Wilhelm Bracke

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Wilhelm Bracke
Samuel Spiers und Wilhelm Brackes Thesen zum demokratischen Programm von Johann Jacoby 1868

Hermann August Franz Wilhelm Gotthard Bracke (* 29. Mai 1842 in Braunschweig; † 27. April 1880 ebenda) war ein deutscher Sozialdemokrat, Verleger und Publizist. Er war maßgeblich an der Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP), der Vorläuferin der heutigen SPD beteiligt.

Leben und Werk

Geboren als Sohn von Andreas Bracke, Mühlenbesitzer, besuchte er, entgegen dem Wunsch seines Vaters, eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren, um später das väterliche Handelsgeschäft übernehmen zu können, nach seinem Besuch des Martino-Katharineums eine weiterführende Schule. Er selbst wollte später Physik oder Chemie studieren. Bereits während seines Studiums am Collegium Carolinum (heute: Technische Universität Braunschweig) wurde er Mitglied des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), der von Ferdinand Lassalle gegründet wurde, und gründete die Braunschweiger Burschenschaft Germania im Herbst 1861 mit.[1]

Mit der Zeit betätigte er sich zunehmend auf politischer Ebene. So gründete er am 6. September 1865 eine Sektion des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins in Braunschweig,[2] organisierte Versammlungen und wurde Mitglied des Vorstandes des ADAV.

1869 lernte er Karl Marx in Hannover bei Louis Kugelmann kennen, mit dem er zeit seines Lebens in Kontakt bleiben sollte. Innerhalb des ADAV vertrat er oppositionelle Ansichten,[3] die er mit August Bebel und Wilhelm Liebknecht teilte. Diese Tendenz führte zur Abspaltung einer Gruppe von Mitgliedern und zur Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands auf dem Gründungsparteitag vom 7. bis 9. August 1869 in Eisenach.

Wilhelm Bracke

Nach Gründung der Partei wurde Wilhelm Bracke deren Sprecher; als erster Sitz wurde Braunschweig gewählt. 1870 wurde er wegen eines Aufrufs zum Frieden verhaftet und zu drei Monaten Haft verurteilt. Nach seiner Haftentlassung gründete er einen eigenen Verlag sowie die Zeitung Braunschweiger Volksfreund. Er veröffentlichte u. a. die erste Biografie von Karl Marx.[4]

Im Jahr 1872 wurde er als erster Sozialdemokrat zum Mitglied des Rates der Stadt Braunschweig gewählt. 1877 wurde er Abgeordneter im Reichstag. In der Reichstagssitzung vom 11. Oktober 1878 sprach Bracke jene Worte aus, die der Haltung aller Sozialdemokraten während des Sozialistengesetzes entsprach: „Meine Herren, ich will Ihnen sagen: wir pfeifen etwas auf das ganze Gesetz.“[5] Aus gesundheitlichen Gründen musste er 1879 sein Mandat zurückgeben.

Am 27. April 1880 starb Wilhelm Bracke im Alter von 37 Jahren. Mehr als 30.000 Menschen gaben ihm am 2. Mai 1880 das letzte Geleit. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Petrifriedhof in Braunschweig.

Nach ihm wurde eine Schule in Braunschweig benannt, die Wilhelm-Bracke-Gesamtschule (integrierte Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe).[6]

Werke

  • Zur Arbeiterfrage. In: Der Social-Demokrat Berlin vom 3. und 8. November und 22. Dezember 1867
  • Die Frauenarbeit. In: Der Social-Demokrat Berlin vom 6. und 8. Dezember 1867
  • Eine Position nach der anderen!. In: Braunschweiger Volksfreund vom 18. Februar 1873
  • Der Braunschweiger Ausschuß der social-demokratischen Arbeiter-Partei in Lötzen und vor dem Gericht. Raunschweig 1872
  • Der Lassalle'sche Vorschlag. Ein Wort an den 4. Congreß der social-demokratischen Arbeiterpartei. Braunschweig 1873
  • Das Spectrum. In: Volks-Kalender 1876, Braunschweig 1875
  • „Nieder mit den Sozialdemokraten!“. Braunschweig 1876 (Digitalisat, Berlin 1896)
  • Die Verzweiflung im liberalen Lager. Antwort auf die sieben Artikel der Magdeburgischen Zeitung und die Schmähschrift des Herrn Unruh. Braunschweig 1876
  • Gotthold Ephraim Lessing. In: Volks-Kalender 1878, Braunschweig 1877
  • Hütet Euch vor den 300 Millionen neuen Steuern! Nebst einem Anhange: Die Reden Brackes im deutschen Reichstage 1877 und 1878. Braunschweig 1878
  • Der Himmel. Eine naturwissenschaftliche Skizze. In: Der arme Conrad, Leipzig 1878

