Hegesias von Magnesia

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hegesias von Magnesia war ein im 3. Jahrhundert v. Chr. lebender griechischer Rhetor, Schriftsteller und Historiker.

Hegesias als Rhetor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er stammte aus Magnesia am Sipylos in Kleinasien.[1] Im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. verfasste er zahlreiche Werke, so fast völlig verlorene Enkomien auf Städte und Reden. Überlieferte Titel sind:

  • Enkomion auf Rhodos[2]
  • Die Freunde der Athener (Οἱ Φιλαθήναιοι, „Die Philathener“)
  • Aspasia (Ασπασία)
  • Alkibiades (Αλκιβιάδης)

Die letzten drei Werke werden in einer als „Bücherliste von Rhodos“ bekannten Inschrift unter der Rubrik zur athenischen Gesetzgebung geführt.[3] Ob es sich bei den Werken zu Aspasia und Alkibiades um dialogische oder biographische Werke oder auch Reden handelte, ist nicht auszumachen.

Laut Strabon war er der Begründer („mehr als jeder andere“) des von konservativen antiken Kritikern (insbesondere den Vertretern des Attizismus) als degeneriert klassifizierten rhetorischen Stils des Asianismus.[4] Er selbst erklärte aber, ein Nachahmer des einfachen Stils des Lysias sowie auch jenes des Charisios zu sein. Seine blumige Ausdrucksweise ist durch Vermeidung der klassischen Periode, Benutzung kurzer, stark rhythmischer Kommata sowie die Einflechtung von Wortspielen und gewagten Metaphern charakterisiert.[5]

Scharfen Tadel an seinem Stil übten u. a. Agatharchides, Dionysios von Halikarnassos und der römische Redner Cicero.[6] Agatharchides bemerkt etwa, dass Hegesias den Demosthenes nachahme, aber dessen Gedanken in schlechtes Gewand kleide, dass er zwar öfters der Zerstörung von Städten, namentlich von Theben und Olynth gedenke, aber nicht den Zeitumständen angemessen darüber reden wolle, sondern bei der Darstellung schrecklicher Ereignisse nur seine Rednerkunst zu zeigen suche.[7] Varro hingegen zollte ihm Lob;[8] Rutilius Lupus zitierte ihn in seinem Buch Über die Redefiguren mehrmals ohne die sonst verbreiteten kritischen Worte.[9]

Hegesias als Alexanderhistoriker[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hegesias verfasste wahrscheinlich auch eine Geschichte der Feldzüge Alexanders des Großen. Diese ist zwar nicht direkt belegt (sodass auch ihr Titel nicht bekannt ist), in der antiken Literatur sind aber einige Hegesias-Zitate erhalten, in denen Hegesias Episoden aus Alexanders Leben sowie von seinem Feldzug berichtet und die deshalb als Fragmente aus einer Alexandergeschichte gelten.[10] So zitiert Dionysios von Halikarnassos ein Bruchstück über die grausame Behandlung, die Alexander nach der schwer errungenen Eroberung von Gaza (332 v. Chr.) der Besatzung und vor allem ihrem Befehlshaber Batis habe widerfahren lassen.[11] Die Geschichte, über die sonst nur noch der römische Historiker Quintus Curtius Rufus berichtet (der vielleicht aus Hegesias schöpfte[12]), wird von der Mehrzahl der heutigen Historiker für unhistorisch gehalten.[13]

Zu dem über die Geburt des Makedonenkönigs überlieferten Synchronismus, dass diese am gleichen Tag wie der Brand des Artemistempels von Ephesos stattgefunden habe, machte Hegesias in seinem Werk den Witz, Artemis habe dieses Unglück nicht verhindern können, weil sie in der gleichen Nacht bei Alexanders Geburt in Makedonien geholfen habe.[14] Agatharchides bemerkt, dass Hegesias eine Vorliebe dafür gehabt habe, die Zerstörung von Städten zu beschreiben, wobei er sich offenbar vor allem auf Hegesias’ Berichte über die Zerstörung des aufständischen Theben durch Alexander und diejenige Olynths durch Philipp II. bezog.[7]

Laut Aulus Gellius gehörte Hegesias zu den Autoren, die vielfach sagenhafte Dinge berichteten;[15] Philodemos sowie der Autor der rhetorischen Schrift Über das Erhabene rechneten ihn gemeinsam mit Kleitarchos zu jenen Autoren, die bereits in der Antike für ihre sagenhaften Berichte kritisiert wurden.[16] Hegesias mag deshalb der „Vulgata-Tradition“ der Alexanderhistoriker nahegestanden haben.

Ausgaben der Fragmente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut Dionysios von Halikarnassos, Über die Anordnung der Wörter 4,28 (= Hegesias von Magnesia, Fragment 19) bezeichnete sich Hegesias selbst als Sohn der Stadt Magnesia am Sipylos. Strabon dagegen bezeichnete ihn wohl fälschlich als einen der berühmten Söhne Magnesias am Mäander (Geographika 14,1,41).
  2. Nach der Lindischen Tempelchronik, einer bei der Akropolis von Lindos gefundenen Inschrift, siehe Hegesias, Fragmente 1 und 2.
  3. Bücherliste von Rhodos, ca. 100 n. Chr. (Maiuri Nuova Silloge epigr. Florenz 1925, no. 11 col. I 8). Zitiert und kommentiert von Luisa Prandi bei Brill’s New Jacoby, T 11.
  4. Strabon, Geographika 14,1,41.
  5. Hans Gärtner: Hegesias 2. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 2, Stuttgart 1967, Sp. 969.
  6. Cicero, Orator 226 ff.
  7. a b Agatharchides, Über das Rote Meer (Exzerpte bei Photios, Bibliothek, Codex 250) 5,21 (= Brill’s New Jacoby, T 3). Vgl. dazu Luisa Prandi: Commentary on T 3 bei Hegesias of Magnesia (142). In: Jacoby Online. Brill’s New Jacoby. Part II, herausgegeben von Ian Worthington. Brill, Leiden 2016.
  8. Cicero, Epistulae ad Atticum 12,6,1.
  9. Rutilius Lupus, De figuris sententiarum 1,11; 1,7; 2,10 (= Hegesias, Fragmente 23, 27 und 29).
  10. Der aktuelle Forschungsstand dazu bei Luisa Prandi: Biographical Essay zu Hegesias of Magnesia (142). In: Jacoby Online. Brill’s New Jacoby. Part II, herausgegeben von Ian Worthington. Brill, Leiden 2016.
  11. Hegesias, Die Fragmente der griechischen Historiker bzw. Brill’s New Jacoby, Nr. 142, Fragment 5, überliefert bei Dionysios von Halikarnassos, Über die Anordnung der Wörter 18,123,6.
  12. Vermutung etwa bei Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 248 (Digitalisat).
  13. Siehe dazu den Artikel Batis (Kommandant).
  14. Hegesias, FGrH Nr. 142, Fragment 3, überliefert bei Plutarch, Alexander 3,6.
  15. Aulus Gellius, Noctes Atticae 9,4,3.
  16. Philodemos, Über die Rhetorik 4,1; Über das Erhabene 3,2. Vgl. Brill’s New Jacoby, T 8a und 8b.