Saccharose

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Strukturformel
Struktur von Saccharose
Kristallsystem

monoklin-sphenoidisch

Allgemeines
Name Saccharose
Andere Namen
  • Sucrose
  • α-D-Glucopyranosyl-(1-2)-β-D-fructofuranosid
  • β-D-Fructofuranosyl-α-D-glucopyranosid
  • Kristallzucker
  • Rohrzucker
  • Rübenzucker
  • Haushaltszucker
Summenformel C12H22O11
Kurzbeschreibung

farb- und geruchloser kristalliner Feststoff mit süßem Geschmack[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 57-50-1
PubChem 5988
Wikidata Q4027534
Eigenschaften
Molare Masse 342,30 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,57 g·cm−3 (30 °C)[1]

Schmelzpunkt

185–186 °C (Zers. ab ca. 160 °C)[2]

Löslichkeit

sehr leicht löslich in Wasser (4,87 g je g Wasser bei 100 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Toxikologische Daten

29,7 g·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Saccharose [zaxaˈroːzə] (zu lateinisch saccharum bzw. Vorlage:ELSalt2, „Zucker“), umgangssprachlich Kristallzucker, Haushaltszucker, oder einfach Zucker genannt, ist ein Disaccharid und Kohlenhydrat.

Vor allem Zuckerrübe, Zuckerrohr und Zuckerpalme enthalten dieses Disaccharid in wirtschaftlich nutzbaren Mengen. In Saccharose sind je ein Molekül α-D-Glucose und β-D-Fructose über eine α,β-1,2-glycosidische Bindung verbunden.

Die Konstitution wurde von Walter Norman Haworth aufgeklärt.[3]

Vorkommen, Gewinnung und Bedeutung in Pflanzen

Die Zuckerrübe [Beta vulgaris subsp. vulgaris (Altissima-Gruppe)] ist die bedeutendste Zuckerpflanze der gemäßigten Breiten.
Zuckerrohr (Saccharum officinarum) enthält reichlich Saccharose.[4]

Saccharose wird von vielen Pflanzen mittels Photosynthese gebildet, für die Gewinnung des Haushaltszuckers sind vor allem Zuckerrüben, Zuckerrohr und Zuckerpalme (vornehmlich in Indonesien) von Bedeutung. In kleineren Mengen wird Saccharose auch aus dem Saft des Zuckerahorns gewonnen. Zudem bildet der ausschließlich oder überwiegend Saccharose enthaltende Phloemsaft vieler Pflanzen die Grundlage der Honigproduktion – indem die Bienen entweder direkt pflanzliche Absonderungen wie Nektar oder aber die Honigtau genannten Ausscheidungen von Phloemsaft saugenden Insekten (v. a. Schnabelkerfen wie Blattläusen, Schildläusen, Blattflöhen, Mottenschildläusen sowie verschiedener Zikaden) sammeln.[5]

Biosynthese

Die Biosynthese von Saccharose erfolgt im Cytoplasma von Pflanzenzellen aus den Hexose-Intermediaten UDP-Glucose und Fructose-6-phosphat. Die beiden Monosaccharide werden aus Triosephosphaten gebildet, die als Nettogewinn bei der Kohlenstoffassimilation der Fotosynthese (Calvin-Zyklus) im Chloroplasten entstehen. Die beiden Triosephosphate Glycerinaldehyd-3-phosphat und Dihydroxyacetonphosphat werden entweder im Chloroplasten zur Synthese von Stärke (Speicherstärke) verwendet oder aus dem Chloroplasten ins Cytosol exportiert, wo daraus Hexosen entstehen, die der Synthese von Saccharose (oder weiteren Kohlenhydraten oder Aminosäuren) dienen.

Dazu wird zuerst Fructose-1,6-Bisphosphat durch eine Kondensationsreaktion zwischen Glycerinaldehyd-3-phosphat und Dihydroxyacetonphosphat gebildet, das dann durch Dephosphorylierung zu Fructose-6-P umgesetzt wird. Aus Fructose-6-P wird durch Isomerisierung auch Glucose-6-P gebildet, das durch anschließende Reaktion (nach voriger Umisomerisierung zu Glucose-1-phosphat) mit Uridintriphosphat (UTP) zu Uridindiphosphat-Glucose (UDP-Glucose) aktiviert wird. Die folgende Kondensation von UDP-Glucose und Fructose-6-P zu Saccharose-6-phosphat wird von dem Enzym Saccharose-phosphat-Synthase katalysiert. Die dafür nötige Energie bringt die Abspaltung von Uridindiphosphat (UDP). Zuletzt wird der Phosphatrest in einer irreversiblen Reaktion durch das Enzym Saccharose-phosphat-Phosphatase abgespalten, sodass Saccharose entsteht.

