„Marshallsche Nachfragefunktion“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Tippfehler entfernt
erweiterung schritt I
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''marshallsche Nachfragefunktion''' (auch: '''walrasianische Nachfragefunktion'''), benannt nach dem Ökonomen [[Alfred Marshall]], ist ein Begriff aus der [[Mikroökonomie]], genauer der [[Haushaltstheorie]].
Als '''marshallsche Nachfragekorrespondenz''' (auch: '''walrasianische Nachfragekorrespondenz'''), benannt nach dem Ökonomen [[Alfred Marshall]], bezeichnet man in der [[Mikroökonomik]] und dort speziell in der [[Haushaltstheorie]] eine [[Korrespondenz (Mathematik)|Korrespondenz]], die für gegebene Güterpreise und ein gegebenes Vermögen angibt, welche Menge von jedem einzelnen Gut konsumiert werden sollte, wenn man den größtmöglichen [[Nutzenfunktion|Nutzen]] realisieren möchte.
Ausgehend von einem Haushalt, der seine [[Nutzenfunktion]] maximiert, gibt die marshallsche Nachfragefunktion diejenigen Mengen der Güter <math> x_1 \ </math> bis <math> x_n \ </math> an, welche den Nutzen des Haushalts maximieren. Diese optimalen Mengen <math>x_1^*, \ldots{}, x_n^*</math> der Güter hängen dabei von den einzelnen Preisen der Güter sowie vom zur Verfügung stehenden Vermögen des Haushalts ab.


Sofern für jede Preis-Vermögens-Kombination ein eindeutiges Optimum existiert, lässt sich die marshallsche Nachfragekorrespondenz als [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] auffassen und man spricht von der '''marshallschen Nachfragefunktion''' (auch: '''walrasianischen Nachfragefunktion''').
== Definition und Bedeutung ==<!-- BEI ÄNDERUNG DER ÜBERSCHRIFT BITTE HIER {{Anker|Definition und Bedeutung}} EINFÜGEN, DA VON ANDEREN ARTIKELN AUF DIESEN ABSCHNITT VERWIESEN WIRD -->
=== Konstruktion ===
==== Allgemeine Konstruktion der marshallschen Nachfrage ====
Man geht zunächst von einem Nutzenmaximierungsproblem aus, das durch


{{Anker|Definition und Bedeutung}}
:<math>\max_{(x_{1},\ldots,x_{n})\in\mathbb{R}_{+}^{n}}u(x_{1},\ldots,x_{n}) </math> unter der Nebenbedingung <math>\mathbf{p\cdot x}\leq y</math> (bzw. ohne Vektorschreibweise: <math>p_{1}x_{1}+p_{2}x_{2}+\ldots+p_{n}x_{n}\leq y</math>)
== Definition ==
=== Allgemein ===
Bezeichne mit <math>x_{i}\geq0</math> die von einem bestimmten Konsumenten nachgefragte Menge von Gut <math>i</math>, <math>i=1,\ldots,n</math>, und fasse der Vektor <math>\mathbf{x}=(x_{1},\ldots,x_{n})\in\mathbb{\mathbb{R}}_{+}^{n}</math> die Nachfrage bezüglich aller Güter zusammen. Der Preis jedes Gutes sei strikt positiv, <math>p_{i}>0</math> für alle <math>i=1,\ldots,n</math>, und man vereinbare <math>\mathbf{p}=(p_{1},\ldots,p_{n})\in\mathbb{R}_{++}^{n}</math> als Preisvektor der Ökonomie.


Der Nutzen des Konsumenten folge einer [[Stetigkeit|stetigen]] Nutzenfunktion <math>u(\mathbf{x})</math>. Der Konsument verfüge über ein (reellwertiges) Budget in Höhe von <math>y>0</math>. Betrachte nun das Nutzenmaximierungsproblem des Konsumenten unter Berücksichtigung der [[Budgetrestriktion]]:
gegeben ist, wobei <math>u(\cdot)</math> eine [[Stetigkeit|stetige]], streng [[Monotonie (Mathematik)|monoton steigende]], [[Differenzierbarkeit|differenzierbare]] und strikt [[Quasikonvexe Funktion|quasikonkave]] [[Nutzenfunktion]] sei. <math>\mathbf{x}=(x_{1},\ldots,x_{n}) </math> ist der Vektor der nachgefragten Gütermengen und <math>\mathbf{p}=(p_{1},\ldots,p_{n}) </math> der dazugehörige Preisvektor.
:<math>\max_{\mathbf{x}\in\mathbb{R}_{+}^{n}}u(\mathbf{x}) </math>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;unter der Nebenbedingung&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;<math>\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}=p_{1}x_{1}+p_{2}x_{2}+\ldots+p_{n}x_{n}\leq y</math>


{{Kasten|1=''Definition:'' Sei <math>u(\mathbf{x})</math> stetig, <math>\mathbf{x}\in\mathbb{\mathbb{R}}_{+}^{n}</math>, <math>\mathbf{p}\in\mathbb{\mathbb{R}}_{++}^{n}</math> und <math>y>0</math>. Man bezeichnet die [[Korrespondenz (Mathematik)|Korrespondenz]] <math>\mathbf{x}^{m}:\mathbb{R}_{++}^{n+1}\twoheadrightarrow\mathbb{R}_{+}^{n}</math>, definiert durch
Im genannten Problem wird der Nutzen, den das Individuum aus den von ihm nachgefragten <math>n </math> Gütern erhält, maximiert, wobei nicht mehr als ein festgelegtes Budget <math>y </math> ausgeben werden kann ([[Budgetrestriktion]]). Die Lösung eines solchen Nutzenmaximierungsproblems ist bestimmungsgemäß eine Funktion <math>\mathbf{x}^{*} </math>, die anzeigt, welche Menge von den jeweiligen Gütern nachgefragt werden sollte, um mit dem gegebenen Budget ein möglichst hohes Nutzenniveau zu erzielen. Es ist folglich <math>\mathbf{x}^{*}</math> eine Funktion des Preisvektors <math>\mathbf{p} </math> und des verfügbaren Budgets <math>y</math>.
:<math>\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)\equiv\arg\max\{u(\mathbf{x})|\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq y\}</math>,
als ''marshallsche Nachfragekorrespondenz'' (auch: ''walrasianische Nachfragekorrespondenz'').


Verfügt das Maximierungsproblem für jedes Tupel <math>(\mathbf{p},y)</math> über eine einelementige Lösungsmenge, so handelt es sich bei der Zuordnung <math>\mathbf{x}^m(\mathbf{p},y)</math> im Spezialfall um eine Funktion und man spricht entsprechend von der ''marshallschen Nachfragefunktion'' (auch: ''walrasianischen Nachfragefunktion'').}}
Man bezeichnet das so gegebene <math>\mathbf{x}</math> als ''marshallsche Nachfrage'' und vereinbart <math>\mathbf{x}^{*}(\mathbf{p},y)\equiv\mathbf{x}(\mathbf{p},y)</math>


Andere Schreibweisen für die Definition der marshallschen Nachfragekorrespondenz sind ebenfalls gebräuchlich.<ref>Vgl. Moore 2007, S. 88.</ref> Es ist trivialerweise
==== Vereinfachte Notation am Beispiel des Zwei-Güter-Falls ====
:<math>\begin{align}
\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)&\equiv\arg\max\{u(\mathbf{x})|\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq y\}\\
&=\arg\max\left\{ u(\mathbf{x})|\mathbf{x}\in B_{\mathbf{p},y}\right\}\\
&=\left\{ \mathbf{x}\in B_{\mathbf{p},y}\left|\left(\forall\mathbf{x}'\in \mathbb{R}_{+}^{n}\right):u(\mathbf{x}')>u(\mathbf{x})\Rightarrow\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}'>y\right.\right\}\end{align}
</math>

mit

:<math>B_{\mathbf{p},y}\equiv\{\mathbf{x}\in \mathbb{R}_{+}^{n}\left|\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq y\right.\}</math>

der zulässigen Menge (Budgetmenge). In Worten: Die marshallsche Nachfrage bei einem gegebenen Preissystem und einem gegebenen Haushaltsvermögen entspricht genau jenen zulässigen Güterbündeln, die die Eigenschaft haben, dass sämtliche Güterbündel mit strikt größerem Nutzen derart teuer wäre, dass sie die Budgetrestriktion verletzen.