Briefe

  • Georg Eckert: Aus den Anfängen der Braunschweiger Arbeiterbewegung. Unveröffentlichte Bracke-Briefe. . Limbach, Braunschweig 1955
  • Karl Marx Friedrich Engels. Briefwechsel mit Wilhelm Bracke (1869–1880). Hrsg. u. eingel. von Heinrich Gemkow. Dietz Verlag, Berlin 1963 (Bücherei des Marxismus-Leninismus Band 62)
  • Georg Eckert: Zur Geschichte der Braunschweiger Sektion der I. Internationale. Der Briefwechsel zwischen Leonhard von Bonhorst und Johann Philipp Becker. In: Braunschweigisches Jahrbuch. Bd. 43, Braunschweig 1962, S. 131-172
  • Georg Eckert: Aus der Korrespondenz des Braunschweiger Ausschusses der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. In: Braunschweigisches Jahrbuch Bd. 45, Braunschweig 1964
  • Heinrich Gemkow:Brackes Begegnung mit Marx. Ein unveröffentlichter Brief. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Heft 3/1965, Berlin 1965, S. 487-490
  • Heinrich Gemkow: Im Kampf um die Gründung der Partei. Unveröffentlichte Briefe an Bebel und Liebknecht (Juni bis August 1869). In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Heft 4/1969, Berlin 1969, S. 620-639
  • Georg Eckert: Hundert Jahre Lötzener Kettenaffäre. Zwei unbekannte Briefe Wilhelm Brackes an den Leiter der „Sektionsgruppe deutscher Sprache“ der internationalen Arbeiter-Assoziation. In: Braunschweigisches Jahrbuch. Bd. 51, Braunschweig 1970
  • Erich Kundel: Neue Bracke-Briefe zum Vereinigungskongreß 1875. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Heft 4/1977, Berlin 1977, S. 605-616

Literatur

  • Heinrich Leonhard: Wilhelm Bracke.Leben und Wirken. Gedenkschrift zum 50. Todestag am 27. April 1930. Rieke, Braunschweig 1930
  • Georg Eckert: Wilhelm Bracke und die Anfänge der Braunschweiger Arbeiterbewegung. A. Simbach, Braunschweig 1957
  • Wolfgang Friedrich: Wilhelm Bracke - Buchhändler der revolutionären Sozialdemokratie. In: Börsenblatt des deutschen Buchhandels, Leipzig 1959, Nr. 46
  • Georg Eckert: Wilhelm Bracke. In: Niedersächsische Lebensbilder. Bd. 4, Hildesheim 1960
  • Georg Eckert: Die Braunschweiger Arbeiterbewegung unter dem Sozialistengesetz. Teil 1 (1878-1884). Braunschweig 1961 (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte Bd. 16)
  • Georg Eckert: Wilhelm Bracke und die Propaganda für den 1. Band des „Kapital“ von Karl Marx (1867/68). In: Braunschweigisches Jahrbuch. Bd. 48, Braunschweig 1967
  • Jutta Seidel: Bracke, Hermann August Franz Wilhelm Gotthard. In: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon. Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 57-59
  • Jutta Seidel: Wilhelm Bracke. vom Lassalleaner zum Marxisten. Dietz Verlag, Berlin 1986 (= Schriftenreihe Geschichte)
  • Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Hannover 1996, S. 85–86
  • Wilhelm Bracke, dem Manne des Volkes, dem Freunde der Menschheit. Bearb. Frieder Schöbel. 3. überarb. Aufl. SPD-Unterbezirk Braunschweig, Braunschweig 2005 ISBN 3-926701-65-X
Commons: Wilhelm Bracke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. H. Voigt: Gedanken und Wünsche als Festschrift zur 50jährigen Stiftungsfeier der Burschenschaft Germania zu Braunschweig. 1861 - 1911. Wilhelmshöhe 1911.
  2. Georg Eckert: Die Flugschriften der lassalleanischen Gemeinde in Braunschweig In: Archiv für Sozialgeschichte. Bd. 2, Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1962, S. 295-358.
  3. Heinz Hümmler: Opposition gegen Lassalle. Die revolutionäre proletarische Opposition im Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein 1862/63 - 1866. Rütten & Loening, Berlin 1963.
  4. Friedrich Engels: Karl Marx. In: Volks-Kalender, Braunschweig 1878. (Marx-Engels Werke Bd. 19. Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 96-106.
  5. Jutta Seidel: Wilhelm Bracke. Vom Lassalleaner zum Marxisten. Faksimile nach S. 176.
  6. Website der Wilhelm-Bracke-Gesamtschule