„Riboflavin“ – Versionsunterschied

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Bei normaler Ernährung treten keine Mangelerscheinungen auf. Allerdings kann es bei Schwangeren und [[Alkoholkrankheit|Alkoholkranken]] zu Mangelerscheinungen kommen, die sich in [[Exanthem]]en, Hautrissen (insbesondere an den Lippen bzw. im Mundwinkel, [[Cheilosis]]) und Lichtüberempfindlichkeit äußern. Diese [[Hypovitaminose]] heißt '''Ariboflavinose''' oder '''B<sub>2</sub>-Avitaminose'''.<ref>Ludwig Weissbecker: ''B<sub>2</sub>-Avitaminose (Ariboflavinose).'' In: [[Ludwig Heilmeyer]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1092 f.</ref> Zur Früherkennung eines Riboflavin-Mangels kann der [[EGRAC]] bestimmt werden.
Bei normaler Ernährung treten keine Mangelerscheinungen auf. Allerdings kann es bei Schwangeren und [[Alkoholkrankheit|Alkoholkranken]] zu Mangelerscheinungen kommen, die sich in [[Exanthem]]en, Hautrissen (insbesondere an den Lippen bzw. im Mundwinkel, [[Cheilosis]]) und Lichtüberempfindlichkeit äußern. Diese [[Hypovitaminose]] heißt '''Ariboflavinose''' oder '''B<sub>2</sub>-Avitaminose'''.<ref>Ludwig Weissbecker: ''B<sub>2</sub>-Avitaminose (Ariboflavinose).'' In: [[Ludwig Heilmeyer]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1092 f.</ref> Zur Früherkennung eines Riboflavin-Mangels kann der [[EGRAC]] bestimmt werden.

Akuter Riboflavin-Mangel betrifft auch Menschen, die unter dem [[Brown-Vialetto-van-Laere-Syndrom]] leiden, da der Riboflavin-Transport bei ihnen durch einen Gendefekt gestört ist.<ref>{{Literatur |Autor=Annet M Bosch, Kevin Stroek, Nico G Abeling, Hans R Waterham, Lodewijk IJlst |Titel=The Brown-Vialetto-Van Laere and Fazio Londe syndrome revisited: natural history, genetics, treatment and future perspectives |Sammelwerk=Orphanet Journal of Rare Diseases |Band=7 |Nummer=1 |Datum=2012 |ISSN=1750-1172 |DOI=10.1186/1750-1172-7-83 |Seiten=83 |Online=http://ojrd.biomedcentral.com/articles/10.1186/1750-1172-7-83 |Abruf=2021-02-26}}</ref>


In der Migräne-Forschung wird vermutet, dass Migräne-Patienten an einer Unterversorgung des Hirnstoffwechsels mit Riboflavin leiden können, der durch die Zuführung von entsprechend mehr Vitamin behoben oder gelindert werden kann.
In der Migräne-Forschung wird vermutet, dass Migräne-Patienten an einer Unterversorgung des Hirnstoffwechsels mit Riboflavin leiden können, der durch die Zuführung von entsprechend mehr Vitamin behoben oder gelindert werden kann.
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Es wird auch gerne zur Kontrolle von Reinigungsprozessen (Flächen, Hände etc.) in der Pharmaindustrie eingesetzt, da es auch in geringer Konzentration bei [[UV]]-Licht leuchtet und damit gut sichtbar ist.
Es wird auch gerne zur Kontrolle von Reinigungsprozessen (Flächen, Hände etc.) in der Pharmaindustrie eingesetzt, da es auch in geringer Konzentration bei [[UV]]-Licht leuchtet und damit gut sichtbar ist.

In der Medizin kann Riboflavin auch als [[Photosensibilisator (Chemie)|Photosensibilisator]] eingesetzt werden. So wird es beispielsweise zur [[Vernetzung (Chemie)|Quervernetzung]] von [[Kollagene|Kollagen]] in der menschlichen Hornhaut verwendet, was als Behandlung von [[Keratokonus]] dienen kann.<ref>{{Literatur |Autor=Frederik Raiskup, Eberhard Spoerl |Titel=Corneal Crosslinking with Riboflavin and Ultraviolet A. I. Principles |Sammelwerk=The Ocular Surface |Band=11 |Nummer=2 |Datum=2013-04 |DOI=10.1016/j.jtos.2013.01.002 |Seiten=65–74 |Online=https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S1542012413000098 |Abruf=2021-02-26}}</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 26. Februar 2021, 17:27 Uhr

