Thomas Naumann (Physiker)

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Thomas Naumann (* 15. Juni 1953 in Dresden) ist ein deutscher Experimentalphysiker.[1][2]

Prof. Dr. Thomas Naumann

Er leitete bis zum Jahre 2020 die Gruppe Teilchenphysik am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Zeuthen und ist Mitglied des ATLAS-Experiments am Large Hadron Collider LHC des Europäischen Zentrums für Kernforschung CERN in Genf.[3] Seit 1996 lehrte er gleichzeitig an der Universität Leipzig, von 2006 bis 2020 als Honorarprofessor.[4]

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Naumann wurde 1953 als Sohn des deutsch-jüdischen Schriftstellers, Arztes und Kommunisten Friedrich Wolf und der Tanzpädagogin Irmgard Schaaf[5] in Dresden geboren. Sein Vater starb im Jahre seiner Geburt. Die Mutter heiratete im Jahre 1959 den Pianisten und späteren Professor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden Karl-Heinz Naumann. Seine Halbbrüder Markus Wolf, Leiter des Auslandsgeheimdienstes der DDR von 1952 bis 1986, und Konrad Wolf, DEFA-Regisseur (Ich war neunzehn) und Präsident der Akademie der Künste der DDR von 1965 bis 1982, lernte Thomas Naumann erst in den 1980er Jahren persönlich kennen.[6]

Nach dem Abitur an der Spezialklasse für Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Hochschule in Karl-Marx-Stadt, heute wieder Chemnitz, studierte er von 1971 bis 1975 an der Sektion Physik der Technischen Universität Dresden. Anschließend begann er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Hochenergiephysik in Zeuthen bei Berlin zu arbeiten, dem heutigen Zweitstandort des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY. Naumann promovierte 1980 an der Humboldt-Universität zu Berlin über hochenergetische Reaktionen von Elementarteilchen und ist seit 1992 wissenschaftlicher Mitarbeiter des DESY. Am Elektron-Proton-Speicherring HERA des DESY arbeitete er ab 1987 im Rahmen des H1-Experiments in Hamburg an der Präzisionsmessung der Struktur des Protons und der Stärke der Kernkraft. Er war ab 2007 am Aufbau der Öffentlichkeitsarbeit[7] für CERN und den LHC in Deutschland beteiligt.[8] Im Jahre 2022 veröffentlichte er gemeinsam mit Ilja Bohnet ein Buch über fundamentale Fragen der modernen Wissenschaft.[9]

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit verfolgt Thomas Naumann breite philosophische und literarische Interessen. Er ist Vorsitzender der Friedrich-Wolf-Gesellschaft[10] und Mitglied im Beirat des Einstein Forums Potsdam. Er hielt Vorträge auf internationalen Fachtagungen über Einsteins Dialog mit Gott[11][12], das Multiversum[13], das Anthropische Prinzip[14] und die Feinabstimmung der Naturkonstanten[15][16], das Verhältnis von Wahrheit und Schönheit[17][18][19], die deutschen Hymnen[20] sowie über Bertolt Brechts Verhältnis zur Bibel.[21][22] Zu letzterem Thema[23][24] sowie der Rolle von Heilserwartungen in den totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts veröffentlichte er 2021 zwei Essays unter dem Titel Auf zum Letzten Gefecht.[25] 2022 erschien in Zusammenarbeit mit dem Physiker und Autor Ilja Bohnet das populärwissenschaftliche Buch Das rätselhafte Universum zu fundamentalen Fragen der aktuellen Physik sowie ein Beitrag zur Rolle der Sprache in der Naturwissenschaft.[26]

