„Odenwaldschule“ – Versionsunterschied

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:OdenwaldschuleGoethehaus.jpg|thumb|Goethehaus]]
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Die Odenwaldschule entstand in engem Zusammenhang mit der [[Reformpädagogik|reformpädagogischen]] Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gegründet wurde sie am 14. April 1910. Zu der Zeit gab es nur 14 Schüler, die alle im Goethehaus untergebracht waren. Ihr Konzept war anfänglich geprägt durch die Grundsätze der [[Arbeitsschule]] (''vgl.'' [[Arbeitsdienst]]), beispielsweise in der Einführung eines Kurssystems und dem Verzicht auf Jahrgangsklassen. Zu den weiteren Merkmalen des pädagogischen Konzepts der Schule gehörte – lange vor dem Aufkommen der [[Antiautoritäre Erziehung|antiautoritären Erziehung]] – das Duzen der Lehrer. Im Sportunterricht turnten Jungen und Mädchen bis zu einem gewissen Alter gemeinsam und immer [[Nacktsport|nackt]].
Die Odenwaldschule entstand in engem Zusammenhang mit der [[Reformpädagogik|reformpädagogischen]] Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gegründet wurde sie am 14. April 1910. Zu der Zeit gab es nur 14 Schüler, die alle im Goethehaus untergebracht waren. Ihr Konzept war anfänglich geprägt durch die Grundsätze der [[Arbeitsschule]] (''vgl.'' [[Arbeitsdienst]]), beispielsweise in der Einführung eines Kurssystems und dem Verzicht auf Jahrgangsklassen. Zu den weiteren Merkmalen des pädagogischen Konzepts der Schule gehörte – lange vor dem Aufkommen der [[Antiautoritäre Erziehung|antiautoritären Erziehung]] – das Duzen der Lehrer.


Geländekauf und Bauten finanzierte der Vater [[Edith Geheeb]]s, der Berliner Stadtrat [[Max Cassirer]] (1857-1943), der die Odenwaldschule auch weiterhin förderte. Die Schule war in den 1920er Jahren international angesehen, bis 1938 waren auch ausländische Lehrer aus England und den USA dort tätig. Von 1924 bis 1932 war der Reformpädagoge [[Martin Wagenschein]] Mitarbeiter an der Odenwaldschule. 1934 emigrierten Paul und Edith Geheeb mit ca. 25 Schülern und einigen Mitarbeitern in die [[Schweiz]] und gründeten dort die [[Ecole d’Humanité]]. 1939 beantragte der [[Reichsarbeitsdienst]] die Übernahme der Odenwaldschule, da sie dem „Sinn der nationalsozialistischen Erziehungsgemeinschaft widerspricht“. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde das Unterrichtssystem der Schule mehrfach reformiert. 1963 wurde sie [[UNESCO-Projektschule]].
Geländekauf und Bauten finanzierte der Vater [[Edith Geheeb]]s, der Berliner Stadtrat [[Max Cassirer]] (1857-1943), der die Odenwaldschule auch weiterhin förderte. Die Schule war in den 1920er Jahren international angesehen, bis 1938 waren auch ausländische Lehrer aus England und den USA dort tätig. Von 1924 bis 1932 war der Reformpädagoge [[Martin Wagenschein]] Mitarbeiter an der Odenwaldschule. 1934 emigrierten Paul und Edith Geheeb mit ca. 25 Schülern und einigen Mitarbeitern in die [[Schweiz]] und gründeten dort die [[Ecole d’Humanité]]. 1939 beantragte der [[Reichsarbeitsdienst]] die Übernahme der Odenwaldschule, da sie dem „Sinn der nationalsozialistischen Erziehungsgemeinschaft widerspricht“. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde das Unterrichtssystem der Schule mehrfach reformiert. 1963 wurde sie [[UNESCO-Projektschule]].


