Luther-Bibliothek (Worms)

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Die Luther-Bibliothek in Worms ist eine Sammlung innerhalb der Stadtbibliothek Worms mit 617 Druckschriften aus der Reformationszeit, darunter die Ratsherrenschrift von Martin Luther, die seit Oktober 2015 Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO ist.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Titelseite der Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520)
Titelseite der Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung
Titelseite der Schrift De captivitate Babylonica ecclesiae
Septembertestament: Beginn des Matthäus-Evangeliums

1883 ließ Maximilian von Heyl von dem in Worms tätigen Buchhändler Julius Stern die Luther-Sammlung in kurzer Zeit zusammentragen. Er soll dafür 32.000 Mark bezahlt haben.[1] Woher Julius Stern die Drucke bezog, lässt sich nur noch teilweise nachvollziehen.[2] Ein Teil stammte wohl aus dem Antiquariat von Theodor Oswald Weigel (1812–1881) in Leipzig.[3] Julius Stern verfasste einen Katalog darüber, der 489 Katalognummern enthielt. Anschließend stiftete Maximilian von Heyl anlässlich des 400. Jahrestages von Luthers Geburtstag die Sammlung der Stadt Worms[4], die sie zunächst in den Konventsgebäuden des ehemaligen Paulusstifts ausstellte. Dazu wurde hier eine „Lutherstube“ eingerichtet, die im Auftrag von Maximilian von Heyl durch den Münchner Ausstattungs-Künstler Lorenz Gedon gestaltet wurde.[5] Später gab es weitere Spenden an die Sammlung, etwa durch den Mainzer Domkapitular, Kunstexperten und Büchersammler Friedrich Schneider.[6] Heute wird die Sammlung in der Stadtbibliothek aufbewahrt.

Sammlungsinhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sammlung beinhaltet Druckschriften Martin Luthers – die jüngsten stammen von 1548[7] –, drei eigenhändige Briefe von ihm, die einzigen Manuskripte der Sammlung[8], und zeitgenössische Druckschriften zur Reformation.[9] Unter den Druckschriften sind auch die, die ihm 1521 auf dem Reichstag zu Worms vorgelegt wurden, um sie zu widerrufen. Die Sammlung enthält unter anderem Martin Luthers Schriften[10]:

Weitere in der Luther-Bibliothek bewahrte Schriften sind:

  • „Wormser Bibel“ (erste vollständige deutschsprachige Bibelausgabe[Anm. 1]). Peter Schöffer der Jüngere, Worms 1529.[13]
  • Form und Ordenung der Evangelischen deutzschen Messen, wie sie zu Worms gehalten wirt. Peter Schöffer der Jüngere, Worms 1524.[14][Anm. 2]

Darüber hinaus enthält die Sammlung Flugschriften von Philipp Melanchthon, Erasmus von Rotterdam, Ulrich von Hutten, Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, Johannes Oekolampad, Andreas Osiander, Urbanus Rhegius, Hans Sachs[15], Huldrych Zwingli und anderer Humanisten und Reformatoren.[16] Weiter enthält die Sammlung Schriften prominenter Luther-Gegner, wie Johannes Cochläus und Johannes Eck. Weitere Drucke beziehen sich auf den Wormser Reichstag von 1521.[17]

Wissenswert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etwa 250 historische Werke aus der Stadtbibliothek Worms sind im Volltext im Internet zugänglich, darunter 61 von Martin Luther.[18]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Busso Diekamp: Der Buchhändler Julius Stern (1843–1891). Aus den Anfängen der Kräuter’schen Buchhandlung in Worms. In: Michael Tilly und Lothar Triebel (Hg.): Notwendige Begegnungen. Judentum und Christentum von der Antike bis zur Gegenwart. Beiträge aus Wissenschaft, Synagoge und Kirche. Textbuch zum 25jährigen Jubiläum der Erweiterung des Grundartikels der Kirchenordnung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau. Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Darmstadt 2016. ISBN 978-3-931849-46-7, S. 180–191.
  • Busso Diekamp: Illustrierte Bibeln des 15. bis 19. Jahrhunderts aus dem Besitz der Stadtbibliothek Worms. Worms 1996
  • Busso Diekamp: Luther-Bibliothek. Stadt Worms, Worms 2018. [Broschüre]
  • Detlev Johannes: Luther-Bibliothek der Stadt Worms. Gesamtkatalog = Der Wormsgau, Beiheft 28 [= 3. Auflage des Kataloges[19]] (1983).
  • Handbuch der historischen Buchbestände, Band 6 (1993), S. 271–282.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Haus zur Münze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Diese Ausgabe ist eine Zusammenstellung damals bereits vorliegender Teilübersetzungen aus Wittenberg und Zürich.
  2. Martin Luthers Wittenberger deutsche Messe erschien erst 1526. Diese Form und Ordenung der Evangelischen deutzschen Messen, wie sie zu Worms gehalten wirt ist zwei Jahre älter und zudem das einzige weltweit nachgewiesene Exemplar (Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 10).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 10.
  2. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 13–16.
  3. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 13/15.
  4. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 5.
  5. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 19.
  6. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 10.
  7. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 5.
  8. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 16.
  9. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 3.
  10. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 5ff.
  11. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 9.
  12. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 11/13.
  13. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 15.
  14. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 10, 20f.
  15. Hans Sachs: Die wittenbergisch Nachtigall. Georg Erlinger, Bamberg 1523.
  16. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 9.
  17. Auff dem Reichstag Anno domini MCCCCCXXI zu Worms gehalten seind in eygener personen gewesen. Matthes Maler, Erfurt 1521.
    Wormser Edikt vom 8. Mai 1521 [Plakatdruck], gedruckt bei Hans Grüninger in Straßburg.
  18. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 19.
  19. Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 17.

Koordinaten: 49° 37′ 47,3″ N, 8° 21′ 40,2″ O