Zisterzienserkloster Rüde

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Zisterzienserkloster Rüde
Lage Deutschland Deutschland
Schleswig-Holstein
Liegt im Bistum Bistum Schleswig
Koordinaten: 54° 49′ 54″ N, 9° 32′ 36,8″ OKoordinaten: 54° 49′ 54″ N, 9° 32′ 36,8″ O
Gründungsjahr 1192
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1538
Mutterkloster Kloster Esrom
Primarabtei Kloster Clairvaux
Gedenkstein für das ehemalige Zisterzienserkloster, am Glücksburger Schlossteich

Das Zisterzienserkloster Rüde, Rude Kloster, RUS REGIS (auch Rüde- oder Ryekloster genannt) befand sich von 1210 bis 1582 an der Stelle des heutigen Glücksburg an der Flensburger Förde.

Vorgeschichte

Michaelis-Kloster Schleswig

Das vor 1100 gegründete benediktinische Michaelis-Kloster in Schleswig war vermutlich das älteste Kloster in Schleswig-Holstein.[1] 1192 wurde es aufgelöst, angeblich wegen des unsittlichen Lebens im damaligen Doppelkloster, wie die Chronik Narratio de Monasterio S. Michaelis apud Slesvicum et de Fundatione Monasterii Aureae Insulae von 1289 berichtet.[2] Die Mönche wurden in das neugegründete Zisterzienserkloster in Guldholm umgesiedelt und zur Übernahme der strengeren Regel verpflichtet, der Großteil des Klosterbesitzes wurde dem neuen Kloster überschrieben.[3] Die Nonnen blieben im Konvent zurück, bis drei Jahre später (1194) das Benediktinerinnenkloster St.-Johannis-Kloster vor Schleswig gegründet wurde. Die ehemalige Klosterkirche St. Michaelis auf dem Berge, ein romanischer Rundbau aus dem 12. Jahrhundert, wurde als Pfarrkirche weitergenutzt, bis sie in den 1850er Jahren einstürzte und in den 1870er Jahren durch einen (mittlerweile wieder abgerissenen) Neubau ersetzt wurde.

Neugründung in Guldholm

1191 gründete der Schleswiger Bischof Waldemar das Kloster Aurea Insula (Goldinsel = Guldholm) neu als Filiation (Tochterkloster) des Klosters Esrom auf Seeland auf seinem Patrinomialgut in Guldholm am Ufer des Langsees[4] bei Schleswig.[5] Waldemar, der als Sohn des dänischen Königs Knut V. selbst Ambitionen auf den Thron hatte, könnte bei dieser Gründung auf seinem eigenen Land neben persönlicher Frömmigkeit auch politische Ziele verfolgt haben, denn Klöster spielten im damals noch gering besiedelten Schleswig-Holstein eine wichtige Rolle.[6]

Ende 1192 wurde Bischof Waldemar abgesetzt und gefangengenommen, worauf die Benediktinermönche in ihr altes Kloster in Schleswig zurückkehrten. Mehrere Jahre stritten sie um die Rückgabe der dem Michaelis-Kloster zugeordneten Besitztümer, was als "Mönchekrieg" in die Chroniken einging.[7] 1196 entschied ein päpstliches Schiedsgericht schließlich zugunsten von Guldholm und für die Änderung der Ordensregel. Eine von König Knut VI. bestätigte Urkunde von Nicolaus, Waldemars Nachfolger als Bischof von Schleswig, wies dem neuen Kloster u.a. den bischöflichen Anteil der Kirchen St. Michaelis auf dem Berge, Kahleby, Nübel und Tolk zu. Außerdem besaß das Kloster weitverstreuten Landbesitz sogar auf Eiderstedt und Alsen.[8]

Das Guldholmer Kloster hatte nicht lange Bestand. Es wurde 1210 aus unbekannten Gründen in das Kirchspiel Holtesbratorp (heute: Munkbrarup) verlegt. Möglicherweise hatte die ungünstige Lage im Überschwemmungsgebiet den Umzug notwendig gemacht, vielleicht spielten auch politische Gesichtspunkte eine Rolle, nachdem Waldemar 1208 von Papst Innozenz III. als Bischof von Schleswig abgesetzt worden war. Angeblich soll noch bis 1312 ein einsamer Pater als Verwalter in dem aufgelassenen Kloster gelebt haben.[6] Heute ist außer einigen Fundamentsteinen und Ziegelbrocken im Langsee von dem Guldholmer Kloster nichts mehr zu sehen.[9]

