Helga Rosenbaum

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Helga Rosenbaum (* 8. August 1942 in Litzmannstadt), ist eine ehemalige deutsche Kommunalpolitikerin. 1975 wurde sie in den Gemeinderat von Heidelberg gewählt und war damit die einzige Mandatsträgerin des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW). Durch die Aberkennung der Bürgerrechte 1976 wurde sie aus dem Gemeinderat ausgeschlossen.

Mandat bei der Kommunalwahl 1975[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Gemeinderatswahl am 20. April 1975 hatte der Kommunistische Bund Westdeutschland in seiner Hochburg, der Universitätsstadt Heidelberg, eine Liste mit 18 (von 40 möglichen) Kandidaten aufgestellt. Der Wahlkampf des KBW blieb in der lokalen Presse relativ unbeachtet. Lediglich eine Äußerung eines Kandidaten, dass der „KBW für bewaffneten Umsturz“[1] sei, erregte größeres Aufsehen.

Völlig überraschend für die Rhein-Neckar-Zeitung und den damaligen Oberbürgermeister Reinhold Zundel errang der KBW einen Sitz im Heidelberger Gemeinderat. Er erhielt insgesamt 83.418 Stimmen (3,60 Prozent). Die Chemielaborantin Helga Rosenbaum erhielt 6000 Stimmen, da die Wähler des KBW von der Möglichkeit, Stimmen zu panaschieren und zu kumulieren, reichlich Gebrauch machten.

Bereits bei der ersten Sitzung des Gemeinderats meldete die RNZ „Tumulte bei Verpflichtung im Rathaussaal“[2]. Helga Rosenbaum weigerte sich, eine Verpflichtungserklärung auf die freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) abzugeben. Gleichzeitig rief sie in ihrer Eigenschaft als Stadträtin zu Demonstrationen gegen Fahrpreiserhöhungen bei der Heidelberger Straßen- und Bergbahn (HSB) auf. Zu ihren Aktionen ließ sie sich von ein paar hundert KBW-Anhängern ein imperatives Mandat geben. Mehrmals musste sie wegen Störung von Sitzungen des Gemeinderates ausgeschlossen werden. Wegen verschiedener Delikte liefen gegen sie Strafanträge. Oberbürgermeister Zundel erstattete Anzeige gegen Helga Rosenbaum, da sie ihn als „Freund der amerikanischen Kriegsverbrecher“ und „Symbol der Niedertracht und Ausbeutung“ bezeichnet hatte[3].

Zur Oberbürgermeisterwahl 1976 wurde sie nicht als Kandidatin zugelassen, da sie keinen Hehl daraus machte, nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen, was nach Paragraph 46 der baden-württembergischen Gemeindeordnung allerdings dafür Bedingung war.[4] Mit den Stimmen aller übrigen Gemeinderatsmitglieder wurde sie schließlich 1976 aus dem Gemeinderat ausgeschlossen.[5] Ihre juristischen Schritte dagegen hatten keinen Erfolg. Nachdem ihr Sitz lange verwaist war, wurde er nach und nach von anderen KBW-Mitgliedern der Kandidatenliste eingenommen, bei denen es ähnliche Schwierigkeiten gab.[6] Helga Rosenbaum wechselte von Heidelberg in die Regionalleitung Nord des KBW in Hannover.

Verurteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen Hausfriedensbruch und Verunglimpfung des Staates wurde sie zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die sie in der Justizvollzugsanstalt für Frauen Vechta verbüßte. Zur Bundestagswahl 1980 kandidierte sie aus dem Gefängnis heraus auf der Landesliste Niedersachsen des KBW, wofür sie nicht den beantragten Urlaub erhielt, denn die Strafvollstreckungskammer befürchtete, dass „die Antragstellerin Vollzugslockerungen oder Urlaub zu Straftaten mißbrauchen werde“.[7]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mag: Ordnungsgeld gegen KBW-Stadträtin. Wieder mußte die Heidelberger Polizei die Rosenbaum aus dem Saal schaffen, in: Stuttgarter Zeitung (StZ) Nr. 205 vom 4. September 1976, S. 7
  • mag: Für KBW-Stadträtin ist der Ratssaal zu, in StZ Nr. 217 vom 18. September 1976, S. 7
  • Theo Wurm: Jenseits der Toleranzschwelle: Eine Kommunistin im Stadtrat, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 211 vom 11. September 1976, S. 3
  • (anon.): Ihr Auftrag: Zersetzungsarbeit im Gemeinderat. Die Heidelberger KBW-Abgeordnete Helga Rosenbaum/ „Grund zur Freude für alle Besitzlosen“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 208 vom 17. September 1976, S. 4
  • Kommunisten: K und K. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1976 (online – mit Foto von Helga Rosenbaum).
  • Susanne Mersmann: Zwischen Marx und Murks. Kommunistische Splittergruppen in der Bundesrepublik – wie stark sie sind, in: Der Stern, Nr. 27/1977, S. 70,72,74,76,78 (S. 76 Foto Helga Rosenbaum Ex-Stadträtin in Heidelberg und Joscha Schmierer)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) Nr. 68 vom 22./23. März 1975, S. 4 (ep); Die RNZ berichtete zwischen 1975 und 1980 sehr häufig über die Aktivitäten von Helga Rosenbaum
  2. RNZ Nr. 116 vom 23. Mai 1975, S. 3
  3. Heidelberg: Geldstrafe für KBW-Stadträtin, in: Berliner Extra-Dienst (BED), Nr. 8/XI vom 28. Januar 1977, S. 6–7; Heidelberg: KBW-Stadträtin angeklagt, in: BED Nr. 9/X vom 30. Januar 1976, S. 8
  4. Heidelberg: KBW-Kandidatin für OB-Wahlen nicht zugelassen, in: BED Nr. 38/X vom 18. Mai 1976, S. 6
  5. Heidelberg praktiziert bisher einmalige Aberkennung der Bürgerrechte für KBW-Mitglied, in: BED Nr. 11/X vom 8. Februar 1977, S. 5
  6. Notizen aus der Provinz. Vereidigt oder nicht, in: BED Nr. 17 vom 1. März 1977, S. 12; Verwaltungsgerichtshof: Aberkennung der Bürgerrechte für KBW-Stadtrat bestätigt, in: BED Nr. 15/XII vom 21. Februar 1978, S. 2–3 (betr. ihren Nachfolger Rolf Köhler)
  7. z. jöd. Jörg Detjen: Urlaub und Sonderurlaub – für die Ausübung des passiven Wahlrechts ist der Genossin Rosenbaum, Mitglied des ZK des KBW und Wahlkampfkandidat zu den Bundestagswahlen, abgesprochen worden, in KVZ Nr. 28 vom 7. Juli 1980, S. 2; Kein Urlaub für Bundestagskandidat, in: Die Tageszeitung Nr. 370 vom 18. September 1980, S. 2; Strafvollzug: Hitzige Gefechte, in: Der Spiegel Nr. 39 vom 22. September 1980, S. 104, 106-7