Tursunbai Bakir uulu

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Tursunbai Bakir uulu (russisch und kirgisisch Турсунбай Бакир уулу; * 17. März 1958 in Karasuu, Kirgisische SSR, Sowjetunion; heute Gebiet Osch, Kirgisistan) ist ein kirgisischer Politiker und ehemaliger Abgeordneter im Dschogorku Kengesch, dem kirgisischen Parlament. Bei den Präsidentschaftswahlen 2000 und 2005 kandidierte er jeweils erfolglos für das Amt des Präsidenten der Kirgisischen Republik.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bakir uulu wurde in Karasuu im heutigen Gebiet Osch an der Grenze zu Usbekistan geboren. Nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn nahm er im Jahr 1979 ein Studium der Geschichtswissenschaft an der Staatlichen Universität in Bischkek auf und graduierte dort im Jahr 1984. Von 1987 bis 1990 studierte er Philosophie an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew.[1]

Einzug ins Parlament und erste Präsidentschaftskandidatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Unabhängigkeit Kirgisistans im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion kehrte er nach Kirgisistan zurück und wurde dort Vorsitzender der Partei Erkin Kirgisistan, die im Oktober 1991 als nationalistische Oppositionspartei gegen Präsident Askar Akajew gegründet worden war.[2] Bei der Parlamentswahl 1995 zog Bakir uulu erstmals in das kirgisische Parlament ein.[1] Während der fünfjährigen Legislaturperiode nach der Parlamentswahl wurde Bakir uulu Vorsitzender der Menschenrechtskommission und spielte in dieser Funktion eine wichtige Rolle im Batken-Konflikt, wo er als Verhandlungsführer die Freilassung sämtlicher Geiseln der islamistischen Islamischen Bewegung Usbekistans erwirken konnte.[3]

Nachdem Bakir uulu bei der Parlamentswahl 2000 als Abgeordneter im kirgisischen Parlament bestätigt worden war, kündigte er seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl am 29. Oktober 2000 an. Die Präsidentschaftswahl gewann Amtsinhaber Akajew mit über 74 % der abgegebenen Stimmen, während Bakir uulu lediglich 18.774 Stimmen und damit weniger als ein Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen konnte.[4] Am 21. November 2002 wurde Bakir uulu von den Abgeordneten des kirgisischen Parlaments zum ersten Ombudsmann in der kirgisischen Geschichte gewählt und bekleidete das Amt daraufhin bis 2007. Darüber hinaus äußerte Bakir uulu immer wieder Kritik an der Politik von Präsident Akajew. Unter anderem kritisierte er die Nutzung der Manas Air Base durch die United States Air Force im Krieg in Afghanistan und die Verhaftung des Oppositionspolitikers Felix Kulow. Außerdem kritisierte er die Bekämpfung der islamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir in Zentralasien, da keine Beweise für Gewalttaten durch Mitglieder von Hizb ut-Tahrir vorlägen.[5]

Zweite Präsidentschaftskandidatur und erneuter Einzug ins Parlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Tulpenrevolution in Kirgisistan bewarb sich Bakir uulu bei der Präsidentschaftswahl 2005 um die Nachfolge Präsident Akajews. Im Vorfeld der Wahl forderte er eine stärkere Rolle des Islams im politischen Systems Kirgisistans und die Aufhebung der Gewaltenteilung zugunsten einer dominanten Stellung des Präsidenten. Bei der Wahl am 10. Juli unterlag er Felix Kulow, der knapp 89 % der abgegebenen Stimmen erhielt, während Bakir uulu mit 3,93 % die zweitmeisten Stimmen erhielt.[6][7]

Nachdem 2007 seine Amtszeit als Ombudsmann geendet und er bei der Parlamentswahl 2005 kein neues Mandat erhalten hatte, wurde Bakir uulu 2009 als Botschafter Kirgisistans nach Malaysia entsandt. Im gleichen Jahr fiel Bakir uulu erstmals öffentlich mit einer israelfeindlichen Aktion auf, als er versuchte, bei einer Protestaktion die Flagge Israels zu verbrennen. Am 4. August 2014 zerriss Bakir uulu bei einer Pressekonferenz eine israelische Flagge, woraufhin der Botschafter Israels eine Protestnote an das kirgisische Außenministerium richtete.[1][8]

