„Fuchsbandwurm“ – Versionsunterschied

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=== Populationsdichte ===
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Innerhalb des Verbreitungsgebiets hängen Vorkommen und Häufigkeit des Fuchsbandwurms von einer Reihe von Faktoren ab, unter anderem von der individuellen Empfänglichkeit der verfügbaren Wirte, ihrer jeweiligen Populationsdichte und ihrem Nahrungsspektrum. Das resultiert in einer inselartigen Verteilung der Populationen, das Auftreten des Fuchsbandwurms und die Dichte seiner Populationen schwanken sehr stark zwischen großen Regionen und sogar zwischen nahe beieinander liegenden Gebieten von nur wenigen Hektar Größe.<ref name="WHO 2002" /> In manchen Regionen sind bis zu 72 % der Füchse befallen (Südwestdeutschland), in anderen nur bis zu 5 %. Bei einer Untersuchung der städtischen Fuchspopulation in Stuttgart wurde eine Befallsrate von 20 Prozent festgestellt, in Zürich waren es 48 Prozent.<ref name="Kern 2003" /> Bei Haushunden und -katzen wurde in einer deutschlandweiten Untersuchung eine Fuchsbandwurm-Befallsrate von 0,3 bzw. 0,35 % festgestellt.<ref name="Hinney 2013" />
Innerhalb des Verbreitungsgebiets hängen Vorkommen und Häufigkeit des Fuchsbandwurms von einer Reihe von Faktoren ab, unter anderem von der individuellen Empfänglichkeit der verfügbaren Wirte, ihrer jeweiligen Populationsdichte und ihrem Nahrungsspektrum. Das resultiert in einer inselartigen Verteilung der Populationen, das Auftreten des Fuchsbandwurms und die Dichte seiner Populationen schwanken sehr stark zwischen großen Regionen und sogar zwischen nahe beieinander liegenden Gebieten von nur wenigen Hektar Größe.<ref name="WHO 2002" />
In manchen Regionen sind bis zu 72 % der Füchse befallen (Südwestdeutschland), in anderen nur bis zu 5 %. Bei einer Untersuchung der städtischen Fuchspopulation in Stuttgart wurde eine Befallsrate von 20 Prozent festgestellt, in Zürich waren es 48 Prozent.<ref name="Kern 2003" /> Bei Haushunden und -katzen wurde in einer deutschlandweiten Untersuchung eine Fuchsbandwurm-Befallsrate von 0,3 bzw. 0,35 % festgestellt.<ref name="Hinney 2013" />

Die Befallsrate der Zwischenwirte nimmt mit dem Alter der Zwischenwirte zu und scheint mit der Witterung zu schwanken, wobei Kälte ein Ansteigen bewirkt, die Menge der Niederschläge jedoch eine geringere Rolle spielt. In Zürich und im benachbarten Rifferswil wurden im Jahr 2007 und 2008 [[Ostschermaus|Schermäuse]] (''Arvicola terrestris'') auf den Befall mit Fuchsbandwürmern untersucht. Dabei betrug die [[Prävalenz]] eines Befalls mit Larven des Fuchsbandwurms über die gesamte Studie etwa 15 Prozent, in einem Untersuchungsgebiet schwankte sie jedoch zwischen etwa 40 und fast 80 Prozent.<ref name="Burlet 2011" />


=== Ausbreitung ===
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=== Bekämpfung ===
=== Bekämpfung ===
Versuche, durch eine medikamentöse Behandlung der Füchse deren Parasitenbelastung zu reduzieren, waren zunächst erfolgreich, und die Zahl der in die Umwelt abgegebenen Wurmeier konnte verringert werden. Die Belastung der [[Zwischenwirt]]e mit Wurmlarven blieb jedoch hoch, und der Lebenszyklus des Fuchsbandwurms wird in einer Region selbst dann aufrecht erhalten, wenn nur ein Prozent der Zwischenwirte infiziert ist. Daher erfordert die Bekämpfung des Fuchsbandwurms eine fortdauernde Behandlung der Endwirte.<ref name="Takumi 2005" />
Versuche, durch eine medikamentöse Behandlung der Füchse deren Parasitenbelastung zu reduzieren, waren zunächst erfolgreich, und die Zahl der in die Umwelt abgegebenen Wurmeier konnte verringert werden. Die Belastung der [[Zwischenwirt]]e mit Wurmlarven blieb jedoch hoch, und der Lebenszyklus des Fuchsbandwurms wird in einer Region selbst dann aufrecht erhalten, wenn nur ein Prozent der Zwischenwirte infiziert ist. Daher erfordert die Bekämpfung des Fuchsbandwurms eine fortdauernde Behandlung der Endwirte.<ref name="Takumi 2005" /> Wo Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden sind sie vor Beginn der kalten Jahreszeit am effektivsten, da bei kühler Witterung ausgeschiedene Wurmeier besonders lange infektiös bleiben und die Infektionsrate der Zwischenwirte stärker ansteigen lassen.<ref name="Burlet 2011" />


