Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2011

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Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2011
Staat Bulgarien Bulgarien
Datum 23. und 30 Oktober
(1. und 2. Wahlgang)
Wahlbeteiligung 1. Wahlgang: 52,3 %
2. Wahlgang: 48,2 %
Kandidaten Rossen Plewneliew Iwajlo Kalfin
Parteien GERB BSP
Stimmen –
1. Wahlgang
1.349.380
40,1 %
974.300
29,0 %
Stimmen –
2. Wahlgang
1.698.136
52,6 %
1.531.193
47,4 %
Zusammenfassung der Stimmen
1. Wahlgang
Rossen Plewneliew (GERB)
40,1 %
Iwajlo Kalfin (BSP)
29,0 %
Meglena Kunewa (Parteilos)
14,0 %
Wolen Siderow (Ataka)
3,6 %
Stefan Solakow (NFSB)
2,5 %
Rumen Christow (SDS)
2,0 %
Atanas Semow (RZS)
1,8 %
Swetoslaw Witkow (Parteilos)
1,6 %
Sali Ibrjam (Edinstvo)
1,2 %
Krassimir Karakatschanow (VMRO)
1,0 %
Sonstige < 1,0 %
3,1 %
2. Wahlgang
Rossen Plewneliew (GERB)
52,6 %
Iwajlo Kalfin (BSP)
47,4 %
Stimmenstärkste nach Gemeinden
1. Wahlgang
2. Wahlgang
Präsident vor der Wahl
Georgi Parwanow
2006 2016

Die Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2011 fand am 23. Oktober (1. Wahlgang) und 30. Oktober (Stichwahl) statt.[1]

Insgesamt waren 6,9 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, in einem von über 11.000 Wahllokalen ihre Stimme abzugeben. Neben Plewneliew, dem früheren Minister für regionale Entwicklung, waren dem sozialistischen Oppositionspolitiker Iwajlo Kalfin (Bulgarische Sozialistische Partei) und der unabhängigen Kandidatin Meglena Kunewa die größten Siegchancen eingeräumt worden. Georgi Parwanow durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren.[2]

Die Stichwahl am 30. Oktober 2011 entschied Rossen Plewneliew mit 52,6 Prozent der Stimmen für sich. Auf Iwailo Kalfin, der in der Stichwahl von der Partei DPS unterstützt wurde, entfielen 47,4 Prozent der Stimmen.[3][4]

Wahlbetrug[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein in der Öffentlichkeit und in den Massenmedien sehr breit diskutiertes Thema im Vorfeld der Wahlen war der mögliche Wahlbetrug in Form von Stimmenkäufen. Laut bulgarischen Wahlforschungsinstituten wurden zwei Wochen vor den Wahlen ca. 30 Lewa (ca. 17 Euro) auf dem Lande und ca. 50 Lewa (ca. 28 Euro) in den Städten für eine gekaufte Wahlstimme geboten. Deshalb war jeder Wahlwerbespot und jedes Wahlplakat mit dem Pflichthinweis versehen: „Der Kauf und Verkauf von Stimmen ist ein Verbrechen.“ (bulg. „Купуването и продаването на гласове е престъпление.“) Dieser Hinweis wurde auch zwischendurch im Radio immer wieder ausgestrahlt. Bei den vorherigen Wahlen war es zu umfangreichen Stimmenkäufen gekommen. Auch indirekte Stimmenkäufe waren öffentlich geworden, etwa wenn ein Kandidat das ganze Stadtviertel zu einem Fest einlädt, bei dem es kostenlos Essen gibt (vorzugsweise Kebabtscheta – gegrilltes Hackfleisch). Das bulgarische Fernsehen berichtete aus einem Dorf von einem indirekten Wahlbetrug, wobei der Bruder eines Kandidaten Besitzer des örtlichen Lebensmittelladens war und seinen Kunden die angeschriebenen Rechnungen erließ.

Um einen Kontrollmechanismus des Stimmenkäufers mittels Beweisfoto vom ausgefüllten Wahlzettel zu unterbinden, wurde bei den Wahlen 2011 das Mitnehmen von Fotoapparaten oder Handys mit Fotofunktion in die Wahlkabine gesetzlich untersagt. Oft sind Roma das Ziel von Stimmenkäufern. Um die oft analphabetischen Romas zu instruieren, an welcher Stelle sie ihr Kreuz machen sollen, gibt man ihnen manchmal ein Stöckchen mit der richtigen Länge mit in die Wahlkabine. Mit diesem müssen sie dann nur noch von der Oberkante des Wahlzettels abmessen, wie weit sie in den manchmal über einen Meter langen Wahlzettel nach unten gehen müssen, um ihr Kreuz an der „richtigen“ Stelle zu machen.