Strukturformel
Struktur von Riboflavin
Allgemeines
Trivialname Vitamin B2
Andere Namen
  • Riboflavin
  • Lactoflavin
  • 7,8-Dimethyl-10-(D-ribo-2,3,4,5-tetrahydroxypentyl)-3H,10H-benzo[g]pteridin-2,4-dion (IUPAC)
  • 7,8-Dimethyl-10-(D-ribit-1-yl)-isoalloxazin (WHO)
  • E 101[1]
Summenformel C17H20N4O6
CAS-Nummer 83-88-5
PubChem 1072
ATC-Code

A11HA04

DrugBank DB00140
Kurzbeschreibung bitter schmeckender, gelb bis orangefarbener Feststoff[3]
Vorkommen Leber, Hefe, Weizenkeime
Physiologie
Funktion Vorstufe für Flavin-Coenzyme (FAD, FMN)
Täglicher Bedarf 1,5–1,7 mg
Folgen bei Mangel Entzündungen der Haut (Exantheme, Hautrisse), Störungen des Wachstums, der Blutbildung und neurologischer Art
Überdosis nicht bekannt
Eigenschaften
Molare Masse 376,37 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt

278–282 °C (Zersetzung)[4]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Riboflavin, auch Lactoflavin oder Vitamin B2, frühere Bezeichnung Vitamin G, ist ein Vitamin aus dem B-Komplex. Es wird umgangssprachlich auch Wachstumsvitamin genannt.

Geschichte

Vitamin B2 wurde 1920 erstmals aus Milch (lacto) isoliert, enthält ein gelbes Chromophor (flavin) und einen Ribityl-Rest (ribo).[5]

Vorkommen

Vitamin B2 kann in der Nahrung als ungebundenes Riboflavin vorliegen oder an Eiweiße gebunden. Es kommt unter anderem in Milch und Milchprodukten, aber auch in Gemüse wie Broccoli, Spargel oder Spinat vor, außerdem in Fisch, Muskelfleisch, Eiern und Vollkornprodukten.

Es wird seit 1990 biotechnologisch mit Hilfe des filamentösen Pilzes Ashbya gossypii hergestellt. Der Wildtyp produziert bis zu 100 mg Riboflavin pro g Biomasse, die Produktionsstämme liefern mehr als 20 g/L. Alternativ wird Riboflavin auch durch gentechnisch veränderte Stämme von Bacillus subtilis produziert.[6]

Eigenschaften

Riboflavin ist ein Derivat des Heterozyklus Pteridin, genauer des Isoalloxazins und des Zuckeralkohols Ribitol. Riboflavin zählt – obwohl wenig in Wasser löslich – zu den wasserlöslichen Vitaminen; es ist lichtempfindlich, aber so stabil gegen Hitze und Sauerstoff[3], dass es beim Kochen nicht zerstört wird.

Funktion

Riboflavin dient als Vorstufe für Flavin-Koenzyme (FAD, FMN), die insbesondere in Oxidoreduktasen, z. B. NADH-Dehydrogenase, eine große Rolle spielen. Dadurch nimmt es im Stoffwechsel eine zentrale Rolle ein.

Der angeblichen Empfehlung von Neurologen zu einer Tablette zu 100 mg bzw. 400 mg Riboflavin[7][8] am Tag zur Prophylaxe gegen Migräne steht die Einschätzung einer S3-Leitlinie gegenüber, dass von einem Hinweis, aber nicht von einem Nachweis der Wirksamkeit von Riboflavin (Vitamin B2) zur Migräneprophylaxe gesprochen werden kann.[9]

Tagesbedarf

Der tägliche Bedarf beträgt etwa 1,5 mg und wird üblicherweise durch die normale Nahrungsaufnahme gedeckt.

  • Säuglinge: 0,3–0,4 mg[3]
  • Kinder und Jugendliche (bis 15 Jahre): 0,7–1,6 mg[3]
  • Jugendliche (ab 15 Jahre) und Erwachsene: 1,2–1,5 mg[3]
  • Schwangere: 1,5 mg[3]
  • Stillende: 1,6 mg[3]

Mangelerscheinungen

Ausgrätschen infolge Riboflavinmangels bei einem Küken

Bei normaler Ernährung treten keine Mangelerscheinungen auf. Allerdings kann es bei Schwangeren und Alkoholkranken zu Mangelerscheinungen kommen, die sich in Exanthemen, Hautrissen (insbesondere an den Lippen bzw. im Mundwinkel, Cheilosis) und Lichtüberempfindlichkeit äußern. Diese Hypovitaminose heißt Ariboflavinose oder B2-Avitaminose.[10] Zur Früherkennung eines Riboflavin-Mangels kann der EGRAC bestimmt werden.