In mehreren Staaten, die bislang frei vom Fuchsbandwurm sind oder von denen dies vermutet wird, bestehen Beschränkungen für die Einfuhr von Tieren die potenzielle Träger einer Infektion sind. Aus diesem Grund verlangen Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finnland beim Grenzübertritt mit Heimtieren wie Hunden oder Hauskatzen eine Bescheinigung über eine kürzlich durchgeführte [[Entwurmung]]. Diese Regelungen stehen für eine Übergangszeit im Einklang mit dem Recht der [[Europäische Union|Europäischen Union]]. Darüber hinaus betrachtet sich Norwegen, soweit es das Festland angeht, offiziell als frei vom Fuchsbandwurm und hat vergleichbare Einreiseregelungen getroffen. Diese norwegischen Beschränkungen gelten für die Einreise aus allen anderen Staaten als Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finland und stehen ebenfalls im Einklang mit europäischem Recht. Schweden und Finnland streben für sich an, ebenfalls die Freiheit vom Fuchsbandwurm nachzuweisen und so eine unbefristete Regelung treffen zu können.<ref name="Wahlström 2011" />
In mehreren Staaten, die bislang frei vom Fuchsbandwurm sind oder von denen dies vermutet wird, bestehen Beschränkungen für die Einfuhr von Tieren die potenzielle Träger einer Infektion sind. Aus diesem Grund verlangen Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finnland beim Grenzübertritt mit Heimtieren wie Hunden oder Hauskatzen eine Bescheinigung über eine kürzlich durchgeführte [[Entwurmung]]. Diese Regelungen stehen für eine Übergangszeit im Einklang mit dem Recht der [[Europäische Union|Europäischen Union]]. Darüber hinaus betrachtet sich Norwegen, soweit es das Festland angeht, offiziell als frei vom Fuchsbandwurm und hat vergleichbare Einreiseregelungen getroffen. Diese norwegischen Beschränkungen gelten für die Einreise aus allen anderen Staaten als Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finland und stehen ebenfalls im Einklang mit europäischem Recht. Schweden und Finnland streben für sich an, ebenfalls die Freiheit vom Fuchsbandwurm nachzuweisen und so eine unbefristete Regelung treffen zu können.<ref name="Wahlström 2011" />
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
<ref name="Burlet 2011">Pierre Burlet, Peter Deplazes und Daniel Hegglin: ''Age, season and spatio-temporal factors affecting the prevalence of Echinococcus multilocularis and Taenia taeniaeformis in Arvicola terrestris.'' In: ''Parasites & Vectors'', 2011, Artikel 4:6, {{ISSN|1756-3305}}, {{DOI|10.1186/1756-3305-4-6}}. {{PMC|3033848|PDF}}.</ref>
<ref name="Henttonen 2001">Heikki Henttonen et al.: ''Echinococcus multilocularis on Svalbard: introduction of an intermediate host has enabled the local life-cycle.'' In: ''Parasitology'', Band 123, Nr. 6, 2001, S. 547–552, {{ISSN|0031-1820}}, {{DOI|10.1017/S0031182001008800}}. PMID 11814041</ref>
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<ref name="Hinney 2013">Barbara Hinney und Anja Joachim: ''Magen-Darm-Parasiten bei Hund und Katze.'' In: ''Kleintierpraxis'' 58 (2013), S. 256–278.</ref>
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Version vom 19. Dezember 2013, 04:45 Uhr

Fuchsbandwurm

Ausgewachsener Fuchsbandwurm, links die stark vergrößerte Proglottis

Systematik
Klasse: Bandwürmer (Cestoda)
Unterklasse: Echte Bandwürmer (Eucestoda)
Ordnung: Cyclophyllidea
Familie: Taeniidae
Gattung: Echinococcus
Art: Fuchsbandwurm
Wissenschaftlicher Name
Echinococcus multilocularis
(Leuckart, 1863) Vogel, 1955

Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist eine Art der Bandwürmer (Cestoda) und parasitiert vor allem im Rotfuchs und anderen Arten der Gattung Vulpes. Als Zwischenwirt dienen kleine Säugetiere, vor allem Wühlmäuse und andere Nagetiere. Der Fuchsbandwurm ist der Auslöser der alveolären (bläschenartigen) Echinokokkose, einer lebensgefährlichen Wurmerkrankung des Menschen.