Bedeutung als Transportzucker

Saccharose ist der wichtigste Transportzucker in Pflanzen. Dazu eignet sie sich besser als freie Hexosen, da sie als nicht-reduzierendes Disaccharid chemisch inert ist. Die durch die Fotosynthese in grünen Pflanzenzellen bei Licht entstehende Saccharose gelangt durch passiven Transport in den Apoplasten und anschließend durch aktiven Transport in das assimilatleitende Phloem der pflanzlichen Leitgewebe. Im Phloem wird sie zu anderen, nicht-fotosynthetischen Geweben, wie z. B. Wachstumszonen oder Speichergeweben, transportiert.

Andere Transportzucker sind in manchen Pflanzenfamilien (z. B. Kürbisgewächse, Walnussgewächse) Raffinosen.

Abbau und Verwertung

Für den Saccharose-Abbau in den Zielgeweben gibt es unterschiedliche Möglichkeiten.

In Wachstumszonen wie Spross- und Wurzelspitze (Meristeme) wird Saccharose aus dem Phloem symplasmatisch durch Plasmodesmata transportiert. In den Zellen wird sie in Umkehr der Synthesereaktion durch das Enzym Saccharose-Synthase mit UDP zu UDP-Glucose und Fructose gespalten. Die beiden Hexosen können zu Glucose-6-P umgeformt und z. B. zur Energiegewinnung in die Glycolyse eingeführt werden.

In Speichergeweben wird Saccharose apoplastisch aus dem Phloem zu den Zielzellen transportiert. Sie kann durch aktiven Transport in die Zelle aufgenommen werden und dort von der Saccharose-Synthase abgebaut werden. Der Großteil wird jedoch in der Zellwand von Invertasen in Glucose und Fructose gespalten. Die beiden Monosaccharide können durch Symporter von der Zelle aufgenommen werden, wo sie als Glucose-6-P in den Chloroplasten transportiert und zur Synthese von Speicherstärke verwendet werden.

Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Die Saccharose gehört wie andere Zuckerarten zu den Kohlenhydraten. Sie ist ein Disaccharid (Zweifachzucker). Saccharose besteht als Dimer aus je einem Molekül α-D-Glucose (Pyranoseform) und β-D-Fructose (Furanoseform). Diese beiden Moleküle sind über eine α,β-1,2-glycosidische Bindung miteinander verbunden (Glucose α1-2 Fructose), die sich unter Austritt eines Wassermoleküls (Kondensationsreaktion) über die OH-Gruppen der anomeren C-Atome miteinander gebildet hat.

Saccharose ist ein nicht-reduzierendes Disaccharid. Nicht-reduzierende Disaccharide sind über ihre beiden anomeren C-Atome O-glycosidisch miteinander verknüpft, ihre chemische Bezeichnung endet mit -sid. Dies bedeutet, dass im Saccharose-Molekül die beiden Komponenten so miteinander verbunden vorliegen, dass keine Aldehydgruppe unter Ringöffnung (weder vom Glucose- noch vom Fructose-Molekül) gebildet werden kann. Diese nicht-reduzierenden Atomgruppierungen nennt man Acetale. Acetale sind im Gegensatz zu Halbacetalen vergleichsweise stabil in basischem und neutralem Milieu. Sie sind nur durch Säurekatalyse zu öffnen, wobei das Disaccharid z. T. in Monosaccharide gespalten wird, es entsteht Invertzucker (stoffmengengleiche Teile Glucose und Fructose). Saccharose zeigt aufgrund der in neutralem Milieu unterbleibenden Ringöffnung fast keine Mutarotation.

Saccharose zeigt daher bei der Fehling-Probe eine negative Nachweisreaktion.

Physikalische Eigenschaften

Erhitzung und Verbrennung

Zuckerwürfel
Erkalteter, zerbrochener Karamell

Beim Erhitzen von Saccharose auf 185 °C schmilzt sie und bildet unter Zersetzung eine braun werdende Schmelze (Karamell). Wird die Saccharose verbrannt, entstehen Zuckerkohle und ein übelriechendes Gas.

Wasserlöslichkeit

Saccharose ist in Wasser sehr gut löslich. Die Löslichkeit ist, wie bei den meisten Feststoffen, temperaturabhängig:

Löslichkeit von Saccharose in Wasser [6]
Temperatur in °C Gew.-Prozent Saccharose g Saccharose / kg Wasser Dichte in g / cm3
0 64.18 1792 1.31490
5 64.87 1847 1.31920
10 65.58 1905 1.32353
15 66.30 1970 1.32804
20 67.09 2039 1.33272
25 67.89 2114 1.33768
30 68.70 2195 1.34273
35 69.55 2284 1.34805
40 70.42 2381 1.35353
45 71.32 2487 1.35923
50 72.25 2604 1.36515
55 73.20 2731 1.37124
60 74.18 2873 1.37755
65 75.18 3029 1.38404
70 76.22 3205 1.39083
75 77.27 3399 1.39772
80 78.36 3621 1.40493
85 79.46 3868 1.41225
90 80.61 4157 1.41996
95 81.77 4486 1.42778
100 82.87 4872 1.43594

