„Austroasiatische Sprachen“ – Versionsunterschied

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== Verbreitungsgebiet ==
== Verbreitungsgebiet ==
Das Verbreitungsgebiet der austroasiatischen Sprachen ist nicht zusammenhängend, die einzelnen Sprachen oder Sprachgruppen sind durch Regionen getrennt, in denen Sprachen anderer Sprachfamilien gesprochen werden. Es wird angenommen, dass die austroasiatischen Sprachen zu einer sehr frühen Bevölkerungsgruppe Süd- und Südostasiens gehören und dass die anderen Sprachen, die heute dort gesprochen werden, erst durch spätere Bevölkerungswanderungen in diese Region kamen. Dazu gehören [[Indogermanische Sprachen|indogermanische]], [[Tai-Kadai-Sprachen|Tai-Kadai-]] und [[Sino-tibetische Sprachen|sino-tibetische]] Sprachen.
Das Verbreitungsgebiet der austroasiatischen Sprachen ist nicht zusammenhängend, die einzelnen Sprachen oder Sprachgruppen sind durch Regionen getrennt, in denen Sprachen anderer Sprachfamilien gesprochen werden. Austroasiatische Sprachen werden heute in [[Volksrepublik China|China]], [[Vietnam]], [[Laos]], [[Kambodscha]], [[Thailand]], [[Malaysia]], [[Myanmar]], [[Bangladesch]] und [[Indien]] gesprochen, wobei sie die offiziellen Amtssprachen von Vietnam ([[Vietnamesische Sprache]]) und Kambodscha ([[Khmer-Sprache]]) sind. Die übrigen Sprachen sind entweder regional oder in autonomen Regionen offiziell anerkannt. Es wird angenommen, dass die austroasiatischen Sprachen zu einer sehr frühen Bevölkerungsgruppe Süd- und Südostasiens gehören und dass die anderen Sprachen, die heute dort gesprochen werden, erst durch spätere Bevölkerungswanderungen in diese Region kamen. Dazu gehören [[Indogermanische Sprachen|indogermanische]], [[Tai-Kadai-Sprachen|Tai-Kadai-]] und [[Sino-tibetische Sprachen|sino-tibetische]] Sprachen.


Eine genetische sowie linguistische Analyse im Jahr 2015 ergab einen wahrscheinlichen Ursprung in [[Zhongnan|Zentralchina]], genauer, entland des [[Jangtsekiang]]-Flusses. Von dort aus startete eine Süd-Expansion nach [[Südostasien]] und [[Südasien]].<ref>{{Literatur |Autor=Xiaoming Zhang, Shiyu Liao, Xuebin Qi, Jiewei Liu, Jatupol Kampuansai |Titel=Y-chromosome diversity suggests southern origin and Paleolithic backwave migration of Austro- Asiatic speakers from eastern Asia to the Indian subcontinent OPEN |Sammelwerk=Scientific Reports |Band=5 |Datum=2015-10-20 |Seiten=1–8 |DOI=10.1038/srep15486 |Online=https://www.researchgate.net/publication/283080042_Y-chromosome_diversity_suggests_southern_origin_and_Paleolithic_backwave_migration_of_Austro-_Asiatic_speakers_from_eastern_Asia_to_the_Indian_subcontinent_OPEN |Abruf=2018-07-22}}</ref>
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Die [[Munda (Volk)|Munda]] Völker im heutigen [[Indien]], [[Bangladesch]] sowie Teilen [[Pakistan|Pakistans]] sprechen eine Austroasiatische Sprache. Die Munda standen aber unter Einfluss Indoarischer und Dravidiacher Völker, hatten aber auch Einfluss auf ihre Nachbarn. Es wird angenommen dass sie vor etwa 8,000 Jahren von Ostasien aus in Indien einwanderten und noch vor der Indoarischen Migration entlang des [[Ganges]] lebten.<ref>{{Literatur |Autor=Xiaoming Zhang, Shiyu Liao, Xuebin Qi, Jiewei Liu, Jatupol Kampuansai |Titel=Y-chromosome diversity suggests southern origin and Paleolithic backwave migration of Austro- Asiatic speakers from eastern Asia to the Indian subcontinent OPEN |Sammelwerk=Scientific Reports |Band=5 |Datum=2015-10-20 |DOI=10.1038/srep15486 |Seiten=1–8 |Online=https://www.researchgate.net/publication/283080042_Y-chromosome_diversity_suggests_southern_origin_and_Paleolithic_backwave_migration_of_Austro-_Asiatic_speakers_from_eastern_Asia_to_the_Indian_subcontinent_OPEN |Abruf=2019-11-16}}</ref>


