Princess Victoria (Schiff, 1946)

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Princess Victoria p1
Schiffsdaten
Flagge Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Schiffstyp RoPax-Schiff
Rufzeichen MGY
Heimathafen Stranraer
Eigner 1947–1948 London, Midland and Scottish Railway (LMSR)
1948–1953 British Railways
Bauwerft William Denny and Brothers, Dumbarton
Baunummer 1399
Stapellauf 27. August 1946
Verbleib gesunken am 31. Januar 1953
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 98,15 m (Lüa)
95,76 m (Lpp)
Breite 14,63 m
Seitenhöhe 5,03 m
Tiefgang (max.) 3,51 m
Vermessung 2.649 BRT, 1.405 NRT
 
Besatzung 51
Maschinenanlage
Maschine 2× Zweizylinder-Dieselmotoren (Sulzer 7TS 48)
Maschinen­leistung 2.550 PS (1.876 kW)
Dienst­geschwindigkeit

19,0 kn (35 km/h) Vorlage:Infobox Schiff/Antrieb/Geschwindigkeit_B

Propeller 3
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 550 tdw
Zugelassene Passagierzahl 1.500
Fahrzeugkapazität 40 PKW
Anzahl Tiere

10 Ochsen oder 16 Rinder oder 25 Schafe

Die Princess Victoria war ein im Jahre 1946 bei William Denny and Brothers Limited erbautes Fährschiff. Das Schiff sank am 31. Januar 1953 im Nordkanal zwischen Schottland und Nordirland bei schwerer See, ausgelöst durch den Orkan, der auch die Flutkatastrophe von 1953 herbeiführte. Zu dem Unglück kam es nach einem Wassereinbruch auf Grund gravierender Konstruktionsmängel an den Verschlusstoren des Fahrzeugdecks und dem daraus resultierenden Übergehen der Ladung. Nur 44 Personen von insgesamt 179 Passagieren und Besatzungsmitgliedern konnten gerettet werden.

Das Schiff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 8. Februar 1945 stellte die London, Midland and Scottish Railway Company eine Bauvoranfrage bei der Werft William Denny and Brothers in Dumbarton, um einen Ersatz für das seit 1939 auf Route zwischen Stranraer in Schottland und Larne in Nordirland betriebene, aber schon 1940 durch eine Mine versenkte Fährschiff Princess Victoria zu erhalten.

Der Ersatzbau sollte im Wesentlichen auf den Plänen des 1939 gebauten Schiffs basieren, wurde aber in zahlreichen Details verändert. Bei dem Schiff handelte es sich um ein RoRo-Schiff, das über das Heck beladen wurde und über ein durchgehendes, achtern offenes Fahrzeugdeck verfügte. Der offene Bereich des Fahrzeugdecks war durch etwa 1,50 m hohe, mit dem Heck des Schiffes abschließende Türen geschlossen, der unter den Aufbauten befindliche geschlossene Teil des Fahrzeugdecks war zusätzlich durch ein senkrecht herunter zu lassendes Tor gegen eindringendes Wasser gesichert.

Der Neubau wurde am 27. August 1946 zu Wasser gelassen und begann am 28. Februar 1947 seine Probefahrten. Am 7. März 1947 verließ das Schiff die Werft und wurde am darauffolgenden Tag in Stranraer an seine Auftraggeber abgeliefert. Im Zuge der Auflösung der London, Midland and Scottish Railway durch den Transport Act 1947 ging die Princess Victoria zum 1. Januar 1948 in die Hand der neu gegründeten Staatsbahn British Railways über.

Der Untergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 31. Januar 1953 tobte über der Irischen See sowie in den Seegebieten westlich Schottlands mit Windgeschwindigkeiten von über 180 km/h der bis dahin schwerste Orkan des 20. Jahrhunderts. Weil er die Wetterlage vermutlich unterschätzte und auf seine Erfahrung in dem Seegebiet vertraute, entschloss sich der Kapitän am frühen Morgen des 31. Januars 1953 trotz des seit den Nachtstunden tobenden Orkans zum Auslaufen. Vermutlich veranlasste ihn dazu der ungenaue Wetterbericht der Wetterdienste, die die in den Nachtstunden vom 30. auf den 31. Januar 1953 eingetretene dramatische Wetterverschlechterung mit den für die damalige Meteorologie zur Verfügung stehenden Methoden nicht exakt vorhersagen konnten.[1]

