Villinger Münster
Das Villinger Münster (Münster Unserer Lieben Frau) ist ein Münster im Zentrum des Stadtbezirks Villingen in Villingen-Schwenningen. Es ist die katholische Hauptkirche Villingens. Ursprünglich war es Johannes dem Täufer geweiht. Im Villinger Münster befindet sich das Nägelinskreuz.
Bauwerk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Wahrzeichen Villingens wurde 1130 im romanischen Stil begonnen und 1284 gotisch fertiggestellt, später aber erweitert.[1] Anlass für den Stilwechsel war der Villinger Stadtbrand von 1271, der Teile des Münsters zerstört hatte.[2] Zwei 50 Meter hohe Türme wurden im 15. und 16. Jahrhundert hinzugefügt.[3]
Veränderungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 18. Jahrhundert wurde es um barocke Elemente erweitert, unter anderem um eine Stuckdecke und einen Hochaltar (1738) durch Johann Martin Hermann. Das gotische Radfenster wurde durch ein Spitzbogenfenster und die Tonnendecke wurde 1701 durch eine Stuckdecke des Villinger Stuckateurs Ignatius Bürkner ersetzt. Die Apostelfiguren an den Seitenwänden schuf 1715 bis 1719 Anton Joseph Schupp. 1724 fertigten die einheimischen Schlosser Johann Stern und Caspar Speth das Chorabschlussgitter. Reste davon sind noch im Franziskanermuseum erhalten.
Puritanische Bestrebungen im 19. Jahrhundert führten zum Verlust zahlreicher Einrichtungsobjekte. Es wurden 1829 unter anderem entfernt: 70 Statuen, 10 Glasfenster, 60 Epitaphien und das Chorgitter. 1851 wurde der Vorbau des Doppelportals von 1623 entfernt. Er ist überliefert auf einem Aquarell von Pieter Francis Peters. Der barocke Hochaltar wurde 1857 entfernt. Erhalten blieb die gotische Kanzel, deren Erbauer bisher unbekannt blieb.
Im Jahr 1908 hatte das Münster für die Kapellen in den Untergeschossen der beiden Türme zwei gekuppelte Doppelaltäre von den Gebrüdern Moroder mit den von Martin Feuerstein bemalten Altarblättern erhalten.[4] Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Villinger Münster bis auf die Zerstörung der nördlichen Münsterfenster keine Schäden[5]
Von 1978 bis 1982 wurde das Münster grundlegend renoviert. Es erhielt unter anderem einen neuen Bodenbelag und neue Bänke. Das Kirchenschiff wurde mit neuen Fenstern und einer neuen Priesterbank (beides von Elmar Hillebrand) sowie mit einem Ambo und einem Zelebrationsaltar von Klaus Ringwald ausgestattet. Die beiden Portale, das Hauptportal und das Südportal, wurden ebenfalls von Klaus Ringwald entworfen und aus Bronze gefertigt.
Orgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Orgel wurde 1983 von der Orgelbaufirma Sandtner aus Dillingen erbaut.[1] Das Instrument hat eine mechanische Spieltraktur und eine elektrische Registertraktur.
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- Koppeln: I/II, III/II, III/I, I/Ped, II/Ped, III/Ped, III/Ped 4′
- Spielhilfen: 1600-fache elektronische Setzeranlage, Crescendowalze
Glocken und Glockenspiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Münster verfügt über ein neunstimmiges Geläut sowie eine historische Glocke aus dem 14. Jahrhundert in der Dachlaterne des Südturms. Acht Glocken des Geläuts wurden 1954 von der Glockengießerei F. W. Schilling gegossen, eine weitere Glocke 1985 von der Karlsruher Glockengießerei. Sieben der Läuteglocken hängen im Südturm in einem Holzglockenstuhl. Im Nordturm hängen die beiden tontiefsten Glocken in einem Stahlglockenstuhl.[6]
Nr. | Name | Gießer | Gussjahr | Durchmesser | Masse (ca.) | Schlagton (HT-1/16) |
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1 | Christus Salvator | F. W. Schilling, Heidelberg | 1954 | 1982 mm | 5400 kg | as0 −4 |
2 | St. Jakobus | Karlsruher Glockengießerei | 1985 | 1715 mm | 3651 kg | b0 −3 |
3 | Maria | F. W. Schilling, Heidelberg | 1954 | 1458 mm | 2065 kg | des1 −4 |
4 | St. Josef | 1284 mm | 1389 kg | es1 −4 | ||
5 | Johannes d.T. | 1177 mm | 1098 kg | f1 −6 | ||
6 | Peter und Paul | 982 mm | 617 kg | as1 −4 | ||
7 | Nikolaus von Flüe | 915 mm | 508 kg | b1 −4 | ||
8 | St. Pius X. | 805 mm | 336 kg | c2 −6 | ||