Nach einem einjährigen Aufenthalt in Malaysia kandidierte Bakir uulu bei der Parlamentswahl 2010 für die Partei Ar-Namys und zog zum dritten Mal in das kirgisische Parlament ein. Während der Legislaturperiode war Bakir uulu Mitglied im Ausschuss für internationale Angelegenheiten. Außerdem war er maßgeblich an der Erarbeitung eines Gesetzes gegen sogenannte ausländische Agenten beteiligt, das am 4. Juni 2015 vom kirgisischen Parlament verabschiedet wurde. Das Gesetz orientiert sich an einer vergleichbaren Regelung in Russland und ermöglicht unter anderem eine verstärkte Überwachung ausländischer Nichtregierungsorganisationen in Kirgisistan.[9][1]

Ausscheiden aus dem Parlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Parlamentswahl 2015 endete Bakir uulus Mandat im kirgisischen Parlament. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2017 und 2021 kündigte Bakir uulu jeweils seine Kandidatur an, die jedoch in beiden Fällen schließlich nicht zustande kam.[10][11] Bei der Parlamentswahl 2020 kandidierte Bakir uulu für die Partei Butun Kirgisistan, verpasste jedoch nach dem vorläufigen Wahlergebnis den erneuten Einzug in das Parlament aufgrund seines zu schlechten Listenplatzes. Bereits vor der Wahl hatte es einen öffentlichen Disput über die Listenplatzvergabe zwischen dem Parteivorsitzenden Adachan Madumarow und Bakir uulu gegeben, nachdem dieser der Parteiführung vorgeworfen hatte, ihm einen besseren Listenplatz vorenthalten zu haben. In der Streitfrage entschied die Zentrale Wahlkommission schließlich gegen Bakir uulu. Da das Wahlergebnis im Zuge der Proteste in Kirgisistan 2020 annulliert wurde, verlor diese Tatsache allerdings ihre Relevanz.[12]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Турсунбай Бакир уулу. In: stanradar.com. Abgerufen am 14. Juli 2021 (russisch).
  2. Gwenn Hofmann: Kyrgyzstan Technical Election Assessment. Hrsg.: International Foundation for Election Systems. Washington D.C. März 1995, S. 17–18.
  3. Kyrgyz Report: October 5, 1999. In: rferl.org. Radio Free Europe, 5. Oktober 1999, abgerufen am 6. Juli 2021 (englisch).
  4. Elections: Kyrgyzstan Pres Oct 29 2000. International Foundation for Electoral Systems, 2000, abgerufen am 14. Juli 2021 (englisch).
  5. Bruce Pannier: Kyrgyzstan: Outspoken Ombudsman Possesses Unique Regional Voice. In: rferl.org. Radio Free Europe, 22. Juli 2004, abgerufen am 14. Juli 2021 (englisch).
  6. Kyrgyzstan Presidential July 10 2005. Abgerufen am 21. April 2020.
  7. Darya Bryantseva: Kirgisien: Erste Wahl nach der Revolution. In: dw.com. Deutsche Welle, 9. Juli 2005, abgerufen am 14. Juli 2021.
  8. Israel Protests Flag Desecration By Kyrgyz Lawmaker. In: rferl.org. Radio Free Europe, 6. August 2014, abgerufen am 14. Juli 2021 (englisch).
  9. Catherine Putz: Kyrgyz ‘Foreign Agents’ Bill Moves Forward. In: thediplomat.com. The Diplomat, 4. Juni 2015, abgerufen am 14. Juli 2021 (englisch).
  10. Darya Podolskaya: Tursunbai Bakir uulu again wants to become president. In: 24.kg. 29. Juni 2017, abgerufen am 14. Juli 2021 (englisch).
  11. Турсунбай Бакир уулу отозвал документы для участия в выборах президента. In: kabar.kg. 3. Dezember 2020, abgerufen am 14. Juli 2021 (russisch).
  12. Toktosun Shambetov, Kubanytschbek Zholdoshev: В споре Турсунбая Бакир уулу с «Бутун Кыргызстан» ЦИК встал на сторону партии. In: rus.azattyk.org. Radio Free Europe, 3. September 2020, abgerufen am 14. Juli 2021 (russisch).