Im Vorfeld der Wahlen gab es auch Diskussionen, dass die Wahlnummer des Kandidaten im Kästchen steht, das angekreuzt werden muss. Der Wähler könnte so angeblich meinen, dass er diesen Kandidaten durchstreicht, statt ihn zu wählen. Gültig sind nur Stimmzettel, auf denen der Kandidat mit einem Kreuzchen markiert ist, das Kreuz darf nicht über den Rand des Kästchens hinausgehen, es muss mit einem blauen Kugelschreiber gemacht werden. Behinderte Personen dürfen von einem Helfer begleitet werden. Jedoch darf ein Helfer maximal zwei Personen begleiten. Analphabetismus ist kein Rechtfertigungsgrund sich durch einen Helfer begleiten zu lassen.

In den Grenzregionen wird in gewissem Umfang „Wahltourismus“ erwartet. Bürger mit bulgarischer Staatsbürgerschaft, die im benachbarten Ausland leben werden auf Kosten von Kandidaten mit Bussen in ihre Heimatregion gefahren, um dort an der Wahl teilnehmen zu können. Griechenland hatte vor der Wahl die Einrichtung offizieller Wahllokale für die dort lebenden Bulgaren abgelehnt.

Knapp zwei Wochen vor den Wahlen, am 13. Oktober 2011, wurde in Sofia ein Bombenanschlag auf den Dienstwagen des regierungskritischen Journalisten Sascho Dikow (bulg. Сашо Диков) verübt. Der Wagen war vor dem Wohnblock des Journalisten geparkte, es wurde niemand verletzt. Da sich zum Zeitpunkt des Anschlages der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Sofia aufhielt, wird dieser Anschlag durch Unbekannte als Einschüchterungsversuch gewertet.

Die Wahlzettel werden nur nach Vorlage des gültigen Ausweises ausgehändigt und dabei von der Wahlkommission abgestempelt. Damit auch Bürger mit abgelaufenen Ausweispapieren an der Wahl teilnehme können, wurde in den Wochen vor der Wahl darauf hingewiesen das Ablaufdatum seines Ausweises zu überprüfen und gegebenenfalls noch vor der Wahl ein neues Personaldokument zu beantragen. Zu diesem Zweck waren die zuständigen Behörden angewiesen die Öffnungszeiten voll auszuschöpfen und zügig einen neuen Personalausweis auszustellen bzw. ein für die Wahl gültiges provisorisches Personaldokument.

Kandidaturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Präsidentschaftswahl 2011 wurden folgende 18 Kandidaten zugelassen:

# Kandidat Partei
1 Meglena Kunewa Parteilos[5][6]
2 Rossen Plewneliew GERB ГЕРБ
3 Sali Ibrjam Natsionalno dvizhenie „Edinstvo“ Национално движение "Единство"
4 Rumen Christow Union der Demokratischen Kräfte[7] Съюз на демократичните сили
5 Marija Kapon Edinna narodna partija Единна народна партия
6 Stefan Solakow Nationale Front für die Rettung Bulgariens Национален фронт за спасение на България
8 Iwajlo Kalfin Bulgarische Sozialistische Partei[8] Българска социалистическа партия
9 Wolen Siderow Ataka Атака
12 Aleksej Petrow Parteilos[9]
13 Nikolaj Nentschew Bulgarischer Bauernvolksbund Българският земеделски народен съюз
14 Atanas Semow Red, zakonnost i spravedlivost[10] Ред, законност и справедливост
15 Pawel Tschernew Partiya za khorata ot naroda[11] Партия за хората от народа
16 Dimitar Kuzarow Parteilos
17 Krassimir Karakatschanow IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung[12] ВМРО – Българско национално движение
18 Andrej Tschobanow Bŭlgarska demokratichna obshtnost Българска демократична общност
19 Nikolaj Wasilew Parteilos
20 Swetoslaw Witkow Parteilos[13]
21 Wenzislaw Josifow Parteilos

