Missa solemnis (Beethoven)

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Die von Ludwig van Beethoven zwischen 1817 und 1823 komponierte Missa solemnis in D-Dur op. 123 gilt als eine der bedeutendsten Leistungen des Komponisten überhaupt und zählt zu den berühmtesten Messen der abendländischen Kunstmusik. Formal gehört das Werk zum Typus der Missa solemnis.

Einordnung

Beethoven selbst bezeichnete sie in seinen letzten Lebensjahren als sein gelungenstes Werk, und obgleich ihre Popularität nicht an viele seiner Sinfonien und Sonaten heranreicht, zeigt sie Beethoven auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Es handelt sich um seine zweite Messe nach der weniger bekannten Messe in C-Dur, op. 86 von 1807.

Entstehung

Die Komposition der Missa solemnis geht auf Beethovens Freundschaft mit Erzherzog Rudolph von Österreich (1788–1831) zurück. Der Erzherzog war ein sehr begabter Schüler des Komponisten in Klavierspiel und Komposition; sowie auch ein Förderer Beethovens in materieller Hinsicht. Daher widmete Beethoven dem Freund mehrere seiner bedeutendsten Kompositionen, darunter die Oper Fidelio. Als Beethoven die Nachricht von der Ernennung Rudolphs zum Erzbischof von Olmütz erreichte, schrieb Beethoven: „Der Tag, wo ein Hochamt von mir zu den Feierlichkeiten für I.K.H. soll aufgeführt werden, wird für mich der schönste meines Lebens sein; und Gott wird mich erleuchten, dass meine schwachen Kräfte zur Verherrlichung dieses feierlichen Tages beitragen.“

Jedoch fand die Bischofsweihe in Olmütz ohne die Aufführung der Messe statt, da die geplante Messe in ihren Dimensionen weit über den üblichen Rahmen hinauswuchs und zu einer mehr als vierjährigen Suche Beethovens nach seinem Gottverständnis wurde. Der Musiker betrieb intensive Forschungen auf den Gebieten der Theologie, Liturgik und der Geschichte der Kirchenmusik, von der Gregorianik über Palestrina bis Bach und Händel. Geschrieben hat Beethoven die Messe in Mödling in seinem dortigen Sommerhaus, das heute Beethoven-Gedenkstätte ist.[1]

Erstaufführungen

Gedenktafel an der Kirche in Varnsdorf

1823, drei Jahre später als geplant, überreichte Beethoven seinem Freund, dem Kardinal und Erzbischof von Olmütz, die ihm gewidmete Missa solemnis. Die Erstaufführung fand nicht im sakralen Rahmen, sondern bei der Philharmonischen Gesellschaft in Sankt Petersburg am 7. April 1824 statt, am 7. Mai 1824 am k.k. Kärntnertortheater in Wien mit Teilen der Messe (Kyrie, Credo, Agnus Dei).

Die Messe in ihrer Gesamtheit wurde 1830 in der Kirche St. Peter und Paul in Warnsdorf in liturgischem Rahmen uraufgeführt.[2]

Besetzung

Struktur

Wie die meisten Messen ist die Missa solemnis in fünf Sätze unterteilt:

  I Kyrie
  II Gloria: Gloria in excelsis Deo. Qui tollis. Quoniam tu solus sanctus.
  III Credo: Credo in unum Deum. Et incarnatus est. Et resurrexit.
  IV Sanctus: Sanctus. Benedictus.
  V Agnus Dei: Agnus Dei.   Vb  Dona nobis pacem.
  • Kyrie: Als wohl traditionellster Abschnitt weist das Kyrie die klassische ABA'-Struktur auf. Getragene Choralpassagen am Anfang gehen beim Christe eleison in eine eher kontrapunktisch angelegte Stimmführung über, in der zugleich die vier Vokalsolisten eingeführt werden.
  • Gloria: Rasch variierende Texturen und Themen heben am Anfang dieses Satzes, der in nachgerade exemplarischer Weise in ungeradem Zeitmaß gesetzt ist, jede einzelne Zeile des Gloria hervor. Der Satz endet mit der ersten der beiden breit angelegten Fugen des Werks auf die Textzeilen In Gloria dei patris. Amen, die zu einer rekapitulierend gesteigerten Variation des ersten Teils hinführen.
  • Credo: Dieser Satz, der zu den bemerkenswertesten Musikstücken aus der Beethoven’schen Feder zählt, beginnt mit einer Akkordsequenz, die später erneut auftaucht und moduliert wird. Melancholische modale Harmonien für das Incarnatus weichen im Crucifixus immer ausdrucksvolleren Steigerungen bis zum bemerkenswerten, a cappella gesetzten et resurrexit, das dann abrupt endet. Den außergewöhnlichsten Teil dieses Satzes bildet die Fuge über Et vitam venturi saeculi gegen Ende, die einige der am schwierigsten zu singenden Passagen der gesamten Chorliteratur enthält, insbesondere im furiosen Finale im doppelten Tempo.
  • Sanctus: Bis zum Benedictus des Sanctus entspricht die Missa solemnis annähernd klassischen Konventionen. Hier jedoch tritt nach einem orchestralen „Preludio“ die Solo-Violine in höchster Tonlage hinzu. Sie symbolisiert den Heiligen Geist, der in der Menschwerdung Christi zur Erde herabsteigt, und leitet die bewegendsten Passagen des gesamten Werks ein.
  • Agnus Dei: Das flehende Miserere nobis der Männerstimmen zum Eingang führt zum strahlenden Friedensgebet Dona nobis pacem in D-Dur. Nach einer fugierten Durchführung wird es von verwirrenden, kriegerischen Klängen unterbrochen, während der Schluss wieder friedlicher klingt. Beethoven zitiert unter anderem hierin auch das Thema aus Händels Messias „Und er regiert auf immer und ewig“ (Halleluja, Chor).

Dauer

Die Aufführung dauert ca. eineinviertel Stunden (70–80 Minuten).

Literatur

Einzelnachweise

  1. Beethovenhaus, abgerufen am 10. Februar 2016
  2. Rainer Lepuschitz: Werkeinführung zum Konzert des Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Oktober 2007