== Bedeutende Einzelsprachen ==
== Bedeutende Einzelsprachen ==
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== Verwandtschaft mit anderen Sprachfamilien ==
== Verwandtschaft mit anderen Sprachfamilien ==

Von einigen Linguisten ist die These aufgestellt worden, dass die austroasiatischen Sprachen mit den [[Austronesische Sprachen|austronesischen Sprachen]] verwandt sind und dass sie mit diesen zusammen eine [[Austrische Sprachen|austrische Überfamilie]] bilden.
=== Austrische Sprachen ===
Von einigen Linguisten ist die These aufgestellt worden, dass die austroasiatischen Sprachen mit den [[Austronesische Sprachen|austronesischen Sprachen]] verwandt sind und dass sie mit diesen zusammen eine [[Austrische Sprachen|austrische Überfamilie]] bilden. Zusätzlich werden von einer kleinen Zahl an Linguisten auch die [[Tai-Kadai-Sprachen|Tai-Kadai]] und [[Hmong-Mien-Sprachen]] dem Austrischen zugerechnet. (Selten auch die [[Japanisch-Ryūkyū]] Sprachen).<ref>Schmidt, Wilhelm (1930). ""Die Beziehungen der austrischen Sprachen zum Japanischen", 'The connections of the Austric languages to Japanese'". ''Wiener Beitrag zur Kulturgeschichte und Linguistik''. '''1''': 239–51.</ref> Laut einer Analyse durch das ASJP (Automated Similarity Judgment Program) konnte jedoch kein Beweis für eine Austrische Familie erbracht werden, jedoch zeigt das ASJP eine jeweilige mögliche Verbindung zwischen dem Austronesischen und den Tai-Kadai Sprachen (siehe [[Austro-Tai]]) und zwischen den Austroasiatischen Sprachen und den Japanisch-Ryukyu Sprachen.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Jäger |Titel=Support for linguistic macrofamilies from weighted sequence alignment |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America |Band=112 |Nummer=41 |Datum=2015-10-13 |ISSN=0027-8424 |DOI=10.1073/pnas.1500331112 |PMC=4611657 |PMID=26403857 |Seiten=12752–12757 |Online=https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4611657/ |Abruf=2019-11-16}}</ref> Die Aussagekaft des ASJP ist jedoch umstritten.<ref>Cf. comments by Adelaar, Blust and Campbell in Holman, Eric W., et al. (2011) "Automated Dating of the World’s Language Families Based on Lexical Similarity." ''Current Anthropology'', vol. 52, no. 6, pp. 841–875.</ref>

=== Hmong-Mien ===
Einige lexikalische Ähnlichkeiten zwischen dem Austroasiatischen Sprachen und den Hmong-Mien Sprachen deuten auf eine mögliche Verwandtschaft dieser hin. Laut Cai et al. 2011 ist das Hmong-Mien zumindest teilweise mit dem Austroasiatischen verwandt wurde aber stark von Sino-Tibetischen Sprachen beeinflusst.<ref>{{Literatur |Autor=Xiaoyun Cai, Zhendong Qin, Bo Wen, Shuhua Xu, Yi Wang |Titel=Human Migration through Bottlenecks from Southeast Asia into East Asia during Last Glacial Maximum Revealed by Y Chromosomes |Sammelwerk=PLoS ONE |Band=6 |Nummer=8 |Datum=2011-08-31 |ISSN=1932-6203 |DOI=10.1371/journal.pone.0024282 |PMC=3164178 |PMID=21904623 |Online=https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3164178/ |Abruf=2019-11-16}}</ref>