Merkmale

Wie alle Arten der Gattung Echinococcus ist auch der Fuchsbandwurm ein sehr kleiner Vertreter der Bandwürmer, von denen einzelne Arten mehrere Meter lang werden können. Er erreicht eine Länge von nur rund 1,4 bis 3,4 Millimetern[1] (nach anderen Quellen 1,2 bis 4,5 Millimeter[2]) und ist damit etwas kürzer als der Dreigliedrige Hundebandwurm (E. granulosus), der eine Länge von 2,5 bis 6 Millimeter[1] (nach anderen Quellen 2,0 bis 11,0 Millimeter[2]) erreicht. Der Kopf (Scolex) besitzt vier Saugnäpfe[3] und wie bei vielen Bandwürmern Haken, um sich an der Darmwand des Wirtes festzusetzen. Diese sind in zwei den Scolex umlaufenden Ringen, dem Rostellum, zu je 13 bis 18 Häkchen von 20 bis 34 Mikrometern Länge angeordnet, wobei die äußeren Häkchen geringfügig länger als die inneren sind.

Sein Körper ist in zwei bis sechs,[2] meist vier oder fünf, segmentähnliche Körperabschnitte (Proglottiden) unterteilt, wobei die letzte Proglottis stark vergrößert ist und fast die Hälfte der gesamten Länge des Wurmes ausmacht. In den Proglottiden liegt jeweils ein Satz von Geschlechtsorganen vor, in denen Spermien und später Eier produziert werden. Im vorderen bis mittleren Bereich der Proglottiden liegt die Geschlechtsöffnung (Genitalporus).[4]

Verbreitung

Der Rotfuchs (Vulpes vulpes) ist der häufigste Hauptwirt des Fuchsbandwurms

Die Verbreitung des Fuchsbandwurms ist an das Vorhandensein geeigneter Haupt- und Zwischenwirte gebunden. Der Fuchsbandwurm hat ein Verbreitungsgebiet über die gemäßigten bis kalt-gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel. In Europa liegt ein Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa, vor allem in der Schweiz (Schwerpunkt Kanton Thurgau) und in Deutschland im Bereich der Schwäbischen Alb häufen sich die Vorkommen. In Asien erstreckt sich die Ausbreitung über Russland und weite Teile Zentralasiens über China bis nach Japan, Teile der Türkei, des Iran und Indiens scheinen hier den südlichen Rand des Verbreitungsgebiets zu markieren. In Nordamerika reichen die Vorkommen von Alaska und Kanada südwärts bis zu den Bundesstaaten Nebraska, Iowa, Illinois, Indiana und Ohio.[5]

In Mitteleuropa kommt es so gut wie gar nicht zu einer Überlappung mit dem Verbreitungsgebiet für den Hundebandwurm (Echinococcus granulosus). Ein Grund für diese Verteilung ist noch nicht bekannt. In anderen Regionen, namentlich der Türkei, im Iran, Zentralasien, Russland und China, treten beide Arten nebeneinander auf.[4]

Populationsdichte

Innerhalb des Verbreitungsgebiets hängen Vorkommen und Häufigkeit des Fuchsbandwurms von einer Reihe von Faktoren ab, unter anderem von der individuellen Empfänglichkeit der verfügbaren Wirte, ihrer jeweiligen Populationsdichte und ihrem Nahrungsspektrum. Das resultiert in einer inselartigen Verteilung der Populationen, das Auftreten des Fuchsbandwurms und die Dichte seiner Populationen schwanken sehr stark zwischen großen Regionen und sogar zwischen nahe beieinander liegenden Gebieten von nur wenigen Hektar Größe.[5]