07:54 h Die Princess Victoria verlässt den Hafen von Stranraer
09:00 h Die Wucht der Wellen drückt die sich nach innen öffnende Heckklappe ein, Wasser dringt in das Schiff
09:46 h Erster Hilferuf: Keine Schlepper zur Verfügung
10:32 h SOS: „Autodeck geflutet“
11:00 h Das Rettungsboot aus Portpatrick erhält eine falsche Positionsangabe
13:00 h Maschinenraum steuerbordseitig geflutet – „Situation kritisch“
13:08 h Das Schiff hat starke Schlagseite
13:15 h „Wir bereiten uns zum Verlassen des Schiffs vor“
13:30 h Ein Dampfschiff passiert die Princess Victoria, ohne sie auszumachen
13:40 h Passagiere werden an Deck gerufen
13:58 h Letzte Nachricht vom Funker der Fähre
Quelle: BBC[2][3]

Bereits bei den Verladearbeiten kam es aufgrund des schweren Unwetters zu erheblichen Verzögerungen, die dazu führten, dass die Fähre mit 45 Minuten Verspätung den Hafen von Stranraer gegen 7.45 Uhr verließ. Bereits die Passage des windgeschützten Loch Ryan erwies sich auf Grund des Nordwestorkans als außerordentlich schwierig und konnte nur mit sehr langsamer Fahrt gegen Sturm und Strömung zurückgelegt werden, so dass erst nach einer Stunde statt nach ca. 30 Minuten der Nordausgang von Loch Ryan erreicht wurde.

Vermutlich um genügend Abstand vom Land zu erreichen, behielt der Kapitän nach Erreichen des Nordendes der Bucht einen nördlichen Kurs bei. Anschließend musste er einen südwestlichen Kurs in Richtung Larne einschlagen. Das Drehen des Schiffes auf diesen neuen Kurs führte dazu, dass das Schiff von Steuerbord achtern mit schweren, bis zu 13 Meter hohen Seen eingedeckt wurde. Etwa gegen 8.45 Uhr bemerkte ein auf dem Fahrzeugdeck arbeitendes Besatzungsmitglied, dass durch die senkrecht schließenden Deckstüren achtern, vermutlich hervorgerufen von einer Monsterwelle,[4] große Mengen Wasser eindrangen. Die Wassermengen waren so groß, dass sie nur unzureichend über die Speigatten des Schiffes abfließen konnten. Das Aufbrechen der Laschung sowie das starke Schlingern des Schiffes führten zu einem Verrutschen der Ladung und rasch zu starker Schlagseite. Der Versuch, das Falltor am Heck wieder wasserdicht zu schließen, musste aufgegeben werden.

Gegen 9.45 Uhr setzte die Princess Victoria auf Veranlassung der Kapitäns einen ersten Notruf ab, da das Schiff inzwischen manövrierunfähig im Northern Channel trieb und eine Rückkehr nach Stranraer nicht mehr möglich war. Bis 10.30 verschärfte sich die Situation derart, dass sich die Schiffsleitung veranlasst sah, den damals üblichen Notruf SOS zu senden. Sturm und Strömung folgend, versuchte die Schiffsführung, nachdem es der Besatzung gegen 11.00 Uhr gelungen war, zumindest vorübergehend wieder die Kontrolle über das Schiff zu gewinnen, Belfast Lough zu erreichen. Der Hafen von Larne konnte aufgrund der Havarie und des extrem schweren Wetters nicht mehr angelaufen werden. Bei diesem Versuch nahm das stark schlingernde und der See weitgehend ausgelieferte Schiff immer mehr Wasser auf.

Nach dem Absenden des Notrufes wurde sofort eine breit angelegte Rettungsaktion durch Motorrettungsboote der britischen Küstenwache sowie durch die britische Marine, die sofort den Zerstörer Contest an die Unfallstelle schickte, eingeleitet.[5]

Das extrem schlechte Wetter, verbunden mit der sehr hohen See und der schlechten Sicht, führten dazu, dass die Schiffsführung vorübergehend völlig die Orientierung verloren hatte. Ungenaue und falsche Positionsangaben waren die Folge. Aber auch den aus heutiger Sicht unzureichenden Radargeräten ist es zuzuschreiben, dass die havarierte und mit schwerer Schlagseite im Northern Channel treibende Fähre nicht rechtzeitig gefunden werden konnte, da sich die Suchmannschaften zunächst im falschen Gebiet aufhielten.[6]

