Ulrichsberggemeinschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Februar 2016 um 20:59 Uhr durch Merkið (Diskussion | Beiträge) (→‎Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Traditions- und Veteranenverbände sowie Musiker des Bundesheeres beim Ulrichsbergtreffen 2006

Die Ulrichsberggemeinschaft (Heimkehrer- und Europagedenkstätte) ist ein österreichischer Verein mit politischem Interesse, der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde und sich nach dem Ulrichsberg in Kärnten benennt. Sie wird zu den Kärntner Traditionsverbänden gezählt. Motiv des Vereins ist die Pflege der Heimkehrergedenkstätte auf dem Ulrichsberg und in Klagenfurt sowie die Organisation eines jährlichen Treffens von Kriegsveteranen und Angehörigen.

Der Verein

Die Ulrichsberggemeinschaft wurde am 1. Juni 1953 gegründet und hat ihren Sitz in Klagenfurt.[1] Ihr gehörten verschiedene Kärntner Politiker an, u.a. war der ehemalige Klagenfurter Bürgermeister Leopold Guggenberger (ÖVP) Präsident, dem der ehemalige Landeshauptmannstellvertreter Rudolf Gallob (SPÖ) folgte. Gallob trat allerdings 2009 zurück, da "die klare Vorgangsweise der Abgrenzung zu Extremismus" gescheitert sei.[2] Auch Ex-Bundesminister Herbert Haupt (BZÖ) und der Klagenfurter Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVP), dessen Vater Blasius Scheucher als ehemaliger Gebirgsjäger Mitbegründer der Gemeinschaft war, unterstützen die Gemeinschaft als Mitglieder. Seit dem Jahr 2002 finanziert sich der Verein neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden zu einem wesentlichen Anteil aus öffentlichen Zuwendungen des Landes Kärnten. Zwischen 2005 und 2012 wurde die Gemeinschaft mit 115.000 Euro vom Land Kärnten subventioniert. Diese Finanzhilfen werden laut Landesrat Wolfgang Waldner in Zukunft gekürzt.[3] Zu einer völligen Abschaffung der Subventionen werde es laut Wallner kommen, wenn sich der UBG-Vorstand nicht hundertprozentig von rechtsradikalen Umtrieben distanziere.[4]

Gedenktafel gefallener (Waffen-SS)-Soldaten am Ulrichsberg (Berg), Österreich aufgestellt 1984 von der Kameradschaft IV

Ulrichsbergtreffen

Kranzniederlegung des Kameradschaft IV-Landesverbandes Steiermark - Südburgenland im Rahmen des Ulrichsbergtreffens 2008
Gedenktafel der Volksdeutschen Landsmannschaften - den Opfern der Heimatvertriebenen gewidmet

Seit 1958 findet im Oktober auf der kleinen Wiese neben dem Kreuz eine Gedenkfeier für die Opfer beider Weltkriege und des Kärntner Abwehrkampfes statt. Die Feier gilt als Veranstaltung, an der auch rechtsextrem und neonazistisch Gesinnte teilnehmen. Sie wird vom österreichischen Verfassungsschutz beobachtet.[5]

2009 sagte das österreichische Bundesheer unter Norbert Darabos seine logistische Unterstützung für das Treffen ab. Der Verteidigungsminister verhängte zudem ein Uniformverbot für die Veranstaltung der Ulrichsberggemeinschaft. Darabos distanzierte sich von dem Veteranentreffen, da "das Ulrichbergtreffen seit jeher einen rechtsextremen Anstrich hatte."[6] Infolgedessen, sowie aufgrund der politischen Kontroversen wurde das Ulrichsbergtreffen 2009 zur Gänze abgesagt. Auch BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler distanzierte sich, da die Feier "politisch zu weit rechts" stehe.[7]

2010 fand das Treffen stattdessen auf dem Herzogstuhl statt, es kamen 400 Besucher.[8] Etwa 100 Teilnehmer fanden sich laut Verfassungsschutz 2011 ein, als die Veranstaltung im Konzerthaus Klagenfurt stattfand.[9]

Im Jahr 2012 fand das Treffen wieder am Ulrichsberg statt. Eine der Reden wurde von einem ehemaligen Hitlerjungen und Mitglied der Waffen-SS Herbert Belschan von Mildenburg gehalten, was jedoch die Veranstalter im Vorfeld verneint hatten. Statt der erwarteten 1.000 nahmen lediglich etwa 300 Personen an dem Treffen teil.[10]

Politische Auftritte und Kontroversen

Bei einer aufsehenerregenden Rede sprach FPÖ-Landesobmann Jörg Haider 1995 den anwesenden ehemaligen Waffen-SS-Soldaten seinen Dank aus:

„Dass es in dieser regen Zeit, wo es noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind. [...] Wir geben Geld für Terroristen, für gewalttätige Zeitungen, für arbeitsscheues Gesindel, und wir haben kein Geld für anständige Menschen.“

Jörg Haider, 30. September 1995 in Krumpendorf gegenüber Veteranen der Waffen-SS anlässlich der Ulrichsbergfeiern.[11]

Jörg Haider prägte das öffentliche Bild vom Ulrichsberg mit seinen Reden entscheidend mit.