Rus Regis oder Rudekloster

Zur finanziellen Sicherstellung hatte der Bischof dem nunmehrigen Rus Regis (= königliche Rodung) oder Rudekloster 1209 die Bischofszehnten in Munkbrarup, Grundhof und Broacker im Tausch gegen Einkünfte von Aurea Insula zugewiesen. Mit der Gründung des Klosters begann die Besiedlung und Urbarmachung des nördlichen Angeln. Die Mönche stauten den Mühlensee, den heutigen Schlossteich, an und errichteten in Frörup eine noch heute existierende Wassermühle. Im Dezember 1210 wurde im neuen Kloster zum ersten Mal die Regel verlesen, was darauf hinweist, dass die Klostergebäude zu diesem Zeitpunkt weitgehend fertiggestellt waren.[10]

1237 erlangte das Kloster weitgehende Unabhängigkeit vom Landesherrn und eine eigene Gerichtsbarkeit. 1433 erhielt das Rudekloster das Recht an den Einkünften der Wallfahrtstätte Klues (hdt. Klause). Um 1400 hatte Papst Bonifatius IX. die Kapelle neben dieser wundersamen Klause (Einsiedelei) nördlich von Flensburg als heilig erklärt und Wohltätern und Besuchern vier Jahre und 40 Tage Ablass zugesprochen. Das Kloster hatte eine rivalisierende Verbindung zum städtischen Flensburger Franziskanerkloster. Beide Klöster standen meist treu zum dänischen König, zum Herzog von Schleswig und zu den Grafen von Holstein. Quellen über das Klosterleben sind jedoch kaum vorhanden. Sie wurden 1786 bei einem Brand im Glücksburger Schloss vernichtet.[11] Einer von Papst Leo X. ausgestellten Urkunde lässt sich entnehmen, dass das Kloster bereits 1514 verarmt und in einem baulich schlechten Zustand war.[11]

Nach der Einführung Reformation 1538 wurde das Kloster evangelisch, aber erst nach dem Tod des letzten Abtes 1557 säkularisiert[12] und die umfangreichen Ländereien, Gebäude und wahrscheinlich wertvollen Güter vom Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg übernommen. Nach dem Brand der Munkbraruper Laurentiuskirche 1565 diente die baufällige Klosterkirche auch als Gemeindekirche. 1582 fiel das Kloster Herzog Johann dem Jüngeren zu, der es sogleich abreißen und auf dem Grund sein neues Glücksburger Schloss erbauen ließ.

Spuren des Klosters

Von den Bauten des Rudeklosters hat sich nichts mehr erhalten, denn Schloss Glücksburg wurde aus Abbruchsteinen errichtet: als Baumaterial für das Fundament wurden Granitquader der alten Klosterkirche verwendet, viele der Ziegelsteine für den Backsteinbau. Die Fundamente versanken in der aufgestauten Munkbraruper Au. Vom Inventar blieb das Triumphkreuz der Klosterkirche erhalten, das heute als Altarkreuz in der im Jahr des Abbruchs erneuerten Munkbraruper Laurentiuskirche dient.

Beim Ablassen des Wassers des Wasserschlosses wurden bereits in früheren Jahrhunderten Mauerfragmente von Nebengebäuden des ehemaligen Klosters und Gräber von Mönchen gesichtet. 1710 ließ Herzog Philipp Ernst von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (reg. 1698-1729) den Fußboden eines Zimmers im Schloss mit einem Ornament aus Brettern auslegen, die aus den Gräbern der Mönche geborgen worden waren.

Mangels Quellen war jedoch lange nicht bekannt, wo genau das Kloster lag.[11] Auch das Aussehen ist nur von einer 1596, also Jahre nach dem Abriss, erstellten Karte bekannt.[13] Gezielte Grabungen fanden erstmals 1962 und 1969 statt, als das Wasser des Schlossteichs abgelassen war. Dabei wurden Gebäuderest und Gräber gefunden, konnte jedoch nicht jedoch eindeutig dem Kloster zugeordnet werden.

