Vietinghoff (Adelsgeschlecht)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Juni 2010 um 19:40 Uhr durch Meissen (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wappen der von Vietinghoff, Vietinghoff-Scheel und Vietinghoff-Riesch
Wappen der von Vittinghoff-Schell

Die Vietinghoff (auch Vittinghoff) sind ein westfälisches Uradelsgeschlecht der Grafschaft Mark mit Stammhaus Vittinghoff (heute Bodendenkmal) bei Essen-Rellinghausen.

Geschichte

Urkundlich erstmals 1230 erwähnt sind die Brüder Heinricus, Theodericus und Winimarus de Vitighoven (Original im Staatsarchiv Münster) als Ministeriale des Bischofs von Münster.

Im mit Dietrich von Altena-Isenberg abgeschlossenen Vertrag von Essen am 1. Mai 1243 werden Henricus de Vitinchoven als Burgmann in der Burg Blankenstein und Theodoricus de Vintinchoven als Lehnsmann von Friedrich von Isenberg († 1226) aufgeführt. Sie gehörten zum untersten Ritterstand.

Heinrich von Vittinghoff wurde im Jahre 1274 vom Kölner Erzbischof als Kastellan der Neuen Isenburg eingesetzt, blieb jedoch auf Haus Vittinghoff wohnen.

Im 14. Jahrhundert zogen Arnoldus und Conradus als Ritter des Deutschen Ordens in die baltischen Gebiete, wo Arnold de Vitinghove 1341 in Livland als Komtur des Ordens erstmals urkundlich erscheint, während Conrad von Vytinghove in den Jahren 1387–1413 als Komtur und Ordensmeister erwähnt wird.

Der 1890 in Riga und der 1903 in Berlin gegründete Familienverband vereinigten sich 1903 zum heutigen „Verband der Freiherren, Barone und Herren v. Vittinghoff, v. Vietinghoff und v. Schell e.V.“ Die Familientage finden alle zwei Jahre statt. Die nichtadeligen Namensträger (Vietinghoffs ohne „von“) sind im Verband nicht vertreten.

Name

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden über 25 verschiedene Schreibweisen des Namens, der wohl auf Nachkommen (altgermanisch ing) von Ministerialen (Dienstmannen) der vom Hof (niederdeutsch auch hoff) des St. Vitus zurückgeht. Dieser war der Schutzpatron des Klosters Corvey a. d. Weser, welches am Hellweg, der Handels- und Heerstraße zwischen dem Teutoburger Wald und dem Rhein bei Duisburg mehrere Höfe besaß, die den Mönchen auf ihren Reisen als Herberge dienten. Einer dieser Höfe war der Hof Vit im heutigen Essen-Steele, dessen genaue Lage unbekannt ist.

Der in dieser Region verbliebene katholische Stamm A trägt meist den Zusatz „genannt Schell“. Die Nachkommen der ausgewanderten, vielfach verzweigten und vorwiegend evangelischen Stämme B, C und D tragen häufig den Beinamen „genannt Scheel“. Eine Linie nennt sich v. Vietinghoff-Riesch, nach dem der Besitz des kinderlosen Grafen Riesch in Neschwitz in der Lausitz an sie überging. Zu erwähnen ist die schwedische Schreibweise „Fitinghoff“ sowie die amerikanisierte „Fittinghoff“ und die russifizierte „Fitingof“.

Verbreitung, Nationalitäten und Berufe

Der Stamm A verblieb im Niederrheinischen und ist erst im Jahre 1995 im Mannesstamm erloschen. Da dem Zölibat verpflichtet, sind von den ausgewanderten Kreuzrittern Arnold und Conrad keine Nachkommen zu verzeichnen. Zur Besiedlung des Baltikums zogen Ende des 14. Jhs. weitere nicht zum Orden gehörige Familienangehörige nach: Diderich Vitinck, Henrik I. Viting und Henrich Vicnig (Vitinghoff), auf welche die baltischen Stämme B (Ösel und Estland), C (Livland) und D (Kurland) zurückgehen. Diese historischen Landschaften unterstanden zuerst dem Orden, nach dessen Zerfall waren sie unter polnischer, dänischer, schwedischer und russischer Hoheit.