=== Vereinfachte Notation im Zwei-Güter-Fall ===
Vielfach wird das Konzept auch nur auf kleinere Zahl von Gütern bezogen (beispielsweise wie nachfolgend zwei Güter). Man kann dann das Maximierungsproblem unter Verzicht auf Vektordarstellungen einfacher schreiben als:
Vielfach wird das Konzept auch nur auf kleinere Zahl von Gütern bezogen (beispielsweise wie nachfolgend zwei Güter). Man kann dann das Maximierungsproblem unter Verzicht auf Vektordarstellungen einfacher schreiben als:


:<math>\max_{(x_{1},x_{2})\in\mathbb{R}_{+}^{2}}u(x_{1},x_{2})</math> unter der Nebenbedingung <math>p_{1}x_{1}+p_{2}x_{2}\leq y</math>
:<math>\max_{(x_{1},x_{2})\in\mathbb{R}_{+}^{2}}u(x_{1},x_{2})</math> unter der Nebenbedingung <math>p_{1}x_{1}+p_{2}x_{2}\leq y</math>


Da über <math>x_{1}</math> und <math>x_{2}</math> maximiert wird, wird die Lösung des Problems auch für beide Größen einen Optimalwert ausgeben. Die optimale Nachfrage nach Gut 1 beträgt also <math>x_{1}^{*}</math> und sie ist abhängig vom Preis dieses Gutes, dem Einkommen <math>y>0</math>, das dem Individuum zur Verfügung steht, sowie in der Regel auch vom Preis von Gut 2. Intuitiv kann Letzteres zum Beispiel daran eingesehen werden, dass die nutzenmaximierende Nachfrage nach Autos sicherlich auch davon abhängig ist, ob ein Zugticket 500 Euro oder 5 Euro kostet. Folglich ergeben sich aus dem Optimierungsproblem optimale Werte für die beiden Güter: <math>x_{1}^{*}(p_{1},p_{2};y)</math> (die marshallsche Nachfrage nach Gut 1) und analog <math>x_{2}^{*}(p_{1},p_{2};y)</math> (die marshallsche Nachfrage nach Gut 2).
Da über <math>x_{1}</math> und <math>x_{2}</math> maximiert wird, wird die Lösung des Problems auch für beide Größen einen Optimalwert ausgeben. Die optimale Nachfrage nach Gut 1 beträgt also <math>x_{1}^{*}</math> und sie ist abhängig vom Preis dieses Gutes, dem Einkommen <math>y>0</math>, das dem Individuum zur Verfügung steht, sowie in der Regel auch vom Preis von Gut 2. Intuitiv kann Letzteres zum Beispiel daran eingesehen werden, dass die nutzenmaximierende Nachfrage nach Autos sicherlich auch davon abhängig ist, ob ein Zugticket 500 Euro oder 5 Euro kostet. Folglich ergeben sich aus dem Optimierungsproblem optimale Werte für die beiden Güter: <math>x_{1}^{m}(p_{1},p_{2};y)</math> (die marshallsche Nachfrage nach Gut 1) und analog <math>x_{2}^{m}(p_{1},p_{2};y)</math> (die marshallsche Nachfrage nach Gut 2).


Siehe hierzu auch das untenstehende Rechenbeispiel.
Siehe hierzu auch das untenstehende Rechenbeispiel.


== Allgemeine Eigenschaften ==
=== Lösung des Nutzenmaximierungsproblems ===
<div style="padding-top: 0.4em; padding-bottom: .75em;">
==== Formale Lösung via Karush-Kuhn-Tucker-Theorem ====
;Existenz und Kompaktheit
''Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist kompaktwertig<ref>Seien <math>X</math> und <math>Y</math> zwei metrische Räume. Man bezeichnet eine Korrespondenz <math>\Gamma:X\twoheadrightarrow Y</math> als ''kompaktwertig,'' wenn <math>\Gamma(\mathbf{x})</math> für alle <math>\mathbf{x}\in X</math> eine [[Kompakter Raum|kompakte Untermenge]] von <math>Y</math> ist.</ref> und nichtleer.''

:Um einzusehen, dass die Nachfragekorrespondenz nichtleer ist, genügt es zu zeigen, dass die Budgetmenge <math>B_{\mathbf{p},y}</math> kompakt ist.<ref>Zum Folgenden etwa Kreps 2012, S. 53; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 50 f.</ref> Denn nach dem [[Extremwertsatz|Extremwertsatz von Weierstraß]] nimmt die Nutzenfunktion über einer kompakten Menge stets einen Minimal- und einen Maximalwert ein, das heißt das obige Nutzenmaximierungsproblem hat für alle <math>(\mathbf{p},y)</math> auch mindestens eine Lösung. Die Budgetmenge ist nun kompakt genau dann, wenn sie beschränkt und abgeschlossen ist ([[Satz von Heine-Borel]]). Das ist der Fall: [[Beschränktheit|beschränkt]] ist sie, weil bei der vorausgesetzen strikten Positivität der Preise stets <math>x_{i}\leq y/p_{i}</math> sowie zugleich <math>x_{i}\geq0</math> für alle <math>i=1,\ldots,n</math> und für alle <math>\mathbf{x}\in B_{\mathbf{p},y}</math>; und [[Abgeschlossene Menge|abgeschlossen]] ist sie, weil sie über schwache Ungleichungen definiert ist.

:Der Beweis, dass die marshallsche Nachfragekorrespondenz kompaktwertig ist, wird sehr einfach, wenn man – wie weiter unten der Fall – zusätzlich annimmt, dass die Nutzenfunktion quasikonkav ist. Erforderlich ist das aber nicht. Die Kompaktwertigkeit ergibt sich etwa auch unmittelbar aus dem Maximum-Satz von Berge, dessen Anwendbarkeit weiter unten unter „Stetigkeitseigenschaften“ dargestellt wird. Alternativ kann man zeigen, dass das System <math>\{K_{\mathbf{x}}|\mathbf{x}\in B_{\mathbf{p},y}\}</math> der abgeschlossenen Teilmengen <math>K_{\mathbf{x}}\equiv\{\mathbf{x}'\in B_{\mathbf{p},y}|u(\mathbf{x}')\geq u(\mathbf{x})\}</math> die endliche Durchschnittseigenschaft besitzt;<ref>In diesem Sinne etwa Heuser 1998, Hilfssatz 235.1 (S. 625).</ref> da dem so ist, ist grundsätzlich <math>\cap_{\mathbf{x}\in B_{\mathbf{p},y}}K_{\mathbf{x}}</math> kompakt (und nichtleer).<ref>Zum Beweis vgl. Heuser 1998, Satz 157.6 (S. 229).</ref>
</div>
<div style="padding-bottom: .75em;">
;Konvexität und Funktionseigenschaft
''1. Sei die Nutzenfunktion [[Quasikonvexe Funktion|quasikonkav]]. Dann ist die marshallsche Nachfragekorrespondenz konvexwertig.<br />2. Sei die Nutzenfunktion [[Quasikonvexe Funktion|strikt quasikonkav]]. Dann ist die marshallsche Nachfragekorrespondenz [[Einelementige Menge|einelementig]] für alle <math>(\mathbf{p},y)\in\mathbb{R}_{++}^{n+1}</math>, mit anderen Worten: <math>\mathbf{x}^m(\mathbf{p},y)</math> ist eine [[Funktion (Mathematik)|Funktion]].''

:Zu diesen beiden Eigenschaften sei bemerkt, dass die einer quasikonkaven Nutzenfunktion <math>u</math> zugrunde liegende [[Präferenzordnung]] <math>\succsim</math> konvex ist; zu (2.), dass die einer strikt quasikonkaven Nutzenfunktion <math>u</math> zugrunde liegende Präferenzordnung strikt konvex ist.<ref>Vgl. etwa Kreps 2012, S. 34.</ref> Man beachte, dass es für (1.) und (2.) aber nicht genügt, die Konvexität (bzw. strikte Konvexität) der Präferenzordnung vorauszusetzen. Zwar impliziert in der Tat auch umgekehrt die (strikte) Konvexität von <math>\succsim</math>, dass jede repräsentierende Nutzenfunktion <math>u</math> (strikt) quasikonkav ist.<ref>Dazu Kreps 2012, S. 34.</ref> Allerdings existiert nicht für jede (strikt) konvexe Präferenzordnung eine reellwertige Repräsentation. So sind etwa, um das berühmte Beispiel von Debreu (1959<ref>[[Gerard Debreu]]: ''Theory of Value.'' An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium. Yale University Press, New Haven und London 1959, hier S. 72 f.</ref>) aufzugreifen, [[lexikographische Präferenzordnung]]en strikt konvex, aber nicht durch eine Nutzenfunktion repräsentierbar. Allerdings ist es möglich, die hier eingeführten Konzepte auch auf Grundlage von Präferenzordnungen einzuführen, sodass es nicht mehr auf eine Repräsentationsfunktion ankommt.<ref>Dazu vgl. etwa Moore 2007, Kapitel 4; [[Ariel Rubinstein]]: ''Lecture Notes in Microeconomic Theory.'' Lecture 5. Internet http://press.princeton.edu/rubinstein/lecture5.pdf, abgerufen am 6. Mai 2014.</ref>