Im Oktober 2005 wurde das Wasser des Schlossteiches erneut abgelassen. Durch das Archäologische Landesamt, das Institut für Geowissenschaften und die Stiftung Schloss Glücksburg wurden magnetische Untersuchungen des trockengefallenen Bodens des Schlossteiches vorgenommen. Dabei fanden sich bisher metallene Kleingegenstände wie zum Beispiel Gürtelschnallen aus Kupfer oder Bronze, Zapfhähne, Buchverschlüsse, Fensterblei, ein Siegel und Münzen aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Durch Bodenradar und geomagnetische Kartierung wurden die exakte Lage und Grundrisse des Klosters festgestellt. Es lag etwa 50 Meter vom heutigen Schloss entfernt. Sichtbar wurden Klostergebäude, Kreuzgang und eine dreischiffige Basilika mit geradem Chorabschluss. Die Größe von 63 Metern Länge und 30 Metern Breite entspricht den Abmessungen des Ratzeburger Doms. Erkennbar ist, dass der Grundriss sich ähnlich wie bei dem ebenfalls von Esrom aus gegründeten Kloster Sorø an den Vorschriften Bernhards von Clairvaux zum Kirchbau orientiert.[14]

Literatur

  • Wolfgang Bauch: Archäologische Funde des Rudeklosters in Glücksburg - Ergebnisse der Oberflächenbegehungen von 2005, in: Denkmal ! Jg. 19 (2012), S. 98-105
  • Kuhlmann, Hans Joachim: Das Rudekloster und seine Vorgänger St. Michaelis - Schleswig und Guldholm, in: Jahrbuch des Angler Heimatvereins 19 (1955), S. 81-87 [1].
  • Glawischnig, Rolf: 800 Jahre Rudekloster Glücksburg; in: Jahrbuch des Heimatvereins der Landschaft Angeln Bd. 74 (2010) S. 236-241.
  • Stüdtje, Johannes: Gedanken über den Wirkungsraum des Ryeklosters (Rüdekloster), in: Jahrbuch des Angler Heimatvereins 28 (1964), S. 90-110.
  • Heiko K.L. Schulze: Die Bauten des Rudeklosters in Glücksburg im 13. Jahrhundert. Zur Architektur der Zisterzienser in Norddeutschland, in: "Denk Mal!" Zeitschrift für Denkmalspflege in Schleswig-Holstein, Jg. 13 (2006), Boyens Buchverlag, Heide; S. 40-48

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Glauben · Wissen · Leben. Klöster in Schleswig-Holstein. Ausstellungsbegleitband der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek; Kiel 2011; S. 315
  2. Chronik des Klosters Guldholm (deutsche Übersetzung). Detlev von Liliencron verarbeitete diese Geschichte in seinem Gedicht Die schwarzen Mönche in Schleswig aus dem 1909 erschienenen Buch Gute Nacht.
  3. Kuhlmann:Das Rudekloster und seine Vorgänger St. Michaelis - Schleswig und Guldholm; S. 82
  4. Hans Zech: Zur Lage des aufgelassenen Zisterzienserklosters Guldholm 1192-1210
  5. Glauben · Wissen · Leben. Klöster in Schleswig-Holstein. Ausstellungsbegleitband der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek; Kiel 2011; S. 247
  6. a b Sönke Preck: Kloster Guldholm
  7. Schulze: Die Bauten des Rudeklosters in Glücksburg im 13. Jahrhundert. Zur Architektur der Zisterzienser in Norddeutschland; S. 40
  8. Kuhlmann:Das Rudekloster und seine Vorgänger St. Michaelis - Schleswig und Guldholm; S. 83f
  9. Dieter-Jürgen Mehlhorn: Klöster und Stifte in Schleswig-Holstein: 1200 Jahre Geschichte, Architektur und Kunst; verlag-ludwig.de, 2007; S. 126
  10. Schulze: Die Bauten des Rudeklosters in Glücksburg im 13. Jahrhundert. Zur Architektur der Zisterzienser in Norddeutschland; S. 46
  11. a b c Schulze: Die Bauten des Rudeklosters in Glücksburg im 13. Jahrhundert. Zur Architektur der Zisterzienser in Norddeutschland; S. 41
  12. Mehlhorn: Klöster und Stifte in Schleswig-Holstein: 1200 Jahre Geschichte, Architektur und Kunst; S. 127
  13. Ausschnitt aus der Karte von 1596
  14. Glauben · Wissen · Leben. Klöster in Schleswig-Holstein. Ausstellungsbegleitband der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek; Kiel 2011; S. 33