Inventionen

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Inventionen hieß ein Festival für elektroakustische Musik und verwandte Kunstformen, das von 1982 bis 2010 in Berlin stattfand, veranstaltet vom Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und vom Elektronischen Studio der Technischen Universität Berlin.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Festival fand von 1982 bis 1986 jährlich im Winter statt, ab 1989 in unregelmäßigen Abständen im Sommer an verschiedenen Orten zunächst in West-Berlin, nach der Wende in ganz Berlin. Programmschwerpunkte waren: elektroakustische Musik, zeitgenössische Kammermusik, Performances, Klanginstallationen sowie Ausstellungen und wissenschaftliche Symposien.

Die Festival-Ära (1982 bis 2010) wurde durch rasante Entwicklungen zunächst „analoger“, dann "digitaler" Musiktechnologien geprägt. Im Rückblick wird deutlich, dass Inventionen von 1982 bis 1990 das einzige periodisch stattfindende Festival für elektroakustische Musik und Klangkunst in Deutschland war.

Die Programmgestaltung orientierte sich einerseits an der "akademischen" Relevanz der Veranstalter (wissenschaftliche Tagungen, z. B. das 3-tägige Stockhausen-Symposium im Fernsehturm des SFB 1994, Publikationen z. B. von wissenschaftlichen Beiträgen in den Programmheften), andererseits orientierte man sich an den künstlerischen Potentialen der Gäste des Berliner Künstlerprogramms des DAAD (z. B. Luigi Nono, Bill Fontana, Maryanne Amacher), der Mitglieder der Akademie der Künste Berlin sowie an den sich wandelnden Schwerpunkten der elektroakustischen Musik, denen sich das Elektronische Studio der Technische Universität Berlin verschrieben hatte,[1] wie z. B. Live-Elektronik, Akusmatik, Wellenfeld-Synthese, Klanginstallationen. Das Festival hatte meistens ein Motto, etwa "Musik und Sprache" 1986, "50 Jahre Musique concrète" 1998 oder "Musik für mehr als einen Lautsprecher" 2008.

Im Verlauf rasanter Technologie-Entwicklungen wurde zudem der "klassische Konzertsaal" durch Einbeziehung des öffentlichen Raumes erweitert. Vor allem Klanginstallationen und Performances besetzten Foyers, Industriehallen, Galerien, namentlich das TU-Gebäude Ackerstraße "alte AEG-Fabrik" bis 1987, die Parochialkirche in der Klosterstraße, Villa & Kirche St. Elisabeth Invalidenstraße, die Wasserspeicher Prenzlauer Berg, die ehemalige Staatsbank Französische Straße sowie die daadgalerie Kurfürstenstraße und später Zimmerstraße. Dies trug dazu bei, Berlin zur "Metropole der Klangkunst" zu machen[2].

Aufführungsübersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Gesamtübersicht aller 359 Veranstaltungen / Konzerte (darunter 63 Installationen, 259 Uraufführungen, 97 Auftragswerke sowie 38 Vorträge, 27 Tagungen / Workshops, 12 Ausstellungen) beinhaltet die Domain www.inventionen.de.[3]

Die ersten Klanginstallationen fanden 1984 mit Bill Fontanas "Sound Surroundings" (Dach des TU-Gebäudes Ackerstraße, Turm der St. Sebastian-Kirche) sowie Bernhard Leitners "Ton-Raum TU Berlin" statt.[4] Es folgten 1985 im TU-Gebäude Ackerstraße "Musik für eine Landschaft" von Rolf Julius[5], 1986 u. a. "Zauberflöte" von Stephan von Huene, John Driscolls Roboter-Instrumente[6] sowie "I am sitting in a room" von Alvin Lucier. Ab 1989 waren Klanginstallationen Bestandteil jedes Festivaljahrgangs (siehe Beispiele unten).

Unter den 1383 Festival-Aktionen seien einige hervorgehoben, die nicht nur aufwendig, sondern auch publikumswirksam waren:

Die am häufigsten aufgeführten Komponisten: Karlheinz Stockhausen (41), Mauricio Kagel (26), John Cage (25), Luigi Nono (19), Iannis Xenakis (11),