Wappen der Barone von Vittinghoff-Schell

700 Jahre breiteten sich die Nachfahren der Einwanderer im Baltikum aus, einige sind im Laufe der Jahrhunderte von dort aus nach Schweden oder Polen ausgewandert und ins innere Russlands oder wieder zurück in deutsche Gebiete im Süden und von dort aus teilweise auch nach Österreich umgesiedelt. Von Schweden aus begründete Otto Johann Fitinghoff (1857-1934) einen blühenden Ast in den Vereinigten Staaten. In der Russischen Revolution flohen die meisten nach Westen, andere jedoch auch nach Osten, einige sogar bis nach China und viel später von dort aus in die USA. Ein Zweig verblieb in der damaligen Sowjetunion und konnte sich erst nach deren Zerfall mit der Familie wieder vereinigen. Heute leben Familienmitglieder sowohl in Rußland als auch in der Ukraine.

Sie waren im Staats- und Militärdienst der russischen Zaren, der deutschen Kaiser, der Könige von Schweden, Dänemark, Polen, Frankreich, Spanien, Niederlande, Württemberg, Sachsen und Preußen, der Herzöge von Kurland und Mecklenburg, der Fürsten von Braunschweig und Hannover sowie des Markgrafen von Bayreuth anzutreffen. Sie haben europäische Geschichte mitgestaltet und mitgelitten.

Vom Fähnrich bis zum General waren sie während der vergangenen Jahrhunderte auf den Schlachtfeldern der meisten entscheidenden Kriege auf dem Kontinent – mehrfach auch auf beiden Seiten verfeindeter Parteien gleichzeitig. Vietinghoffs verteidigten mehrfach das Abendland gegen die Türken, zogen gegen Wallenstein und Ludwig XIV. zu Felde. 39 von ihnen haben mehrheitlich gegen (einige davon auch für) Napoléon Bonaparte gekämpft.

Otto Hermann von Vietinghoff, war Gesundheitsminister von Katharina der Großen von Russland. Friedrich der Große von Preußen hatte gleich zwei Generäle dieses Namens, Christian V. von Dänemark, Karl XII. von Schweden, Alexander I., Alexander II., Alexander III. von Russland sowie weitere Preußenkönige und deutscher Kaiser hatten jeweils einen. Der Kapitän Bruno von Vietinghoff ging 1905 als Schiffskommandant im Kampf gegen die Japaner bei Tsushima unter und wurde posthum zum Admiral befördert. Ein weiterer Namensträger war kaiserlich osmanischer Major in Konstantinopel, ein anderer leitete als General in Italien 1945 auf eigene Initiative die deutsche Kapitulation ein (auf amerikanischer Seite stand ein anderer Vietinghoff gegenüber).

Viele andere waren Richter, Geheim-, Land- und Staatsräte oder Kammerherren und im westfälischen Stamm auch Domherren. Als Gutsbesitzer und Abgeordnete waren sie verantwortlich für Land- und Forstwirtschaft sowie für Infrastruktur, soziale und kulturelle Belange ganzer Regionen. Ein Vietinghoff ist genannt als Student Martin Luthers in Wittenberg, viele Hof- und Stiftsdamen sowie mehrere Äbtissinnen der katholischen Vittinghoffs, eine geborene Vietinghoff ist als Beethoven-Schülerin in Wien überliefert. Im 19. Jh. lebte Boris von Vietinghoff als Komponist. Die schwedische Schriftstellerin Gräfin Rosa Fitinghoff inspirierte Henrik Ibsen als letzte Geliebte zu seinem Stück „Wenn wir Toten erwachen“. Seit dem 20. Jh. haben die Nachkommen vielfältige moderne Berufe in allen Bereichen der Gesellschaft. Heute sind Familienmitglieder in 20 Ländern Europas und in Übersee bekannt, häufig auch mit deren Staatsangehörigkeit.

Wappen

Das Stammwappen der Vittinghoff zeigt drei goldene Kugeln (Münzen) auf schwarzem Schrägrechtsbalken im silbernen Schild, auf dem Helm ein schwarzer Turnierhut mit aufgeschlagener roter Krempe und den drei goldenen Kugeln, darüber ein flüchtiger Fuchs mit einer goldenen Kugel im Fang.

Im Stammwappen der Vietinghoff befinden sich statt der Kugeln drei goldene Pilgermuscheln und der schreitende Fuchs blickt zurück (in die Heimat). Der kurländische Stamm führt (aber nur in der Helmzier) zusätzlich eine Mitra und erinnert damit an die Bischofskandidatur ihres Stammvaters von 1404/1405.

Namensträger

Literatur

Weblinks