Rossau (Wien)
Rossau | |
---|---|
Wappen | Karte |
Rossau[1] (bis 1999 amtlich: Roßau) war bis 1850 eine eigenständige Gemeinde (Vorstadt) und ist heute ein Stadtteil Wiens im 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund.
Geographie
Die Rossau liegt im Osten des Alsergrunds. Im Osten bildet der Donaukanal die Grenze zu den Bezirken Brigittenau und Leopoldstadt, im Norden grenzt sie an die Alsergrunder Bezirksteile Althan- und Thurygrund, im Westen an die Alservorstadt. Südlich grenzt die Rossau schließlich an den 1. Bezirk Innere Stadt. Die Grenzen sind heute durch die Straßenzüge der Maria-Theresien-Straße, Liechtensteinstraße, Alserbachstraße sowie den Donaukanal gekennzeichnet.
Die Rossau ist ferner ein zehn Zählsprengel umfassender Zählbezirk der amtlichen Statistik, dessen Grenzverlauf jedoch nicht mit jenem der ehemals selbstständigen Gemeinde ident ist.
Geschichte
Die Rossau im Mittelalter
Der Name der Rossau stammt von den Weideplätzen und Schwemmen der Pferde, die die Donauschiffe flussaufwärts zogen. Ursprünglich hieß das Gebiet der Rossau Oberes Werd. Werd bzw. Wert war die mittelhochdeutsche Bezeichnung für eine Insel, wobei die Rossau als Abgrenzung zur Insel mit der Vorstadt Leopoldstadt (Unteres Werd) als Oberes Werd bezeichnet wurde und zwischen dem Donaukanal und dem später verlandeten Salzgrießarm lag. 1255 wurde erstmals in einer päpstliche Bulle die Kirche St. Johann im Werd genannt. Sie gehörte zu einem Fischerdorf, das am Donaukanal zwischen der Stadtmauer und der heutigen Berggasse am Oberen Werd lag. Auf Grund des Fisch- und Wildreichtums des Gebietes war der Besitz des Werds begehrt. Als Heinrich von Liechtenstein dem Stift Klosterneuburg der Besitz des Oberen Werds und des Kahlenbergs streitig machen wollte, bestätigte eine päpstliche Bulle 1253 den Besitzstand des Klosters. Während die Lichtensteins den Kahlenberg zurückgaben, blieben jedoch das Obere Werd und das spätere Lichtental abgetrennt. Der Großbrand, der 1276 beinahe ganz Wien einäscherte, vernichtet auch das Dorf am Oberen Werd. Das Dorf wurde jedoch wieder aufgebaut und einem Kloster der Augustiner angegliedert. Dieses übersiedelte 1327 in die Augustinerstraße, woraufhin der verlassene Bau in ein Spital umgewandelt wurde. Dem Spital war jedoch kein Erfolg vergönnt und es wurde geschlossen. 1360 übernahmen die Karmeliter das Gebäude, verzogen am ebenfalls in die Stadt und errichteten Am Hof ein Gotteshaus. Die Kirche der sogenannten Fischervorstadt bestand jedoch als Pfarrkirche des Dorfes weiter. Das Dorf lebte überwiegend vom Fischfang, der in den Donauarmen, deren Altarmen sowie einem Bach, der an der Schottenpoint entsprang und durch die heutige Berggasse abfloss, betrieben wurde.
Die Rossau in der Neuzeit
Im Zuge der ersten Wiener Türkenbelagerung wurde das Fischerdörfchen am Donaukanal und auch alle anderen Gebäude ein Raub der Flammen. 1540 wurde vom Wiener Stadtrat jedoch der Neubau der Wiederaufbau der Kirche St. Johann beschlossen. Um die Stadt wurde eine Bauverbotszone eingeführt und zur besseren Verteidigung ein zunächst 90 Meter breites Glacis errichtet. Die vor den Stadttoren entstandenen mittelalterlichen Vorstädte verschwanden somit nun endgültig. 1547 wurde in der Rossau vor dem Schottentor die bürgerliche Schießstätte errichtet, auf der die Armbrust und Gewehrschützen trainierten. Nach einem kaiserlichen Erlass 1632, der die Ausweitung des Glacies auf 300 Schritte und ein Bauverbot im Vorfeld vorsah, fielen den Verteidigungsmaßnahmen ein Palais der Schwarzenbergs und das Fischerdörfchen zum Opfer. Dadurch verkleinerte sich das Gebiet der Rossau auf den Bereich zwischen der heutigen Berggasse und der Alserbachstraße. Neben einer kleinen Ansiedlung vor den Stadtmauern mit dem Schießplatz hatte die Rossau jedoch immer noch einen starken Aucharakter mit Tümpeln, Wasserläufen und Altarmen, die die Besiedelung behinderten. Deshalb wurde das Gebiet Großteils nur von Fischern, Flößern und als Weide und Tränke für die Pferde genutzt. Wegen der Stadtnähe geschätzt, wurde die Rossau aber nun von Adeligen und reichen Bürgern für die Errichtung von Zweitwohnsitzen mit reich ausgestalteten Gärten interessant. Auch der Wiener Bürgermeister Daniel Moser ließ für sich einen Garten zwischen Rossauer Lände und Hahngasse errichten. 1638 wurde vom Hofkriegsrat dem Servitenorden die Erlaubnis erteilt, ein Kloster in der Rossau zu errichten. Die Patres erwarben den Grund der Witwe Laura Katharina Quattin und ein Vorauskommando baute den Stadel zu einer Kapelle um. Wichtigster Geldgeber für die Errichtung einer Kirche wurde der kaiserliche Heerführer Octavio Piccolomini, der durch den Verkauf eines Landgutes in Böhmen den Neubau von Kirche und Kloster finanzierte. Nach Piccolominis Tod finanzierte Johann Tury den Bau der Servitenkirche weiter. 1666 konnte im errichteten Rohbau der erste Gottesdienst abgehalten werden.