Bei 20 °C erhält man eine 67 Gew.-%ige Lösung (Dichte 1,33 kg/l), bei 100 °C dagegen eine 83 Gew.-%ige gesättigte Lösung (Dichte 1,44 kg/l), die beim Abkühlen jedoch keine Kristalle mehr ausscheidet („gehinderte Kristallisation“). Anzumerken sei noch, dass eine 60 Gew.-%ige Lösung bei 105 °C, eine 80 Gew.-%ige Lösung bei 113 °C und eine 90 Gew.-%ige Lösung bei 132 °C siedet. (Letztere Werte entnommen aus dem Phasendiagramm von Saccharase und Wasser bei 100 kPa).

Drehung von polarisiertem Licht

Saccharose ist chiral und daher optisch aktiv: In wässriger Lösung dreht Saccharose polarisiertes Licht im Uhrzeigersinn (spezifischer Drehwinkel α = +66,5°·ml·dm−1·g−1[7]). Durch Spaltung von Saccharose entsteht ein Gemisch (Invertzucker), das halb aus Glucose und halb aus Fructose besteht. Diese Mischung dreht polarisiertes Licht gegen den Uhrzeigersinn (spezifischer Drehwinkel α = −20°·ml·dm−1·g−1), man beobachtet also eine Umkehrung der Drehungsrichtung („Inversion“); das 1:1-Gemisch aus Fructose und Glucose wird daher auch als Invertzucker bezeichnet.[8]

Süßkraft

Die Süßkraft ist eine dimensionslose Größe, welche die relative Süße eines Stoffes angibt. Die Werte der Süßkraft beziehen sich dabei auf Saccharose, welcher eine Süßkraft von 1 zugeordnet wird.[9] Die Süßkraft dient einem halbquantitativen Vergleich insbesondere zu anderen natürlichen oder künstlichen Süßungsmitteln. Süßungsmittel können eine mehrere hundert- oder tausendfache Süßkraft gegenüber Saccharose aufweisen. Interessanterweise gehört ein Derivat der Saccharose, D-(+)-Saccharoseoctaacetat, zu den bittersten bekannten Verbindungen.

Wirkung von Zucker auf den Organismus

Bis zur industriellen Revolution im 19. Jahrhundert war reiner Zucker breiten Bevölkerungsschichten in Mitteleuropa kaum zugänglich. Zucker wurde dem Körper hauptsächlich beim Genuss von Gemüse und Obst sowie von Honig zugeführt. Erst seit der Züchtung der Zuckerrübe um 1800 und dem Beginn der industriellen Raffination von Zucker wurde der Organismus mit größeren Mengen von Kristallzucker konfrontiert.

Hoher Zuckerkonsum, vor allem, wenn es sich um „freien“ Zucker z. B. aus süßen Getränken handelt, kann zu Übergewicht und damit zu einem erhöhten Krankheitsrisiko für Diabetes mellitus führen.

Studien von John Yudkin legen nahe, dass zwischen der Aufnahme von Zucker und der Häufigkeit von Herzinfarkten ein Zusammenhang besteht.

Fehlende oder ungenügende Zahnpflege nach dem Konsum von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln führt zur Bildung von Zahnkaries. Viele Zuckerarten können von Bakterien im Mund zu zahnschädigenden Säuren umgewandelt werden. Insbesondere wird Saccharose vom Bakterium Streptococcus mutans zu Dextranen verarbeitet, mit deren Hilfe diese sich besonders hartnäckig an Zähne heften können.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass Zucker höchstens 10 % der täglichen menschlichen Energieaufnahme ausmachen sollte.[10] Dies wird in Industriestaaten zumeist überschritten.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Saccharose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Saccharose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Eintrag zu Saccharose in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. a b Eintrag zu Saccharose. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  3. Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 1221.
  4. Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle. Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich 2006, ISBN 3-906390-29-2, S. 340.
  5. Helmut Horn, Cord Lüllmann: Das große Honigbuch. 3. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-10838-4, S. 29–30.
  6. C.A. Browne: "Handbook of Sugar Analysis", New York, John Wiley and Sons, 1912
  7. Brockhaus ABC Chemie. Verlag Harry Deutsch, Frankfurt/ Zürich 1965.
  8. Adalbert Wollrab: Organische Chemie: Eine Einführung für Lehramts- und Nebenfachstudenten. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-45144-7, S. 845.
  9. Eintrag zu Süßstoffe. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  10. Diet, Nutrition and the Prevention of Chronic Diseases (= WHO Technical Report Series. 916) table 6 auf S. 56