„[...] es kann nicht so sein, dass die Geschichte unserer Eltern und Großeltern aufgrund absonderlicher Kommentierungen zu einem Verbrecheralbum gemacht wird und ihre Leistungen von der Geschichte mit Füßen getreten werden."“

Jörg Haider als Festredner am Ulrichsberg im Jahr 2000[12]

Das Treffen der Ulrichsberggemeinschaft und die Teilnahme der drei großen Landtagsparteien FPÖ, SPÖ und ÖVP ist in den letzten Jahren stark kritisiert worden.

Proteste gegen das Treffen

Traditionsträger „HIAG Ostsachsen“ im Rahmen des Ulrichsbergtreffens am Ulrichsberg 2003

In der Nacht auf den 17. August 1997 wurde die Gedenkstätte am Ulrichsberg beschmiert, und dort angebrachte Gedenktafeln zerstört. Zu der Aktion bekannte sich ein antifaschistisches „kommando z.a.l.a.“[13] In den letzten Jahren fanden zeitgleich zu den Ulrichsbergfeiern Gegenkundgebungen und Infopoints verschiedener Antifa-Organisationen statt, die auf ihrer Meinung nach geschichtsrevisionistischen Hintergründe dieser Gedenkkundgebung hinweisen. Diese wurden von Gruppierungen der Antifa-Szene Kärntens organisiert. Laut Verfassungsschutzbericht 2009 sollen ausländische Aktivisten – vor allem aus Deutschland – sich an den von Kärntner Gruppen organisierten Demonstrationen beteiligt haben. Bei den Gegenkundgebungen kam es 2008 auch zu Blockaden, Handgreiflichkeiten und Sachbeschädigungen.[14] 2007 wurde bei Handgreiflichkeiten ein Funktionär der Ulrichsberggemeinschaft und ein Polizist verletzt.[15]

Der ehemalige Verteidigungsminister Norbert Darabos attestierte dem Treffen „einen rechtsextremen Anstrich“.[16]

Einzelnachweise

  1. Zentrales Vereinsregister des BMI, ZVR-Zahl 454661194
  2. http://ktnv1.orf.at/stories/385640
  3. http://derstandard.at/1369362069610/Kaernten-will-Foerderung-fuer-Ulrichsberggemeinschaft-kuerzen
  4. http://derstandard.at/1369363061480/Muessen-wach-sein-uns-empoeren-aufschreien
  5. Ulrichsberg-Treffen fand von Öffentlichkeit unbemerkt statt, derStandard am 16. September 2014
  6. http://derstandard.at/1250691154947/Ulrichsberg-Darabos-sagt-Teilnahme-des-Bundesheeres-ab
  7. http://derstandard.at/1250691370275/Kaernten-Veranstalter-sagen-Ulrichsberg-Treffen-ab
  8. http://www.mein-klagenfurt.at/mein-klagenfurt/events-veranstaltungen/warst-du-dabei/september-2010/ulrichsbergtreffen-am-herzogstuhl/
  9. http://ktnv1.orf.at/stories/538350
  10. Mitglied-der-Waffen-SS-hielt-doch-Ansprache-bei-Ulrichsbergtreffen, derStandard am 16. September 2012
  11. Ruth Wodak, Anton Pelinka, The Haider Phenomenon in Austria, Transaction Publishers 2002, ISBN 0-7658-0883-8, S. 211
  12. Walter Fanta, Valentin Sima (Hg.): „Stehst mitten drin im Land“. Das europäische Kameradentreffen auf dem Kärntner Ulrichsberg von den Anfängen bis heute; Klagenfurt: Drava, S.100
  13. Republik Österreich, BM.I Bundesministerium für Inneres, Verfassungsschutzbericht1997http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Verfassungsschutz/Verfassungsschutzbericht_1997.pdf
  14. Republik Österreich, BM.I Bundesministerium für Inneres, Verfassungsschutzbericht 2009 (PDF; 913 kB)
  15. Republik Österreich, BM.I Bundesministerium für Inneres, Verfassungsschutzbericht 2008 (PDF; 1,5 MB)
  16. http://derstandard.at/1250691370275/Kaernten-Veranstalter-sagen-Ulrichsberg-Treffen-ab

Literatur

  • Norbert Rencher: Ulrichsberg-Dokumentation, Nr. 1, 1999
  • Walter Fanta, Valentin Sima (Hg.): „Stehst mitten drin im Land“. Das europäische Kameradentreffen auf dem Kärntner Ulrichsberg von den Anfängen bis heute; Klagenfurt: Drava, 2003; ISBN 3-85435-417-7