Bis 1850 befand sich hier eine der ältesten Wiener Hinrichtungsstätten, nämlich der so genannte Rabenstein. Zwischen 1902 und 1904 wurde an der heutigen Rossauer Lände das Polizeigebäude an der Elisabethpromenade erbaut.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die Servitenkirche ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten in der Rossau. Im Servitenviertel rund um die Kirche befindet sich auch das Schauspielhaus Wien. Am Ufer des Donaukanals wurde 1995 der Musikklub Flex eröffnet. Die zwischen 1865 und 1869 errichtete Rossauer Kaserne im Südosten des Bezirksteils beherbergt heute unter anderem den Hauptsitz des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport. Im barocken Palais Liechtenstein ist das Liechtenstein-Museum untergebracht, eine der größten Privatsammlung der Welt. In der ehemaligen Praxis und Wohnung von Sigmund Freud in der Berggasse 19 wurde 1971 das Sigmund Freud Museum eröffnet. Mit dem Jüdischen Friedhof Rossau liegt der älteste erhaltene Friedhof Wiens in der Rossau, während die Vereinssynagoge Müllnergasse bei den Novemberpogromen 1938 zerstört worden war.
Wirtschaft und Infrastruktur
Als erster bedeutender Betrieb siedelte sich in der Rossau (Liechtensteinstraße 43) 1718 die erste Porzellanmanufaktur an, die 1744 in kaiserlichen Besitz überging und dadurch stark expandieren konnte. 1754 wurde im Haus gegenüber eine Kattunfabrik eröffnet, die ab 1777 auch Wollsortieranlagen und Spinnmaschinen baute. Zum wichtigsten Handwerksberuf entwickelte sich in der Rossau ab dem späten 18. Jahrhundert jedoch die Sattler und Wagner. Da bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts an der Rossauer und Spittelauer Lände zahlreiche Schiffe anlegten und diese Schiffe mit Pferden auch gegen den Donaustrom gezogen werden mussten, entstand ein großer Bedarf an Geschirren, Sattelzeug und Seilen. Ein zusätzlicher Bedarf resultierte aus den zahlreichen Adelspalais, die Sattler und Wagner für ihre Kutschen benötigten. Dies führte dazu, dass sich ab dem Ende des 18. Jahrhunderts in der Rossau ein Zentrum des Wagenbaus entstand. 1845, zur Blütezeit dieses Handwerks arbeiteten etwa 30 % der Wiener Sattler, rund 15 % der Wagner, 42 % der Wagenschlosser und 47 % der Wagentischler im heutigen Bezirksgebiet. Insbesondere in der heutigen Porzellangasse lagen zahlreiche Wagner Betriebe. Die Porzellanfabrik, musste hingegen 1864 aufgrund der starken böhmischen Konkurrenz schließen. Erst 1923 wurde sie im Augarten neu gegründet (Porzellanmanufaktur Augarten).
Das Gaswerk Rossau war das erste in Wien tätige kommerzielle Gaswerk.
Die U-Bahn-Station Rossauer Lände wurde, damals noch als Station der Wiener Stadtbahn, im Jahr 1901 eröffnet. Im Stadtteil befindet sich mit dem Lateinamerika-Institut seit 1965 eine interdisziplinäres Institut für den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch mit Lateinamerika.
Persönlichkeiten
- Johann Philipp Högl (1755–1805), Steinmetzmeister und Grundrichter in der Rossau
Einzelnachweise
- ↑ Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 17. Dezember 1999, PrZ 299-M07, P 49, Quelle: wien.gv.at: In Abänderung des GRB vom 30. Jänner 1981 werden für die Schreibung von Verkehrsflächenbezeichnungen und geografischen Namen die Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission dahingehend ergänzt, dass grundsätzlich die Neue Rechtschreibung Anwendung findet. Auf Straßentafeln, Orientierungsnummerntafeln und dergleichen sowie in Personaldokumenten ist die geänderte Schreibweise nur bei Neuanbringung bzw Neuausstellung zu berücksichtigen.
Literatur
- Alfred Wolf: Alsergrund. Bezirk der Dichter und Denker. Wien 1993.
- Alfred Wolf: Alsergrund-Chronik. Von der Römerzeit bis zum Ende der Monarchie. Wien 1981.
Weblinks
Koordinaten: 48° 13′ N, 16° 22′ O