=== Austroasiatischer Einfluss auf das Indoarische ===
Laut einige Linguisten hatte das Austroasiatische (hauptsächlich Munda Sprachen) Einfluss auf die frühen [[Indoarische Sprachen|Indoarischen Sprachen]]. Dies wird durch Lehnworte und einigen mythologischen Geschichten bestärkt, die nur in Austroasiatischen und Indoarischen Sprachen vorkommen, jedoch in den restlichen Indogermanischen Sprachen fehlen.<ref>{{Literatur |Autor=Sylvain Lévi, Jean Przyluski, Jules Bloch |Titel=Pre-Aryan and Pre-Dravidian in India |Verlag=Asian Educational Services |Datum=1993 |ISBN=9788120607729 |Online=https://books.google.com/books?id=dx5dzJGGBg0C&pg=PR15&lpg=PR15&dq=austroasiatic+influence+on+india&hl=en |Abruf=2019-11-16}}</ref>


== Klassifikation ==
== Klassifikation ==

Version vom 16. November 2019, 12:52 Uhr

Verbreitung der austroasiatischen Sprachen

Die austroasiatischen Sprachen sind eine Sprachfamilie, deren etwa 160 Sprachen von rund 120 Millionen[1] Menschen in Südostasien und Nordostindien gesprochen werden. Obwohl diese Sprachen in weiten Teilen Süd- und Südostasiens verbreitet sind, haben nur zwei den Status einer Nationalsprache: das Vietnamesische und das Khmer (Kambodschanisch).

„Austroasiatisch“ ist ein Kunstwort aus dem lateinischen australis (=südlich) und bedeutet „südasiatisch“.

Verbreitungsgebiet

Das Verbreitungsgebiet der austroasiatischen Sprachen ist nicht zusammenhängend, die einzelnen Sprachen oder Sprachgruppen sind durch Regionen getrennt, in denen Sprachen anderer Sprachfamilien gesprochen werden. Austroasiatische Sprachen werden heute in China, Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand, Malaysia, Myanmar, Bangladesch und Indien gesprochen, wobei sie die offiziellen Amtssprachen von Vietnam (Vietnamesische Sprache) und Kambodscha (Khmer-Sprache) sind. Die übrigen Sprachen sind entweder regional oder in autonomen Regionen offiziell anerkannt. Es wird angenommen, dass die austroasiatischen Sprachen zu einer sehr frühen Bevölkerungsgruppe Süd- und Südostasiens gehören und dass die anderen Sprachen, die heute dort gesprochen werden, erst durch spätere Bevölkerungswanderungen in diese Region kamen. Dazu gehören indogermanische, Tai-Kadai- und sino-tibetische Sprachen.

Mehrere genetisch sowie linguistische Studien unterstützen einen Ursprung in Zentralchina, genauer, entland des Jangtsekiang-Flusses. Von dort aus startete eine Süd-Expansion nach Südostasien und Südasien.[2][3] Laut dem japanischen Wissenschaftler und Linguisten Mitsuru Sakitani gehörte die Sprache der Baiyue im antiken China zu den Austroasiatischen Sprachen. Sakitani zeigt auf dass sich die Austroasiatischen Sprachen mit der Migration von Reis-Bauern aus dem zentralen und südlichen China in Südostasien und Teilen Südasiens verbreiteten.[4]

Die Munda Völker im heutigen Indien, Bangladesch sowie Teilen Pakistans sprechen eine Austroasiatische Sprache. Die Munda standen aber unter Einfluss Indoarischer und Dravidiacher Völker, hatten aber auch Einfluss auf ihre Nachbarn. Es wird angenommen dass sie vor etwa 8,000 Jahren von Ostasien aus in Indien einwanderten und noch vor der Indoarischen Migration entlang des Ganges lebten.[5]

Bedeutende Einzelsprachen

Rund 117 Mio. Menschen[6] sprechen eine austroasiatische Sprache. Mit Abstand die bedeutendsten sind das Vietnamesische (84 Mio.) und das Kambodschanische oder Khmer (16 Mio.), beides sind die Nationalsprachen ihrer Länder. Santali (7 Mio.), Mundari (2 Mio.), Ho (2 Mio.), Khasi (2 Mio.), Muong (3 Mio.) und Mon (1 Mio.) erreichen bzw. überschreiten ebenfalls die Millionen-Sprecher-Grenze. Zur austroasiatischen Sprachfamilie gehören aber auch eine große Zahl kleiner und kleinster Sprachen in abgelegenen Gebieten, die kaum von mehr als 1000 Menschen gesprochen werden.