Nachdem gegen 13.00 Uhr die Maschinen durch den Wassereinbruch ausgefallen waren und die Schlagseite des Schiffes so groß geworden war, dass es ohne Seile nicht mehr möglich war, sich auf dem Schiff zu bewegen, entschloss sich die Schiffsleitung gegen 13.40 Uhr, den Befehl zum Verlassen des Schiffs zu geben.[7] Beim Versuch, die Rettungsboote auszusetzen, wurde ein mit Frauen und Kindern besetztes Boot durch Seeschlag zerstört, andere Passagiere wurden beim Verlassen des Schiffes von Deck gespült. Alle an Bord befindlichen Frauen und Kinder kamen dabei ums Leben. Kurz nach dem letzten Funkspruch um 13.58 Uhr sank das Schiff im Northern Channel in Höhe der Copeland Islands, ca. 20 Seemeilen südlich des ursprünglichen Kurses, mitsamt der noch an Bord befindlichen Schiffsführung einschließlich des Kapitäns.

Nur 44 Menschen konnten gerettet werden. Der Besatzung des damals in Donaghadee (Nordirland) stationierten Rettungsboots Sir Samuel Kelly unter dem Kommando von Kapitän Hugh Nelson gelang es dabei in einem halsbrecherischen Einsatz unter schwierigsten Wetterbedingungen und sehr schwerer See, 31 Überlebende an Bord zu nehmen und sicher an Land zu bringen.[8]

Die Untersuchung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der amtlichen Untersuchung des Unfalls wurde als Hauptursache die völlig unzureichende Konstruktion der das Autodeck verschließenden Tore am Heck sowie des den geschlossenen Teil des Autodecks verschließenden Falltores angesehen. British Railways wurde zudem vorgeworfen, ein für das Seegebiet ungeeignetes Schiff eingesetzt zu haben, das zudem seit seiner Indienststellung im Jahre 1947 schon mehrfach havariert war.[9]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für seine herausragenden Leistungen und seinen Wagemut bei der Rettungsaktion wurde der Vormann des Rettungsbootes Sir Samuel Kelly, der damals 63 Jahre alte Kapitän Hugh Nelson, u. a. mit der Medaille des Britischen Empires ausgezeichnet. Dem beim Untergang des Schiffs getöteten Funker David Broadfoot wurde für seine aufopferungsvolle Leistung, die zur Rettung der 44 Überlebenden führte, während einer Audienz von der Queen posthum das Georgs-Kreuz verliehen.[10] Mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet wurden die Kapitäne der an der Suche und Rettungsaktion beteiligten Handelsschiffe Lairdsmoor, James Alexander Bell, Pass of Drumochter, James Kelly sowie der Orchy, Hugh Angus. Die Besatzungsmitglieder des Zerstörers Contest, Stanley Lawrence McArdle und Wilfred Warren, die bei der Rettungsaktion in die aufgewühlte See sprangen, um Überlebende zu bergen, wurden mit dem Georgs-Kreuz ausgezeichnet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • David John Lyon: The Denny List Part IV. Ship Numbers 1274-1505 and Appendices I-VIII. 1. Auflage. National Maritime Museum, Greenwich (London) 1976.
  • Hocking, Charles: Dictionary of Disasters at Sea During the Age of Steam: Including Sailing Ships and Ships of War Lost in Action, 1824-1962. 1. Auflage. Lloyd’s Register of Shipping, London 1969, ISBN 0-900528-03-6, S. 566/567.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag bei derbysulzers.com (englisch)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hollandflut 1. Februar 1953 auf saevert.de
  2. Greg McKevitt: Ferry disaster victims remembered. In: BBC News. 30. Januar 2003, abgerufen am 26. Januar 2013 (englisch).
  3. Karen Atkinson: Princess Victoria sinking remembered 60 years on. In: BBC News. 25. Januar 2013, abgerufen am 26. Januar 2013 (englisch).
  4. Neil Greenlees looks at a new book on the Princess Victoria sinking auf www.lisburn.com
  5. Princess Victoria Disaster Remembered 50 Years On. (Memento des Originals vom 23. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.larneferryweb.com auf Larne Ferry Web
  6. The tragedy of the Princess Victoria. (Memento des Originals vom 19. November 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cil.ie (PDF) In: BEAM Magazine, No. 32, 2003-2004, S. 36
  7. Greg McKevitt: Ferry disaster victims remembered. BBC News Online, 30. Januar 2003
  8. donaghadeelifeboat.co.uk (Memento des Originals vom 21. August 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.donaghadeelifeboat.co.uk
  9. Princess Victoria By Bob O’Hara
  10. bbc.co.uk