:Der Beweis von (1.) beruht auf der Betrachtung zweier Güterbündel <math>\mathbf{x},\mathbf{x}'\in\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)</math>, <math>\mathbf{x}\neq\mathbf{x}'</math>. Aus der Definition der marshallschen Nachfrage folgt zunächst, dass <math>u(\mathbf{x})=u(\mathbf{x}')</math>. Bezeichne man dieses Nutzenniveau mit <math>u_{0}</math>. Für eine quasikonkave Nutzenfunktion gilt definitionsgemäß, dass mit <math>\mathbf{x}''\equiv\alpha\mathbf{x}+(1-\alpha)\mathbf{x}'</math> auch <math>u(\mathbf{x}'')\geq u_{0}</math> für alle <math>\alpha\in [0,1]</math>. Zudem ist <math>\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}''=\mathbf{p}\cdot[\alpha\mathbf{x}+(1-\alpha)\mathbf{x}']\leq y</math>, weil <math>\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq y</math> und <math>\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}'\leq y</math> nach Definition der marshallschen Nachfrage. Folglich ist <math>\mathbf{x}''\in B(\mathbf{p},y)</math>. Daraus und mit <math>u(\mathbf{x}'')\geq u_{0}</math> folgt schließlich, dass <math>\mathbf{x}''\in\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)</math>. Also ist <math>\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)</math> konvex.

:Zu (2.): (Beweis durch Widerspruch:) Betrachte wiederum zwei Güterbündel <math>\mathbf{x},\mathbf{x}'\in\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p},y)</math>, <math>\mathbf{x}\neq\mathbf{x}'</math>. Abermals gilt definitionsgemäß <math>u(\mathbf{x})=u(\mathbf{x}')\equiv u_{0}</math>. Strikte Quasikonkavität impliziert aber <math>u(\alpha\mathbf{x}+(1-\alpha)\mathbf{x}')>u(\mathbf{x}')</math> für alle <math>\alpha\in (0,1)</math> – ein Widerspruch.
</div>
<div style="padding-bottom: .75em;">
;Homogenität
''Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist [[Homogene Funktion|homogen vom Grad null]] in <math>(\mathbf{p},y)</math>, das heißt <math>\mathbf{x}^m(\alpha\mathbf{p},\alpha y)=\mathbf{x}^m(\mathbf{p},y)</math> für alle <math>(\mathbf{p},y)\in\mathbb{R}_{++}^{n+1}</math> und für alle <math>\alpha>0</math>.''

:Es macht für die Konsumentscheidung demnach keinen Unterschied, wenn sowohl das Vermögen als auch alle Güterpreise um denselben Faktor ansteigen bzw. fallen. Dies schließt etwa auch aus, dass es eine Rolle spielt, in welcher Währung Vermögen und Preise fakturiert sind. Die Eigenschaft folgt wegen <math>B_{\alpha\mathbf{p},\alpha y}=\{\mathbf{x}\in\mathbb{R}_{+}^{n}|\alpha\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq\alpha y\}=\{\mathbf{x}\in\mathbb{R}_{+}^{n}|\mathbf{p}\cdot\mathbf{x}\leq y\}=B_{\mathbf{p},y}</math>, das heißt die Budgetmenge bleibt bei der Modifikation um <math>\alpha >0</math> identisch. Damit bleibt freilich auch die Lösung des Maximierungsproblems von der simultanen Vermögens- und Preisänderung unberührt.
</div>
<div style="padding-bottom: .75em;">
;Stetigkeitseigenschaften
''1. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist oberhemistetig<ref name="hemistetigkeit">Man bezeichnet eine Korrespondenz <math>\Gamma:X\subseteq\mathbb{R}^{l}\twoheadrightarrow\mathbb{R}^{m}</math> als ''oberhemistetig,'' wenn an jedem Punkt <math>\mathbf{x}^{0}\in X</math> Folgendes gilt: Zu jeder offenen Menge <math>U</math>, die <math>\Gamma(\mathbf{x}^{0})</math> beinhaltet, existiert eine Umgebung <math>N_{\epsilon}</math> um <math>\mathbf{x}^{0}</math> so, dass <math>\Gamma(\mathbf{x})\subseteq U</math> für alle <math>\mathbf{x}\in N_{\epsilon}\cap X</math>.<br />Man bezeichnet eine Korrespondenz <math>\Gamma:X\subseteq\mathbb{R}^{l}\twoheadrightarrow\mathbb{R}^{m}</math> als ''unterhemistetig,'' wenn an jedem Punkt <math>\mathbf{x}^{0}\in X</math> Folgendes gilt: Wann immer <math>\mathbf{y}^{0}\in\Gamma(\mathbf{x}^{0})</math> und durch <math>\{\mathbf{x}_{k}\}</math> eine gegen <math>\mathbf{x}^{0}</math> konvergierende Folge in <math>X</math> gegeben ist, dann existiert eine natürliche Zahl <math>k_{0}</math> und eine Folge <math>\{\mathbf{y}_{k}\}_{k=k_{o}}^{\infty}</math> in <math>Y</math>, die gegen <math>\mathbf{y}^{0}</math> konvergiert und für die gilt, dass <math>\mathbf{y}_{k}\in\Gamma(\mathbf{x}_{k})</math> für alle <math>k\geq k_{0}</math>.<br />Vgl. Knut Sydsæter u.a.: ''Further mathematics for economic analysis.'' 2. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2008, ISBN 978-0-273-71328-9, S. 504 f.<br />Beachte, dass die Terminologie in der Literatur bisweilen davon abweicht. Vereinzelt wird statt (Unter-/Ober-)hemikontinuität die Bezeichnung (Unter-/Ober-)halbstetigkeit verwendet (etwa Kreps 2012; Debreu 1959), was jedoch mit einer zwar verwandten, gleichwohl aber abweichenden Definition des Begriffs für reellwertige Funktionen kollidiert (vgl. zu dieser statt vieler Forster: ''Analysis.'' Teil 3. 5. Aufl. Springer, Berlin u.a. 2009, ISBN 978-3-8348-0704-5, S. 39 f.; Corbae/Stinchcombe/Zeman 2009, S. 349).</ref>.<br />2. Falls die marshallsche Nachfragekorrespondenz für gewisses <math>(\mathbf{p},y)</math> einelementig und folglich eine Funktion ist, dann ist diese [[Stetige Funktion|stetig]].''

