Herbert Stranz

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Herbert Stranz (* 1930 in Berlin[1]; † 2001) war ein deutscher Architekt, der im Berlin der 1960er und 1970er Jahre in großem Umfang sozialen Wohnungsbau geplant und realisiert hat.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wohnhausgruppe 905 im Märkischen Viertel im Berliner Bezirk Reinickendorf
Wohn- und Geschäftsgebäude an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf

Die Diplom-Hauptprüfung im Fach Architektur legte Herbert Stranz bei Willy Kreuer ab. Danach war er zunächst angestellt bei Gerhard Krebs – für die Planung des Hauses Olivaer Platz 8–10[2] in Berlin-Wilmersdorf (1958–1959).[3] Danach arbeitete Stranz im Büro seines ehemaligen Lehrers Kreuer – bei der Planung des ADAC-Gebäudes an der Bundesallee, ebenfalls in Berlin-Wilmersdorf (1959–1961).[4] Bei der Planung der Großsiedlung Gropiusstadt beteiligten sich Kreuer und Stranz an einem der Teilbereichswettbewerbe, ihr Entwurf wurde allerdings nicht ausgeführt.[5]

Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd, Kottbusser Tor, Südblock

Eine erste Gelegenheit großmaßstäblichen Sozialwohnungsbau zu verwirklichen bekam Stranz beim Bau des Märkischen Viertels. Gemeinsam mit Mitarbeiter Alexander Kretzschmar plante er die Wohnhausgruppe 905 am westlichen Ende der Großsiedlung. Nördlich vom Wilhelmsruher Damm und westlich der Finsterwalder Straße entstand nach den Plänen von Stranz und Kretzschmar eine Megastruktur mit mehr als 600 Wohnungen. Die Planung für die Wohnhausgruppe lag bereits 1964 vor und wurde als eine der ersten Strukturen im Märkischen Viertel fertig.[6][3]

Die nächste Wohnbau-Megastruktur baute Stranz im Brunnenviertel in Berlin-Gesundbrunnen zwischen 1967 und 1973. Die Wohnbebauung steht entlang der Demminer Straße und beinhaltet eine brückenartige Überbauung der Ruppiner Straße.[7][8]

Stranz war Teil der sogenannten Planungsgruppe SKS, die zwischen 1969 und den 1980er Jahren das Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd bearbeitete. Neben Stranz gehörten Gerd Hänska, Bodo Fleischer, Klaus H. Ernst und Hans Wolff-Grohmann zu der Gruppe. Ähnlich seiner vorherigen Planung im Brunnenviertel baute Stranz hier eine Überbauung einer Straße mit einem Brückenhaus. Diese Wohnbebauung an der Skalitzer Straße überbrückt die Admiralstraße und verbindet somit die Baublöcke 86 und 87, die sogenannten Südblöcke am Kottbusser Tor.[9] Ausgeführt wurde die Wohnzeile zwischen 1973 und 1977. Zu der Planung gehört auch ein Flachbau an der Admiralstraße, in dem sich heute das queere Café Südblock befindet.[10][11]

In den 1980er Jahren wandte sich Stranz der postmodernen Architektur zu. Gemeinsam mit Ingeborg Stranz (geborene Stelly) realisierte er zwischen 1981 und 1983 einen der letzten Bausteine des Sanierungsgebiets Kreuzberg Süd. Es handelt sich um eine Blockrandbebauung, mit der eine Baulücke an der Kottbusser Straße geschlossen wurde.[12]

Eine Besonderheit im Werk von Herbert Stranz ist seine Zusammenarbeit mit dem Architekten Sami Mousawi. Im Nachlass von Stranz finden sich Pläne, die darauf schließen lassen, dass Stranz gegen Ende der 1980er Jahre bei der Planung und Ausführung der Petra Jaya State Mosque in Sarawak, Malaysia involviert war.[13]

Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zuge der Rezeptionsgeschichte des Massenwohnungsbaus gelangte Stranz zu negativer Berühmtheit. Bei der Planung des Märkischen Viertels äußerte sich Stranz so übertrieben euphorisch über das Bauvorhaben, dass sein begeisterter Ausspruch hinterher emblematisch wurde für die Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung und den Visionen der Planer. Das Zitat, mit dem Herbert Stranz das Bauvorhaben des Märkischen Viertels beschrieb, lautete: „Wir wollen Blumen und Märchen bauen, Türme des Lesabéndio – mehr Beatles, weniger Griechen. Die Maximalhöhe war städtebaulich vorgeschrieben, der Rest ist angewandte Sonne.“ Der Optimismus von Stranz wurde später zum Vorzeigebeispiel für Hochmut und Weltfremdheit von Architekten – ganz ungeachtet der Tatsache, dass Stranz faktisch Wohnraum für tausende Menschen schuf.[14][15]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Herbert Stranz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Architektenregister Straat – Stybalkowski. In: archthek. Ulrich Bücholdt, Bau- und Architekturhistoriker, abgerufen am 11. Dezember 2021.
  2. Das Gebäude bestand ursprünglich aus zwei Teilen: einer hohen Zeile (in Verlängerung der Württembergischen Straße) und einem flacheren Teil (an der Pariser Straße). Der Gebäudeteil an der Pariser Straße wurde abgerissen und das Grundstück neu bebaut. Die verbleibende hohe Zeile von Gerhard Krebs bildet die östliche Kante des Olivaer Platzes.
  3. a b Rolf Rave, Hans-Joachim Knöfel: Bauen seit 1900 in Berlin. Kiepert KG, Berlin 1987, ISBN 3-920597-02-8.
  4. Ekhart Berckenhagen: Willy Kreuer. Architekturplanungen 1929 bis 1968. In: Ausstellungs- und Bestandskatalog Berlin 1980. 86. Veröffentlichung der Kunstbibliothek. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin, ISBN 3-496-01011-8, S. 53.
  5. Olaf Pfeifer: Die Gropiusstadt. Neuinterpretation von Großsiedlungen der 60er Jahre am Beispiel der Gropiusstadt in Berlin. Technische Universität Berlin, 1998, S. 59, urn:nbn:de:kobv:109-opus-192010.
  6. Märkisches Viertel, Wilhelmsruher Damm, Finsterwalder Straße, Berlin-Reinickendorf Gesamtmodell von Norden. Technische Universität Berlin Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  7. Wohnungsbau, Stadtsanierung Wedding Abschnitt II/VI, Demminerstraße, Ruppiner Straße, Berlin Haus 7 Ansichten Blattnummer 180, 1:100. Technische Universität Berlin Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  8. Rolf Rave, Jan Rave, Hans-Joachim Knöfel: Bauen der 70er Jahre in Berlin. G + H Verlag, Berlin, ISBN 978-3-920597-40-9.
  9. Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd SKS, Wohnungsbau, Admiralstraße, Berlin-Kreuzberg Lageplan 1:500. Technische Universität Berlin Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  10. https://www.suedblock.org
  11. Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd SKS, Wohnungsbau, Admiralstraße, Berlin-Kreuzberg Ansicht von Osten. Technische Universität Berlin Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  12. Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd SKS, Wohnungsbau mit Geschäftsräumen, Admiralstraße Kottbusser Straße, Berlin-Kreuzberg Ansicht von Norden auf Neuplanung. Technische Universität Berlin Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  13. Moschee, Sarawak State Mosque, Petra Jaya, Kuching, Malaysia Ansicht der Eingangsfassade. Technische Universität Berlin – Architekturmuseum, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  14. Jens Sethmann: 1968 – Wie junge Aufrührer die Stadtentwicklung nachhaltig beeinflusst haben. Berliner Mieterverein e. V., abgerufen am 9. Dezember 2021.
  15. Brigitte Jacob, Wolfgang Schäche (Hrsg.): 40 Jahre Märkisches Viertel – Geschichte und Gegenwart einer Großsiedlung. 1. Auflage. Jovis, Berlin 2004, ISBN 978-3-936314-07-6, S. 19.