Spermin

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Strukturformel
Struktur von Spermin
Allgemeines
Name Spermin
Andere Namen
  • N,N′-Bis(3-aminopropyl)-1,4-butandiamin
  • 1,12-Diamino-4,9-diazadodekan
  • Diaminopropylputreszin
  • Gerontin
  • Musculamin
  • Neuridin
Summenformel C10H26N4
Kurzbeschreibung

hygroskopische Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-754-2
ECHA-InfoCard 100.000.686
PubChem 1103
ChemSpider 1072
DrugBank DB00127
Wikidata Q424597
Eigenschaften
Molare Masse 202,34 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

55–60 °C[1]

Siedepunkt

141–142 °C (bei 66,5 Pa)[1]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser und Ethanol[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 314
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Spermin ist ein natürlich vorkommendes Polyamin, das unter anderem in menschlichem Sperma vorkommt und ihm seinen charakteristischen Geruch und Geschmack verleiht. Es ist als Polykation im zellulären Stoffwechsel aller Eukaryoten in verschiedenen Gewebetypen beteiligt (z. B. Blockade der Kaliumkanäle während der Initiationsphase des Aktionspotentials). Eine technische Verwendung ist möglich aufgrund seiner Eigenschaft, mit Stickstoffmonoxid (NO) wasserlösliche Komplexe zu bilden, wodurch das Gas leichter handhabbar wird. Es dient außerdem als Ausgangsstoff zur Synthese medizinisch interessanter Derivate.

Gewinnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Syntheseweg zum Spermin führt von Succinonitril durch Reduktion zu 1,4-Diaminobutan, anschließender Cyanoethylierung mit Acrylnitril zum Dicyanovorläufer und anschließender nochmaliger Reduktion.[3]

Biochemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funktionell wirkt Spermin stabilisierend auf die DNA, insbesondere der Spermien. Gebildet wird Spermin aus Methionin über die Zwischenstufe Spermidin. Sowohl Spermidin als auch Spermin konnten außerdem in Ribosomen, tRNA[4] und in Viren nachgewiesen werden, hier wahrscheinlich zur Stabilisierung der RNA bzw. DNA.

Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1677 erwähnte Antoni van Leeuwenhoek erstmals das Vorkommen von Kristallen in Sperma und anderen Körperflüssigkeiten des Menschen.[5]

1870 isolierte Philipp Schreiner Spermin aus Sperma und wies nach, dass die bei Leukämie im Körper vorkommenden Charcotschen Kristalle das Phosphat dieser Base sind.[6] Das Ergebnis veröffentlichte er 1878 unter dem Titel Ueber eine neue organische Basis in thierischen Organismen in Justus Liebigs Annalen der Chemie.[7] Die Base wurde 1891 von Alexander Poehl aus Rinderhoden hergestellt.[6]

Die chemische Struktur des Spermins wurde zwischen 1923 und 1927 von Harold Dudley, Otto Rosenheim und F. Wrede aufgeklärt; in dieser Zeit gelang auch die Synthese.[8][9]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Kosmetik wird Spermin in Anti-Aging-Produkten zur Faltenreduktion zugesetzt.[10]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexander Poehl: Die physiologisch-chemischen Grundlagen der Spermintheorie nebst klinischem Material zur therapeutischen Verwendung des Sperminum-Poehl. Hirschwald, Berlin 1896 (Digitalisat)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Eintrag zu Spermin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juni 2014.
  2. a b Datenblatt Spermine bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 17. Oktober 2016 (PDF).
  3. Harry P. Schultz: The Preparation of Spermine Tetrahydrochloride1 (1,12-Diamino-4,9-diazadodecane Tetrahydrochloride). In: J. Am. Chem. Soc. 70 (8), 1948, S. 2666–2667.
  4. L. Jovine, S. Djordjevic, D. Rhodes: The crystal structure of yeast phenylalanine tRNA at 2.0 angstrom resolution: Cleavage by Mg2+ in 15-year old crystals. In: Journal of Molecular Biology. 301, 2000, S. 401–414.
  5. A. van Leeuwenhoek: Observationes D. Anthonii Leeuwenhoek, de natis e semine genitali animalculis. Letter dated November 1677. In: Philos. Trans. Roy. Soc. London. 12, 1678, S. 1040–1043.
  6. a b Mitteilung auf digitalis.uni-koeln.de, S. 387.
  7. Artikel auf chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com
  8. H. W. Dudley, O. Rosenheim, W. W. Starling: The chemical constitution of spermine. III. Structure and synthesis. In: Biochem. J. 20, 1926, S. 1082–1094. PMID 16743746
  9. F. Wrede: Über die aus menschlichem Sperma isolierte Base Spermin. In: Dtsch. Med. Wochenschr. 51, 1925, S. 24.
  10. Patent WO2005013932: Use of Spermine and/or Spermidine against skin ageting in dietary, pharmaceutical or cosmetic compositions. Veröffentlicht am 30. Juli 2004, Erfinder: Fabio Rinaldi, Elisabetta Sorbellini, Sergio Baroni, Anna Benedusi.