Die am häufigsten eingeladenen Ensembles: Arditti Quartett, die Groupe de recherches musicales, das Experimentalstudio des SWR (Freiburg), Ensemble Modern.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Medien / Printmedien / Kataloge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Programmbücher (Inventionen'2000, Dopple-CD mit Auftragswerken Inventionen)
  • 15 Inventionen-Audio-CDs, erschienen bei Edition RZ
  • Klaus Ebbeke Phasen – Zur Geschichte der elektronischen Musik (Inventionen'84).
  • Klaus Buhlert Musiksprachen auf Computersystemen (Inventionen'85)
  • Medienkombination 50 Jahre Musique concrète Konzerte Filme Ausstellung Symposium. Programmbuch und Tagungsband mit 2 Audio-CDs (9 akusmatische Auftragswerke Inventionen), Herausgeber: BKP des DAAD, Pfau Verlag Saarbrücken 1999, ISBN 3-89727-053-6

Kataloge

Berliner Künstlerprogramm des DAAD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jubiläumspublikation Blickwechsel – 25 Jahre BKP, herausgegeben von Stefanie Endlich und Rainer Höynck, Argon-Verlag Berlin 1988; 8 Textbeiträge zum Inventionen-Festival von Klaus Ebbeke, Gisela Gronemeyer, Folkmar Hein
  • Jubiläumspublikation Blickwechsel zwei – 50 Jahre BKP des DAAD", herausgegeben von Ariane Beyn, Julia Gerlach, Bettina Klein, Katharina Narbutovič, Eigenverlag Berlin 2013[7]
  • Hans-Joachim Neubauer Zeitenwechsel – Das BKP des DAAD und seine Gäste 1988–2000, Bostelmann&Siebenhaar Verlag Berlin 2001, ISBN 3-934189-62-8

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Golo Föllmer, Roland Frank, Folkmar Hein: Dokumentation Elektroakustischer Musik in Europa, Herausgeber Inventionen'92
  • Neue Musik seit den achtziger Jahren – Eine Dokumentation zum deutschen Musikleben, 2 Bände, Herausgeber Martin Thrun im Auftrag der Gesellschaft für Neue Musik, ConBrio Verlagsgesellschaft Regensburg 1994
  • Frank Gertich, Julia Gerlach, Golo Föllmer: Musik…, verwandelt, Wolke-Verlag Hofheim 1996; 40 Jahre Elektronisches Studio der TU Berlin; darin bebilderte Beiträge zum Festival Inventionen 1982–1986 sowie 1989–1994
  • Matthias R. Entreß: Musikalische Abende (Inventionen 2000) in: DAAD Bonn, Letter Hochschule und Ausland, Nr. 3/2000; Seite 28.
  • Frank Gertich: 20 Jahre Klangkunst in: DAAD Bonn, Letter Hochschule und Ausland, Nr. 2/2002; Seite 28.
  • Kapitel III.1. Stipendien für Ausländer, Inventionen 2008 in: Jahresbericht 2008 des DAAD Bonn, verantwortliche Redaktion Christian Bode, ISBN 978-3-87 192-872-3, Seite 68, Digitalisat (Memento vom 12. Mai 2017 im Internet Archive)
  • Gordon Monahan: Seeing Sound: Sound Art, Performance and Music, Art Books Canada 2011, ISBN 978-1-926589-09-1

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Fachgebiet Audiokommunikation: Fachgebiet Audiokommunikation. In: ak.tu-berlin.de. 5. November 2021, abgerufen am 12. April 2022.
  2. Jörn Peter Hiekel, Christian Utz: Lexikon Neue Musik. 1. Auflage. Stuttgart 2016, S. 340.
  3. Geschichte aus der Sicht Ende 1999. In: inventionen.de. Abgerufen am 12. April 2022.
  4. Bernhard Leitner: Ton-Raum-Variationen für 20 Personen, auf inventionen.de
  5. Musik für eine Landschaft, auf inventionen.de
  6. John Driscoll: A Hall is All (1985) - Akustische Installation , auf inventionen.de
  7. Darin vier Beiträge, die zum Festival Inventionen Bezug nehmen: 1. Julia Gerlach und Ingrid Beirer "Migrationen und Mutationen eines Festivals: Inventionen 1982–2010 (Seiten 334-335); 2. Helga de la Motte-Haber "Offene Räume – Parcours durch eine internationale Musiklandschaft" (Seiten 355-359); 3. Björn Gottstein "Räume neu denken – Über die Dispositive von Musik und Literatur" (Seiten 360-363); 4. Christa Brüstle "Hybridisierung der Künste und der Künstler" (Seiten 370-373).
  8. Entwurf von Plakaten, Flyern und Programmbucheinbänden Inventionen 1982–1986, 1991–1996, 2002 sowie Medien-Cover für ed. RZ. Für diese Entwürfe ist die Farbe Rot typisch ("Inventionen-Rot").