Verwandtschaft mit anderen Sprachfamilien

Austrische Sprachen

Von einigen Linguisten ist die These aufgestellt worden, dass die austroasiatischen Sprachen mit den austronesischen Sprachen verwandt sind und dass sie mit diesen zusammen eine austrische Überfamilie bilden. Zusätzlich werden von einer kleinen Zahl an Linguisten auch die Tai-Kadai und Hmong-Mien-Sprachen dem Austrischen zugerechnet. (Selten auch die Japanisch-Ryūkyū Sprachen).[7] Laut einer Analyse durch das ASJP (Automated Similarity Judgment Program) konnte jedoch kein Beweis für eine Austrische Familie erbracht werden, jedoch zeigt das ASJP eine jeweilige mögliche Verbindung zwischen dem Austronesischen und den Tai-Kadai Sprachen (siehe Austro-Tai) und zwischen den Austroasiatischen Sprachen und den Japanisch-Ryukyu Sprachen.[8] Die Aussagekaft des ASJP ist jedoch umstritten.[9]

Hmong-Mien

Einige lexikalische Ähnlichkeiten zwischen dem Austroasiatischen Sprachen und den Hmong-Mien Sprachen deuten auf eine mögliche Verwandtschaft dieser hin. Laut Cai et al. 2011 ist das Hmong-Mien zumindest teilweise mit dem Austroasiatischen verwandt wurde aber stark von Sino-Tibetischen Sprachen beeinflusst.[10]

Austroasiatischer Einfluss auf das Indoarische

Laut einige Linguisten hatte das Austroasiatische (hauptsächlich Munda Sprachen) Einfluss auf die frühen Indoarischen Sprachen. Dies wird durch Lehnworte und einigen mythologischen Geschichten bestärkt, die nur in Austroasiatischen und Indoarischen Sprachen vorkommen, jedoch in den restlichen Indogermanischen Sprachen fehlen.[11]

Klassifikation

Großgliederung

Innerhalb der austroasiatischen Sprachen werden meist zwei, manchmal auch drei Hauptzweige unterschieden: Die Mon-Khmer-Sprachen in Südostasien und die Munda-Sprachen in Ost- und Mittelindien, deren Sprecher zu den meist benachteiligten Gruppen der indischen Bevölkerung zählen. Manche Forscher betrachten die nicobaresischen Sprachen als einen dritten Hauptzweig, andere rechnen es zum Mon-Khmer. Es gibt etwa 160 austroasiatische Sprachen, wovon etwa 130 zu den Mon-Khmer-Sprachen, 20 zu den Munda-Sprachen und 6 zu den nicobaresischen Sprachen gehören.

Die innere Einteilung der austroasiatischen Sprachfamilie ist im Detail unklar und umstritten. Neuere Forscher wie Paul Sidwell bezweifeln die Eigenständigkeit der Munda-Sprachen, sowie „Mon-Khmer“ als (wie auch immer definierte) Untergruppe. Von diesen Forschern werden lediglich die einzelnen im Folgenden aufgelisteten Kleingruppen als gültige Zweige des Austroasiatischen anerkannt, und „Mon-Khmer-Sprachen“ wird damit praktisch synonym zu „austroasiatische Sprachen“.

