Kabinett Seite I
Das Kabinett Seite I war die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern nachdem Ministerpräsident Alfred Gomolka von seinem Amt zurückgetreten war. Seine Nachfolge trat Berndt Seite an. Das Kabinett amtierte vom 19. März 1992 bis zum 8. Dezember 1994.
Rücktritt Alfred Gomolkas als Ministerpräsident
Nach der Landtagswahl 1990, der ersten freien und demokratischen Wahl des Landesparlaments nach der Wende, kam es zu einer Koalition aus CDU und FDP unter Alfred Gomolka. Die Regierung war von heftigen Kontroversen innerhalb der CDU geprägt.[1] Diese entzündeten sich vor allem an der Privatisierung der Werftindustrie.[1] CDU-Landeschef und Bundesverkehrsminister Günther Krause sprach sich gegen die von Gomolka und dem liberalen Wirtschaftsminister Conrad-Michael Lehment geplante teilprivatisierung aus.[1] Hinzu kamen persönliche Spannungen innerhalb des Kabinetts und Differenzen der Regierung mit der Landtagsfraktion der CDU.[1] Angesichts dieser Konflikte trat Gomolka nach nur 18 Monaten im Amt zurück.
Das Kabinett unter Berndt Seite
Gomolkas Nachfolge trat Berndt Seite an. Seite war über das Neue Forum zur CDU gestoßen, seit 1990 Landrat im Kreis Röbel/Müritz und seit 1991 Generalsekretär der CDU Mecklenburg-Vorpommerns.[2] Zunächst waren auch Justizminister Ulrich Born sowie Georg Diederich als neuer Ministerpräsident im Gespräch. Gegen Born sprach, dass er als „Westimport“ ein unerwünschtes Signal ausgesendet hätte. Diederich wiederum war am Sturz Gomolkas beteiligt gewesen. Da die Koalition nur über eine einzige Stimme Mehrheit im Parlament verfügte und somit auch auf diejenige Gomolkas angewiesen war, erschien der externe Kandidat Seite als unproblematischere Wahl.[3]
Hatten der ersten Landesregierung mit Ausnahme des Justizministers Ulrich Born ausschließlich Ostdeutsche angehört, so berief Seite nach der Amtsübernahme mehrere erfahrene westdeutsche Politiker. Born wurde durch Herbert Helmrich ersetzt, die bisherige Berliner Staatssekretärin Steffie Schnoor löste Oswald Wutzke als Kultusministerin ab. Zudem trat im Februar 1993 der westdeutsche Landespolitiker Rudi Geil für Lothar Kupfer, der selbst erst von Seite zum Innenminister anstelle des zurückgetretenen Georg Diederich berufen worden war, in das Kabinett ein. Kupfer war im Zusammenhang mit den Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen und deren Aufarbeitung Versagen vorgeworfen worden.[1]
In die Amtszeit des Kabinetts Seite I fiel auch die Ablösung Günther Krauses, der über eine seiner zahlreichen Affären stolperte, durch Angela Merkel als Landesparteichefin der CDU im Juni 1993.[1] Mit Ausnahme des Fraktionsvorsitzenden Eckhardt Rehberg war damit die gesamte ersten Nachwende-Führungsriege der CDU in Mecklenburg-Vorpommern ausgetauscht worden.
Die FDP blieb ein unauffälliger Koalitionspartner der CDU.[1] Mit der Ablösung Rainer Ortlebs als Bundesforschungsminister verlor zudem ihr einziger einflußreicher Bundespolitiker sein Amt. Bei der folgenden Landtagswahl 1994 blieb sie deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde, so dass der CDU ihr Koalitionspartner abhanden kam und mit der SPD eine große Koalition (Kabinett Seite II) bildete.
Liste der Kabinettsmitglieder
Minister | Name | Partei |
---|---|---|
Ministerpräsident | Dr. Berndt Seite | CDU |
Stellvertreter des Ministerpräsidenten | Dr. Klaus Gollert | FDP |
Inneres | Dr. Georg Diederich geschäftsführend bis 30. März 1992 Lothar Kupfer 31. März 1992 bis 11. Februar 1993 Herbert Helmrich geschäftsführend vom 11. bis 18. Februar 1993 Rudi Geil seit 19. Februar 1993 |
CDU |
Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten | Herbert Helmrich | CDU |
Finanzen | Bärbel Kleedehn | CDU |
Wirtschaft | Conrad-Michael Lehment | FDP |
Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei | Martin Brick | CDU |
Umwelt | Dr. Petra Uhlmann bis 30. März 1993 Martin Brick geschäftsführend 31. März bis 19. April 1993 Frieder Jelen seit 20. April 1993 |
CDU |
Kultus | Oswald Wutzke geschäftsführend bis 30. März 1992 Steffie Schnoor seit 31. März 1992 |
CDU |
Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung | Dr. Klaus Gollert | FDP |
Siehe auch
Literatur
- Karsten Grabow: Das Parteiensystem Mecklenburg-Vorpommerns, in: Parteien und Parteiensysteme in den deutschen Ländern, herausgegeben von Oskar Niedermayer, Uwe Jun und Melanie Haas, VS Verlag für Sozialwissenschaften / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-90912-7, S. 265-290
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Karsten Grabow: Das Parteiensystem Mecklenburg-Vorpommerns, in: Parteien und Parteiensysteme in den deutschen Ländern, herausgegeben von Uwe Jun, Melanie Haas, Oskar Niedermayer, VS Verlag, Wiesbaden 2008, S. 268.
- ↑ Hans Jörg Hennecke: Die CDU in Mecklenburg und Vorpommern, in: Parteien und Politik in Mecklenburg-Vorpommern, herausgegeben von Nikolaus Werz und Hans Jörg Hennecke, München 2000, S. 32.
- ↑ Hans Jörg Hennecke: Die CDU in Mecklenburg und Vorpommern, in: Parteien und Politik in Mecklenburg-Vorpommern, herausgegeben von Nikolaus Werz und Hans Jörg Hennecke, München 2000, S. 37.