Lothar Malskat

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Lothar Malskat (* 3. Mai 1913 in Königsberg; † 10. Februar 1988 in Wulfsdorf bei Lübeck) war ein Maler und Kunstfälscher.

Leben

Malskat begann zunächst eine Malerlehre, konnte dann aber die Kunstakademie Königsberg besuchen. Dort fertigte er neben eigenen Werken auch fremden Arbeiten nachempfundene Kunstwerke an. Nachdem Malskat in Königsberg eine erste eigene Ausstellung hatte, zog er nach Berlin. Mit Empfehlungsschreiben seiner bisherigen Professoren wandte er sich an den Kirchenhistoriker und Restaurator Ernst Fey. Dieser beschäftigte Malskat zunächst nur mit untergeordneten Arbeiten, ließ ihn aber gleichzeitig Werke über frühe Kirchenmalerei studieren. Malskat begleitete in der Folge Ernst Fey und dessen Sohn Dietrich Fey bei Restaurierungen in Schlesien.

Fälschung im Dom zu Schleswig

Im Frühjahr 1937 wurde Ernst Fey mit der Restaurierung der Malereien im Dom von Schleswig beauftragt. Die frühgotischen Malereien im Dom waren 1888 von August Olbers durch Übermalung erneuert worden – Fey sollte den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Nach Entfernung der Malereien Olbers’ waren kaum noch Spuren von Malereien erhalten. Um nicht wegen der Zerstörung nationalen Kulturgutes bestraft zu werden, begann Malskat mit der Erschaffung der frühgotischer Kunst nachempfundenen Malereien im Schleswiger Dom. Zwar fiel relativ rasch dabei auf, dass unter anderem ein Truthahn abgebildet war, der aus Amerika stammt, aber das wurde entsprechend der nationalsozialistischen Doktrin dahin interpretiert, dass es ein Beweis für die Entdeckungsfahrten der Wikinger sei.

Fälschung moderner Meister in der Nachkriegszeit

Malskat wurde später zum Kriegsdienst eingezogen und verbrachte den Zweiten Weltkrieg in Norwegen. Nach dem Krieg nahm er zu Dietrich Fey wieder Kontakt auf, für den er Kunstwerke prominenter Künstler fälschte: Barlach, Chagall, Kokoschka, Picasso, Liebermann, Rembrandt, Rousseau, Utrillo und andere. Insgesamt waren es etwa 600 Fälschungen.

Fälschung in der Lübecker Marienkirche und Verurteilung

Lothar Malskat erlangte Bekanntheit im Zusammenhang mit der Restaurierung der Marienkirche zu Lübeck im Jahre 1948: Die angeblich gotischen Fresken in der Obergadenzone des Chores, die Malskat zusammen mit Dietrich Fey im Wege der Wiederherstellung entdeckt haben wollte, wurden zunächst von namhaften Fachleuten als Spitzenleistungen mittelalterlicher Malerei gefeiert. Nach erster Kritik von Kunstwissenschaftlern kam es am 6. Oktober 1952 durch Malskat zu einer Selbstanzeige bei der Lübecker Staatsanwaltschaft.[1]

Nachdem diese Kunstfälschung aufgedeckt wurde, gestand Malskat eine Reihe weiterer ähnlicher Delikte und wurde am 25. Januar 1955 wegen Betrugs zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Die Marien-Kirche wurde nicht finanziell geschädigt, da vor der Ausführung der Arbeiten ja nur kahle Wände vorhanden waren. Die Kirche erzielte sogar Einnahmen aus dem Zuschlag der Sonderbriefmarken 700 Jahre Marienkirche Lübeck, auf denen Malskats Malereien abgebildet waren. Malskats Anwalt zufolge soll hierdurch ein Geldbetrag von 180.000 DM zusammengekommen sein. Das Gericht konstruierte einen Schaden in seiner Urteilsbegründung jedoch wie folgt: Die Bilder sind mit einem sittlichen Makel behaftet und völlig wertlos. Der Kirchenvorstand sah in den Bildern ein kirchliches Ärgernis, das gottesdienstliches Handeln schwer belaste, und ließ diese im September 1955 abwaschen.[2]

