Johann Jakob Breitinger (Antistes)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Mai 2016 um 19:32 Uhr durch Jean-Christophe Curtet (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Johann Jakob Breitinger

Johann Jakob Breitinger (* 19. April 1575 in Zürich; † 1. April 1645 ebenda) war ein reformierter Pfarrer in Zürich, Professor, Antistes und Politiker.

Johann Jakob Breitinger studierte in Herborn, Marburg, Franeker, Leiden, Heidelberg und Basel. Er war Pfarrer in Zumikon, Albisrieden und dann Professor für Logik und Rhetorik am Collegium Humanitatis.[1] Danach Pfarrer zu St. Peter, wählte ihn der Grosse Rat 1613 zum Pfarrer am Grossmünster und damit zum Antistes der Zürcher Kirche. Als sechster Nachfolger Zwinglis in der Leitung der Zürcher Kirche führte er einen Bettag ein und war für seine Predigten bekannt, in denen er u.a. den fremden Kriegsdienst, Bestechung, Ämterkauf und Staatsverschuldung rügte.[2] Er forderte die Hebung der Zucht und Sitte im Volk und ein Verbot des Theaters.[3] Er fördert die Volksschule, die sonntägliche Kinderlehre und den Kirchengesang in Stadt und Land und setzte sich für die Armenpflege und Fürsorge ein.[4] In obrigkeitlichem Auftrag führte er 1634 die erste Volkszählung des Zürchergebietes nach der Reformation durch.[5]

Theologisch vertrat er streng die Prädestinationslehre und das Zweite Helvetische Bekenntnis. Nach der zunächst ablehnenden Haltung der Geistlichkeit wurde Breitinger, aufgrund der Fürsprache des niederländischen Diplomaten Peter von Brederode und dessen Unterstützung durch Professor Caspar Waser[6] als Vertreter Zürichs 1618-19 an die Dordrechter Synode delegiert. Dort nahm er gegen die Remonstranten Stellung. Als sein Sekretär begleitete ihn Johann Heinrich Waser, der Sohn des Professors.[7]

Im Dreissigjährigen Krieg vertrat der Antistes die schwedischen Partei in Zürich und sammelte 35 000 Gulden zur Linderung der Kriegsnöte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Er sah in den katholischen Orten und dem gegenreformatorischen Habsburg-Österreich eine Gefahr für das reformierte Zürich und befürwortete die Modernisierung des Wehrwesens und den Bau einer neuen, dritten Stadtbefestigung.[8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hans Rudolf von Grebel. Antistes Johann Jakob Breitinger, 1575–1645. Zürich 1964.
  2. Handbuch der Schweizer Geschichte, Zürich 1972. Bd. 1, S.635.
  3. Bedencken von Comoedien oder Spilen; von Joh. Jak. Breitinger. Zürych 1624. doi:10.3931/e-rara-9835
    Johann Jakob Breitingers Bedencken von Comoedien oder Spilen : die Theaterfeindlichkeit im Alten Zürich : Edition, Kommentar, Monographie / Thomas Brunnschweiler. Zürcher Germanistische Studien, Bd.17, 1989 
  4. Johann Kaspar Mörikofer. J. J. Breitinger und Zürich : ein Kulturbild aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges.Leipzig 1874.
  5. Leonhard Meister.Kleine Reisen durch einige Schweizer-Cantone: Ein Auszug aus zerstreuten Briefen und Tagregistern.Basel- 1782. S.117.
  6. Norbert Domeisen. Caspar Waser (1. September 1565 – 9. September 1625)
  7. Barbara Schmid. Das Hausbuch als literarische Gattung. Die Aufzeichnungen Johann Heinrich Wasers (1600–1669) und die Zürcher Hausbuchüberlieferung, in: Daphnis, 34 Nr. 3/4, Amsterdam 2005, S. 603–656; Rudolf Rey. Bürgermeister Johann Heinrich Waser 1600–1669. Sein Werdegang bis zum Eintritt in den Staatsdienst . Winterthur 1964. S. 55.
  8. Norbert Domeisen. Bürgermeister Johann Heinrich Waser (1600–1669) als Politiker. Ein Beitrag zur Schweizer Geschichte des 17. Jahrhunderts . Zürich 1975.. S. 64.