Ende der 1990er Jahre wurden Vorwürfe ehemaliger Schüler bekannt, denen zufolge es in den 1970ern bis in die 1980er Jahre zu systematischem [[Sexueller Missbrauch von Kindern|sexuellen Missbrauch]] von Schülern durch den damaligen Direktor [[Gerold Becker]] gekommen sei. <ref>[http://zfi-archiv.beepworld.de/files/internatesexuellermissbrauchdrogen.pdf], besucht am 7. Februar 2010</ref> Die Schule selbst erklärte 1998, der vormalige Direktor habe „gegenüber dem Vorstand den Vorwürfen nicht widersprochen und seine Funktionen und Aufgaben im Trägerverein und im Förderkreis der Odenwaldschule niedergelegt“. Eine strafrechtliche Aufarbeitung des Falles wurde 1999 von der Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen [[Verjährung]] eingestellt. Die heutige Schulleiterin Margarita Kaufmann hat inzwischen eine erneute Untersuchung der Fälle begonnen und spricht von drei Lehrern, die sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben sollen und von 20 ihr bekannten Opfern.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/odenwaldschule100.html Tagesschau.de, besucht am 6. März 2010]</ref> Die ''Frankfurter Rundschau'' berichtete in einem Schwerpunktbeitrag am 6. März 2010<ref>[http://www.fr-online.de/top_news/2388381_Im-Wald-Skandal-an-der-Odenwaldschule.html Frankfurter Rundschau Online, besucht am 6. März 2010]</ref>, dass in einem Altschülerverein zusammengeschlossene ehemalige Missbrauchsopfer von 50 bis 100 Fällen ausgehen. Margarita Kaufmann, seit 2007 Direktorin der Schule, reagierte auf die neuerlichen Erkenntnisse über das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule mit einer Erklärung, in der sie die Vorfälle bedauert und den Opfern seitens der Schule ihr Mitgefühl und ihre Solidarität ausspricht <ref>[http://www.odenwaldschule.de/aktuell/oso/Nachrichten/Eintrage/2010/3/5_Aus_aktuellem_Anlass.html ''Aus aktuellem Anlass''. Erklärung der Odenwaldschule vom 5.3.2010)]</ref>.
Ende der 1990er Jahre wurden Vorwürfe ehemaliger Schüler bekannt, denen zufolge es in den 1970ern bis in die 1980er Jahre zu [[Sexueller Missbrauch von Kindern|sexuellen Missbrauch]] von Schülern durch den damaligen Direktor [[Gerold Becker]] gekommen sei. <ref>[http://zfi-archiv.beepworld.de/files/internatesexuellermissbrauchdrogen.pdf], besucht am 7. Februar 2010</ref> Die Schule selbst erklärte 1998, der vormalige Direktor habe „gegenüber dem Vorstand den Vorwürfen nicht widersprochen und seine Funktionen und Aufgaben im Trägerverein und im Förderkreis der Odenwaldschule niedergelegt“. Eine strafrechtliche Aufarbeitung des Falles wurde 1999 von der Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen [[Verjährung]] eingestellt. Die heutige Schulleiterin Margarita Kaufmann hat inzwischen eine erneute Untersuchung der Fälle begonnen und spricht von drei Lehrern, die sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben sollen und von 20 ihr bekannten Opfern.<refMargarita Kaufmann, seit 2007 Direktorin der Schule, reagierte auf die neuerlichen Erkenntnisse über das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule mit einer Erklärung, in der sie die Vorfälle bedauert und den Opfern seitens der Schule ihr Mitgefühl und ihre Solidarität ausspricht <ref>[http://www.odenwaldschule.de/aktuell/oso/Nachrichten/Eintrage/2010/3/5_Aus_aktuellem_Anlass.html ''Aus aktuellem Anlass''. Erklärung der Odenwaldschule vom 5.3.2010)]</ref>.


== Integrierte Gesamtschule ==
== Integrierte Gesamtschule ==

Version vom 7. März 2010, 14:23 Uhr

Odenwaldschule

Die Odenwaldschule in Heppenheim-Ober-Hambach, abgekürzt OSO für OdenwaldSchule Oberhambach, ist ein 1910 von Paul und Edith Geheeb gegründetes Landerziehungsheim, das sich in freier Trägerschaft befindet.