In manchen Regionen sind bis zu 72 % der Füchse befallen (Südwestdeutschland), in anderen nur bis zu 5 %. Bei einer Untersuchung der städtischen Fuchspopulation in Stuttgart wurde eine Befallsrate von 20 Prozent festgestellt, in Zürich waren es 48 Prozent.[6] Bei Haushunden und -katzen wurde in einer deutschlandweiten Untersuchung eine Fuchsbandwurm-Befallsrate von 0,3 bzw. 0,35 % festgestellt.[7]

Die Befallsrate der Zwischenwirte nimmt mit dem Alter der Zwischenwirte zu und scheint mit der Witterung zu schwanken, wobei Kälte ein Ansteigen bewirkt, die Menge der Niederschläge jedoch eine geringere Rolle spielt. In Zürich und im benachbarten Rifferswil wurden im Jahr 2007 und 2008 Schermäuse (Arvicola terrestris) auf den Befall mit Fuchsbandwürmern untersucht. Dabei betrug die Prävalenz eines Befalls mit Larven des Fuchsbandwurms über die gesamte Studie etwa 15 Prozent, in einem Untersuchungsgebiet schwankte sie jedoch zwischen etwa 40 und fast 80 Prozent.[8]

Ausbreitung

Der Fuchsbandwurm breitet sich seit dem Ende des 20. Jahrhunderts in Europa jenseits der ursprünglichen Verbreitungsgebiete aus. Noch Ende der 1980er Jahre waren in Mitteleuropa nur aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich Enzootiegebiete bekannt, seither hat sowohl die Infektionsrate der Füchse als auch die Zahl der Vorkommen in diesen Ländern stark zugenommen. Erstfunde und Nachweise für neu entstandene Enzootiegebiete gibt es aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Polen, Tschechien, der Slowakei (1999)[9], Italien, Spitzbergen (1999)[10] und Ungarn (2002).[11] Vergleichbare Entwicklungen gab es in Nordamerika, wo sich der Fuchsbandwurm vom Norden Kanadas bis in einige zentrale US-Bundesstaaten ausbreitete, und aus Japan, wo sich eine kleine Population auf die ganze Insel Hokkaido ausdehnte.[11]

Als eine Ursache der Ausbreitung des Fuchsbandwurms und seiner vielfach zunehmenden Populationsdichte wird angesehen, dass die Bestände des Rotfuchses wegen des Erfolgs der Impfprogramme gegen die Tollwut und der geringeren Bejagung seit den 1970er Jahren in Mitteleuropa stark zunehmen. In Osteuropa wird neben der Einführung von Tollwut-Impfprogrammen auch die Umstrukturierung der landwirtschaftlichen Produktion und der Preisverfall für Fuchspelze als Ursache dafür diskutiert. Eine Folge des erhöhten Populationsdrucks auf die Füchse besteht darin, dass sie vermehrt städtische Räume besiedeln und den Fuchsbandwurm näher an den Menschen bringen.[11][12]

Einen Sonderfall stellt die Einschleppung des Fuchsbandwurms nach Spitzbergen dar. Auf der Insel ist der Polarfuchs der einzige Hauptwirt, ein Kleinsäuger als Zwischenwirt war ursprünglich nicht vorhanden. Die ersten Beobachtungen von Mäusen erfolgten in den 1970er Jahren nahe den Siedlungen russischer Bergleute. Die Nager wurden zunächst fälschlich als Feldmäuse betrachtet, erst 1990 wurden sie mittels DNA-Analysen als Osteuropäische Feldmäuse identifiziert. Deren ursprüngliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Balkan über Finnland bis nach Sibirien. Im Sommer 1999 wurde im Rahmen einer biologischen Erforschung der Mäusepopulation auch eine Untersuchung einzelner Tiere auf Parasitenbefall durchgeführt. Dabei und bei einer umfangreicheren Untersuchung im Folgejahr wurde festgestellt dass der Fuchsbandwurm bei den Mäusen nicht nur häufig auftritt, sondern dass seine Populationsdichte eine der höchsten jemals festgestellten ist. Als einzige mögliche Erklärung für das Auftreten des Fuchsbandwurms wird das Zuwandern infizierter Polarfüchse über das Polareis angesehen. Die von den infizierten Füchsen ausgeschiedenen Bandwurmeier wurden von den durch den Menschen eingeführten Mäusen aufgenommen, wodurch sich der Fuchsbandwurm auf Spitzbergen etablieren konnte.[10]

