Werner Bischof

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Werner Bischof auf der Zeitleiste der Ausstellung «Modern Times: Fotografien des 20. Jahrhunderts» im Rijksmuseum Amsterdam 2014

Werner Bischof (* 26. April 1916 in Zürich; † 16. Mai 1954 in Trujillo, Peru) war einer der bekanntesten Reportage-Fotografen des 20. Jahrhunderts und Mitglied der renommierten Agentur Magnum Photos.

Leben

Bischof, Sohn eines Kaufmanns wuchs zuerst in Zürich und Kilchberg auf, verbrachte seine Schulzeit aber in Waldshut, wo sein Vater seit 1922 die Filiale einer Zürcher pharmazeutischen Fabrik leitete.[1] Diese Zeit war vom frühen Tod der Mutter überschattet.[2] Er hatte eine Schwester, Marianne Fiechter-Bischof (1915–2014), die später im Schweizer Arlesheim Ärztin der ersten anthroposophischen Klinik wurde. Danach bezog er das Lehrerseminar Schiers, um Zeichen- und Sportlehrer zu werden. Mit 16 Jahren wechselte Bischof zum Studium an die Zürcher Kunstgewerbeschule bei Hans Finsler und Alfred Willimann. 1936 erhielt er sein Diplom mit Auszeichnung als Fotograf und eröffnete nach der Rekrutenschule in Zürich ein Studio für Mode- und Werbefotografie. Nach Intermezzi als Angestellter bei einem Zürcher Verlag, freischaffender Künstler für die Schweizerische Landesausstellung 1939 und Grafiker in Paris wurde er 1939 zum Militärdienst in der Schweiz gezogen. In kurzen Phasen zwischen den Militäreinsätzen widmete er sich noch der gleichsam unschuldigen Schönheit der Naturmotive. 1942 publizierte Bischof seine ersten Photos in der neuen Monatszeitschrift Du.

Dann kam der Krieg und damit die Zerstörung meines „Elfenbeinturms“. Das Gesicht des leidenden Menschen wurde zum Mittelpunkt. Im Herbst 1945 bereiste er Süddeutschland, Frankreich und die Niederlande und war tief beeindruckt von der Not, die ihm begegnete. Im Auftrag der Schweizer Spende berichtete er über die Hilfe für die Kriegsopfer und das zerstörte Europa.

1948 war er für Time bei den Olympischen Winterspielen in St. Moritz. 1949 wurden seine dokumentarischen Aufnahmen in der Zeitschrift Life veröffentlicht, und er trat der neu gebildeten Arbeitsgemeinschaft Magnum Photos bei. Ab 1951 war er im Mittleren (Hungersnot in Bihar) und Fernen Osten unterwegs. Für die Zeitschrift Paris Match war er Kriegskorrespondent im Indochinakrieg. 1953 begann er eine für längere Zeit geplante Reise durch den amerikanischen Kontinent. Im darauffolgenden Jahr stürzte am 16. Mai sein Geländewagen am Peña de Aguila in den peruanischen Anden einen Abhang hinab, dabei kam Bischof ums Leben.

Er war seit 1949 mit Ehefrau Rosellina (1925–1986) verheiratet und hatte zwei Söhne Marco (* 1950) und Daniel (* 1954). Rosellina Bischof gab Publikationen über ihren verstorbenen Ehemann heraus und heiratete später den Fotografen René Burri.[3]

1955 wurde Werner Bischof als erster Fotograf mit dem Prix Nadar ausgezeichnet.

Werk

Bischof machte sich mit faszinierenden Kompositionen aus Licht und Schatten schon früh als Studio- und Werbefotograf einen Namen. Als er aber nach Ende des Zweiten Weltkriegs das verwüstete Europa bereisen konnte, schilderten seine Bilder mit beklemmender Eindringlichkeit das Leid und die Zerstörungswut des Krieges. Sein Motto wurde nun: Es kommt nicht darauf an, aus der Fotografie wie im alten Sinne eine Kunst zu machen, sondern auf die tiefe soziale Verantwortung des Fotografen, der mit den gegebenen elementaren fotografischen Mitteln eine Arbeit leistet, die mit anderen Mitteln nicht zu leisten wäre. Diese Arbeit muss das unverfälschte Dokument der zeitlichen Realität werden. In diesem Sinne schuf Bischof Bilder, die zwar bittere Armut und tiefes Leid zeigen, doch auch Dokumente einer inneren Kraft und Willensstärke der abgebildeten Menschen sind. Die Oberflächlichkeit und Sensationslust des Redaktionsgeschäftes stiessen ihn ab, dennoch wurde er meist in Krisengebiete geschickt. Trotz der äusseren Umstände aber werden in Bischofs Aufnahmen immer die Liebe zum Menschen und die Liebe zur Sache sichtbar. Ästhetisches Gefühl, elementare Formkraft und humanes Engagement verbanden sich bei ihm zu einer inneren Einheit.

Sein berühmtestes Bild zeigt einen armen peruanischen Jungen, der gelassen-heiter und doch konzentriert in sich versunken, gleichmässig knapp entlang einem Abgrund vor sich hinschreitend ein Lied auf der Hirtenflöte spielt.

Werner Bischof setzte in den wenigen Jahren seiner Tätigkeit neue Massstäbe für Qualität und Ethik in der Fotografie:

Es trieb mich hinaus, das wahre Gesicht der Welt kennenzulernen. Unser gutes, gesättigtes Leben nahm vielen den Blick für die ungeheure Not ausserhalb unserer Grenzen.

Nur eine tiefgehende, vollständige, mit dem ganzen Herzen erkämpfte Arbeit kann Wert haben.

Veröffentlichungen

Bücher
  • 24 Photos. Kohler, Bern 1946.
  • Japan. Manesse, Zürich 1954.
  • Unterwegs. Text von Manuel Gasser. Manesse, Zürich 1957.
  • WernerBischofBilder. Benteli-Verlag, Bern (deutsch) / Steidl Verlag, Göttingen (englisch), 2006. (Ausstellung Helmhaus Zürich, 11. Februar bis 17. April 2006)
Film
  • René Baumann und Marco Bischof: Unterwegs – Werner Bischof Photograph 51/52. 1987, s/w. 50 Min.
CD-ROM
  • Marco Bischof und Carl Philabaum: Werner Bischof – Leben und Werk eines Photographen 1916–1954. 2003.

Literatur

  • Manuel Gasser: The World of Werner Bischof. A Photographer's Odyssey. Dutton, New York 1959.
  • Marco Bischof (Hrsg.): Werner Bischof 1916–1954, Leben und Werk. Benteli, Bern 1990, ISBN 3-7165-0714-8.
  • Marco Bischof (Hrsg.): WernerBischofBilder. Fotografien. Benteli, Wabern 2006, ISBN 3-7165-1441-1.
  • L. Fritz Gruber (Hrsg.): Große Photographen unseres Jahrhunderts. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1964, S. 156 ff.
  • Marco Bischof (Hrsg.): Standpunkt Zum 100. Geburtstag. Scheidegger & Spiess, Zürich 2016, ISBN 978-3-85881-508-8.

Einzelnachweise

  1. Manuel Gasser: Werner Bischof. Querschnitte. Verlag Die Arche, Zürich 1961.
  2. Guido Magnaguagno: Bischof, Werner. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  3. Antonia Schmidlin: Burri [-Bischof], Rosellina. In: Historisches Lexikon der Schweiz.