Meinungsumfragen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungsdatum Institut Plewneliew Kalfin Kunewa Siderow Christow Semow Karakatschanow Petrow Witkow Sonstige
20. September 2011 Alpha Research 38,5 % 23,5 % 18,4 % 4,0 % 4,0 % 2,5 % 2,2 % 1,1 % 1,0 % 4,8 %
30. September 2011 Zentrum für Analyse und Marketing 30,8 % 16,1 % 9,8 % 2,3 % 3,1 % 0,3 % 1,5 % 0,3 %
14. Oktober 2011 Gallup Consulting 29 % 21 % 11 % 2,4 % 2,4 % 1,5 % 1,3 % 0,7 % 0,8 % 2,8 %
19. Oktober 2011 Mediana 29,8 % 23,2 % 17,1 % 4,9 % 2,5 % 2 %

Ergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kandidaten Parteien 1. Wahlgang 2. Wahlgang
Stimmen % Stimmen %
Rossen Plewneliew GERB 1.349.380 40,1 1.698.136 52,6
Iwajlo Kalfin Bulgarische Sozialistische Partei 974.300 29,0 1.531.193 47,4
Meglena Kunewa Parteilos 470.808 14,0
Wolen Siderow Ataka 122.466 3,6
Stefan Solakow Nationale Front für die Rettung Bulgariens 84.205 2,5
Rumen Christow Sajus na Demokratitschnite Sili 65.761 2,0
Atanas Semow Red, zakonnost i spravedlivost 61.797 1,8
Swetoslaw Witkow Parteilos 54.125 1,6
Sali Ibrjam Natsionalno dvizhenie „Edinstvo“ 41.837 1,2
Krassimir Karakatschanow IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung 33.236 1,0
Aleksej Petrow Parteilos 31.613 0,9
Marija Kapon Edinna narodna partiya 30.665 0,9
Nikolaj Nentschew Bulgarischer Bauernvolksbund 9.827 0,3
Pawel Tschernew Partiya za khorata ot naroda 8.081 0,2
Wenzislaw Josifow Parteilos 7.021 0,2
Dimitar Kuzarow Parteilos 6.989 0,2
Andrej Tschobanow Bŭlgarska demokratichna obshtnost 6.340 0,2
Nikolaj Wasilew Parteilos 5.633 0,2
Gesamt 3.364.084 100 3.229.329 100
Ungültige Stimmen 229.844 6,4 104.837 3,1
Wähler 3.593.928 52,3 3.334.166 48,2
Wahlberechtigte 6.873.589 6.910.491
Quellen: Tsentralna izbiratelna komisiya: 1. Wahlgang, 2. Wahlgang

Während und nach den Wahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Wahlen kündigten mehrere Parteien an vor dem Verfassungsgericht zu klagen, um den Ausgang der Wahlen für ungültig erklären und die Ergebnisse kassieren zu lassen. Sie bemängelten Manipulationen bei den Wahlen in der Hauptstadt und in einigen anderen Orten. Teilweise konnten Personen entweder nur für die Präsidentschaftswahl oder nur für die Kommunalwahlen wählen oder sie mussten in zwei unterschiedlichen Wahllokalen abstimmen. In einigen Orten wurden während der Wahl neue Wahlzettel gedruckt. In der Hauptstadt Sofia wurden fast alle Wahlergebnisprotokolle fehlerhaft ausgefüllt.[14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vesti.bg (Memento des Originals vom 4. September 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vesti.bg
  2. Präsidentenwahl in Bulgarien hat begonnen@1@2Vorlage:Toter Link/www.net-tribune.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. net-tribune.de, 23. Oktober 2011.
  3. ДПС обеща подкрепа за Калфин-Данаилов на втория тур, DPS versprach ihre Unterstützung für Kalfin-Danailow
  4. Der Erfolg nicht gehaltener Versprechen. In: FAZ, 31. Oktober 2011
  5. novinite.com
  6. mediapool.bg
  7. Rumen Christow ist der Kandidat der Blauen Koalition Darik Radio, 13. Juni 2011 (bulgarisch) abgerufen am 18. Juni 2011
  8. dnevnik.bg
  9. Bulgarien: Mutmaßlicher Mafia-Boss will Präsident werden auf Wikinews
  10. Atanas Semow ist der Kandidat der Partei Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit Dnevnik (bulgarisch), abgerufen 19. Juni 2011.
  11. dnevnik.bg
  12. dnevnik.bg
  13. dnevnik.bg
  14. Fast alle Wahlprotokolle in Sofia sind fehlerhaft ausgefüllt (bulgarisch)