:Die Eigenschaften folgen unmittelbar aus dem Maximum-Satz (Satz von Berge), für das auf eine Fußnote verwiesen wird.<ref name="berge">Seien <math>X</math> und <math>Y</math> zwei [[Metrischer Raum|metrische Räume]]. Definiere <math>\mathbf{x}\rightarrow\!\!\!\!\!\!\!\mapsto\Gamma(\mathbf{x})</math>
eine stetige, kompaktwertige und nichtleere Korrespondenz von <math>X</math> auf <math>Y</math> und sei <math>u:X\times Y\rightarrow\mathbb{R}</math> eine stetige Funktion. Dann ist
:<math>\varphi(\mathbf{x})\equiv\sup\{u(\mathbf{x},\mathbf{y}\}|\mathbf{y}\in\Gamma(\mathbf{x})\}</math>
eine stetige Funktion und
:<math>\mu(\mathbf{x})\equiv\{\mathbf{y}\in\Gamma(\mathbf{x})|u(\mathbf{x},\mathbf{y})=\varphi(\mathbf{x})\}</math>
definiert eine nichtleere, kompaktwertige und oberhemistetige Korrespondenz. Vgl., auch zum Beweis, Corbae/Stinchcombe/Zeman 2009, S. 268 f.; Ok 2007, S. 306 ff.; Moore 1999, S. 280.</ref> Zentrale Voraussetzung für dessen Anwendbarkeit ist die Stetigkeit der durch <math>(\mathbf{p},y)\rightarrow\!\!\!\!\!\!\!\mapsto B(\mathbf{p},y)</math> gegebenen Budgetkorrespondenz, wobei man eine Korrespondenz genau dann als stetig bezeichnet, wenn sie sowohl ober- als auch unterhemistetig<ref name="hemistetigkeit" /> ist. Diese beiden Eigenschaften wiederum kann man für die Budgetkorrespondenz nacheinander zeigen.<ref>Zum Beweis der Oberhemistetigkeit vgl. Ok 2007, S. 292 und Kreps 2012, S. 55 f.; zum Beweis der Unterhemistetigkeit vgl. Ok 2007, S. 299 und Kreps 2012, S. 56.</ref>
</div>
<div style="padding-bottom: .75em;">
;Abgeschlossenheitseigenschaften
''1. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist abgeschlossenwertig<ref>Seien <math>X</math> und <math>Y</math> zwei metrische Räume. Man bezeichnet die Korrespondenz <math>\Gamma:X\twoheadrightarrow Y</math> als ''abgeschlossenwertig,'' wenn <math>\Gamma(\mathbf{x})</math> für alle <math>\mathbf{x}\in X</math> eine abgeschlossene Untermenge von <math>Y</math> ist. Vgl. Ok 2007, S. 289.</ref>.<br />2. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz verfügt über einen abgeschlossenen Graphen<ref>Die Korrespondenz <math>\Gamma:X\subseteq\mathbb{R}^{l}\twoheadrightarrow\mathbb{R}^{m}</math> verfügt über einen ''abgeschlossenen Graphen,'' wenn an jeder Stelle <math>\mathbf{x}^{0}\in X</math> die folgende Implikation gilt: Seien <math>\{\mathbf{x}_{k}\}</math> und <math>\{\mathbf{y}_{k}\}</math> mit <math>\mathbf{x}_{k}\rightarrow\mathbf{x}^{0}</math> und <math>\mathbf{y}_{k}\rightarrow\mathbf{y}^{0}</math> beliebige Folgen und gelte <math>\mathbf{y}_{k}\in\Gamma(\mathbf{x}_{k})</math> für alle <math>k</math>. Dann ist <math>\mathbf{y}^{0}\in\Gamma(\mathbf{x}^{0})</math>. Vgl. etwa Ok 2007, S. 294.</ref>.''

:Es genügt, eine dieser Eigenschaften zu zeigen. Die jeweils andere folgt mit einem der folgenden Sätze (unter Zuhilfenahme bereits gezeigter Eigenschaften):<ref>Vgl., auch zum Beweis, Ok 2007, S. 295.</ref>
::a) Jede oberhemistetige und abgeschlossenwertige Korrespondenz verfügt über einen abgeschlossenen Graphen.
::b) Jede kompaktwertige Korrespondenz mit einem abgeschlossenen Graphen ist abgeschlossenwertig.
:Nachfolgend wird der Beweis für (2.) skizziert.<ref>Basierend auf Voorneveld 2009, S. 24; Charalambos D. Aliprantis: ''Problems in Equilibrium Theory.'' Springer, Berlin u.a. 1996, ISBN 3-540-60753-6, S. 39 f.</ref> Betrachte die marshallsche Nachfragekorrespondenz <math>\mathbf{x}^{m}</math> sowie zwei Folgen <math>(\mathbf{p}_{k},y_{k})\rightarrow(\mathbf{p}^{0},y^{0})</math> und <math>\mathbf{x}_{k}\rightarrow\mathbf{x}^{0}</math> mit <math>\mathbf{x}_{k}\in\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p}_{k},y_{k})</math>. Nach Definition der Nachfragekorrespondenz ist <math>\mathbf{p}_{k}\cdot\mathbf{x}_{k}\leq y_{k}</math> und im Grenzwert <math>\mathbf{p}^{0}\cdot\mathbf{x}^{0}\leq y^{0}</math> und wegen <math>\mathbf{x}_{k}\in\mathbb{R}_{+}^{n}</math> auch <math>\mathbf{x}^{0}\in\mathbb{R}_{+}^{n}</math>. Daraus folgt, dass <math>\mathbf{x}^{0}\in B_{\mathbf{p}^{0},y^{0}}</math>. (Beweis durch Widerspruch:) Man nehme an, dass <math>\mathbf{x}^{0}\notin\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p}^{0},y^{0})</math>. Dann gibt es ein <math>\hat{\mathbf{x}}\in B_{\mathbf{p}^{0},y^{0}}</math> so, dass <math>u(\hat{\mathbf{x}})>u(\mathbf{x}^{0})</math>. Sei nun <math>\mathbf{p}^{0}\cdot\hat{\mathbf{x}}=y^{0}>0</math>. Dann gilt für alle <math>\lambda<1</math> auch <math>\mathbf{p}^{0}\cdot(\lambda\hat{\mathbf{x}})<y^{0}</math>. Wegen der Stetigkeit der Nutzenfunktion kann man denn auch tatsächlich <math>\lambda</math> so in der Nähe von 1 wählen, dass <math>u(\mathbf{x}^{0})<u(\lambda\hat{\mathbf{x}})</math> und <math>\mathbf{p}\cdot(\lambda\hat{\mathbf{x}})<y^{0}</math>. Für ein hinreichend entferntes Folgeglied <math>k</math> gilt <math>\mathbf{p}^{k}\cdot(\lambda\hat{\mathbf{x}})\leq y^{k}</math>. Wegen <math>u(\mathbf{x}^{k})\rightarrow u(\hat{\mathbf{x}})</math> auch <math>u(\lambda\hat{\mathbf{x}})>u(\mathbf{x}^{k})</math>. Dann aber ist <math>\mathbf{x}_{k}\notin\mathbf{x}^{m}(\mathbf{p}^{k},y^{k})</math>, im Widerspruch zur Voraussetzung.

:Direkt zu (1.): Jede kompakte Teilmenge des <math>\mathbb{R}^n</math> ist abgeschlossen.<ref>Vgl., auch zum Beweis, Moore 1999, S. 81; Heuser 1998, Satz 157.4 (S. 228).</ref> Da die Zielmenge der Nachfragekorrespondenz wie oben bemerkt kompakt ist, ist die Nachfragekorrespondenz also auch abgeschlossenwertig.
</div>
<div style="padding-bottom: .75em;">
;Walras-Gesetz
''Sei die der Nutzenfunktion zugrunde liegende Präferenzordnung lokal nicht gesättigt. Dann genügt die marshallsche Nachfrage dem [[Walras-Gesetz]], das heißt es gilt <math>\sum_{i=1}^{n}p_{i}x_{i}=y</math>.''

:Die Eigenschaft der lokalen Nichtsättigung ist eine gängige Forderung, die an Präferenzordnungen gestellt wird. Sie besagt salopp gesagt, dass man jedes Güterbündel stets minimal so modifizieren kann, dass das resultierende Güterbündel strikt gegenüber dem Ausgangsbündel bevorzugt wird. Für die formale Definition wird auf eine Fußnote verwiesen.<ref>Eine Präferenzordnung bezeichnet man als ''lokal nicht gesättigt,'' wenn für beliebiges <math>\mathbf{x}^0\in X</math> und für jede <math>\epsilon</math>-Umgebung <math>N_{\epsilon}</math> um <math>\mathbf{x}^0</math> ein <math>\mathbf{x}'\in N_{\epsilon}</math> existiert, mit dem <math>\mathbf{x}'\succ\mathbf{x}^0</math>. Vgl. der Artikel ''[[Präferenzordnung]].''</ref> Lokale Nichtsättigung ist offensichtlich eine schwächere Anforderung an die Präferenzordnung als [[Monotonie|strenge Monotonie]]. Weil jede streng monoton steigende Nutzenfunktion auf einer streng monotonen Präferenzordnung gründet, ist die obige Voraussetzung für die Gültigkeit des Walras-Gesetzes also trivialerweise bei einer streng monoton steigenden Nutzenfunktionen erfüllt.
</div>

== Analytische Bestimmung ==
<!--
Unter der Annahme, dass die Nutzenfunktion [[stetig differenzierbar]] ist, liefert das [[Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen|Karush-Kuhn-Tucker-Verfahren]] notwendige Bedingungen für das obige Nutzenmaximierungsproblem.<ref>Zum Folgenden etwa Carl P. Simon und Lawrence Blume: ''Mathematics for Economists.'' W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 424 ff.</ref> Ausgehend von der Lagrangefunktion

:<math>\mathcal{L}(\mathbf{x},\lambda)=u(\mathbf{x})+\lambda(y-\mathbf{p\cdot x})</math>.

gibt es für jedes lokale Maximum <math>\mathbf{x}^{*}</math> ein <math>\lambda^{*}</math> (Lagrange-Multiplikator) so, dass <math>(\mathbf{x}^{*},\lambda^{*})</math> die folgenden Bedingungen (Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen) erfüllt:

