Winterfeldtplatz

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Wohnhaus von Hinrich Baller aus dem Jahr 1999

Der Winterfeldtplatz ist ein Wochenmarktplatz im Norden des Berliner Ortsteils Schöneberg. Der in Nordsüdrichtung angeordnete, langrechteckige Platz mit einer Abmessung von rund 280 × 80 Metern ist über die Maaßenstraße mit dem nur 200 Meter weiter nördlich angrenzenden Nollendorfplatz samt U-Bahnhof der Linien U1, U2, U3 und U4 verbunden.

Geschichte

Der Platz C des Berliner Bebauungsplanes (Hobrecht-Plan) wurde 1862 in seinen städtebaulichen Konturen geplant, 1890 angelegt und bis zur Jahrhundertwende mit gründerzeitlichen Wohnhäusern und einer katholischen Kirche bebaut. Benannt wurde er 1893 nach dem preußischen General Hans Karl von Winterfeldt. Die östliche Seite gehörte damals zu Berlin, die westliche bis zur Bildung von Groß-Berlin im Jahr 1920 zu Schöneberg.

In den späten 1970er- und 1980er-Jahren befanden sich mehrere besetzte Häuser in direkter Nähe des Platzes. Eines davon war das Haus Winterfeldtstraße 25, in dem sich noch heute ehemalige Besetzer gegen die Vertreibung durch die Hauseigentümerin zur Wehr setzen.

Zeitweise betrug der Anteil der Wähler der Grün-Alternativen-Liste mehr als 50 %. Nach Sanierungsmaßnahmen in den späten 1980er- und 1990er-Jahren hat sich der Platz mit der benachbarten Umgebung wieder als ein beliebtes Wohngebiet etabliert.

Die Literaturnobelpreis-Trägerin Nelly Sachs wurde 1891 im Haus Maaßenstraße 12 (Gedenktafel) und der Dirigent Wilhelm Furtwängler im Jahr 1886 im Haus Maaßenstraße 1 geboren (Gedenktafel).

Der Platz und seine Bebauung

Puppentheater „Hans Wurst Nachfahren“
Nollendorf- Ecke Maaßenstraße
Kath. Kirche St. Matthias

Dominiert wird der Winterfeldtplatz von einer der wenigen freistehenden katholischen Kirchen Berlins, St. Matthias. Die nach Plänen von Engelbert Seibertz im Stil der Neogotik errichtete und nach zweijähriger Bauzeit 1895 geweihte Kirche wurde nach der starken Beschädigung im Zweiten Weltkrieg vereinfacht wieder aufgebaut und in den letzten Jahren restauriert. Der vor dem Krieg weithin sichtbare 93 m hohe Turm der Kirche ist heute entscheidend verkürzt. An den Rändern der Grünanlage hinter der Kirche befindet sich seit 1995 eine filigrane, dekorative Metallkonstruktion des Berliner Architekten Hinrich Baller.

Während sich in der unmittelbaren Umgebung viel Bausubstanz aus der Gründerzeit mit mehreren Einzeldenkmälern (vergleichlich auch in der Winterfeldtstraße) bewahrt hat, wurde beinahe die gesamte Randbebauung des Platzes im Krieg zerstört und durch Neubauten ersetzt. Von den erhalten gebliebenen Gebäuden am Platz sind die denkmalgeschützten Mietshäuser an der Goltz- Ecke Winterfeldtstraße von 1887 mit dem Slumberland und an der Goltz- Ecke Hohenstaufenstraße (genannt „Kacheleck“) samt Nachbarhaus Hohenstaufenstraße 69 (beide aus dem Jahr 1895) mit ihren ungewöhnlichen Fassaden aus glasierten, teils farbig dekorierten Klinkern erwähnenswert. Der westliche Platzrand (Goltzstraße) ist überwiegend mit Nachkriegsbauten der Kirchengemeinde bebaut: dem Graf von Galen-Jugendheim, dem Caritas-Wohnhaus „Kardinal Galen“ und der 1960 fertiggestellten katholischen Grund- und Oberschule Sankt Franziskus mit Montessori-Zug an der Ecke Hohenstaufenstraße, das bereits unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Der östliche Rand des Winterfeldtplatzes (Gleditschstraße) wurde in den 1990er-Jahren nach einem Konzept von Hinrich Baller wieder bebaut, mit dem die einst raumbildende Platzkante der Vorkriegszeit aufgelöst wurde. Markante Eckpunkte dieser Bebauung von Baller sind das Wohnhaus an der Ecke Winterfeldtstraße und die Sporthalle der Spreewald-Grundschule an der Ecke Pallasstraße. Dazwischen befinden sich, vom Platz etwas abgerückt, eine gleichfalls von Baller entworfene Kindertagesstätte und das 1884 errichtete Hauptgebäude der Spreewald-Grundschule, einer ehemaligen Hinterhof-Volksschule. Daneben zieht das Puppentheater Hans Wurst Nachfahren – Theater am Winterfeldtplatz auf dem Gelände der ehemaligen Kultkneipe Ruine nicht nur Kinder und Sonnenhungrige auf der großen Terrasse an.

Nahebei in der Winterfeldtstraße 19–23 wurde zwischen 1923 und 1929 das damals größte Fernsprechamt Europas im Stil des Backsteinexpressionismus errichtet. In der Zeit des Kalten Krieges führten alle Telefonleitungen aus West-Berlin durch dieses Fernamt, in dem die Westalliierten eine Etage für sich reserviert hatten, deren Zutritt den Mitarbeitern der damaligen westdeutschen Bundespost verwehrt war. Von dort gingen die Leitungen über den Fernmeldeturm auf dem Schäferberg im Berliner Forst Düppel (Berlin-Wannsee) per östlich abhörbarem Richtfunk nach Westdeutschland.

Wirtschaft und Gastronomie

Marktszene auf dem Winterfeldtplatz

Auf dem bereits früher als Wochenmarkt genutzten Platz findet seit 1990 wieder jeden Mittwoch von 8 Uhr bis 13 Uhr und jeden Samstag bis 15 Uhr der größte Gemüse- und Wochenmarkt Berlins statt. An Samstagen hat sich der Markt mit seinen rund 250 Ständen zu einem überaus beliebten Magnet für Besucher von nah und fern entwickelt. An den anderen Tagen skaten und spielen dort Fußberollte Ballhockey.

Rund um den Platz floriert seit Jahrzehnten ein umfangreiches Angebot verschiedener Buch-Antiquariate.

Querstraßen wie die Winterfeldtstraße, Maaßenstraße, Pallasstraße und Goltzstraße bieten traditionsreiche Kneipenszenen und multikulturelle Restauration. Café Berio, Slumberland und das Habibi gehören seit vielen Jahren zu den (West-)Berliner Institutionen. Seit einigen Jahren wächst das gastronomische Angebot beständig. Neben dem Hackeschen Markt, der Bergmannstraße, der Oderberger Straße, der Oranienburger Straße, der Oranienstraße, dem Kollwitzplatz und der Simon-Dach-Straße ist der Winterfeldtplatz ein Zentrum der Berliner Kneipen- und Café-Szene. Der angrenzende Nollendorfplatz ist das westliche Zentrum der Lesben- und Schwulenszene Berlins.

Literatur

Commons: Winterfeldtplatz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 52° 29′ 42″ N, 13° 21′ 17″ O