Aufteilung im Detail

Die folgende Klassifikation zeigt die einzelnen Zweige des Austroasiatischen mit ihren jeweils bedeutendsten Sprachen:

Austroasiatisch (157 Sprachen, 95 Mio. Sprecher; Nordost-Indien, Südostasien)

  • Munda-Sprachen (19 Sprachen, 10 Mio. Sprecher; Nordost- und Mittelindien)
    • Nord-Munda-Sprachen (10 Sprachen, 9,5 Mio.) >>> Santali (6 Mio), Mundari (1 Mio.), Ho (1 Mio.), Korku (500.000).
    • Süd-Munda-Sprachen (9 Sprachen, 600.000) >>> Kharia (280.000), Sora (300.000).
  • Mon-Khmer-Sprachen (132 Sprachen, 85 Mio. Sprecher)
    • Khasi-Gruppe (3 Sprachen, 1,1 Mio. Sprecher; Nordost-Indien) >>> Khasi (1 Mio.), Pnar (100.000).
    • Palaung-Wa-Gruppe (20 Sprachen, 1,8 Mio. Sprecher; Myanmar, Südchina, Laos, Thailand) >>> Rumai (150.000), Shwe (150.000), Pale (300.000), Wa (600.000), Praok (500.000).
    • Khmu-Gruppe (14 Sprachen, 600.000; Laos, Thailand, Vietnam) >>> Khmu (500.000).
    • Khmer (1 Sprache, Kambodscha, Vietnam, Thailand (Surin)) >>> Kambodschanisch (Khmer) (8 Mio., mit Zweitsprechern 10 Mio.).
    • Katu-Gruppe (16 Sprachen, ca. 1 Mio.; Laos, Thailand Vietnam) >>> Kuy-Suei (400.000), So (160.000), Bru (130.000).
    • Bahnar-Gruppe (36 Sprachen, 1 Mio.; Vietnam, Laos, Kambodscha) >>> Bahnar (140 000), Ko’ho (Sre) (100.000), Mnong (200.000).
    • Pear-Gruppe (6 Sprachen, 12.000; Kambodscha).
    • Viet-Muong-Gruppe (10 Sprachen, 88 Mio.; Vietnam, Laos) >>> Vietnamesisch (84 Mio.), Muong (3–4 Mio.).
    • Mon-Sprachen (2 Sprachen, 1 Mio.; Myanmar), Mon (knapp 1 Mio), Nyahkur (max. 10.000).
    • Palyu-Pakan-Gruppe (5 Sprachen, 15.000; Südchina).
    • Asli-Sprachen (19 Sprachen, 60.000; Malaiische Halbinsel) >>> Semang (10.000), Senoi (20.000).

Sprachen mit mindestens 1 Mio. Sprechern im Fettdruck. „>>>“ verweist auf „wichtige“ Einzelsprachen des jeweiligen Zweigs.

Merkmale

Phonologie

Die Lautsysteme der austroasiatischen Sprachen ähneln einander weitgehend. Nur Vietnamesisch (unter dem Einfluss des Chinesischen) und die Munda-Sprachen (unter dem Einfluss indischer Sprachen) haben sich beträchtlich vom Grundtyp entfernt.[12]

Silbenstruktur

Die meisten austroasiatischen Wörter bestehen aus einer Hauptsilbe, der eine oder mehrere Nebensilben vorangehen können. Eine Nebensilbe besteht aus einem Anlautkonsonanten, einem Vokal und evtl. aus einem Endkonsonanten. In den meisten Sprachen gibt es nur einen möglichen Vokal in solchen Nebensilben, in einigen Sprachen jedoch drei oder sogar silbenbildende Nasale oder Liquide. Viele Sprachen haben Hauptsilben ohne Endkonsonant, doch keine austroasiatische Sprache hat mehr als einen Konsonanten am Silbenende.[12]

Konsonanten

Ein typisches Merkmal der Mon-Khmer Sprachen (nicht jedoch der Munda-Sprachen) sind die zahlreichen Kombinationen zweier Konsonanten am Beginn von Hauptsilben. Dies trifft besonders für Khmer zu. Das Inventar der möglichen Konsonanten am Wortende ist bedeutend kleiner, vor allem bei Sprachen, die mit Tai-Kadai- oder sinotibetischen Sprachen in Kontakt sind.[12]

