Vakuumgaren

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Sous Vide)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zubereitung mittels Thermalisierung

Als Vakuumgaren oder Sous-vide-Garen (sprich /suːˈviːd-/; französisch sous ‚unter‘; vide ‚Vakuum‘) bezeichnet man eine Methode zum Garen von Fleisch, Fisch oder Gemüse in einem Kunststoffbeutel bei relativ niedrigen Temperaturen von unter 100 °C. Das Vakuumgaren ist eine Variante des Niedrigtemperaturgarens, die den höheren Wärmeaustausch (im Vergleich zum Backofen) eines Wasserbads oder temperaturgeregelten Dampf nutzt.

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

handlicher Sous-Vide-Stick mit Isolationskugeln
Sous-Vide-Stick mit Isolationskugeln
Kleines Vakuumgerät für Privathaushalte

Die Speisen werden in einen Kunststoffbeutel eingeschweißt, aus dem die Luft mit einem Vakuumiergerät abgesaugt wurde, und dann bei konstanter Wassertemperatur im Bereich von 50 bis 85 °C zubereitet. Hierbei kommen zur Überwachung der Kerntemperatur des Garguts kurze Bratenthermometer (mit dem Gargut eingeschweißt) oder Infrarotthermometer zur Anwendung. Die Vakuumbeutel werden üblicherweise aus mehreren Schichten von Polyamiden und Polyethylen gefertigt, um eine Extraktion von Weichmachern aus der Folie des Beutels in das Gargut zu vermeiden. Alternativ gibt es auch Dampfgargeräte (Kombi-Steamer), die über eine spezielle Bedampfungsfunktion verfügen. In diesem Fall wird der Beutel direkt in den Dampfgarer gelegt und der Inhalt gradgenau mit Dampf gegart.

Mittlerweile werden auch fertige Sous-Vide-Bäder für den gewerblichen oder handliche Sous-Vide-Sticks für den privaten Gebrauch angeboten. Dieser funktioniert in etwa wie ein Tauchsieder. Er erhitzt das Wasser bis zur gewünschten Temperatur und die integrierte Umwälzpumpe sorgt für ein gleichmäßiges Erhitzen des Wassers und somit für ein gleichmäßiges Garen.[1]

Vorteile des Vakuumgarens liegen darin, dass durch das Vakuumieren nichts aus dem Beutel austreten kann, weder flüchtige Geschmackstoffe oder Aromen noch Wasser. Zudem ist die Geschmacksbeeinflussung des Gargutes durch beigelegte Zutaten wie Gewürze oder Kräuter intensiver. Durch die Entfernung des größten Anteils an Luft im Beutel wird auch eine Oxidation des Garguts und seiner Aromen vermindert. Da beim Vakuumgaren aufgrund der relativ niedrigen Temperaturen keine Maillard-Reaktion stattfindet und keine Kruste am Gargut gebildet werden kann, wird das Gargut meistens vor oder nach dem Vakuumgaren kurz scharf angebraten oder bei Temperaturen über 200 °C kurz gebacken.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kochen bei niedrigen Temperaturen wurde erstmals 1799 von Benjamin Thompson beschrieben. In seinen Experimenten verwendete er Luft als Wärmeübertragungsmedium, um herauszufinden, ob er Fleisch in einer Maschine braten konnte, die er zum Trocknen von Kartoffeln entwickelt hatte.[2][3] In Thompsons eigenen Worten war das Fleisch „nicht nur genießbar, sondern perfekt zubereitet“.

Die Zubereitung von Lebensmitteln unter Druck mit oder ohne Hitze wurde ab Mitte der 1960er Jahre von amerikanischen und französischen Ingenieuren als industrielle Methode zur Lebensmittelkonservierung entwickelt, konnte sich aber aufgrund der schwierigen Handhabung seinerzeit nicht im Haushaltsmaßstab durchsetzen, da es nur wenige dafür geeignete Geräte gab. Die verwendeten Geräte kamen aus chemischen oder biologischen Laboratorien, waren teuer und unpraktisch. Das Verfahren wurde damals hauptsächlich für die Herstellung von Convenience Food eingesetzt. Mittlerweile sind spezielle Geräte zum Vakuumgaren auf dem Markt, wie zum Beispiel Einbau-Dampfgargeräte. Damit wurde dieses Zubereitungsverfahren in Gastronomiebetrieben und privaten Haushalten umsetzbar.