# <math>\frac{\partial\mathcal{L}}{\partial x_{i}}(\mathbf{x}^{*},\lambda^{*})=\frac{\partial u(\mathbf{x}^{*})}{\partial x_{i}}-\lambda^{*}p_{i}=0\;</math> für alle <math>\; i=1,\ldots ,n</math>
# <math>\frac{\partial\mathcal{L}}{\partial\lambda}(\mathbf{x}^{*},\lambda^{*})=y-\mathbf{p\cdot x^{*}}\geq0 </math>
# <math>\lambda^{*}(y-\mathbf{p\cdot x^{*}})=0 </math>
# <math>\lambda^{*}\geq0</math>.-->

Konkret kann das oben stehende allgemeine Nutzenmaximierungsproblem mithilfe der [[Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen]] gelöst werden.<ref>Zum Folgenden sinngemäß Jehle/Reny 2011, S. 23 f., zur Fundierung des Karush-Kuhn-Tucker-Theorems vgl. Bettina Klose: ''Mathematics for Economists.'' Unveröffentlichtes Manuskript, 2011, Universität Zürich sowie Carl P. Simon und Lawrence Blume: ''Mathematics for Economists.'' W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 424 ff.</ref> Sei <math>\mathbf{x}^{*}=(x_{1}^{*},\ldots,x_{n}^{*})</math> eine Lösung des Maximierungsproblems und es gelte <math>\nabla u(\mathbf{x}^{*})\neq0</math> falls <math>\mathbf{p\cdot x^{*}}=y </math>. Die Langrangefunktion lautet
Konkret kann das oben stehende allgemeine Nutzenmaximierungsproblem mithilfe der [[Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen]] gelöst werden.<ref>Zum Folgenden sinngemäß Jehle/Reny 2011, S. 23 f., zur Fundierung des Karush-Kuhn-Tucker-Theorems vgl. Bettina Klose: ''Mathematics for Economists.'' Unveröffentlichtes Manuskript, 2011, Universität Zürich sowie Carl P. Simon und Lawrence Blume: ''Mathematics for Economists.'' W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 424 ff.</ref> Sei <math>\mathbf{x}^{*}=(x_{1}^{*},\ldots,x_{n}^{*})</math> eine Lösung des Maximierungsproblems und es gelte <math>\nabla u(\mathbf{x}^{*})\neq0</math> falls <math>\mathbf{p\cdot x^{*}}=y </math>. Die Langrangefunktion lautet


Zeile 50: Zeile 130:
=== Übergang zur indirekten Nutzenfunktion ===
=== Übergang zur indirekten Nutzenfunktion ===
Setzt man die erhaltene marshallsche Nachfrage <math>\mathbf{x}(\mathbf{p},y)</math> wieder in die ursprüngliche Nutzenfunktion <math>u(\mathbf{x})</math> ein, so erhält man eine Nutzenfunktion <math>u</math>, die abhängig von den Güterpreisen und dem Einkommen <math>y</math> ist. Man bezeichnet sie als [[indirekte Nutzenfunktion]] <math>v=u[\mathbf{x}(\mathbf{p},y)]</math> und vereinbart <math>v=v(\mathbf{p},y)</math>. Die indirekte Nutzenfunktion gibt für eine gegebene marshallsche Nachfrage das konkrete Nutzenniveau an, das maximal erreicht werden kann.
Setzt man die erhaltene marshallsche Nachfrage <math>\mathbf{x}(\mathbf{p},y)</math> wieder in die ursprüngliche Nutzenfunktion <math>u(\mathbf{x})</math> ein, so erhält man eine Nutzenfunktion <math>u</math>, die abhängig von den Güterpreisen und dem Einkommen <math>y</math> ist. Man bezeichnet sie als [[indirekte Nutzenfunktion]] <math>v=u[\mathbf{x}(\mathbf{p},y)]</math> und vereinbart <math>v=v(\mathbf{p},y)</math>. Die indirekte Nutzenfunktion gibt für eine gegebene marshallsche Nachfrage das konkrete Nutzenniveau an, das maximal erreicht werden kann.

== Eigenschaften ==
Es lässt sich zeigen, dass <math>\mathbf{x}(\mathbf{p},y)</math> unter den gegebenen Voraussetzungen und unter der für die zweite Eigenschaft zusätzlichen Voraussetzung, dass die <math>u</math> zugrunde liegende Präferenzordnung die Eigenschaft der Nichtsättigung<ref>Definition: Eine Präferenzordnung ist lokal nicht gesättigt, wenn für beliebiges <math>x_{a}\in X</math> und für jede <math>\epsilon</math>-Umgebung <math>U_{\epsilon}</math> um <math>x_{a}</math> ein <math>z\in U_{\epsilon}</math> existiert, mit dem <math>zPx_{a}</math>. Vgl. der Artikel ''[[Präferenzordnung]].''</ref> erfüllt, unter anderem folgende Eigenschaften aufweist<ref>Vgl. Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 51 f.</ref>:
* ''[[Homogene Funktion|Homogenität vom Grade null]] in <math>\mathbf{p}</math>.'' <math>\mathbf{x}(\alpha\mathbf{p},\alpha y)=\mathbf{x}(\mathbf{p},y)\;\forall\mathbf{p},y</math> und <math>\alpha>0</math>.
* ''[[Walras-Gesetz]].'' <math>\sum_{i=1}^{n}p_{i}x_{i}=y</math>
* ''[[Konvexe Menge]].'' <math>\mathbf{x}(\mathbf{p},y)</math> ist eine [[konvexe Menge]].

Die marshallsche Nachfragefunktion für einen konkreten Preisvektor <math>\mathbf{p}_{0}</math> und ein konkretes Einkommensniveau <math>y_{0}</math> ist darüber hinaus unter den gegebenen Voraussetzungen [[Differenzierbarkeit|differenzierbar]] genau dann, wenn i) <math>u</math> zweimal [[stetig differenzierbar]] auf dem <math>\mathbb{R}_{++}^{n}</math> ist<ref><math>\mathbb{R}_{++}^{n}:=\{\mathbf{x}\in \mathbb{R}^{n}|\forall i:x_{i}>0\}</math></ref>, ii) <math>\partial u(\mathbf{x}^{*})/\partial x_{i}>0</math> für gewisses <math>i</math> (<math>1\leq i\leq n</math>) gilt und iii) <math>\det[\overline{H}(\mathbf{x}^{*})]\neq0</math>, wobei <math>\overline{H}(\mathbf{x}^{*})</math> die [[geränderte Hesse-Matrix]] an der Stelle <math>\mathbf{x}^{*}</math> ist.<ref>Vgl. Jehle/Reny 2011, S. 27. Zum Beweis vgl. Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 94 f.</ref>


== Zusammenhang zur Hicks’schen Nachfragefunktion ==
== Zusammenhang zur Hicks’schen Nachfragefunktion ==
Zeile 111: Zeile 183:


== Literatur ==
== Literatur ==
* Anton Barten und Volker Böhm: ''Consumer Theory.'' In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): ''Handbook of Mathematical Economics.'' Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 382–429 (auch online: {{DOI|10.1016/S1573-4382(82)02004-9}}).
* Friedrich Breyer: ''Mikroökonomik.'' Eine Einführung. 3. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2007, ISBN 978-3-540-69230-0.
* Friedrich Breyer: ''Mikroökonomik.'' Eine Einführung. 5. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-22150-7.
* Dean Corbae, Maxwell B. Stinchcombe und Juraj Zeman: ''An Introduction to Mathematical Analysis For Economic Theory and Econometrics.'' Princeton University Press, Princeton und Oxford 2009, ISBN 978-0-691-11867-3.
* Gerard Debreu: ''Theory of Value. An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium.'' Yale University Press, New Haven und London 1959.
* [[Harro Heuser]], ''Lehrbuch der Analysis. Teil 2.'' 10. Aufl. Teubner, Stuttgart und Leipzig 1998, ISBN 3-519-42232-8.
* Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: ''Advanced Microeconomic Theory.'' 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
* Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: ''Advanced Microeconomic Theory.'' 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
* Donald W. Katzner: ''Static Demand Theory.'' Macmillan, New York 1970.
* David M. Kreps: ''Microeconomic Foundations I. Choice and Competitive Markets.'' Princeton University Press, Princeton 2012, ISBN 978-0-691-15583-8.
* Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: ''Microeconomic Theory.'' Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
* Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: ''Microeconomic Theory.'' Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
* James C. Moore: ''Mathematical methods for economic theory.'' Bd. 2. Springer, Berlin u.a. 1999, ISBN 3-540-66242-1.''
* James C. Moore: ''General equilibrium and welfare economics.'' An introduction. Springer, Berlin u.a. 2007, ISBN 978-3-540-31407-3 (auch online: {{DOI|10.1007/978-3-540-32223-8}}).
* Eugene Silberberg: ''Hicksian and Marshallian demands.'' In: Steven N. Durlauf und Lawrence E. Blume (Hrsg.): ''The New Palgrave Dictionary of Economics.'' 2. Auflage. Palgrave Macmillan 2008, {{DOI|10.1057/9780230226203.0731}} (Online-Ausgabe).
* Efe A. Ok: ''Real Analysis with Economic Applications.'' Princeton University Press, Princeton 2007, ISBN 978-0-691-11768-3.
* Mark Voorneveld: ''Mathematical foundations for microeconomic theory: Preference, utility and choice.'' Skriptum, Stockholm School of Economics, 2009, Internet https://studentweb.hhs.se/courseweb/CourseWeb/Public/PhD501/0701/notes2.pdf, abgerufen am 5. Mai 2014.