Thomas Naumann hat drei Söhne aus drei Ehen.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Biographische Angaben unter anderem aus dem Normdatensatz GND 1100571965 bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  2. Biographische Angaben unter anderem aus: Elementary Particle Physics 2010 - 2014, Helmholtz-Programmantrag für Elementarteilchenphysik der Helmholtz-Gemeinschaft, 2009.
  3. Publikationen von Thomas Naumann auf der Online-Datenbank iNSPIRE HEP zur Hochenergiephysik, zuletzt abgerufen am 23. Mai 2020.
  4. Siehe Website des Felix Bloch-Instituts der Universität Leipzig, zuletzt abgerufen am 23. Mai 2020.
  5. Biografie von Irmgard Schaaf auf: Sächsische Biografie - das personengeschichtliche Lexikon zur Geschichte Sachsens, zuletzt abgerufen am 27. Mai 2020.
  6. Verzeiht, daß ich ein Mensch bin, Dokumentation der DEFA von Lew Hohmann aus dem Jahr 1988, ein Porträt des Schriftstellers Friedrich Wolf, das auf Gesprächen der engsten Familienangehörigen und Kinder basiert.
  7. Thomas Naumann: Science and the Media. Science Open Research, September 2015, doi:10.14293/S2199-1006.1.SOR-SOCSCI.AO0K8X.v1 (scienceopen.com).
  8. Die Weltmaschine, Website-Auftritt der deutschen Wissenschaftsgemeinschaft der Teilchenphysik, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, zuletzt abgerufen am 27. Mai 2020.
  9. Ilja Bohnet und Thomas Naumann: Das rätselhafte Universum – Die fundamentalen Fragen der modernen Wissenschaft. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-440-17346-6.
  10. Friedrich-Wolf-Gesellschaft
  11. Thomas Naumann: Der Alte würfelt nicht – Einstein’s Dialogue with God. In: Universities in Central Europe – Crossroads of Scholars from All Over the World. Universität Prag, Institute of the History of Charles University, 30. September 2011, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  12. Thomas Naumann: Der Alte würfelt nicht - Einsteins Dialog mit Gott. Science Nights Novartis, Basel, 10. März 2015, abgerufen am 25. Mai 2020.
  13. Ana Alonso-Serrano, Mariusz P. Da̧browski and Thomas Naumann: Special Issue "The Multiverse". In: MDPI. Guest Editors, 20. Januar 2020, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  14. Thomas Naumann: Do we live in the Best of all Worlds? - The fine tuning of the constants of Nature‘. Varying Constants and Fundamental Cosmology, Szczecin University, 17. September 2016, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  15. Thomas Naumann: Do We Live in the Best of All Possible Worlds? The Fine-Tuning of the Constants of Nature. In: Special Issue Varying Constants and Fundamental Cosmology. MDPI, 1. August 2017, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  16. Thomas Naumann: ‘Universe - Multiverse. Do we live in the Best of all Worlds? Ratio Science Forum Sofia, 10. November 2018, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  17. Thomas Naumann: From Kepler to Einstein – Truth and Beauty in Physics. Einstein Forum Potsdam, 23. März 2019, abgerufen am 25. Mai 2020 (englisch).
  18. Thomas Naumann: Wahrheit und Schönheit. In: Forschung und Lehre. 15. September 2018, abgerufen am 25. Mai 2020.
  19. Thomas Naumann: Abbild und Wirklichkeit. In: Forschung und Lehre. 15. September 2017, abgerufen am 25. Mai 2020.
  20. Thomas Naumann: Anmut sparet nicht. Deutsche Hymnen. In: Berliner LeseZeichen. Oktober 2000, abgerufen am 25. Mai 2020.
  21. Wie Brecht beeindruckt von Villon. In: Lausitzer Rundschau vom 8. März 2017, zuletzt abgerufen am 23. Mai 2020.
  22. Heldinnen der Bibel, Vortrag in der Urania Berlin am 8. März 2018.
  23. Thomas Naumann: Wo du hingehst – Brecht und die Bibel. In: Sebastian Kleinschmidt und Therese Hörnigk (Hrsg.): Brechts Glaube. Brecht Dialog 2002. Recherchen, Nr. 11. Theater der Zeit, Berlin 2002, ISBN 978-3-934344-13-6, S. 159–203 (theaterderzeit.de).
  24. Thomas Naumann: Wo du hingehst – Brecht und die Bibel. In: Dreigroschenheft. Band 2001, Nr. 4. Wißner-Verlag, Augsburg 2001, S. 31–40.
  25. Thomas Naumann: Auf zum Letzten Gefecht. Edition Buchhaus Loschwitz, Dresden 2021, ISBN 978-3-9822049-8-7.
  26. Thomas Naumann: Physikalische Erkenntnis, Denken und Sprache. In: Vahram Atayan, Thomas Metten, Vasco Alexander Schmidt (Hrsg.): Handbuch Sprache in Mathematik, Naturwissenschaften und Technik. Band 15. De Gruyter, Berlin 2023, ISBN 978-3-11-029625-9, S. 55–89, doi:10.1515/9783110296259-003.
  27. Thomas Naumann: Teilchen ohne Grenzen. In: Christian Forstner und Dieter Hoffmann (Hrsg.): Physik im Kalten Krieg. Springer Spektrum, Berlin / Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-01050-8, S. 161–173, doi:10.1007/978-3-658-01050-8_6.