbère in das spanische Portbou), wurde im Januar 2001 für Hans und Lisa Fittko eine Gedenkstätte errichtet. Seit dem 24. Juni 2007 heißt dieser Weg offiziell „Chemin Walter Benjamin“ und ist als historischer Wanderweg markiert.[4][5][6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. GND
  2. GND; Weber/Herbst: Chicago
  3. Der Ehrentitel wird an nichtjüdische Einzelpersonen verliehen, die unter nationalsozialistischer Herrschaft während des Zweiten Weltkriegs ihr Leben einsetzten, um Juden vor der Ermordung zu retten; für die Jüdin Lisa Fittko war diese Ehrung folglich nicht möglich
  4. Claudia Diemar: Passagen in die Freiheit. Der „Chemin Walter Benjamin“ erinnert an die Flucht des Philosophen über die Pyrenäen vor genau siebzig Jahren. In: Berliner Zeitung. berliner-zeitung.de, 4. September 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. August 2014; abgerufen am 13. August 2014.
  5. Chemin Walter Benjamin, der F-Weg. uebersmeer.at, 19. Mai 2012, abgerufen am 13. August 2014.
  6. Die Webseite historia-viva.net zum Walter-Benjamin-Weg bietet eine multimediale App an (s. Beschreibung der App), die die Bedeutung von Lisa Fittko für die Flucht vor dem Nationalsozialismus erläutert und sie selbst zu Wort kommen lässt; abgerufen am 11. Dezember 2015.