Geschichte

Goethehaus

Die Odenwaldschule entstand in engem Zusammenhang mit der reformpädagogischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gegründet wurde sie am 14. April 1910. Zu der Zeit gab es nur 14 Schüler, die alle im Goethehaus untergebracht waren. Ihr Konzept war anfänglich geprägt durch die Grundsätze der Arbeitsschule (vgl. Arbeitsdienst), beispielsweise in der Einführung eines Kurssystems und dem Verzicht auf Jahrgangsklassen. Zu den weiteren Merkmalen des pädagogischen Konzepts der Schule gehörte – lange vor dem Aufkommen der antiautoritären Erziehung – das Duzen der Lehrer.

Geländekauf und Bauten finanzierte der Vater Edith Geheebs, der Berliner Stadtrat Max Cassirer (1857-1943), der die Odenwaldschule auch weiterhin förderte. Die Schule war in den 1920er Jahren international angesehen, bis 1938 waren auch ausländische Lehrer aus England und den USA dort tätig. Von 1924 bis 1932 war der Reformpädagoge Martin Wagenschein Mitarbeiter an der Odenwaldschule. 1934 emigrierten Paul und Edith Geheeb mit ca. 25 Schülern und einigen Mitarbeitern in die Schweiz und gründeten dort die Ecole d’Humanité. 1939 beantragte der Reichsarbeitsdienst die Übernahme der Odenwaldschule, da sie dem „Sinn der nationalsozialistischen Erziehungsgemeinschaft widerspricht“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unterrichtssystem der Schule mehrfach reformiert. 1963 wurde sie UNESCO-Projektschule.

Ende der 1990er Jahre wurden Vorwürfe ehemaliger Schüler bekannt, denen zufolge es in den 1970ern bis in die 1980er Jahre zu sexuellen Missbrauch von Schülern durch den damaligen Direktor Gerold Becker gekommen sei. [1] Die Schule selbst erklärte 1998, der vormalige Direktor habe „gegenüber dem Vorstand den Vorwürfen nicht widersprochen und seine Funktionen und Aufgaben im Trägerverein und im Förderkreis der Odenwaldschule niedergelegt“. Eine strafrechtliche Aufarbeitung des Falles wurde 1999 von der Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen Verjährung eingestellt. Die heutige Schulleiterin Margarita Kaufmann hat inzwischen eine erneute Untersuchung der Fälle begonnen und spricht von drei Lehrern, die sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben sollen und von 20 ihr bekannten Opfern.<refMargarita Kaufmann, seit 2007 Direktorin der Schule, reagierte auf die neuerlichen Erkenntnisse über das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule mit einer Erklärung, in der sie die Vorfälle bedauert und den Opfern seitens der Schule ihr Mitgefühl und ihre Solidarität ausspricht [2].

Integrierte Gesamtschule

Die Odenwaldschule ist eine integrierte Gesamtschule. Es ist möglich, eine Schreiner- oder Schlosserausbildung mit staatlichen Abschlüssen neben dem Fachabitur oder Vollabitur zu durchlaufen; auch die Ausbildung zum Informationstechnischen Assistenten (ITA) oder zum Chemisch-Technischen Assistenten (CTA) sind neben dem Abitur möglich.

Derzeit bietet die Internatsschule Platz für 250 Schüler, die in kleinen „Familien“ (6–10 Personen) zusammenleben. Von den ca. 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Odenwaldschule ist knapp die Hälfte mit Unterrichts- und Erziehungsaufgaben betraut. Die anderen sind für handwerkliche, künstlerische, medizinische und administrative Aufgaben zuständig.

Die Klassenstärke liegt bei 17 Schülern; die monatlichen Kosten eines Internatsplatzes betragen 2110€[3].

Von 1999 bis 2007 war Whitney Sterling Schulleiter der Odenwaldschule, seit dem 1. Oktober 2007 ist Margarita Kaufmann die neue Schulleiterin.

Bekannte ehemalige Lehrer und Schüler

Einzelnachweise

  1. [1], besucht am 7. Februar 2010
  2. Aus aktuellem Anlass. Erklärung der Odenwaldschule vom 5.3.2010)
  3. internat-vergleich.de: Odenwaldschule

Koordinaten: 49° 39′ 58,3″ N, 8° 41′ 11,8″ O