Akuter Riboflavin-Mangel betrifft auch Menschen, die unter dem Brown-Vialetto-van-Laere-Syndrom leiden, da der Riboflavin-Transport bei ihnen durch einen Gendefekt gestört ist.[11]

In der Migräne-Forschung wird vermutet, dass Migräne-Patienten an einer Unterversorgung des Hirnstoffwechsels mit Riboflavin leiden können, der durch die Zuführung von entsprechend mehr Vitamin behoben oder gelindert werden kann.

Überdosierung

Überdosierungen sind beim Menschen nicht bekannt. Die Toxizität von B2 ist sehr gering. Für gewöhnlich wird, wie bei anderen wasserlöslichen Vitaminen auch, vom Körper nicht benötigtes bzw. resorbierbares Riboflavin mit dem Urin bzw. Stuhl wieder ausgeschieden.

Sonstige Nutzung

Das wasserlösliche, hitzestabile und lichtempfindliche Riboflavin wird als gelber Lebensmittelfarbstoff (E101) eingesetzt.[3]

Es wird auch gerne zur Kontrolle von Reinigungsprozessen (Flächen, Hände etc.) in der Pharmaindustrie eingesetzt, da es auch in geringer Konzentration bei UV-Licht leuchtet und damit gut sichtbar ist.

In der Medizin kann Riboflavin auch als Photosensibilisator eingesetzt werden. So wird es beispielsweise zur Quervernetzung von Kollagen in der menschlichen Hornhaut verwendet, was als Behandlung von Keratokonus dienen kann.[12]

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu E 101: Riboflavins in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 16. Juni 2020.
  2. Eintrag zu LACTOFLAVIN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission
  3. a b c d e f g h i j Eintrag zu Riboflavin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  4. a b c d Eintrag zu Riboflavin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  5. D. Steinhilber, M. Schubert-Zsilavecz, H. J. Roth: Medizinische Chemie – Targets und Arzneistoffe. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-7692-3483-9.
  6. H. Sahm, G. Antanikian, K-P. Stahmann, R. Takors: Industrielle Mikrobiologie. 1. Auflage. Springer Spektrum, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-8274-3039-7.
  7. J. Schoenen, J. Jacquy, M. Lenaerts: Effectiveness of high-dose riboflavin in migraine prophylaxis. A randomized controlled trial. In: Neurology. Band 50, Nummer 2, Februar 1998, S. 466–470, PMID 9484373.
  8. C. Boehnke, U. Reuter, U. Flach, S. Schuh-Hofer, K. M. Einhäupl, G. Arnold: High-dose riboflavin treatment is efficacious in migraine prophylaxis: an open study in a tertiary care centre. In: European journal of neurology. Band 11, Nummer 7, Juli 2004, S. 475–477, doi:10.1111/j.1468-1331.2004.00813.x, PMID 15257686.
  9. G. Haag, H.-C. Diener, A. May, C. Meyer, H. Morck, A. Straube, P. Wessely, S. Evers: Selbstmedikation bei Migräne und beim Kopfschmerz vom Spannungstyp. Evidenzbasierte Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG) und der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft (SKG). (PDF; 341 kB). Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft, S3-Leitlinie, Schattauer-Verlag, 2009, S. 394.
  10. Ludwig Weissbecker: B2-Avitaminose (Ariboflavinose). In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1092 f.
  11. Annet M Bosch, Kevin Stroek, Nico G Abeling, Hans R Waterham, Lodewijk IJlst: The Brown-Vialetto-Van Laere and Fazio Londe syndrome revisited: natural history, genetics, treatment and future perspectives. In: Orphanet Journal of Rare Diseases. Band 7, Nr. 1, 2012, ISSN 1750-1172, S. 83, doi:10.1186/1750-1172-7-83 (biomedcentral.com [abgerufen am 26. Februar 2021]).
  12. Frederik Raiskup, Eberhard Spoerl: Corneal Crosslinking with Riboflavin and Ultraviolet A. I. Principles. In: The Ocular Surface. Band 11, Nr. 2, April 2013, S. 65–74, doi:10.1016/j.jtos.2013.01.002 (elsevier.com [abgerufen am 26. Februar 2021]).

Weblinks

  • H. A. Zappe u. a.: Riboflavinmangel in Baltistan (Klein-Tibet). (Memento vom 2. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today) Jahrestagung der deutschen Tropenmedizinischen Gesellschaft, Heidelberg, 1997.