Pauluskirche (Halle)

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Die Pauluskirche in Halle (Saale)

Die Pauluskirche ist eine in den Jahren 1900 bis 1903 erbaute denkmalgeschützte evangelische Kirche in Halle (Saale). Im Denkmalverzeichnis der Stadt Halle ist die Kirche unter der Erfassungsnummer 094 11573 verzeichnet. Die Paulusgemeinde gehört zum Kirchenkreis Halle-Saalkreis der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche befindet sich im Mittelpunkt des Paulusviertels, eines seit 1880 systematisch bebauten Wohngebietes im Nordosten der Stadt, dessen Namensgeber die Kirche ist. Wegen seiner herausgehobenen Höhenlage auf einer 10 Meter hohen Porphyrkuppe und der damit verbundenen ausgezeichneten Silhouettenwirkung ist der Kirchenbau für das Stadtbild von herausragender Bedeutung.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund des starken wirtschaftlichen Wachstums der Stadt, insbesondere im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, hatte sich die Einwohnerzahl allein zwischen 1871 und 1890 nahezu verdoppelt. Für das vom Stadtbaurat Karl-Otto Lohausen geplante „Nordostviertel“ wurde der sogenannte Hasenberg im Zentrum des Viertels etwa um das Doppelte erhöht und obenauf ein kreisrunder Platz angelegt, der ehemalige Kaiserplatz (heute Rathenauplatz), von dem acht Radialstraßen abgehen.

Zunächst war die Laurentiuskirche und die Marktkirche für den Nordosten der Stadt zuständig. 1894 wurde die Paulusgemeinde aus einer Abspaltung der Neumarktgemeinde gegründet, die zunächst Gast in der St.-Stephanus-Kirche war.

Im Jahre 1897 schenkte der Bauunternehmer Friedrich Kuhnt der Gemeinde das Grundstück auf dem Hasenberg. Die Grundsteinlegung erfolgte am 22. Oktober 1900, dem Geburtstag der Kaiserin Auguste Viktoria, unter deren persönlichem Protektorat der Kirchenbau seit 1898 stand. Neben Spenden vom Kaiserhaus und anderen halleschen Kirchengemeinden kamen die Gelder vor allem von privaten Stiftern. Der Entwurf wurde in der Bauabteilung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten unter der Leitung des Berliner Baurats Richard Schultze gefertigt. Die Bauausführung unterstand dem Oberbaurat Oskar Hossfeld und dem Baurat Johannes Matz.

Im April 1902 war die Kirche im Rohbau fertig, so dass der Turmknopf mit Kreuz und Hahn aufgesetzt werden konnte. Am 6. September 1903 wurde die Kirche in Anwesenheit von Kaiserin Auguste Victoria und vieler Vertreter des Hochadels sowie einiger hoher Militärs eingeweiht.

Das ursprüngliche Geläut fiel den beiden Weltkriegen zum Opfer. Drei neue Stahlglocken wurden am 22. Januar 1956 geweiht. Eine umfassende Renovierung erfolgte im Jahr 1972; dabei wurde sie durchgehend weiß gestrichen. Das Altarkruzifix, der große Kronleuchter wie auch die neben dem Orgelprospekt aufgestellten Standbilder von Paulus und Luther wurden entfernt.

1997 begann mit der Erneuerung des Daches und der Teilsanierung der Außenfassade die Grundsanierung der Kirche. Im selben Jahr gründete sich der „Bauverein Pauluskirche Halle (Saale) e.V.“, der seine Aufgabe darin sieht, den Erhalt der Pauluskirche durch Sanierung, Renovierung, Instandsetzung und Instandhaltung zu fördern.

Zum 100. Geburtstag der Kirche 2003 wurde die Innenausmalung August Oetkens – ein wichtiges Zeugnis der Wiederbelebung farbiger Gestaltung von Kirchen nach mittelalterlichen Vorbildern zu Beginn des 20. Jahrhunderts – teilweise wiederhergestellt.

Architektur und Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Pauluskirche, die über 995 Sitzplätze verfügt, ist ein kreuzförmiger Zentralbau in sparsamen Formen der norddeutschen Backsteingotik. Der untere Teil des Sockels besteht, wie auch alle Treppenaufgänge, aus Porphyr; der obere Sockelbereich ist als Überleitung zu den roten Backsteinmauern aus Formziegeln aufgemauert.

Die Kreuzarme sind im Verhältnis zur Höhe des Gesamtbaukörpers sehr kurz gehalten worden. Der nördliche Kreuzarm ist zugleich Altarraum und wurde als (fünfachtel) Teil eines Oktogons gestaltet. Über der Vierung erhebt sich ein gedrungener, von vier zylindrischen Treppentürmen eingefasster 60 Meter hoher Vierungsturm. Die monumentale Wirkung des Baukörpers wird durch die Lage auf der Kuppe des Hasenberges und die 7,50 Meter breite, mit 62 Stufen zum Hauptportal an der Westseite führende Freitreppe verstärkt.