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
<div style="column-count:2; -moz-column-count:2; -webkit-column-count:2;"><references /></div>
<references />

[[Kategorie:Haushaltstheorie]]
[[Kategorie:Mikroökonomie]]

Version vom 9. Mai 2014, 20:55 Uhr

Als marshallsche Nachfragekorrespondenz (auch: walrasianische Nachfragekorrespondenz), benannt nach dem Ökonomen Alfred Marshall, bezeichnet man in der Mikroökonomik und dort speziell in der Haushaltstheorie eine Korrespondenz, die für gegebene Güterpreise und ein gegebenes Vermögen angibt, welche Menge von jedem einzelnen Gut konsumiert werden sollte, wenn man den größtmöglichen Nutzen realisieren möchte.

Sofern für jede Preis-Vermögens-Kombination ein eindeutiges Optimum existiert, lässt sich die marshallsche Nachfragekorrespondenz als Funktion auffassen und man spricht von der marshallschen Nachfragefunktion (auch: walrasianischen Nachfragefunktion).

Definition

Allgemein

Bezeichne mit die von einem bestimmten Konsumenten nachgefragte Menge von Gut , , und fasse der Vektor die Nachfrage bezüglich aller Güter zusammen. Der Preis jedes Gutes sei strikt positiv, für alle , und man vereinbare als Preisvektor der Ökonomie.

Der Nutzen des Konsumenten folge einer stetigen Nutzenfunktion . Der Konsument verfüge über ein (reellwertiges) Budget in Höhe von . Betrachte nun das Nutzenmaximierungsproblem des Konsumenten unter Berücksichtigung der Budgetrestriktion:

    unter der Nebenbedingung    

Definition: Sei stetig, , und . Man bezeichnet die Korrespondenz , definiert durch

,

als marshallsche Nachfragekorrespondenz (auch: walrasianische Nachfragekorrespondenz).

Verfügt das Maximierungsproblem für jedes Tupel über eine einelementige Lösungsmenge, so handelt es sich bei der Zuordnung im Spezialfall um eine Funktion und man spricht entsprechend von der marshallschen Nachfragefunktion (auch: walrasianischen Nachfragefunktion).

Andere Schreibweisen für die Definition der marshallschen Nachfragekorrespondenz sind ebenfalls gebräuchlich.[1] Es ist trivialerweise

mit

der zulässigen Menge (Budgetmenge). In Worten: Die marshallsche Nachfrage bei einem gegebenen Preissystem und einem gegebenen Haushaltsvermögen entspricht genau jenen zulässigen Güterbündeln, die die Eigenschaft haben, dass sämtliche Güterbündel mit strikt größerem Nutzen derart teuer wäre, dass sie die Budgetrestriktion verletzen.

Vereinfachte Notation im Zwei-Güter-Fall

Vielfach wird das Konzept auch nur auf kleinere Zahl von Gütern bezogen (beispielsweise wie nachfolgend zwei Güter). Man kann dann das Maximierungsproblem unter Verzicht auf Vektordarstellungen einfacher schreiben als:

unter der Nebenbedingung

Da über und maximiert wird, wird die Lösung des Problems auch für beide Größen einen Optimalwert ausgeben. Die optimale Nachfrage nach Gut 1 beträgt also und sie ist abhängig vom Preis dieses Gutes, dem Einkommen , das dem Individuum zur Verfügung steht, sowie in der Regel auch vom Preis von Gut 2. Intuitiv kann Letzteres zum Beispiel daran eingesehen werden, dass die nutzenmaximierende Nachfrage nach Autos sicherlich auch davon abhängig ist, ob ein Zugticket 500 Euro oder 5 Euro kostet. Folglich ergeben sich aus dem Optimierungsproblem optimale Werte für die beiden Güter: (die marshallsche Nachfrage nach Gut 1) und analog (die marshallsche Nachfrage nach Gut 2).

Siehe hierzu auch das untenstehende Rechenbeispiel.

Allgemeine Eigenschaften

Existenz und Kompaktheit

Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist kompaktwertig[2] und nichtleer.

Um einzusehen, dass die Nachfragekorrespondenz nichtleer ist, genügt es zu zeigen, dass die Budgetmenge kompakt ist.[3] Denn nach dem Extremwertsatz von Weierstraß nimmt die Nutzenfunktion über einer kompakten Menge stets einen Minimal- und einen Maximalwert ein, das heißt das obige Nutzenmaximierungsproblem hat für alle auch mindestens eine Lösung. Die Budgetmenge ist nun kompakt genau dann, wenn sie beschränkt und abgeschlossen ist (Satz von Heine-Borel). Das ist der Fall: beschränkt ist sie, weil bei der vorausgesetzen strikten Positivität der Preise stets sowie zugleich für alle und für alle ; und abgeschlossen ist sie, weil sie über schwache Ungleichungen definiert ist.
Der Beweis, dass die marshallsche Nachfragekorrespondenz kompaktwertig ist, wird sehr einfach, wenn man – wie weiter unten der Fall – zusätzlich annimmt, dass die Nutzenfunktion quasikonkav ist. Erforderlich ist das aber nicht. Die Kompaktwertigkeit ergibt sich etwa auch unmittelbar aus dem Maximum-Satz von Berge, dessen Anwendbarkeit weiter unten unter „Stetigkeitseigenschaften“ dargestellt wird. Alternativ kann man zeigen, dass das System der abgeschlossenen Teilmengen die endliche Durchschnittseigenschaft besitzt;[4] da dem so ist, ist grundsätzlich kompakt (und nichtleer).[5]
Konvexität und Funktionseigenschaft

1. Sei die Nutzenfunktion quasikonkav. Dann ist die marshallsche Nachfragekorrespondenz konvexwertig.
2. Sei die Nutzenfunktion strikt quasikonkav. Dann ist die marshallsche Nachfragekorrespondenz einelementig für alle , mit anderen Worten: ist eine Funktion.

Zu diesen beiden Eigenschaften sei bemerkt, dass die einer quasikonkaven Nutzenfunktion zugrunde liegende Präferenzordnung konvex ist; zu (2.), dass die einer strikt quasikonkaven Nutzenfunktion zugrunde liegende Präferenzordnung strikt konvex ist.[6] Man beachte, dass es für (1.) und (2.) aber nicht genügt, die Konvexität (bzw. strikte Konvexität) der Präferenzordnung vorauszusetzen. Zwar impliziert in der Tat auch umgekehrt die (strikte) Konvexität von , dass jede repräsentierende Nutzenfunktion (strikt) quasikonkav ist.[7] Allerdings existiert nicht für jede (strikt) konvexe Präferenzordnung eine reellwertige Repräsentation. So sind etwa, um das berühmte Beispiel von Debreu (1959[8]) aufzugreifen, lexikographische Präferenzordnungen strikt konvex, aber nicht durch eine Nutzenfunktion repräsentierbar. Allerdings ist es möglich, die hier eingeführten Konzepte auch auf Grundlage von Präferenzordnungen einzuführen, sodass es nicht mehr auf eine Repräsentationsfunktion ankommt.[9]
Der Beweis von (1.) beruht auf der Betrachtung zweier Güterbündel , . Aus der Definition der marshallschen Nachfrage folgt zunächst, dass . Bezeichne man dieses Nutzenniveau mit . Für eine quasikonkave Nutzenfunktion gilt definitionsgemäß, dass mit auch für alle . Zudem ist , weil und nach Definition der marshallschen Nachfrage. Folglich ist . Daraus und mit folgt schließlich, dass . Also ist konvex.
Zu (2.): (Beweis durch Widerspruch:) Betrachte wiederum zwei Güterbündel , . Abermals gilt definitionsgemäß . Strikte Quasikonkavität impliziert aber für alle – ein Widerspruch.
Homogenität

Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist homogen vom Grad null in , das heißt für alle und für alle .

