Oswald von Nell-Breuning

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Oswald von Nell-Breuning SJ (* 8. März 1890 in Trier; † 21. August 1991 in Frankfurt am Main) war ein katholischer Theologe, Nationalökonom und Sozialphilosoph, der als „Nestor der katholischen Soziallehre“ gilt.

Leben

Als Sohn einer alteingesessenen Adelsfamilie in Trier geboren, legte er 1908 am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium sein Abitur ab. 1911 trat er in den Jesuitenorden ein. 1921 wurde er zum Priester geweiht. Nach seiner Promotion zum Thema Grundzüge der Börsenmoral bei Joseph Mausbach in Münster wurde er 1928 zum Professor für Moraltheologie, Kirchenrecht und Gesellschaftswissenschaft an die Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main berufen.

Er war wesentlich an der Erarbeitung der 1931 veröffentlichten Sozialenzyklika Quadragesimo anno von Papst Pius XI. beteiligt (siehe auch: Subsidiarität). In der Zeit des Nationalsozialismus hatte Nell-Breuning von 1936 bis 1945 Schreib- und Publikationsverbot. 1944 wurde er wegen angeblicher Devisenvergehen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Zwischen 1948 und 1965 war er Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium und ab 1956 Hochschullehrer an der Universität Frankfurt am Main.

Neben Theodor Brauer, Götz Briefs, Gustav Gundlach, Paul Jostock, Franz H. Mueller und Heinrich Rommen war er Mitglied des Königswinterer Kreises am dortigen Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung.

Am 21. August 1991 starb Oswald von Nell-Breuning in Frankfurt am Main im Alter von 101 Jahren. Mit mehr als 1800 Veröffentlichungen hatte er ein schaffensreiches Leben.

Zu seinen zahlreichen Schülern gehören der niederländische Soziologe Harry Hoefnagels und der deutsche Politiker Norbert Blüm.

An der Philosophisch-theologischen Hochschule Sankt Georgen wurde 1992 das Nell-Breuning-Institut für christliche Gesellschaftsethik ins Leben gerufen, dessen Leiter bis 2006 der renommierte Sozialwissenschaftler und Jesuit Friedhelm Hengsbach war.

Werk

Oswald von Nell-Breuning hat durch seine Arbeiten wesentliche Grundlagen der katholischen Soziallehre gelegt und ihre Entwicklung über Jahrzehnte geprägt. Er setzte sich in vielfältiger Weise für die politische Umsetzung ihrer drei Prinzipien Personalität, Solidarität, Subsidiarität als den Grundlagen einer sozialen Gesellschaft ein. Die zentralen Themen in seinen über 1700 Veröffentlichungen sind das Verhältnis von Arbeit und Kapital, die Bedeutung der Gewerkschaften, die Frage der Mitbestimmung und die Auseinandersetzung mit dem Marxismus.

Ehrungen/Benennungen

Nell-Breuning wurde unter anderem mit dem von der Katholischen Akademie in Bayern gestifteten Romano-Guardini-Preis (1972), der Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main (1977) sowie der Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen (1979) ausgezeichnet. 1981 wurde er Ehrenbürger der Stadt Trier und 1983 Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main.

Die Stadt Trier vergibt seit 2003 alle zwei Jahre einen mit 10.000 Euro dotierten Oswald-von-Nell-Breuning-Preis. Preisträger im Jahr 2003 war Paul Kirchhof. Am 18. Oktober 2005 wurde Altbundeskanzler Helmut Schmidt mit dem Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt Paul Josef Cordes, Präsident des päpstlichen Rates Cor Unum, den Preis.

In Trier trägt der letzte Teil der Verbindungsstraße zwischen Heiligkreuz und Mariahof den Namen Oswald-von-Nell-Breuning-Allee. Das Nells Ländchen ist ein kleines Naherholungsgebiet im Norden von Trier. In Rödermark gibt es eine Oswald-von-Nell-Breuning-Schule, die eine integrierte Gesamtschule und Europaschule mit gymnasialer Oberstufe ist. In Coesfeld, Frechen und im Bad Honnefer Ortsteil Rhöndorf (im Haus Rheinfrieden) gibt es ein Nell-Breuning-Berufskolleg.

Werke (Auswahl)

  • Grundzüge der Börsenmoral, 1928
  • Die soziale Enzyklika, 1932
  • Zur christlichen Gesellschaftslehre. Herder, 1947 (zus. mit Hermann Sacher)
  • Einzelmensch und Gesellschaft, 1950
  • Wirtschaft und Gesellschaft heute, 3 Bände (1956-60)
  • Kapitalismus und gerechter Lohn, 1960
  • Baugesetze der Gesellschaft, 1968
  • Grundsätzliches zur Politik, 1975
  • Soziallehre der Kirche, 1977
  • Soziale Sicherheit?, 1979
  • Gerechtigkeit und Freiheit. Grundzüge katholischer Soziallehre, 1980
  • Arbeit vor Kapital, 1983
  • Arbeitet der Mensch zuviel?, 1985
  • Unsere Verantwortung. Für eine solidarische Gesellschaft, 1987

Literatur

  • Heribert Klein (Hrsg.): Oswald von Nell-Breuning – unbeugsam für den Menschen. Lebensbild, Begegnungen, ausgewählte Texte. Herder-Verlag, Freiburg i. Br. 1989. ISBN 3-451-21483-0