Das kuppelförmige Gewölbe unter der Vierung in Verbindung mit den kurzen Kreuzarmen haben auf den Innenraum eine zentralisierende Raumwirkung. Im Gegensatz zum Äußeren wirkt der gewölbte Innenraum (Vierung mit Sterngewölbe, Orgel- und Sängerempore mit Kreuzgratgewölbe) wie eine längs ausgerichtete Hallenkirche.

Das Kircheninnere wird von der weitgehend erhaltenen neugotischen Ausstattung und der seit 2003 teilweise wieder hergestellten Innenausmalung des Berliner Kunstmalers August Oetken bestimmt, der auch die Fenster der Pauluskirche gestaltete.

Die Kanzel aus dunkel gebeiztem Eichenholz ist mit reichem Schnitzwerk versehen und ruht auf einem Sockel aus Sandstein. Der reliefierte Taufstein des Weimarer Bildhauers Rudolf Weber wurde 1954 im Altarraum aufgestellt. Das bis 2003 in der Kirche befindliche mittelalterliche Kruzifix, eine Leihgabe der Kirche Wettin, ist 2013 durch ein neu geschaffenes Bronzekruzifix der Berliner Bildhauerin Anna Franziska Schwarzbach ersetzt worden.

Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Paulusgemeinde hat den Sitz in der Robert-Blum-Straße 11a. Zur Gemeinde gehören unter anderem ein Kindergarten (Paulus Kindergarten), Chor und Orchester. Letzteres stehen unter Leitung von KMD Andreas Mücksch und zählen, mit vielen großen Auftritten z. B. beim Kirchentag 2023, zu den renommiertesten freiwilligen Chören und Orchestern Deutschlands. Der Gemeindekirchenrat besteht aus 14 Mitgliedern.[1]

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kutter-Orgel (2024)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 9. Juni 2024 wird die neue Orgel der Pauluskirche geweiht werden. Dem Gottesdienst wird eine Festwoche mit verschiedenen Konzertveranstaltungen vorausgehen. Das Instrument wurde von der Orgelbauwerkstatt Kutter in Friedrichroda gefertigt und neben Mitteln der Evangelischen Kirche sowie Fördermitteln des Landes Sachsen-Anhalt aus einer Vielzahl an Spenden finanziert.[2][3] Die Disposition der Orgel lautet wie folgt:[4]

I Hauptwerk C–a3
Untersatz 16′
Prinzipal 16′
Contra Gamba 16′
Prinzipal major 08′
Prinzipal minor 08′
Suboctave 08′
Gedackt 08′
Hohlflöte 08′
Viola da Gamba 08′
Octave 04′
Wiener Flöte 04′
Quinte 0223
Superoctave 02'
Terzflöte 0135
Submixtur IV 02′
Mixtur II‑III 0113
Trompette 08′
I Second Touch C–a3
Principal major 16′
Gedackt 08′
Viola da Gamba 08′
Octave 04′
Trompette 08′
II Schwellwerk C–a3
Bourdon 16′
Geigenprinzipal 08′
Doppelgedackt 08′
Gemshorn 08′
Flauto amabile 08′
Salicional 08′
Unda maris 04′
Gemshorn 04′
Salicet 04′
Nachthorn 04′
Nasard 0223
Piccolo 02′
Larigot 01′-113
Variquot
Rauschpfeife II‑III
Bombarde 016′
Cornopean 08′
Clairon 04′
Clarinette 08′
Tremolo
III Solowerk[A. 1] C–a3
Violine 16′
Violine 08′
Violine 04′
Violine 0223
Violine 02′
Viol céleste 08′
Viol céleste 04′
Tibia clausa 08′
Tibia clausa 0513
Tibia clausa 04′
Tibia clausa 02′
Oboe 016′
Oboe 08′
Vox humana 08′
Erzähler*in 08′
Flauto diverso 04′
Superquint 0113
Harfe
Marimba
Tremulant[A. 2]
N Nord‑Orgel C–a3
Subdiapason 16′
Diapason 08′
Flauto dolce 08′
Octava 04′
Flauto dolce 04′
Super Octave 02′
Vox culex[A. 3] 08′
Paulushorn[A. 3] 08′
S Süd‑Orgel C–a3
Dulciana 16′
Hornprincipal 08′
Rohrflöte 08′
Dulciana 08′
Oktave 04′
Rohrpfeife 04′
Dolce 04′
Nasard 0223
Dulcquint 0223
Weitoctave 02′
Waldflöte 02′
Dulcett 02′
Tremulant
Soloflöte[A. 3] 08′
S Harmonium[A. 1] C–a3
Clavaeoline 16′
Clavaeoline 08′
Melodia 08′
Melodia 04′
Pedal Süd‑Orgel C–g1
Bordunbaß 16′
Principalbaß 08′
Pedal C–g1
Contra Violine 32′
Open Wood 16′
Violon 16′
Subbass 16′
Dolcebass 16′
Harmonika 16′
Quinte 1023
Octavbass 08′
Gedacktbass 08′
Salicetbass 08′
Quinte 0513
Choralbass 04′
Flötbass 04′
Flautino 02′
Schwiegel 02′
Ophycleide 32′
Posaune 16′
Trombone 08′
Corno 04′
Pauken
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, N/I, S/I, N/II, S/II, N/III, S/III, N/IV, S/IV, Echo[A. 4]/IV, I/P, II/P, III/P, N/P, S/P
    • Suboktavkoppeln: II/I, II/II
    • Superoktavkoppeln: I/I, II/I, II/II
    • Absteller: II 8‘ ab, Solowerk III ab
    • Second Touch Koppeln: II/I, Tremulant III/I, Winddrossel III/I
    • Expanderkoppeln: Exp/I, Exp/II, Exp/III
  • Effekte:
    • Variquot: Wählbare Intervallverschiebung f. Piccolo 2‘
    • wake up: Aktivierung Expander (Lift)
    • M I soft: Druckpunktabschaltung Manual I
    • 2nd on: Aktivierung 2. Schaltpunkt Manual I
    • Leslie: Theaterorgeltremulant Manual III (dynamisch steuerbar auf Balanciertritt I)
    • Rotor I: Raumklangeffekt aller drei Orgeln (dynamisch steuerbar auf Balanciertritt I)
    • Brake: Winddrossel für Hauptorgel gesamt (Balanciertritt IV)
  • Spielhilfen: Setzer, Crescendowalze, Tastenfessel Manual IV

Anmerkungen

  1. a b schwellbar
  2. Balanciertritt I zum einstellen der Tremulanten-Frequenz
  3. a b c Hochdruck
  4. Disposition noch unbekannt

Rühlmann-Orgel (1893)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Orgel der Pauluskirche wurde 1893 (Orgelwerk) bzw. 1903 (Orgelgehäuse) von den Orgelbauern Gebr. Rühlmann (Zörbig) erbaut. Das Orgelwerk stammt aus der 1967 profanierten Stephanuskirche. Das ursprüngliche Orgelwerk des 1903 erbauten Gehäuses wurde in die neuapostolische Kirche in Nordhausen umgesetzt und umgebaut. Das Instrument hatte 39 Register auf drei Manualen und Pedal.[5]

I Hauptwerk C–f3
1. Principal 16′
2. Lieblich Gedackt 16′
3. Principal 8′
4. Gedackt 8′
5. Hohlflöte 8′
6. Gambe 8′
7. Gemshorn 8′
8. Octave 4′
9. Flöte harmonique 4′
10. Quinte 223
11. Oktave 2′
12. Mixtur III–V
13. Cornett III
14. Trompete 8′
II Oberwerk C–f3
15. Bordun 16′
16. Geigenprincipal 8′
17. Doppelflöte 8′
18. Flauto trav 8′
19. Dolce 8′
20. Salicional 8′
21. Fugara 4′
22. Flauto amabile 4′
23. Mistur III
24. Klarinette 8′
III Echowerk C–f3
25. Aeoline 16′
26. Principal 8′
27. Portunalflöte 8′
28. Viola d amour 8′
29. Vox celestis 8′
30. Rohrflöte 4′
31. Flautine 2′
Pedal C–d1
32. Principalbaß 16′
33. Subbaß 16′
34. Violonbaß 16′
35. Lieblich Gedackt 16′
36. Octavbaß 8′
37. Gedackt 8′
38. Cello 8′
39. Posaune 16′
  • Koppeln: II/I, III/I, IIII/II, I/P, II/P, III/P

Bildergalerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pauluskirche (Halle) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gemeindekirchenrat. Abgerufen am 3. Januar 2024.
  2. Claudia Crodel: Klingende Spenden. In: Mitteldeutsche Zeitung. Halle (Saale) 22. November 2019, S. 10.
  3. Paulusgemeinde Halle: Unsere neue Orgel. Abgerufen am 24. November 2019.
  4. Informationen zur Orgel. In: orgelbau-kutter.de. Abgerufen am 30. April 2024.
  5. Informationen zur Orgel und zur Disposition

Koordinaten: 51° 29′ 44″ N, 11° 58′ 26″ O