Eine Reihe von Mon-Khmer-Sprachen haben die implosiven Konsonanten [ɓ] und [ɗ], die auch für das Ur-Mon-Khmer rekonstruiert werden; hauptsächlich aufgrund der Evidenz der Katu-Sprachen rekonstruiert Paul Sidwell sogar einen palatalen Implosiv [ʄ].[13] Eine Reihe aspirierter Konsonanten ([pʰ], [tʰ], [cʰ] und [kʰ]) kommen in mehreren Mon-Khmer-Sprachen vor, sind jedoch kein typisches Merkmal der Sprachfamilie.[12]

In den meisten austroasiatischen Sprachen kommen – im Gegensatz zu den meisten anderen Sprachen Asiens – auch palatale Konsonanten ([c] und [ɲ]) am Wortende vor.[12]

Vokale

Für die Mon-Khmer-Sprachen ist eine große Anzahl von Vokalen typisch (20 bis 25, bei einigen sogar mehr als 30).[12]

Töne

Die meisten austroasiatischen Sprachen sind keine Tonsprachen; eine Ausnahme bilden Vietnamesisch und einige andere Sprachen im Norden, die unabhängig voneinander Töne entwickelt haben, und zwar unter dem Einfluss der benachbarten Tonsprachen (Tai-Kadai, Sinotibetisch und Miao-Yao).[12]

Grammatik

Morphologie

Die Munda-Sprachen weichen von den anderen austroasiatischen Sprachen ab, da sie eine besonders reiche Morphologie mit zahlreichen Präfixen, Infixen und Suffixen haben. Vietnamesisch ist das andere Extrem und weist kaum Morphologie auf.[12]

Außer diesen zwei Extremen weisen die austroasiatischen Sprachen zahlreiche Gemeinsamkeiten auf: Bis auf das Nikobaresische haben sie keine Suffixe; Präfixe und Infixe sind hingegen häufig. Es treten selten mehr als zwei Affixe gleichzeitig an ein Wort. Ein Affix kann jeweils zahlreiche Funktionen haben. Viele Affixe kommen nur in erstarrten Formen vor und treten nicht mehr produktiv auf. Es gibt eine besondere Klasse von Wörtern, die sich von Verben, Adjektiven und Adverbien unterscheiden. Sie können nicht verneint werden und beschreiben Geräusche, Farben, Muster, Formen und Gefühle. Manche Autoren nennen sie „Expressive“ oder „Ideophone“.[12]

Syntax

Possessiv- und Demonstrativelemente sowie Relativsätze sind Substantiven nachgestellt. In Sprachen, die Partikeln haben, handelt es sich um Präpositionen, nicht Postpositionen. Die häufigste Satzstellung ist Subjekt–Verb–Objekt. Meist gibt es keine Kopula, die dem deutschen Wort „sein“ entspricht. Ergativkonstruktionen sind häufig. Satzpartikeln, welche die Meinung, Erwartung, Respekt oder Vertrautheit sowie die Absicht des Sprechers ausdrücken, kommen häufig vor. Die Munda-Sprachen weichen auch in dieser Hinsicht von den anderen Sprachen dieser Familie ab: Sie haben grundsätzlich die Satzstellung Subjekt–Objekt–Verb, so wie die drawidischen Sprachen in Indien.[12]

Wortschatz

Vietnamesisch weist zahlreiche Lehnwörter aus dem Chinesischen auf, Mon und Khmer aus dem Sanskrit und Pali. Die isolierteren Sprachen in entlegeneren Gebieten haben den Erbwortschatz besser bewahrt, doch in vielen Fällen haben Sprachtabus – beispielsweise bei Tiernamen und Gegenständen, die Verstorbenen gehörten – zu Ersetzungen geführt.[12]