Bekämpfung

Versuche, durch eine medikamentöse Behandlung der Füchse deren Parasitenbelastung zu reduzieren, waren zunächst erfolgreich, und die Zahl der in die Umwelt abgegebenen Wurmeier konnte verringert werden. Die Belastung der Zwischenwirte mit Wurmlarven blieb jedoch hoch, und der Lebenszyklus des Fuchsbandwurms wird in einer Region selbst dann aufrecht erhalten, wenn nur ein Prozent der Zwischenwirte infiziert ist. Daher erfordert die Bekämpfung des Fuchsbandwurms eine fortdauernde Behandlung der Endwirte.[12] Wo Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden sind sie vor Beginn der kalten Jahreszeit am effektivsten, da bei kühler Witterung ausgeschiedene Wurmeier besonders lange infektiös bleiben und die Infektionsrate der Zwischenwirte stärker ansteigen lassen.[8]

In mehreren Staaten, die bislang frei vom Fuchsbandwurm sind oder von denen dies vermutet wird, bestehen Beschränkungen für die Einfuhr von Tieren die potenzielle Träger einer Infektion sind. Aus diesem Grund verlangen Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finnland beim Grenzübertritt mit Heimtieren wie Hunden oder Hauskatzen eine Bescheinigung über eine kürzlich durchgeführte Entwurmung. Diese Regelungen stehen für eine Übergangszeit im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union. Darüber hinaus betrachtet sich Norwegen, soweit es das Festland angeht, offiziell als frei vom Fuchsbandwurm und hat vergleichbare Einreiseregelungen getroffen. Diese norwegischen Beschränkungen gelten für die Einreise aus allen anderen Staaten als Großbritannien, Irland, Malta, Schweden und Finland und stehen ebenfalls im Einklang mit europäischem Recht. Schweden und Finnland streben für sich an, ebenfalls die Freiheit vom Fuchsbandwurm nachzuweisen und so eine unbefristete Regelung treffen zu können.[13]

Lebensweise

Lebenszyklus

Metazestode (die zahlreichen Bläschen in der Bildmitte) von Echinococcus multilocularis in der Bauchhöhle einer Baumwollratte

Der Lebenszyklus beginnt mit dem erwachsenen Fuchsbandwurm, der sich im Dünndarm eines Endwirtes niedergelassen hat. In seinem letzten Proglottis reifen die selbst befruchteten Eier (Oncosphären) heran, die das erste Larvenstadium des Fuchsbandwurms enthalten. Durch das Abstoßen des letzten Proglottis werden täglich bis zu 200 reife Eier in den Darm des Endwirts abgegeben und gelangen mit dem Kot in die Umwelt. Die Eier sind sehr kältebeständig und können monatelang infektiös bleiben.

Nach der Aufnahme einer Oncosphäre durch einen Zwischenwirt (Nager) löst sich die Eikapsel auf und die so genannte Oncosphäre oder Hexacanthenlarve (6-Haken-Larve) wird aktiviert. Es wird angenommen dass der niedrige pH-Wert der Umgebung und die Gallenflüssigkeit den Prozess auslösen und dass die Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit auch bei der Wirtsspezifität des Fuchsbandwurms eine Rolle spielt.

Die Larve durchdringt das Epithelgewebe der Darmwand und gelangt über die Mesenterialvenen und die Pfortader zur Leber des Zwischenwirts, sie kann aber in Ausnahmefällen auch Lunge, Herz oder Milz befallen. Innerhalb des Gewebes setzt sich die Oncosphäre fest und bildet als zweites Larvenstadium die eine Metazestode, oder Finne, eine mit gallertartiger Masse gefüllte Blase, die gegen das sie umgebende Organ durch eine Wand aus Bindegewebe abgegrenzt ist. Wie dieser Vorgang ausgelöst und gesteuert wird ist nicht bekannt.

Aus der Wand der Metazestode entspringen im weiteren Verlauf der Infektion durch Knospung stetig weitere Finnen, es entsteht eine schwammartige Larvenstruktur die das Wirtsgewebe infiltriert. Sie wird aus diesem Grunde als Hydatide des alveolären (blasenartigen) Typs von der Hydatide des zystischen Typs des Hundebandwurms abgegrenzt, bei dem durch eine Knospung nach innen große Hydatidenblasen gebildet werden. Im Rahmen der Knospung können sich Zellverbände oder sogar einzelne Zellen der Metazestode ablösen und über die Blutbahn des Wirts andere Organe erreichen, wodurch auch diese befallen werden. Nach zwei bis vier Monaten in einem geeigneten Endwirt bilden sich in den Finnen als drittes Larvenstadium die Protoscolices mit eingestülpten Kopfanlagen, und Knospung und Wachstum der Metazestode kommen zum Stillstand.

Beim Menschen als Fehlwirt ist die Knospung der Metazestoden stark verlangsamt und es bilden sich allenfalls wenige Protoscolices. Die Metazestode wächst nach außen, es kommt aber in ihrem Zentrum zu Abbauprozessen. So entsteht eine langsam zunehmende Masse aus nekrotisiertem Gewebe, das von einer relativ dünnen Schicht lebenden Parasitengewebes umhüllt ist.

Durch die Erkrankung wird der Zwischenwirt immer schwächer und damit eine leichte Beute für den Endwirt (Hund, Fuchs, Katze). Selbst nach dem natürlichen Tod des Zwischenwirtes bleiben die Metazestoden noch lange infektiös, so dass auch Tiere, die sich von Aas ernähren, zum Endwirt werden können. Nimmt der Endwirt mit der Nahrung Metazestoden auf, so werden sie verdaut und die freigewordenen Protoscolices setzen sich mit ihren Haken im Dünndarm des Wirtes fest. Dort ernähren sie sich kommensal und wachsen zur neuen Bandwurmgeneration heran. Die Nahrung wird über ihre Außenhaut, die syncytiale Neodermis, aufgenommen. Sie besteht aus dem „Nahrungsbrei“, der im Dünndarm vorhanden ist und aus dem der Wurm die Nährstoffe resorbiert. Der Stoffwechsel verläuft anaerob über die Glykolyse. Es können tausende Würmer im Endwirt vorkommen, ohne diesen ernsthaft zu beeinträchtigen. Bei starkem Befall verteilen sich die Parasiten gleichmäßig über den gesamten Dünndarm, bei wenigen Parasiten bleibt in der Regel das erste Dünndarmdrittel des Wirtes frei.[5][3]

Wirte

Die Feldmaus (Microtus arvalis) gehört zu den Wühlmäusen (Arvicolinae)

Der Fuchsbandwurm infiziert als Hauptwirte vor allem Angehörige der Gattung Vulpes, in Mitteleuropa, Asien und Nordamerika den Rotfuchs und in den zirkumpolaren Regionen den Polarfuchs. Daneben können auch Koyote, Wolf und Haushund, sowie seltener Wildkatze und Hauskatze befallen werden. Fuchsbandwürmer sind selbst bei starkem Befall des Endwirts für diesen kaum schädlich.

Als Zwischenwirt dienen kleine Säugetiere, vor allem Wühlmäuse, die in Deutschland die häufigsten Zwischenwirte sind.[7]

Durch die Aufnahme von Eiern des Fuchsbandwurms können auch Hirsche, Elche, Rentiere, Bisons, Haus- und Wildschweine, Pferde, Nutrias und Primaten einschließlich des Menschen infiziert werden. Wenn die in ihnen heranwachsenden Larven des Fuchsbandwurms nicht durch den Verzehr von Fleisch oder Aas des Zwischenwirts auf neue Hauptwirte übergehen handelt es sich um Fehlzwischenwirte, da der Lebenszyklus des Parasiten mit dem Tod seines Wirts erlischt. Beim Menschen wird durch eine Infektion mit den Eiern des Fuchsbandwurms die Alveoläre Echinokokkose ausgelöst, eine lebensgefährliche Wurmerkrankung.[4][5][3]

Systematik

Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Gattung Echinococcus

Vorlage:Clade

Zwei Verschiedene phylogenetische Bäume auf der Basis von Kern-DNA[14] beziehungsweise mitochondrialer DNA.[15] Die Klammerzusätze stehen für verschiedene Genotypen.
Vorlage:Kladogramm/Wartung/Kladogramm2

Die wissenschaftliche Erstbeschreibung von Echinococcus multilocularis erfolgte durch Rudolf Leuckart im Jahr 1863. Die Systematik der Gattung Echinococcus und damit auch die systematische Position des Fuchsbandwurms ist bislang nicht abschließend geklärt. Problematisch sind dabei vor allem die zahlreichen als Genotypen (in den Kladogrammen als G1, G2 usw. bezeichnet) beschriebenen Formen von Echinococcus granulosus, die in den bisherigen molekularbiologischen Untersuchungen nicht als monophyletische Kladen erkennbar sind. Diese werden in der aktuellen Literatur und daher auch in den nebenstehenden Kladogrammen zum Teil bereits als eigenständige Arten E. equinus, E. ortleppi, E. canadensis und E. intermedius betrachtet.[15][14]

Die bisherigen molekularbiologischen Untersuchungen zur Systematik der Echinococcus-Arten basieren auf mitochondrialer DNA[15] sowie der DNA des Zellkerns.[14] Die Ergebnisse dieser beiden Studien unterscheiden sich deutlich: Bei der Nutzung der Kern-DNA stellen der Fuchsbandwurm und der in Tibet endemische E. shiquicus die beiden basalen Arten der Gattung dar und die verschiedenen Genotypen des E. granulosus bilden mit E. felidis ein Taxon.[14] Bei der Verwendung mitochondrialer DNA werden diese beiden Arten dagegen inmitten der E. granulosis-Genotypen platziert.[15]

Saarma et al. 2009 befürworten die Nutzung der Kern-DNA zur Ermittlung der phylogenetischen Verwandtschaftsverhältnisse, da die mitochondriale DNA in diesem Fall der parasitischen Lebensweise durch ihre zufällige Mutationsrate ohne Rekombination die tatsächliche Artentwicklung nicht nachzeichne.[14] Entsprechend dieser Analyse stellt Echinococcus multilocularis die basalste Art der Gattung dar, gefolgt von E. shiquicus.[14]

Nachweisverfahren

Es besteht im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge ein großes Interesse daran, den Fuchsbandwurm als Erreger einer lebensbedrohlichen Zoonose sicher zu identifizieren und Angaben über seine Verbreitung und Häufigkeit zu machen.

Der Fuchsbandwurm lässt sich im Erwachsenenstadium und als Larve mit Hilfe äußerlicher Merkmale sicher von den übrigen Vertretern der Gattung Echinococcus unterscheiden. Die Eier können jedoch mit denen anderer Arten der Gattungen Echinococcus und Taenia verwechselt werden, eine sichere Identifizierung erfordert eine Genanalyse.

Zur Identifizierung der Larven in Zwischenwirten wird die makroskopische oder mikroskopische Untersuchung oder eine DNA-Analyse herangezogen. Beim Menschen werden zur Diagnose verschiedene serologische Untersuchungen angewendet, die eine Infektion erkennen lassen bevor Symptome auftreten.

Bei den Hauptwirten ist die Diagnose durch eine Untersuchung des Dünndarms im Rahmen einer Nekropsie möglich, hierbei wird nach erwachsenen Fuchsbandwürmern gesucht. Heute kann der Kot sowohl lebender als auch toter Endwirte mit einem spezifischen ELISA auf Koproantigene und durch DNA-Nachweis mittels PCR untersucht werden. Diese Verfahren eignen sich auch zur Untersuchung von in der Natur vorgefundenen Kotproben und werden zur systematischen Untersuchung der Populationen von Füchsen, Hunden und Katzen sowie in der veterinärmedizinischen Diagnostik verwendet. Ihr Vorteil liegt vor allem in der geringeren Gefährdung des mit der Untersuchung befassten Personals. Die Zuverlässigkeit des ELISA bleibt unter ungünstigen Bedingungen wie einer zusätzlichen Infektion mit dem Hundebandwurm hinter der einer Nekropsie zurück, gegen DNA-Analysen sprechen der hohe technische Aufwand und die Kosten.[4]

Siehe auch

Parasiten des Menschen
Bandwurmerkrankungen des Hundes
Wurminfektionen der Katze

Weblinks

Commons: Echinococcus multilocularis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Artikel Echinococcus in: Heinz Mehlhorn: Encyclopedic Reference of Parasitology. Biology, Structure, Function Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2001. ISBN 3-540-66239-1; S. 410
  2. a b c Ning Xiao, Jiamin Qiu, Minoru Nakao, Tiaoying Li, Wen Yang, Xingwang Chen, Peter M. Schantz, Philip S. Craig, Akira Ito: Echinococcus shiquicus n. sp., a taeniid cestode from Tibetan fox and plateau pika in China. International Journal for Parasitology 35 (6), 2005; S. 693–701; doi:10.1016/j.ijpara.2005.01.003. PMID 15862582
  3. a b c Christian Konrad: Molecular analysis of insulin signaling mechanisms in Echinococcus multilocularis and their role in the host-parasite interaction in the alveolar echinococcosis, Dissertation, Bayerische Julius-Maximilians-Universität, Würzburg 2007 Online PDF 5,6 MB, abgerufen am 16. Dezember 2013.
  4. a b c d Office International des Epizooties (Hrsg.): Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals (Mammals, Birds and Bees). Sixth Edition, Volume 1, S. 175–189, Office International des Epizooties (OIE), Paris 2008, ISBN 978-92-9044-718-4 Online PDF 11,2 MB, abgerufen am 16. Dezember 2013
  5. a b c d Johannes Eckert et al. (Hrsg.): WHO/OIE Manual on Echinococcosis in Humans and Animals: a Public Health Problem of Global Concern, Office International des Epizooties (OIE), Paris 2002, ISBN 92-9044-522-X Online PDF 5,6 MB, abgerufen am 17. Dezember 2013
  6. Petra Kern et al.: European Echinococcosis Registry: Human Alveolar Echinococcosis, Europe, 1982–2000. In: Emerging Infectious Diseases, Band 9, Nr. 3, S. 343–349, ISSN 1080-6059, PMC 2958541 (freier Volltext, PDF).
  7. a b Barbara Hinney und Anja Joachim: Magen-Darm-Parasiten bei Hund und Katze. In: Kleintierpraxis 58 (2013), S. 256–278.
  8. a b Pierre Burlet, Peter Deplazes und Daniel Hegglin: Age, season and spatio-temporal factors affecting the prevalence of Echinococcus multilocularis and Taenia taeniaeformis in Arvicola terrestris. In: Parasites & Vectors, 2011, Artikel 4:6, ISSN 1756-3305, doi:10.1186/1756-3305-4-6. PMC 3033848 (freier Volltext, PDF).
  9. Valéria Letková et al.: The red fox (Vulpes vulpes L.) as a source of zoonoses. In: Veterinarski Arhiv, Band 76, Supplement, 2006, S. S73–S81, ISSN 0372-5480 Online PDF 400 kB, abgerufen am 18. Dezember 2013.
  10. a b Heikki Henttonen et al.: Echinococcus multilocularis on Svalbard: introduction of an intermediate host has enabled the local life-cycle. In: Parasitology, Band 123, Nr. 6, 2001, S. 547–552, ISSN 0031-1820, doi:10.1017/S0031182001008800. PMID 11814041
  11. a b c Tamás Sréter et al.: Echinococcus multilocularis: An Emerging Pathogen in Hungary and Central Eastern Europe? In: Emerging Infectious Diseases, Band 9, Nr. 3, S. 384–386, ISSN 1080-6059, PMC 2958538 (freier Volltext, PDF).
  12. a b K. Takumi und J. van der Giessen: Transmission dynamics of Echinococcus multilocularis; its reproduction number, persistence in an area of low rodent prevalence, and effectiveness of control. In: Parasitology, Band 131, Nr. 1, Juli 2005, S. 133–140, ISSN 0031-1820. PMID 16038404.
  13. Helene Wahlström et al.: Combining information from surveys of several species to estimate the probability of freedom from Echinococcus multilocularis in Sweden, Finland and mainland Norway. In: Acta Veterinaria Scandinavica, 2011, 53(9), ISSN 1751-0147, doi:10.1186/1751-0147-53-9, PMC 3049754 (freier Volltext, PDF).
  14. a b c d e f U. Saarma, I. Jõgisalu, E. Moks, A. Varcasia, A. Lavikainen, A. Oksanen, S. Simsek, V. Andresiuk, G. Denegri, L.M. González, E. Ferrer, T. Gárate, L. Rinaldi, P. Maravilla: A novel phylogeny for the genus Echinococcus, based on nuclear data, challenges relationships based on mitochondrial evidence. Parasitology 136 (3), 2009: S. 317–328. PMID 19154654
  15. a b c d M. Nakao, D.P. McManus, P.M. Schantz, P.S. Craig, A. Ito: A molecular phylogeny of the genus Echinococcus inferred from complete mitochondrial genomes. Parasitology 134(5): S. 713–722. PMID 17156584