Späterer Werdegang

Datei:Lothar Malskat - Nackte Frau.JPG
Gemälde von Lothar Malskat mit persönlicher Signatur unter der rechten Brust (schwarz auf dunkelbraun)

Lothar Malskat war später als Maler tätig, der seine eigenen Werke signierte. Der Maler Rolf May erhielt bei ihm Malunterricht und Materialkunde. Er hielt sich besonders in den 1950er Jahren oft in Dänemark auf, wo er einen Teil seines Werkes schuf.[3] Seinen Lebensabend verbrachte er in der Malskat-Kate in Wulfsdorf, einem südlichen Ortsteil von Lübeck.

Malskats Werk heute

Der Fall wurde unter anderem 1966 unter der Regie von Günter Meincke für das ZDF aufgegriffen. Die Rolle des Lothar Malskat übernahm dabei Hanns Lothar.[4]

Heute werden seine später geschaffenen eigenen Gemälde offiziell am Kunstmarkt gehandelt. Besichtigt werden können die im Rahmen des Betrugsprozesses sichergestellten Fälschungen Malskats in der gerichtshistorischen Sammlung des Landgerichtes Flensburg.

In die Literatur eingegangen ist Malskat durch den Roman Die Rättin von Günter Grass, in dem die Biographie und die Bewertung von Malskat eine wichtige Rolle spielt.

Zitat

„Den genialen Künstlern der Stauferzeit fühle ich mich durch mein früheres Schaffen – meine gotischen Wandmalereien in der Lübecker Marienkirche und in anderen Sakralbauten – wahlverwandt. Die Koryphäen der Kulturgeschichte feierten mich als einen von ihnen und ließen mich Anno Domini 1321 dahinscheiden, bevor man mich als ‚größten Fälscher aller Zeiten‘ entlarvte. Für die Künstler jener Zeit wäre die Berufung auf ihre kreative Leistung eine des Scheiterhaufens würdige Todsünde gewesen, da das Attribut ‚schöpferisch‘ noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein allein dem Allmächtigen zustand. Sie hätten es ganz legitim gefunden, dass ich einst, der Not der Nachkriegszeit gehorchend, in ihrem Stil in Gottes Namen die Kirchenschiffe zum Frommen der Gläubigen schmückte und um meiner darbenden Familie willen auch ‚echte‘ Rembrandts, Utrillos und Picassos hervorbrachte. Der durch die internationale Presse gegangene Malskat-Skandal ist abgeklungen, und wenn in dem berühmten SPIEGEL-Gespräch mit Heidegger mein Name einen Disput über Wesen und Aufgabe der Gegenwartskunst auslöste, so sehe ich darin ein Symptom für eine zukunftsweisende adäquate Würdigung. Es ist eine Gnade, dass ich nun, dem Kampf ums schiere Dasein enthoben, die Ernte meiner Erfahrungen mit Natur und Kunst in meinem Spätwerk einbringen darf.

Mit besten Grüßen
Ihr Lothar Malskat“

Primärliteratur

  • Lothar Malskat: Lothar Malskat: Aquarelle, Temperas, Zeichnungen. Starczewski, München 1968.
  • Lothar Malskat: Ich, Malskat, Maler und Fälscher (Autobiographie)