Einzelnachweise

  1. Austroasiatic. Abgerufen am 20. Februar 2018 (englisch).
  2. Xiaoming Zhang, Shiyu Liao, Xuebin Qi, Jiewei Liu, Jatupol Kampuansai: Y-chromosome diversity suggests southern origin and Paleolithic backwave migration of Austro- Asiatic speakers from eastern Asia to the Indian subcontinent OPEN. In: Scientific Reports. Band 5, 20. Oktober 2015, S. 1–8, doi:10.1038/srep15486 (researchgate.net [abgerufen am 22. Juli 2018]).
  3. Reconstructing Austroasiatic prehistory. In P. Sidwell & M. Jenny (Eds.), The Handbook of Austroasiatic Languages. Leiden: Brill. (Page 1: “Sagart (2011) and Bellwood (2013) favour the middle Yangzi”
  4. 崎谷満『DNA・考古・言語の学際研究が示す新・日本列島史』(勉誠出版 2009年)
  5. Xiaoming Zhang, Shiyu Liao, Xuebin Qi, Jiewei Liu, Jatupol Kampuansai: Y-chromosome diversity suggests southern origin and Paleolithic backwave migration of Austro- Asiatic speakers from eastern Asia to the Indian subcontinent OPEN. In: Scientific Reports. Band 5, 20. Oktober 2015, S. 1–8, doi:10.1038/srep15486 (researchgate.net [abgerufen am 16. November 2019]).
  6. Austroasiatic. Abgerufen am 22. Juli 2018 (englisch).
  7. Schmidt, Wilhelm (1930). ""Die Beziehungen der austrischen Sprachen zum Japanischen", 'The connections of the Austric languages to Japanese'". Wiener Beitrag zur Kulturgeschichte und Linguistik. 1: 239–51.
  8. Gerhard Jäger: Support for linguistic macrofamilies from weighted sequence alignment. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 112, Nr. 41, 13. Oktober 2015, ISSN 0027-8424, S. 12752–12757, doi:10.1073/pnas.1500331112, PMID 26403857, PMC 4611657 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 16. November 2019]).
  9. Cf. comments by Adelaar, Blust and Campbell in Holman, Eric W., et al. (2011) "Automated Dating of the World’s Language Families Based on Lexical Similarity." Current Anthropology, vol. 52, no. 6, pp. 841–875.
  10. Xiaoyun Cai, Zhendong Qin, Bo Wen, Shuhua Xu, Yi Wang: Human Migration through Bottlenecks from Southeast Asia into East Asia during Last Glacial Maximum Revealed by Y Chromosomes. In: PLoS ONE. Band 6, Nr. 8, 31. August 2011, ISSN 1932-6203, doi:10.1371/journal.pone.0024282, PMID 21904623, PMC 3164178 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 16. November 2019]).
  11. Sylvain Lévi, Jean Przyluski, Jules Bloch: Pre-Aryan and Pre-Dravidian in India. Asian Educational Services, 1993, ISBN 978-81-206-0772-9 (google.com [abgerufen am 16. November 2019]).
  12. a b c d e f g h i j k Gérard Diffloth: Austroasiatic languages. In: Encyclopaedia Britannica, elektronische Version, abgerufen im Juni 2009.
  13. Paul Sidwell: Proto-Katuic phonology and the subgrouping of Mon-Khmer languages. (PDF; 5,1 MB) SEAlang, abgerufen am 2. November 2011.

Literatur

  • Paul K. Benedict: Austro-Thai Language and Culture. New Haven: HRAF Press, 1975, ISBN 0-87536-323-7 (Zur austrischen und Austro-Thai-Hypothese).
  • Ernst Kausen: Austroasiatische Sprachen. In: Die Sprachfamilien der Welt. Teil 1: Europa und Asien. Buske, Hamburg 2013, ISBN 978-3-87548-655-1, S. 797–898.
  • Robert Parkin: A Guide to Austroasiatic Speakers and Their Languages. (Oceanic Linguistics Special Publication; 23). Honolulu: University of Hawaii Press, 1991, ISBN 0-8248-1377-4.
  • Mathias Jenny and Paul Sidwell (eds.): The Handbook of Austroasiatic Languages. Two volumes. Leiden/Boston: Brill, 2015, ISBN 978-90-04-28295-7.

Weblinks

Commons: Austro-Asiatic languages – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien