Picazurotaube

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Picazurotaube

Picazurotaube (Patagioenas picazuro)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Taubenvögel (Columbiformes)
Familie: Tauben (Columbidae)
Gattung: Amerikanische Feldtauben (Patagioenas)
Art: Picazurotaube
Wissenschaftlicher Name
Patagioenas picazuro
(Temminck, 1813)
Verbreitungskarte
Trinkende Picazurotaube
Nahaufnahme der Picazurotaube

Die Picazurotaube (Patagioenas picazuro), auch Pikazurotaube geschrieben, ist eine Art der Taubenvögel. Sie kommt ausschließlich in Südamerika vor. In älterer Literatur wird sie gelegentlich noch der Gattung der Feldtauben (Columbina) zugerechnet. Die Art gilt als in ihrem Bestand nicht gefährdet. In Teilen ihres Verbreitungsgebietes ist sie häufig und wird gelegentlich sogar als landwirtschaftlicher Schädling eingestuft.

Erscheinungsbild

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Die Picazurotaube erreicht eine Körperlänge von 37,5 Zentimetern.[1] Sie entspricht damit in ihrer Körpergröße einer Ringeltaube. Im Verhältnis zur Körpergröße sind die Flügel lang und der Schwanz kurz. Ein Geschlechtsdimorphismus besteht nicht.

Kopf und obere Brust der Picazurotaube sind weinrot. Die Körperoberseite weist ebenfalls diese Farbe auf. Die Federn sind hier sehr dünn hell gesäumt, so dass eine insgesamt schuppenartige Zeichnung entsteht. An der unteren Brust sowie am Bauch hellt das Gefieder auf. Im Nacken sowie an den Halsseiten sind die Federn grau mit schwarzen und weißen Säumen und bilden ein vom übrigen Gefieder abgesetztes, nicht geschlossenes Nackenband. Die Flügeldecken sind grau. Die Federn weisen zum Teil sehr breite weiße Säume auf. Die Ober- und die Unterschwanzdecken sind blaugrau. Die Schwanzfedern sind grau und haben an ihrem Ende eine schwarze Querbinde. Der Schnabel ist gräulich. Die Iris ist orangerot.

Der Flug ist schnell und geradlinig.

Verbreitungsgebiet und Lebensraum

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Das Verbreitungsgebiet der Picazurotaube ist sehr groß und umfasst Zentralbrasilien, Ostbolivien, Teile Paraguays und Argentinien. Sie bewohnt Wälder ebenso wie offenes baumbestandenes Gelände. In ihren Lebensraumansprüchen ist die Art anpassungsfähig. Sie bewohnt sowohl semihumide als auch semiaride Regionen. In Bolivien, Paraguay und Westbrasilien kommt sie in Laubwäldern sowie Galeriewäldern, ansonsten in offenem Grasland vor. Im Südosten Brasiliens und im Süden Argentiniens kommt sie bis an den Rand von menschlichem Siedlungsraum vor und hat sich stellenweise mittlerweile auch urbane Lebensräume erschlossen. Das Verbreitungsgebiet hat sich insbesondere in Brasilien ausgedehnt, wo diese Art von der Umwandlung von Wäldern in Agrarflächen profitiert. Sie gilt in manchen Regionen als landwirtschaftlicher Schädling.[2]

Außerhalb der Brutzeit werden gelegentlich größere Schwärme an Picazurotauben beobachtet. Während der Brutzeit lebt sie überwiegend paarweise. Sie gilt überwiegend als Standvogel, wenn es auch lokal zu Wanderungen kommt, wenn keine ausreichenden Nahrungsressourcen in einzelnen Gebieten zur Verfügung stehen.

Die Picazurotaube ist ein Nahrungsopportunist und frisst eine große Bandbreite an Sämereien, Knospen, Schößlinge, junge Blätter sowie Wirbellose. Es wurden bereits Picazurotauben geschossen, in dessen Kröpfen man ausschließlich Kleeblätter fand. Die Taubenart ist ebenso schon an Kadavern von toten Schafen beobachtet worden.[1] Anders als die meisten anderen Taubenarten sucht und findet sie ihre Nahrung sowohl auf dem Boden als auch in Bäumen. In Brasilien und Argentinien hat sie sich als eine Art erwiesen, die sich nach der Rodung der Wälder, in denen sie ursprünglich vorkam, sehr schnell auf eine Nutzung landwirtschaftlicher Kulturflächen umgestellt hat. In Bolivien ist sie dagegen immer noch überwiegend eine Art der Galeriewäldern, die deutlich seltener auf den Boden kommt, um dort nach Nahrung zu suchen.[2]

Die Fortpflanzungszeit variiert abhängig vom Verbreitungsgebiet. In geeigneten Regionen kann es ganzjährig zu Bruten kommen. In großen Teilen Brasiliens fällt der Höhepunkt der Fortpflanzungszeit jedoch in den Zeitraum November und Dezember. Zum Balzrepertoire des Männchens gehören Verbeugungen vor dem Weibchen. Die Bewegung ist allein auf den Kopf und Hals beschränkt. Der Körper wird nicht gebeugt, der Schwanz nicht angehoben. Nach etwa jeder dritten Verbeugung werden die Flügel gesenkt.[2] Das Nest wird in einem Baum oder einem großen Strauch errichtet und ist eine lose Plattform aus Zweigen. Das Gelege besteht nur aus einem Ei.