Es macht für die Konsumentscheidung demnach keinen Unterschied, wenn sowohl das Vermögen als auch alle Güterpreise um denselben Faktor ansteigen bzw. fallen. Dies schließt etwa auch aus, dass es eine Rolle spielt, in welcher Währung Vermögen und Preise fakturiert sind. Die Eigenschaft folgt wegen , das heißt die Budgetmenge bleibt bei der Modifikation um identisch. Damit bleibt freilich auch die Lösung des Maximierungsproblems von der simultanen Vermögens- und Preisänderung unberührt.
Stetigkeitseigenschaften

1. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist oberhemistetig[10].
2. Falls die marshallsche Nachfragekorrespondenz für gewisses einelementig und folglich eine Funktion ist, dann ist diese stetig.

Die Eigenschaften folgen unmittelbar aus dem Maximum-Satz (Satz von Berge), für das auf eine Fußnote verwiesen wird.[11] Zentrale Voraussetzung für dessen Anwendbarkeit ist die Stetigkeit der durch gegebenen Budgetkorrespondenz, wobei man eine Korrespondenz genau dann als stetig bezeichnet, wenn sie sowohl ober- als auch unterhemistetig[10] ist. Diese beiden Eigenschaften wiederum kann man für die Budgetkorrespondenz nacheinander zeigen.[12]
Abgeschlossenheitseigenschaften

1. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz ist abgeschlossenwertig[13].
2. Die marshallsche Nachfragekorrespondenz verfügt über einen abgeschlossenen Graphen[14].

Es genügt, eine dieser Eigenschaften zu zeigen. Die jeweils andere folgt mit einem der folgenden Sätze (unter Zuhilfenahme bereits gezeigter Eigenschaften):[15]
a) Jede oberhemistetige und abgeschlossenwertige Korrespondenz verfügt über einen abgeschlossenen Graphen.
b) Jede kompaktwertige Korrespondenz mit einem abgeschlossenen Graphen ist abgeschlossenwertig.
Nachfolgend wird der Beweis für (2.) skizziert.[16] Betrachte die marshallsche Nachfragekorrespondenz sowie zwei Folgen und mit . Nach Definition der Nachfragekorrespondenz ist und im Grenzwert und wegen auch . Daraus folgt, dass . (Beweis durch Widerspruch:) Man nehme an, dass . Dann gibt es ein so, dass . Sei nun . Dann gilt für alle auch . Wegen der Stetigkeit der Nutzenfunktion kann man denn auch tatsächlich so in der Nähe von 1 wählen, dass und . Für ein hinreichend entferntes Folgeglied gilt . Wegen auch . Dann aber ist , im Widerspruch zur Voraussetzung.
Direkt zu (1.): Jede kompakte Teilmenge des ist abgeschlossen.[17] Da die Zielmenge der Nachfragekorrespondenz wie oben bemerkt kompakt ist, ist die Nachfragekorrespondenz also auch abgeschlossenwertig.
Walras-Gesetz

Sei die der Nutzenfunktion zugrunde liegende Präferenzordnung lokal nicht gesättigt. Dann genügt die marshallsche Nachfrage dem Walras-Gesetz, das heißt es gilt .

Die Eigenschaft der lokalen Nichtsättigung ist eine gängige Forderung, die an Präferenzordnungen gestellt wird. Sie besagt salopp gesagt, dass man jedes Güterbündel stets minimal so modifizieren kann, dass das resultierende Güterbündel strikt gegenüber dem Ausgangsbündel bevorzugt wird. Für die formale Definition wird auf eine Fußnote verwiesen.[18] Lokale Nichtsättigung ist offensichtlich eine schwächere Anforderung an die Präferenzordnung als strenge Monotonie. Weil jede streng monoton steigende Nutzenfunktion auf einer streng monotonen Präferenzordnung gründet, ist die obige Voraussetzung für die Gültigkeit des Walras-Gesetzes also trivialerweise bei einer streng monoton steigenden Nutzenfunktionen erfüllt.

Analytische Bestimmung

Konkret kann das oben stehende allgemeine Nutzenmaximierungsproblem mithilfe der Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen gelöst werden.[19] Sei eine Lösung des Maximierungsproblems und es gelte falls . Die Langrangefunktion lautet

.

Dann existiert ein (Lagrange-Multiplikator) so, dass folgende Bedingungen erster Ordnung erfüllt:

  1. ,

wobei Bedingung 2 aufgrund der strengen Monotonie der Nutzenfunktion mit Gleichheit erfüllt ist, woraus folgt, dass die Nebenbedingung bindend ist (und Bedingung 3 trivialerweise erfüllt ist). Bedingung 4 ist auch gewährleistet, denn da in Bedingung 1 für alle gemäß Voraussetzung und für alle , muss auch gelten, dass sogar . Mit Bedingung 1 zeigt sich überdies, dass für das Preisverhältnis zwischen zwei beliebigen Gütern im Optimum, beispielsweise , gilt, dass es gerade dem Quotienten der Grenznutzen – der sogenannten Grenzrate der Substitution zwischen den beiden Gütern – entsprechen muss:

Darüber hinaus muss die Grenzrate der Substitution zwischen beliebigen Gütern eins betragen.[20] Dies leuchtet intuitiv ein, denn wegen dann ungleich könnte der Konsument eine Einheit des teureren Gutes gegen eine Einheit des günstigeren substituieren, ohne sein Nutzenniveau zu verändern – allerdings würden aus der Transaktion zusätzliche Geldmittel frei, mit denen er wiederum Güter erwerben könnte (was seinen Nutzen steigern würde). Dies widerspricht aber der Annahme, dass es sich zuvor um ein Nutzenmaximum gehandelt hat.

Vereinfachte Lösung ohne Ungleichheitsrestriktion

Eine häufig vorgenommene Methode zur Vereinfachung des Optimierungsproblems ist der Ex-ante-Verzicht auf die Ungleichheitsrestriktion in der Nebenbedingung. Das Problem lautet dann

unter der Nebenbedingung ,

im Zwei-Güter-Fall also vereinfacht

unter der Nebenbedingung

Damit wird eigentlich nur eine Anforderung bereits zu Beginn implementiert, die auch oben gestellt wurde (aber theoretisch verzichtbar wäre). Die Rechtfertigung für diesen Schritt ist dadurch gegeben, dass der Haushalt ja nur die beiden Güter 1 und 2 zur Verfügung hat; es ist dann aber offensichtlich nicht effizient, nicht das vollständige Einkommen für den Konsum von 1 und 2 aufzuwenden, sofern man, wie hier, positive Grenznutzen von 1 und 2 unterstellt. Die resultierende Lagrange-Funktion ist identisch wie oben, allerdings reduzieren sich die Nebenbedingungen zu Bedingung 1. und 2.

Übergang zur indirekten Nutzenfunktion

Setzt man die erhaltene marshallsche Nachfrage wieder in die ursprüngliche Nutzenfunktion ein, so erhält man eine Nutzenfunktion , die abhängig von den Güterpreisen und dem Einkommen ist. Man bezeichnet sie als indirekte Nutzenfunktion und vereinbart . Die indirekte Nutzenfunktion gibt für eine gegebene marshallsche Nachfrage das konkrete Nutzenniveau an, das maximal erreicht werden kann.

Zusammenhang zur Hicks’schen Nachfragefunktion

Während die marshallsche Nachfrage wie gezeigt aus dem Nutzenmaximierungsproblem des Haushalts resultiert und die Gütermenge – in Abhängigkeit von den Güterpreisen – angibt, die erforderlich ist, um mit einem gegebenen Einkommen ein möglichst hohes Nutzenniveau zu erreichen, resultiert die Hicks’sche Nachfrage aus dem Ausgabenminimierungsproblem des Haushalts und gibt die Gütermenge – in Abhängigkeit von den Güterpreisen – an, die erforderlich ist, um möglichst kostengünstig ein vorgegebenes Nutzenniveau zu erreichen.

Zwischen marshallscher und Hicks’scher Nachfrage besteht allerdings trotz des konzeptionellen Unterschiedes ein enger funktionaler Zusammenhang, für den auf den überstehend genannten Hauptartikel verwiesen wird.

Beispiel im Zwei-Güter-Fall

Ausgangsproblem

Man betrachte einen Markt für Äpfel (Gut 1) und Bananen (Gut 2), deren nachgefragte Mengen man mit bzw. bezeichnet. Der Preis eines Apfels betrage , der einer Banane . Das Budget des Haushalts beträgt , und er konsumiere ausschließlich Äpfel und Bananen. Der Nutzen des Haushalts folgt einer Cobb-Douglas-Nutzenfunktion . Dann ist

unter der Nebenbedingung

das Nutzenmaximierungsproblem. Man löst dieses Problem mit Ungleichheitsrestriktion mithilfe der Karush-Kuhn-Tucker-Methode. Die Lagrangefunktion lautet

.

Notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum sind:

  1. und .

Bedingung 3 wäre mit Genüge getan, dies würde aber implizieren (was der Annahme positiver Grenznutzen beider Güter widerspricht), weshalb angenommen wird, dass die Budgetrestriktion bindend ist (also – das gesamte Konsumbudget wird für die beiden Güter ausgegeben). Aus Bedingung 1 und 2 folgt sodann durch Division

und also wegen der bindenden (mit Gleichheit erfüllten) Budgetbedingung

.

Damit ergibt sich wiederum .

Im Haushaltsoptimum werden also 8 Äpfel und 6 Bananen nachgefragt.

Indirekte Nutzenfunktion

Die indirekte Nutzenfunktion lautet im Beispiel

Für und können potenziell die oben dunkelrot eingefärbten Ausdrücke eingesetzt werden; allerdings muss aus dem Ausdruck für zunächst noch das eliminiert werden (die indirekte Nutzenfunktion soll nicht explizit von der optimalen Gütermenge abhängig sein):

Damit gilt nun

Die indirekte Nutzenfunktion gibt, gegeben die Güterpreise und das Einkommen, das maximal mögliche Nutzenniveau an. Man kann entsprechend überprüfen, welches Ergebnis sie mit den oben vereinbarten Werten für , und liefert, und findet so, dass damit

.

Und in der Tat gilt mit den oben erhaltenen optimalen Gütermengen und :

.

Literatur

  • Anton Barten und Volker Böhm: Consumer Theory. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 382–429 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02004-9).
  • Friedrich Breyer: Mikroökonomik. Eine Einführung. 5. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-22150-7.
  • Dean Corbae, Maxwell B. Stinchcombe und Juraj Zeman: An Introduction to Mathematical Analysis For Economic Theory and Econometrics. Princeton University Press, Princeton und Oxford 2009, ISBN 978-0-691-11867-3.
  • Gerard Debreu: Theory of Value. An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium. Yale University Press, New Haven und London 1959.
  • Harro Heuser, Lehrbuch der Analysis. Teil 2. 10. Aufl. Teubner, Stuttgart und Leipzig 1998, ISBN 3-519-42232-8.
  • Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
  • Donald W. Katzner: Static Demand Theory. Macmillan, New York 1970.
  • David M. Kreps: Microeconomic Foundations I. Choice and Competitive Markets. Princeton University Press, Princeton 2012, ISBN 978-0-691-15583-8.
  • Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: Microeconomic Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
  • James C. Moore: Mathematical methods for economic theory. Bd. 2. Springer, Berlin u.a. 1999, ISBN 3-540-66242-1.
  • James C. Moore: General equilibrium and welfare economics. An introduction. Springer, Berlin u.a. 2007, ISBN 978-3-540-31407-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-32223-8).
  • Eugene Silberberg: Hicksian and Marshallian demands. In: Steven N. Durlauf und Lawrence E. Blume (Hrsg.): The New Palgrave Dictionary of Economics. 2. Auflage. Palgrave Macmillan 2008, doi:10.1057/9780230226203.0731 (Online-Ausgabe).
  • Efe A. Ok: Real Analysis with Economic Applications. Princeton University Press, Princeton 2007, ISBN 978-0-691-11768-3.
  • Mark Voorneveld: Mathematical foundations for microeconomic theory: Preference, utility and choice. Skriptum, Stockholm School of Economics, 2009, Internet https://studentweb.hhs.se/courseweb/CourseWeb/Public/PhD501/0701/notes2.pdf, abgerufen am 5. Mai 2014.

Anmerkungen

  1. Vgl. Moore 2007, S. 88.
  2. Seien und zwei metrische Räume. Man bezeichnet eine Korrespondenz als kompaktwertig, wenn für alle eine kompakte Untermenge von ist.
  3. Zum Folgenden etwa Kreps 2012, S. 53; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 50 f.
  4. In diesem Sinne etwa Heuser 1998, Hilfssatz 235.1 (S. 625).
  5. Zum Beweis vgl. Heuser 1998, Satz 157.6 (S. 229).
  6. Vgl. etwa Kreps 2012, S. 34.
  7. Dazu Kreps 2012, S. 34.
  8. Gerard Debreu: Theory of Value. An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium. Yale University Press, New Haven und London 1959, hier S. 72 f.
  9. Dazu vgl. etwa Moore 2007, Kapitel 4; Ariel Rubinstein: Lecture Notes in Microeconomic Theory. Lecture 5. Internet http://press.princeton.edu/rubinstein/lecture5.pdf, abgerufen am 6. Mai 2014.
  10. a b Man bezeichnet eine Korrespondenz als oberhemistetig, wenn an jedem Punkt Folgendes gilt: Zu jeder offenen Menge , die beinhaltet, existiert eine Umgebung um so, dass für alle .
    Man bezeichnet eine Korrespondenz als unterhemistetig, wenn an jedem Punkt Folgendes gilt: Wann immer und durch eine gegen konvergierende Folge in gegeben ist, dann existiert eine natürliche Zahl und eine Folge in , die gegen konvergiert und für die gilt, dass für alle .
    Vgl. Knut Sydsæter u.a.: Further mathematics for economic analysis. 2. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2008, ISBN 978-0-273-71328-9, S. 504 f.
    Beachte, dass die Terminologie in der Literatur bisweilen davon abweicht. Vereinzelt wird statt (Unter-/Ober-)hemikontinuität die Bezeichnung (Unter-/Ober-)halbstetigkeit verwendet (etwa Kreps 2012; Debreu 1959), was jedoch mit einer zwar verwandten, gleichwohl aber abweichenden Definition des Begriffs für reellwertige Funktionen kollidiert (vgl. zu dieser statt vieler Forster: Analysis. Teil 3. 5. Aufl. Springer, Berlin u.a. 2009, ISBN 978-3-8348-0704-5, S. 39 f.; Corbae/Stinchcombe/Zeman 2009, S. 349).
  11. Seien und zwei metrische Räume. Definiere eine stetige, kompaktwertige und nichtleere Korrespondenz von auf und sei eine stetige Funktion. Dann ist
    eine stetige Funktion und
    definiert eine nichtleere, kompaktwertige und oberhemistetige Korrespondenz. Vgl., auch zum Beweis, Corbae/Stinchcombe/Zeman 2009, S. 268 f.; Ok 2007, S. 306 ff.; Moore 1999, S. 280.
  12. Zum Beweis der Oberhemistetigkeit vgl. Ok 2007, S. 292 und Kreps 2012, S. 55 f.; zum Beweis der Unterhemistetigkeit vgl. Ok 2007, S. 299 und Kreps 2012, S. 56.
  13. Seien und zwei metrische Räume. Man bezeichnet die Korrespondenz als abgeschlossenwertig, wenn für alle eine abgeschlossene Untermenge von ist. Vgl. Ok 2007, S. 289.
  14. Die Korrespondenz verfügt über einen abgeschlossenen Graphen, wenn an jeder Stelle die folgende Implikation gilt: Seien und mit und beliebige Folgen und gelte für alle . Dann ist . Vgl. etwa Ok 2007, S. 294.
  15. Vgl., auch zum Beweis, Ok 2007, S. 295.
  16. Basierend auf Voorneveld 2009, S. 24; Charalambos D. Aliprantis: Problems in Equilibrium Theory. Springer, Berlin u.a. 1996, ISBN 3-540-60753-6, S. 39 f.
  17. Vgl., auch zum Beweis, Moore 1999, S. 81; Heuser 1998, Satz 157.4 (S. 228).
  18. Eine Präferenzordnung bezeichnet man als lokal nicht gesättigt, wenn für beliebiges und für jede -Umgebung um ein existiert, mit dem . Vgl. der Artikel Präferenzordnung.
  19. Zum Folgenden sinngemäß Jehle/Reny 2011, S. 23 f., zur Fundierung des Karush-Kuhn-Tucker-Theorems vgl. Bettina Klose: Mathematics for Economists. Unveröffentlichtes Manuskript, 2011, Universität Zürich sowie Carl P. Simon und Lawrence Blume: Mathematics for Economists. W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 424 ff.
  20. Vgl. Hal Varian: Microeconomic Analysis. W. W. Norton, New York und London 1992, ISBN 0-393-95735-7, S. 100.