Sekundärliteratur

  • Freerk Haye Hamkens: Der Truthahn im Dom zu Schleswig, in: Germanenerbe 5, 1940, 155–156.
  • Alfred Stange: Der Schleswiger Dom und seine Wandmalereien. Berlin 1940, 60, Tf. 15, Tf. 31 und Anm. 91.
  • H. A. Gräbke: Die Wandmalereien der Marienkirche zu Lübeck. Hamburg 1951.
  • Günther Grundmann: Lübeck In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege Jahrgang 1955 Seite 81 ff. Deutscher Kunstverlag München/Berlin 1955.
  • Ernst Roßmann: Naturwissenschaftliche Untersuchung der Wandmalereien im Chorobergaden der Marienkirche zu Lübeck, anlässlich des Lübecker Bilderfälscherprozesses. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege Jahrgang 1955 Seite 99 ff. Deutscher Kunstverlag München/Berlin 1955.
  • Peter Hirschmann: Was soll aus den gefälschten Wandbildern in St. Marien zu Lübeck werden? In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege Jahrgang 1955 Seite 106 ff. Deutscher Kunstverlag München/Berlin 1955.
  • Hinnerk Scheper: Restaurieren und Berufsethos In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege Jahrgang 1955 Seite 109 ff. Deutscher Kunstverlag München/Berlin 1955.
  • St. Marien Jahrbuch 1955/56 des St. Marien-Bauvereins. Hrsg. von Horst Weimann. Oldenburg in Holst. 1955. Enthält die Stellungnahmen von Günther Grundmann zu den Fälschungen und zum Prozess gegen Dietrich Fey und Lothar Malskat (S. 67–76 u. 101–124) sowie die Dokumente zum Bildfälscherprozeß und einer Stellungnahme dazu von Hinnerk Scheper (S. 77–96).
  • Joachim Goll: Kunstfälscher. E.A.Seemann Verlag Leipzig, 1. Aufl. 1962 (mit Literaturverzeichnis)
  • Kurt Wehlte: Was ging in Lübeck vor? In: Maltechnik 61/1955. S. 11.
  • Sepp Schüller: Fälscher, Händler und Experten. München 1959.
  • George Savage: Forgeries, Fakes and Reproductions. London, Barrie & Rockliff, 1963
  • Frank Arnau: Kunst der Fälscher – Fälscher der Kunst. Düsseldorf 1964 S. 268–282
  • Adolf Rieth: Vorzeit gefälscht. Tübingen 1967, 144–148.
  • Ausstellungskatalog Essen und Berlin: Fälschung und Forschung. Hrsg.: Museum Folkwang, Essen, und Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin. 1976. ISBN 3-7759-0201-5.
  • Christine Lehmann: MacPherson und das Echo des Ossian, Die Angst des Han van Meegeren und Malskat und die gotischen Truthähne in Gaunergeschichten, Hamburg, Rasch und Röhring Verlag, 1988
  • Michel-Rundschau 7/1988 (Seite 538: Lothar Malskat gestorben)
  • Der Spiegel 7/1988 vom 15. Februar 1988 (Seite 220: Lothar Malskat)
  • Der Spiegel 34/1952 vom 20. August 1952 (Seite 26: Alles malte Malskat)
  • Andreas Beck: Original – Fälschung? Bildgebende Verfahren bei der Diagnostik von Kunstwerken Schnetztor-Verlag GmbH Konstanz 1990, ISBN 3-87018-080-3
  • Karl Corino (Hrsg.): Universalgeschichte des Fälschens. 33 Fälle, die die Welt bewegten. Von der Antike bis zur Gegenwart, Eichborn Verlag, Frankfurt/Main, 1996.
  • Günter Grass: Werkausgabe Band 11 Die Rättin. Steidl Verlag, Göttingen 1997, 493 Seiten, ISBN 3-88243-492-9.

Über Lothar Malskat

Briefmarken

Einzelnachweise

  1. Zeit Online vom 16. Mai 2002.
  2. Malskat, jetzt müssen Sie ran! Die Zeit, Ausgabe 21/2002 vom 16. Mai 2002.
  3. Bild- und Dokumentenarchiv der Malerin Vera Hedrich, Bleckede
  4. Der Fall Lothar Malskat bei IMDb