Es sind zwei Unterarten bekannt:[3]marginalis

  • Patagioenas picazuro marginalis (Naumburg, 1932)[4] ist im nordöstlichen Brasilien verbreitet.
  • Patagioenas picazuro picazuro (Temminck, 1813)[5] kommt im östlichen und südlichen Brasilien und Bolivien bis in südliche zentrale Argentinien vor.

Etymologie und Forschungsgeschichte

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Die Erstbeschreibung der Picazurotaube erfolgte 1813 durch Coenraad Jacob Temminck unter dem wissenschaftlichen Namen Columba Picazuro. Er bezog sich dabei auf Paloma de la Picazuro[6] von Félix de Azara.[5] 1853 führte Ludwig Reichenbach die Gattung Patagioenas ein.[7][A 1] Der Begriff leitet sich vom griechischen παταγη patagē für klappern, klatschen und οινας, οιναδος oinas, oinados für Taube ab.[8] Der Artname stammt von Pihkasú-ró aus der Guaraní-Sparche und bedeutet saure Taube.[9] Marginalis leitet sich von lateinisch margo, marginis ‚Rand, Grenze‘ ab.[10] Alfred Laubmann führte die Taube in Die Vögel von Paraguay als Columba picazuro. Er zeigte ebenfalls auf, dass Patagioenas picazuro venturiana Hartert, E, 1909[11] ein Synonym zur Nominatform ist.[12] Venturiana ist dem chilenischen Botaniker Santiago Venturi (-1930) gewidmet.[11]

Haltung in menschlicher Obhut

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Die Picazurotaube wurde bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgreich im Zoo von London gezüchtet.[1] Sie gilt jedoch als scheuer Volierenbewohner, die wegen ihrer Körpergröße eine sehr geräumige Voliere benötigt. Sie benötigt außerdem einen Schutzraum, in dem sie frostfrei überwintert werden kann.[13]

  • Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 3. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1805 (biodiversitylibrary.org).
  • Peter H. Barthel, Christine Barthel, Einhard Bezzel, Pascal Eckhoff, Renate van den Elzen, Christoph Hinkelmann, Frank Dieter Steinheimer: Die Vögel der Erde – Arten, Unterarten, Verbreitung und deutsche Namen. 3. Auflage. Deutsche Ornithologen-Gesellschaft, Radolfzell 2022 (do-g.de [PDF]).
  • Marvin Ralph Browning, Burt Leavelle Monroe, Jr.: Clarifications and corrections of the dates of issue of some publications containing descriptions of North American birds. In: Archives of Natural History. Band 18, Nr. 3, 1991, S. 381–405, doi:10.3366/anh.1991.18.3.381.
  • David Gibbs, Eustace Barnes, John Cox: Pigeons and Doves. A Guide to the Pigeons and Doves of the World. Pica Press, Alfeld-Sussex 2001, ISBN 90-74345-26-3.
  • Ernst Hartert: Notes sur les oiseaux de la Republique Argentine. In: Novitates zoologicae - a journal of zoology in connection with the Tring Museum. Band 16, Nr. 2, 1909, S. 159–267 (biodiversitylibrary.org).
  • Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 131–132 (google.de).
  • Alois Münst, Josef Wolters: Tauben – Die Arten der Wildtauben. 2. erweiterte und überarbeitete Auflage. Verlag Karin Wolters, Alfeld-Bottrop 1999, ISBN 3-9801504-9-6.
  • Elsie Naumburg: Three new birds from northwestern Brazil. In: American Museum Novitates. Nr. 554, 1932 (amnh.org [PDF; 727 kB]).
  • Ludwig Reichenbach: Avium Systema Naturale. Das natürliche System der Vögel mit hundert Tafeln grösstentheils Original-Abbildungen der bis jetzt entdecken fast zwölfhundert typischen Formen. Vorlaüfer einer Iconographie der Arten der Vögel aller Welttheile welche, nachdem bereits fast dreitausend Abbildungen erschienen sind, ununterbrochen fortgesetzt wird. Friedrich Hofmeister, Dresden und Leipzig 1853 (biodiversitylibrary.org – 1850).
  • Gerhard Rösler: Die Wildtauben der Erde – Freileben, Haltung und Zucht. Verlag M. & H. Schaper, Alfeld-Hannover 1996, ISBN 3-7944-0184-0.
  • Coenraad Jacob Temminck: Histoire naturelle generale des pigeons et des gallinaces. Band 1. J.C. Sepp & fils, Amsterdam 1813 (biodiversitylibrary.org).
Commons: Picazurotaube (Patagioenas picazuro) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Rösler, S. 101
  2. a b c Gibbs, S. 218
  3. Pigeons
  4. Elsie Naumburg (1932), S. 3
  5. a b Coenraad Jacob Temminck (1813), S. 111 & 449
  6. Félix de Azara (1805), S. 4–9
  7. Ludwig Reichenbach (1852), S. XXV
  8. Patagioenas The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  9. picazuro The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  10. marginalis The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  11. a b Ernst Hartert (1909), S. 260
  12. Alfred Laubmann (1939), S. 131–132
  13. Münst, S. 140
  1. Zur genauen Publikationsgeschichte von Reichbachs Werk siehe Marvin Ralph Browning u. a. (1991).