Pawel Grigorjewitsch Scheremet

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Pawel Scheremet (2014)

Pawel Grigorjewitsch Scheremet (russisch Павел Григорьевич Шеремет, belarussisch Павел Рыгоравіч Шарамет, Pawel Ryhorawitsch Scharamet, ukrainisch Павло Григорович Шеремет, Pawlo Hryhorowytsch Scheremet; * 28. November 1971 in Minsk, Weißrussische SSR; † 20. Juli 2016 in Kiew, Ukraine) war ein Radio-, Fernseh- und Internet-Journalist. Nach journalistischer Tätigkeit in Weißrussland, derentwegen er zweimal zu Gefängnisstrafen verurteilt wurde, arbeitete er in Russland, wo er zeitweise die meistgesehene Nachrichtensendung Wremja moderierte[1] und mit dem später ermordeten Oppositionellen Boris Nemzow befreundet war.[2] Nach Auflösung der Sowjetunion wurde er Weißrusse, bis ihm die Staatsbürgerschaft 2010 entzogen wurde.[3] Daraufhin wurde er russischer Staatsbürger. In den letzten fünf Jahren seines Lebens lebte und arbeitete er in der Ukraine.[4]

Scheremet war bekannt für seine Reportagen und für seine deutliche Kritik an Politikern in Weißrussland, Russland und der Ukraine.

Journalistische Karriere

Der in Minsk, der Hauptstadt Weißrusslands, geborene Pawel Scheremet arbeitete ein Jahr lang als Produzent und Moderator des wöchentlichen Nachrichtenmagazins Prospekt im ersten Programm des staatlichen weißrussischen Fernsehens, bis diese Sendung im April 1995, eine Woche vor einem umstrittenen Referendum, das dem weißrussischen Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka mehr Macht zusprechen sollte, von diesem abgesetzt wurde. Scheremet wurde dann 1995 Chefredakteur der weißrussischen Zeitung Delowaja Gaseta (БДГ Деловая Газета, Arbeiterzeitung), begann auch für das erste Programm des staatlichen russischen Fernsehens ORT zu arbeiten und wurde 1996 Chef von dessen Minsker Büro. Wegen einer kritischen Reportage wurde er 1997 drei Monate inhaftiert und erhielt ein Ausreise- und Berufsverbot bis 1999.[5] Danach zog er nach Russlaand, wo er bis 2014 Beiträge für russische Medien (ab 2013 für Public Television of Russia / Общественное телевидение России) schrieb, dies aber beendete aus Protest gegen die aus seiner Sicht Propaganda-Berichterstattung nach der von ihm verurteilten Annexion der Krim.[6]

Tod

Im Alter von 44 Jahren wurde Scheremet am 20. Juli 2016 in Kiew auf dem Weg zur Arbeit um 7:45 Uhr[7] an der Ecke Bohdan-Chmelnyzkyj-Straße–Iwan-Franko-Straße durch eine am Boden des Autos seiner Partnerin Olena Prytula platzierte Bombe[7] mit einer Sprengkraft von etwa 400 bis 600 Gramm TNT getötet.[8] Olena Prytula ist die Herausgeberin der Ukrajinska Prawda, für die Scheremet zuletzt arbeitete.[9]

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko versprach eine genaue Untersuchung des Anschlages und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko forderte eine lückenlose Aufklärung.[8]

Human Rights Watch erklärte zu seiner Arbeit:

Sheremet was known for often raising human rights issues in his work, and for his biting criticism of authorities and anti-corruption investigations. (sinngemäß: Scheremet war bekannt dafür, dass er sich in seiner Arbeit oft mit Fragen der Menschenrechte befasste, für seine beißende Kritik an Autoritäten und für seine Untersuchungen gegen Korruption.)

Die HRW-Sprecherin Rachel Denber forderte:

Ukrainian authorities should make a prompt and meaningful investigation a priority, considering all the motives for the attack, including Sheremet’s and his partner’s media work. (sinngemäß: Die ukrainischen Autoritäten sollten unverzüglich wirksame Ermittlungen aufnehmen und dabei zuvörderst alle Motive für den Anschlag berücksichtigen, einschließlich der journalistischen Arbeit von Scheremet und seinen Partnern.)[10]

Werke

  • Pawel Scheremet, Swetlana Kalinkina: Slutschainyi President [Der zufällige Präsident]. Limbus Press, St. Petersburg 2004, ISBN 978-5-8370-0116-1 (in russischer Sprache).

Das Werk setzt sich kritisch mit dem Regime des weißrussischen Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka auseinander. Es beschreibt ungesetzliche Verfolgungen und Unterdrückung von Opposition, politische Morde und Entführungen und die Manipulation demokratischer Verfahren und von Gesetzen. Zu den im Detail in diesem Buch beschriebenen Fällen gehört das Verfahren gegen Pawel Scheremet selbst, als er mit seinen Kollegen vom russischen Sender ORT, Sawadski und Owtschinnikow, im Jahr 1997 über Schmuggel berichtete und daraufhin inhaftiert wurde.[11] Das Werk war 2005 für den Lettre Ulysses Award nominiert.[12]

Ehrungen

  • 1995: Adamowitsch-Preis des Weißrussischen PEN Center als bester Fernsehreporter in Weißrussland[13]
  • 2002: Preis für Journalismus und Demokratie der OSZE[15]
Commons: Pawel Scheremet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-07/ukraine-pawel-scheremet-jounalist-tot-bombenanschlag-kiew
  2. https://charter97.org/en/news/2016/7/20/214385/
  3. https://lenta.ru/news/2010/03/31/sheremet/
  4. Katerina Gordeeva: The world can be better': a tribute to journalist Pavel Sheremet.
  5. https://www.cpj.org/awards/1998/sheremet-bio.php
  6. Journalist and Putin critic Pavel Sheremet killed by car bomb, theaustralian, 20 Juli 2016
  7. a b Was die Leute in Weißrussland zu Sheremets Tod sagen, in: BDG Delowaja Gaseta vom 20. Juli 2016 (russisch)
  8. a b Bekannter Journalist bei Bombenanschlag getötet in die Welt vom 20. Juli 2016
  9. Alec Luhn: Car bomb kills pioneering journalist Pavel Sheremet in Kiev auf theguardian.com vom 20. Juli 2016 (englisch)
  10. https://www.hrw.org/news/2016/07/20/ukraine-journalist-killed-kiev-car-explosion
  11. http://www.zoominfo.com/CachedPage/?archive_id=0&page_id=2421089&page_url=//www.panrus.com/recent.htm&page_last_updated=2004-09-16T22:42:13&firstName=Pavel&lastName=Sheremet
  12. http://www.zoominfo.com/CachedPage/?archive_id=0&page_id=1293034311&page_url=//www.lettre-ulysses-award.org/news/firstpe2005eng.html&page_last_updated=2014-10-06T00:51:14&firstName=Pavel&lastName=Sheremet
  13. https://www.cpj.org/awards/1998/sheremet-bio.php - siehe letzter Absatz; abgerufen am 20. Juli 2016
  14. https://www.cpj.org/awards/1998/sheremet-bio.php ; abgerufen am 20. Juli 2016
  15. OSCE Prize for Journalism and Democracy in 2002 goes to Friedrich Orter and Pavel Sheremet auf der Webseite der OSZE 22. April 2002 (englisch)