9 | Schutzengel | 760 mm | 290 kg | des2 −4 | ||
I | Taufglocke | unbekannt | ~14. Jh. | 430 mm | ~ h″ |
Im Südturm des Münsters hängt ein Glockenspiel mit einem Tonumfang von es1 und as1 bis a5. 46 Glocken wurden 2006 von der Glockengießerei Perner gegossen. Außerdem wurde eine Glocke des ursprünglichen Münster-Geläuts von Grüninger aus dem Jahr 1909 in das Glockenspiel integriert. Ferner sind vier Läute-Glocken des Münster-Geläutes spielbar (Glocken 4, 6 ff.). Mit insgesamt 51 Glocken stellt dieses „eines der größten Glockenspiele im süddeutschen Raum“ dar.[7] Der Glockenstuhl mit den 47 Spielglocken, einer zylindrischen Stahlkonstruktion, befindet sich auf einer zweigeschossigen Turmzwischenetage.[8]
Die schwerste Glocke konnte 2020 wegen eines Risses nicht mehr geläutet werden und musste vom Turm genommen werden, um sie reparieren zu lassen. Diese Reparatur führte die Glockengießerei Eijsbouts in Asten (Niederlande) aus.[9]
Veranstaltungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben Gottesdiensten finden im Villinger Münster auch Konzerte statt, die allerdings auf Geistliche Musik beschränkt bleiben.[10]
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ewald Huth (1890–1944), Chordirektor und Organist, wurde wegen Kritik am Nationalsozialismus hingerichtet
- Stephan Rommelspacher (* 1959), Kirchenmusiker, Chorleiter und Organist
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Klaus Ringwald: Die Bronzeportale am Villinger Muenster, Stuttgart u. a.: Belser, 1985, ISBN 3-7630-1959-6 ( vom 10. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Anita Auer: Das Heilige Grab aus dem Villinger Münster, in: Villingen im Wandel der Zeit: Jahresheft, Villingen, Geschichts- und Heimatverein, Bd. 28 (2004), S. 42–45 ( vom 10. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Josef Fuchs: Villingen, Münster Unserer Lieben Frau, 11. Auflage, Regensburg, Schnell & Steiner, 2008, ISBN 978-3-7954-4335-1 ( vom 10. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Paul Revellio, Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen, Villingen 1964.
Weitere Frauenkirchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- siehe Liste von Frauenkirchen
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- www.muensterpfarrei.de
- www.villingen-muenster.de
- www.rudihaberstroh.de – Bildergalerie und Beschreibung
- Innenansicht
- youtube - Außen- und Innenaufnahmen mit Geläut
- www.muensterkonzerte.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Archivierte Kopie ( des vom 21. August 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ https://www.alemannische-seiten.de/deutschland/villingen-schwenningen_muenster-villingen.php
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 30. Oktober 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Werner Scheurer: Die Altäre der Offenburger Altarbauer Moroder. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 147–182, hier: S. 177 f.
- ↑ Jochen Schultheiß: Villingen im Wandel der Zeit: Ein altes Gotteshaus im Wandel der Jahrhunderte - Ein Gang durch 900 Jahre Baugeschichte des Villinger Liebfrauenmünsters. Hrsg.: Geschichts- und Heimatverein Villingen e. V. Jahrgang 47/2024, Dezember 2023, S. 8–35.
- ↑ Glockeninspektion Erzbistum Freiburg: Kath. Münster Unserer Lieben Frau in Villingen
- ↑ Glockenspiel ( des vom 20. Dezember 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Informationen zum Carillon auf der Website der Gemeinde
- ↑ Schwarzwälder Bote, 18. August 2020: Münsterglocke mit spektakulärer Aktion aus Turm geholt
- ↑ http://www.muensterkonzerte.de/aktuell
Koordinaten: 48° 3′ 37,2″ N, 8° 27′ 29,8″ O
- Kulturdenkmal in Villingen-Schwenningen
- Liebfrauenkirche
- Kirchengebäude in Villingen-Schwenningen
- Pfarrkirche des Erzbistums Freiburg
- Romanische Kirche
- Gotisches Bauwerk im Schwarzwald-Baar-Kreis
- Gotische Kirche
- Barockbauwerk im Schwarzwald-Baar-Kreis
- Barockisierte Kirche
- Erbaut in den 1280er Jahren
- Disposition einer Orgel
- Bettelordenskirche
- Bauwerk der Romanik in Baden-Württemberg
- Kirchengebäude in Europa
- Geläut