1974 entdeckte Georges Pralus, ein französischer Koch im Relais & Châteaux Restaurant Troisgros (von Pierre und Michel Troisgros), dass Foie Gras, wenn es auf diese Weise gegart wurde, sein ursprüngliches Aussehen beibehielt, keine überschüssigen Mengen an Fett verlor und eine bessere Textur hatte.[4] Ein weiterer Pionier im Bereich Sous Vide war Bruno Goussault, Chefwissenschaftler des in Sterling, Virginia, ansässigen Lebensmittelherstellers Cuisine Solutions, der die Auswirkungen der Temperatur auf verschiedene Lebensmittel weiter erforschte und dafür bekannt wurde, Spitzenköche in dieser Methode auszubilden. Er entwickelte die Parameter der Kochzeiten und -temperaturen für verschiedene Lebensmittel. Goussault und Pralus arbeiteten in den 1970er Jahren erst unabhängig voneinander und schließlich gemeinsam an der Weiterentwicklung des Sous-Vide-Garens.[5]

Tabellen (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lebensmittel Gewicht /
Dicke
Garzeit Wasser-
Temperatur
Garstufe
      Fleisch
Lammfilet 080 g / 2 cm 00:35 h 056 °C à point
medium
rosa
Chateaubriand (Filetkopf) 800 g 02:15 h 057 °C
Rindsfilet (Mittelstück) 600 g 01:45 h 057 °C
Filet-Beefsteak 200 g / 3 cm 00:50 h 057 °C
Tournedos 100 g / 2 cm 00:30 h 057 °C
Roastbeef 800 g 03:00 h 057 °C
Entrecôte 200 g / 2 cm 00:45 h 057 °C
Entrecôte Double 400 g / 4 cm 01:20 h 057 °C
Rindshuft 800 g 03:20 h 059 °C
Lammhüfte 220 g 01:10 h 062 °C
Rindshuftdeckel 600 g 00:48 h 066 °C Bien cuit
well done
durch
Ochsenbäckchen 18 h
48 h
72 h
068 °C[6]
065 °C[7]
062 °C[8]
      Fisch und Meeresfrüchte
Lachsfilet 2,5 cm 00:30 h 057 °C
Calamares aufgetaut
Tentakel ganz, Kopf in Streifen
02:10 h 060 °C
      Diverses
Onsen-Eier 45…64 g/Ei 00:40 h 064,5 °C

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • François Choain, Philippe Noël: Le sous-vide et les technologies actuelles en cuisine. Delagrave, Paris 2004, ISBN 978-2-206-03316-7 (französisch).
  • Evert Kornmayer (Hrsg.): Sous-Vide Grundkochbuch. Wissen und Rezepte von Spitzenköchen und Experten. Gebrüder Kornmayer, Rödermark 2010, ISBN 978-3-938173-68-8.
  • Nathan Myhrvold, Chris Young, Maxime Bilet: Modernist Cuisine. The Art and Science of Cooking. The Cooking Lab, Seattle 2011, ISBN 978-0-9827610-0-7 (englisch, 2438 S.).
  • Hubertus Tzschirner, Dr. Thomas Vilgis: Sous Vide. Der leichte Einstieg in die sanfte Gartechnik. Fackelträger Verlag, Köln 2012, ISBN 978-3-7716-4506-9 (256 S.).
  • Heiko Antoniewicz: Sous-vide. Matthaes, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-87515-054-4 (328 S.).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Vakuumgaren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lava Vakuumiergerät: Vakuumierer & Vakuumiergeräte vom Hersteller Lava - Sous-Vide-Sticks – die handliche Alternative für Zuhause. Abgerufen am 3. September 2019.
  2. Benjamin Count of Rumford, "Essay X: On the construction of kitchen fire-places and kitchen utensils together with remarks and observations relating to the various processes of cookery; and proposals for improving that most useful art", Essays, Political, Economical, and Philosophical, vol. 3 (London, England: T. Cadell jun. and W. Davies, 1802), pp. 18-20.
  3. Sous Vide Historical Note: Count Rumford. In: Medellitin. Abgerufen am 14. Oktober 2012.
  4. Amanda Hesser: Under Pressure. In: The New York Times. 14. August 2005, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 1. August 2020]).
  5. Under Pressure - NYTimes.com. 29. Mai 2015, archiviert vom Original am 29. Mai 2015; abgerufen am 21. November 2022.
  6. SOUS VIDE OCHSENBÄCKCHEN. In: Don Carne Beef Blog. 29. August 2019, abgerufen am 24. September 2023 (deutsch).
  7. Ochsenbacke "sous-vide" Kartoffel-Karotten-Stampf. Abgerufen am 24. September 2023.
  8. tfalk: Ochsenbäckchen 72 62 (sous-vide gegart). In: Falk Kulinarium. 11. Juli 2015, abgerufen am 24. September 2023 (deutsch).